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100. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 29. November 1990 i.S. Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement gegen Schweizerische Kreditanstalt und Mitbeteiligte (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Bundesbeschluss über eine Sperrfrist für die Veräusserung nichtlandwirtschaftlicher Grundstücke und die Veröffentlichung von Eigentumsübertragungen von Grundstücken vom 6. Oktober 1989 (BBSG; SR 211.437.1). |
1. Hat die Verkäuferin die Liegenschaft in einer Zwangsversteigerung erworben, so kann der Verlust, den sie dabei auf ihren grundpfandgesicherten Darlehen erlitten hat, nicht zum Zuschlagspreis der Liegenschaft hinzugerechnet werden. Ein solcher Verlust gehört nicht zum Erwerbspreis der Liegenschaft im Sinne von Art. 4 Abs. 2 BBSG und kann daher bei der Berechnung des Gewinns im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. a BBSG nicht berücksichtigt werden (E. 2). |
2. Auf den Nachweis der tatsächlichen Spekulationsabsicht kommt es bei der Frage, ob mit der Veräusserung ein Gewinn im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. a BBSG erzielt werde, nicht an. Ebensowenig erheblich ist, ob der seinerzeitige Erwerbspreis und der jetzige Verkaufserlös angemessen seien (E. 3). | |
Sachverhalt | |
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B.- Am 24. Januar 1990 ersuchte die SKA beim Departement des Innern und der Volkswirtschaft des Kantons Thurgau um die Bewilligung zur Veräusserung des fraglichen Grundstückes gestützt auf Art. 4 Abs. 1 lit. a des Bundesbeschlusses über eine Sperrfrist für die Veräusserung nichtlandwirtschaftlicher Grundstücke und die Veröffentlichung von Eigentumsübertragungen von Grundstücken vom 6. Oktober 1989 (BBSG; SR 211.437.1) für einen maximalen Verkaufspreis von Fr. 857'953.40. Sie fügte dem Gesuch den Entwurf für einen Kaufvertrag bei, nach welchem das Grundstück zu einem Preis von Fr. 790'000.-- an die Kammgarnspinnerei Bürglen AG verkauft werden sollte.
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Das Departement des Innern und der Volkswirtschaft des Kantons Thurgau bewilligte mit Entscheid vom 1. März 1990 einen Verkauf zu einem maximalen Preis von Fr. 678'000.-- und wies das Gesuch im übrigen ab.
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C.- Gegen diesen Entscheid hat das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Es beantragt, der Entscheid des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und die Bewilligung für die vorzeitige Veräusserung der Parzelle Nr. 143 des Grundbuches Bürglen zu verweigern.
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Die SKA und das Verwaltungsgericht beantragen die Abweisung der Beschwerde. Das Departement des Innern und der Volkswirtschaft des Kantons Thurgau verlangt hingegen deren Gutheissung. Die Kammgarnspinnerei Bürglen AG hat sich nicht vernehmen lassen.
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D.- Auf Begehren des EJPD hat der Präsident der II. Zivilabteilung am 13. September 1990 der Beschwerde aufschiebende Wirkung erteilt.
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Aus den Erwägungen: | |
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a) Nach Art. 4 Abs. 2 BBSG gilt als Gewinn die Differenz zwischen dem bei der Veräusserung erzielten Erlös und den um einen Zuschlag von drei Hundertsteln pro Jahr erhöhten Gestehungskosten. Die Gestehungskosten umfassen nach dieser Vorschrift den Erwerbspreis (einschliesslich Nebenkosten), die Auslagen für notwendige und nützliche Aufwendungen sowie einen Betrag als angemessene Verzinsung des Eigenkapitals. Es fragt sich somit, ob der Pfandausfall, soweit er vom Schuldner nicht gedeckt worden ist, zum Erwerbspreis einschliesslich Nebenkosten gezählt ![]() | 9 |
b) Der Erwerbspreis als solcher wird im BBSG nicht umschrieben. Art. 1 Abs. 3 BBSG sagt lediglich, was als Erwerb zu betrachten ist, nämlich die Eigentumsübertragung im Grundbuch sowie jede andere rechtliche oder tatsächliche Verfügung über eine Sache, die wirtschaftlich einer Eigentumsübertragung gleichkommt. Nach allgemeinem Verständnis ist unter Erwerbspreis daher jener Betrag zu verstehen, der für den so umschriebenen Erwerb des Grundstückes aufgebracht werden muss. Das ist in erster Linie der Preis als eigentliche Gegenleistung für das Übertragen des Eigentums. Dazu kommen gemäss Art. 4 Abs. 2 BBSG die Nebenkosten. Diese umfassen die weiteren Auslagen, die nötig sind, um den Eigentumsübergang zu erwirken, oder die als dessen direkte Folge anfallen, wie insbesondere die Beurkundungs- und Handänderungsgebühren, allenfalls auch die Grundstückgewinnsteuern, wenn diese vom Erwerber getragen werden.
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Dementsprechend besteht der Erwerbspreis bei einer Zwangsversteigerung im Betrag, zu dem das Grundstück dem Erwerber zugeschlagen wird, einschliesslich des Betrages der ihm überbundenen pfandgesicherten Forderungen. Als Nebenkosten sind ausserdem die Ersteigerungskosten sowie die weiteren Gebühren hinzuzuzählen, die mit der Eigentumsübertragung zusammenhängen (vgl. Art. 49 VZG in Verbindung mit Art. 130 Abs. 1 VZG). Hingegen bleibt kein Raum, auch den Pfandausfall zu berücksichtigen. Zwischen dem Erwerb des Grundstücks und dem erlittenen Verlust besteht kein ursächlicher Zusammenhang. Der Verlust ist vielmehr die Folge eines früheren Geschäfts, nämlich der Kreditgewährung. Der Verlust der Beschwerdegegnerin gehört daher weder zum eigentlichen Erwerbspreis des Grundstücks noch zu seinen Nebenkosten.
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Dass das Grundstück für diesen Kredit gehaftet hat, vermag daran nichts zu ändern. Das Risiko, selbst im Falle einer Zwangsverwertung des Pfandes für den Kredit nicht vollständig befriedigt zu werden, beschlägt allein das Pfandgeschäft, das zur Sicherung des Kredits abgeschlossen worden ist. Eine Schadloshaltung durch eine Weiterveräusserung des Grundstücks liefe auf eine zweite Absicherung des Kredits hinaus, die mit dem ursprünglichen Geschäft und dessen Sicherung durch die Bestellung eines Grundpfandes nichts zu tun hat. Der Pfandausfall kann daher nicht zum Erwerbspreis im Sinne von Art. 4 Abs. 2 BBSG gerechnet werden.
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Es trifft zwar zu, dass der erwähnte Autor die Auffassung vertritt, Grundstückgewinnsteuern, die der Veräusserer übernommen habe, weil sie vom früheren Veräusserer nicht bezahlt worden seien, dürften ebenfalls als Gestehungskosten berücksichtigt werden. Ebenso seien Zahlungen aufzurechnen, die der Veräusserer gegenüber Dritten gemacht habe, um die Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts oder die Grundpfandverwertung abzuwenden. Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass ein Pfandausfall berücksichtigt werden muss. Sowohl die Grundstückgewinnsteuer wie auch das Bauhandwerkerpfandrecht stehen nämlich in einem unmittelbaren ursächlichen Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstücks oder zumindest der Eigentümerstellung: Die Gewinnsteuer entsteht bei der entgeltlichen Veräusserung des Grundstücks, und das Befriedigen der Bauhandwerker steht in Beziehung mit realen Wertvermehrungen am Grundstück. Diese Aufwendungen bezahlt der Erwerber in seiner Eigenschaft als Eigentümer des Grundstücks. Mit einer allfälligen Stellung als Gläubiger gegenüber dem Veräusserer aus einem besonders begründeten Rechtsverhältnis - zum Beispiel einem Kreditvertrag - haben sie nichts zu tun. Abgesehen von diesen speziellen Fällen hält denn auch SCHÖBI zu Recht dafür, dass beim Erwerb eines Grundstücks in einer Zwangsverwertung als Erwerbspreis jener Betrag zu gelten habe, zu dem das Grundstück zugeschlagen werde. Die Tatsache, dass dem Übernehmer des Grundstücks gegenüber den früheren Eigentümern Forderungen zustünden, die über dem Zuschlagspreis lägen, sei unbeachtlich (SCHÖBI, a.a.O., S. 91 f.).
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c) Dass der Wortlaut des Bundesbeschlusses die Berücksichtigung eines Pfandausfalls nicht deckt, ist dem Verwaltungsgericht nicht entgangen. Es sieht seine Betrachtungsweise aber durch den Zweck des BBSG gedeckt (ebenso WALTER PETER/HANS NAEF, Bodenrechtliche Sofortmassnahmen im Siedlungsbereich, N 69a zu Art. 4 BBSG).
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Dem Verwaltungsgericht ist zuzugeben, dass der BBSG an wirtschaftliche Sachverhalte anknüpft. Dessen Auslegung kann sich deshalb nicht ohne weiteres einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise ![]() | 16 |
Der Pfandgläubiger, der das haftende Grundstück ersteigert, um es anschliessend weiterzuverkaufen, versucht nun aber, mit dem Erwerb des Grundstückes einen im Kreditgeschäft eingetretenen Verlust auszugleichen bzw. dessen Eintritt zu verhindern. Durch den Weiterverkauf soll ein Gewinn erzielt werden, der den Verlust aus dem Kreditgeschäft ausgleicht. Dieser Gewinn wird also nicht durch eine reale Wertschöpfung am Grundstück erzielt, sondern durch Erwerb und Weiterveräusserung. Genau das aber will der Bundesbeschluss in den ersten fünf Jahren seit Erwerb des Grundstücks verhindern. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts führt eine wirtschaftliche Betrachtungsweise deshalb nicht zum Ergebnis, dass ein Pfandausfall im Rahmen von Art. 4 Abs. 2 BBSG berücksichtigt werden kann.
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Inwieweit dieses Vorbringen nach Art. 105 Abs. 2 OG überhaupt zulässig ist, kann offenbleiben. Entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin kommt es nämlich nicht darauf an, ob der Erwerbspreis marktgerecht sei. Auch wenn der Zweck des Sperrfrist-Beschlusses darin besteht, bestimmte Formen der Spekulation zu verhindern und den Bodenmarkt zu beruhigen, verbietet er nicht nur Rechtsgeschäfte, mit denen tatsächlich eine Spekulation ![]() | 19 |
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