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Informationen zum Dokument  BGE 116 II 406  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
2. Soweit auf die Berufung eingetreten werden kann, erweist sie s ...
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74. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 27. September 1990 i.S. H. c. Psychiatrische Gerichtskommission des Kantons Zürich (Berufung)
 
 
Regeste
 
Fürsorgerische Freiheitsentziehung.  
 
Sachverhalt
 
BGE 116 II, 406 (406)B. H. wurde am 6. Januar 1990 in die Psychiatrische Universitätsklinik Zürich eingewiesen. Mit Eingabe vom 16. Januar 1990 ersuchte sie, vertreten durch den Verein X., bei der Psychiatrischen Gerichtskommission des Kantons Zürich um gerichtliche Beurteilung der Freiheitsentziehung. Die Psychiatrische Gerichtskommission teilte dem Verein X. am 22. Januar 1990 mit, er könne als Prozessvertreter nicht zugelassen werden, doch werde seine Eingabe als Entlassungsgesuch der Betroffenen selber entgegengenommen. Anlässlich der auf den 2. Februar 1990 festgelegten mündlichen Anhörung weigerte sich diese, irgendwelche Aussagen zu machen, solange der Verein X. nicht dabei sei. Da unter diesen Umständen eine ärztliche Untersuchung der Gesuchstellerin nicht durchgeführt werden konnte, trat die Psychiatrische Gerichtskommission mit Entscheid vom 16. Februar 1990 auf das Entlassungsgesuch nicht ein. Gegen diesen Entscheid hat die Gesuchstellerin Berufung an das Bundesgericht erhoben.
1
Das Bundesgericht heisst die Berufung gut.
2
 
Aus den Erwägungen:
 
2. Soweit auf die Berufung eingetreten werden kann, erweist sie sich als begründet. Die Vorinstanz hat ihren Nichteintretensentscheid damit motiviert, dass wegen der Aussageverweigerung BGE 116 II, 406 (407)der Berufungsklägerin eine ärztliche Untersuchung nicht habe durchgeführt werden können und es daher nicht möglich sei, derzeit über das Gesuch um gerichtliche Beurteilung der Freiheitsentziehung zu befinden. Diese Begründung ist jedoch mit dem Bundesrecht nicht vereinbar, welches die gerichtliche Beurteilung nur von der rechtzeitigen Anrufung des Richters abhängig macht (Art. 397d ZGB). Wohl schreibt Art. 397f Abs. 3 ZGB vor, dass die betroffene Person vom Richter mündlich einzuvernehmen ist. Erweist sich die Einvernahme aber als unmöglich - aus Gründen, die vielleicht gerade in der Krankheit liegen, um derentwegen der Betroffene in die Anstalt eingewiesen worden ist - kann das nicht heissen, dass sich der Richter nicht mit dem Entlassungsgesuch befassen muss. Die Weigerung des Betroffenen, am Verfahren mitzuwirken, kann nur zur Folge haben, dass aufgrund der Akten, d.h. der Angaben der Klinik, namentlich der Krankengeschichte, entschieden werden muss. Das Erfordernis der persönlichen Anhörung darf nicht so verstanden werden, dass bei Unmöglichkeit der Anhörung eine Beurteilung des Entlassungsgesuchs durch den Richter unterbleiben darf. Das gleiche gilt für den in Art. 397e Ziff. 5 ZGB bei psychisch Kranken vorgeschriebenen Beizug von Sachverständigen. Auch dieses Erfordernis darf nicht dazu führen, dass auf das Entlassungsgesuch immer dann nicht eingetreten wird, wenn wegen des renitenten Verhaltens des Betroffenen eine eigene Untersuchung durch den Sachverständigen nicht möglich ist. Wollte man anders entscheiden, so wäre nicht gewährleistet, dass eine Person nur aus den in Art. 397a ZGB genannten Gründen in einer Anstalt zurückbehalten werden darf. Die Berufung ist demzufolge gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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