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87. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 16. November 1989 i.S. Heinz S. gegen V. AG und B. AG (Berufung) | |
Regeste |
Art. 66 lit. a PatG; Begriff der Nachahmung einer Erfindung. | |
Sachverhalt | |
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Die V. AG stellt kaschierte Platten aus Polyurethan-Hartschaum her, die sie über die B. AG vertreibt.
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Im Juni 1986 klagte S. beim Handelsgericht des Kantons Zürich gegen die V. AG und die B. AG auf Feststellung von Patentverletzungen, Herstellungs- und Benützungsverboten sowie Schadenersatz oder Herausgabe des Gewinnes.
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Aus den Erwägungen: | |
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Der Zweck des Nachahmungsverbots besteht darin, dem Erfinder Schutz zu gewähren, soweit er die Technik bereichert hat, und zu vermeiden, dass Dritte seine Lösung in abgeänderter Form nachbilden (MATTER, Aktuelle Fragen aus dem Gebiet des Patent- und des Patentprozessrechtes, ZSR 63/1944, S. 78a f.). Daraus folgt der Grundsatz, dass sich der Schutzbereich des Patentes auf die tatsächlich erfolgte Bereicherung der Technik beschränkt und all das nicht erfasst, was im Zeitpunkt der Anmeldung oder Priorität zum Stand der Technik gehörte (BGE 98 II 331 E. 3c; BLUM/PEDRAZZINI, Das schweizerische Patentrecht, Bd. III, 2. Aufl., N. 8d zu Art. 51 und N. 9 zu Art. 66 PatG).
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b) Zum Stand der Technik gehört auch deren naheliegende Bereicherung. Ein Erzeugnis oder Verfahren stellt daher keine patentfähige Erfindung dar, falls die damit erzielte Bereicherung der Technik jedem durchschnittlich gut ausgebildeten Fachmann möglich wäre (Art. 1 Abs. 2 PatG, Art. 1 Abs. 1 aPatG). Der qualitative Abstand zum vorbekannten Stand der Technik ist jedoch nicht nur für den Begriff der Patentfähigkeit, sondern auch für denjenigen der Patentverletzung von Bedeutung (BGE vom 3. Juli 1984 E. 4, publ. in GRUR Int. 1986 S. 213 ff.). Eine Nachahmung liegt deshalb nur dann vor, wenn die beanstandete ![]() | 7 |
c) Zunächst muss somit durch Auslegung ermittelt werden, ob sich aus der unstreitig massgeblichen Vorveröffentlichung von B. das als Nachahmung angegriffene Verfahren ergibt. Zu prüfen ist dabei, was ein Fachmann mit durchschnittlichem Wissensstand der Veröffentlichung zu entnehmen vermochte, und darauf abzustellen, ob der Stand der Technik geeignet war, die zu beurteilende Ausführungsform ihrem Inhalt nach als technische Lehre kundzutun (BLUM/PEDRAZZINI, a.a.O., Bd. I, N. 6 und N. 24 zu Art. 7 PatG). Folgerichtig stehen - gleich wie bei der Auslegung des Patentanspruchs - nicht vor allem sprachliche, sondern technische Elemente und Gesichtspunkte im Vordergrund (TROLLER, Begriff der patentfähigen Erfindung und Auslegung des Patentanspruchs, in: Gedenkschrift für Schönherr, S. 73 ff., 77). Die Auslegung hat aber nach objektiven Kriterien, nach dem Vertrauensgrundsatz zu erfolgen (BGE 107 II 369 E. 2). Massgebend sind sodann allein die Verhältnisse im Anmelde- oder Prioritätszeitpunkt; die Vorveröffentlichung darf deshalb nicht rückblickend nach einem Vergleich mit der patentierten Erfindung oder dem als patentverletzend behaupteten Verfahren ausgelegt werden.
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Ergibt die Auslegung keine technische Übereinstimmung, so muss untersucht werden, ob die angegriffene Lösung der vorveröffentlichten nahelag. Diese Frage darf nicht mit jener der Neuheit vermengt oder verwechselt werden. Das Erfordernis der Neuheit stellt auf das Wissen des Durchschnittsfachmannes, das Kriterium der erfinderischen Tätigkeit, unter welches der Begriff des Naheliegens fällt, dagegen auf dessen Fähigkeiten ab. Zur Frage der Neuheit gehört lediglich, ob der Fachmann sämtliche Merkmale einer technischen Lösung schon einer Vorveröffentlichung oder sonstwie dem Stand der Technik entnehmen konnte, nicht auch, ob er in der Lage war, sie mit seinen Fähigkeiten nach der vorbekannten Technik selbst zu entwickeln. Das ist eine Frage der ![]() | 9 |
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