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35. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 11. März 1991 i.S. C. SA in Liquidation gegen H. (Berufung) | |
Regeste |
Art. 741 Abs. 1 OR; Abberufung von Liquidatoren einer Aktiengesellschaft durch den Richter. |
2. Der Aktionär, welcher die Abberufung der Liquidatoren aus wichtigen Gründen anstrebt, ist nicht verpflichtet, vor der Anrufung des Richters in der Generalversammlung der sich in Liquidation befindenden Gesellschaft einen entsprechenden Antrag zu stellen (E. 2). | |
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2. a) Gemäss Art. 741 Abs. 1 OR kann der Richter auf Antrag eines Aktionärs die Liquidatoren abberufen, sofern dafür wichtige Gründe bestehen. Entgegen der von der Beklagten im kantonalen Verfahren vertretenen Auffassung, an der sie auch vor Bundesgericht festhält, ist der Aktionär nicht verpflichtet, vor der Anrufung des Richters in der Generalversammlung der sich in Liquidation befindenden Gesellschaft ein entsprechendes Gesuch zu stellen. In der Literatur wird diese Meinung nur von BÜRGI (N. 6 zu Art. 741 OR) vertreten, der sie aber nicht selbst begründet, sondern dazu auf FUNK verweist. Dieser Autor hält indessen an der zitierten Stelle (N. 1 zu Art. 741 OR) im Gegenteil fest, es sei nicht erforderlich, dass der Aktionär vorgängig ein entsprechendes Gesuch an die Generalversammlung stelle. Die Meinung der Beklagten wird auch sonst in der Literatur nicht geteilt. Während sie von HAGMANN ausdrücklich verworfen wird (Das Mitwirkungs- und ![]() | 3 |
Gegen die Meinung der Beklagten sprechen sodann sowohl der Wortlaut wie auch der Sinn und Zweck von Art. 741 Abs. 1 OR. Der Wortlaut ist eindeutig. Daraus ergeben sich keine Anhaltspunkte zu ihren Gunsten. Ein Vergleich mit der Bestimmung von Art. 740 OR zeigt sodann, dass das Gesetz klar zwischen der Abberufung der Liquidatoren durch die Generalversammlung und jener durch den Richter unterscheidet. Im ersten Fall brauchen keine wichtigen Gründe vorzuliegen, und massgebend ist in der Regel - abweichende statutarische Vorschriften vorbehalten - das absolute Mehr der an der Generalversammlung vertretenen Stimmen. Die Abberufung durch den Richter kann dagegen von jedem, auch einem Minderheitsaktionär verlangt werden; sie erfolgt beim Vorliegen wichtiger Gründe auch gegen den Willen der Mehrheit. In der Lehre ist denn auch zu Recht anerkannt, dass Art. 741 Abs. 1 OR hauptsächlich den Schutz der Minderheitsaktionäre während der Liquidation sicherstellen soll (BÜRGI, N. 1 zu Art. 741 OR; MEIER-HAYOZ, a.a.O., S. 214; FUNK, N. 1 zu Art. 741 OR; BERTSCH, Die Auflösung der Aktiengesellschaft aus wichtigen Gründen, Diss. Zürich 1947, S. 182 f.; ebenso zitiertes Urteil in SJ 102/1980, S. 283). Mit dieser Zweckbestimmung verträgt es sich nicht, vom Aktionär zu verlangen, er müsse vor der Anrufung des Richters einen abschlägigen Entscheid der Generalversammlung veranlassen.
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b) Als unbegründet erweist sich damit auch der Einwand, ein Beschluss der Generalversammlung sei jedenfalls dann notwendige Voraussetzung der Einleitung des gerichtlichen Verfahrens, wenn keine zeitliche Dringlichkeit zur Abberufung der Liquidatoren bestehe. Aus den bereits erwähnten Gründen lässt sich eine solche Einschränkung des Rechts des Aktionärs, beim Richter die Abberufung der Liquidatoren zu verlangen, nicht auf das Gesetz stützen. Rechtlich unerheblich ist darum auch die Behauptung, es stehe nicht fest, dass ein entsprechendes Begehren des Klägers ![]() | 5 |
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