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49. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 17. September 1991 i.S. Vogel gegen Stockwerkeigentümergemeinschaft "Fäld-Stettli" (Berufung) | |
Regeste |
Art. 712h ZGB; Verteilung der gemeinschaftlichen Kosten und Lasten. |
2. Bilden zwei miteinander verbundene Häuser eine Einheit und besitzt ein Miteigentümer im einen Haus zwei Wohnungen und vier Büros, während ihm im andern Haus Keller-, Hobby- und Archivräume zur Verfügung stehen, so ist davon auszugehen, dass eine Dachrenovation des zweiten Hauses diesem Miteigentümer auch Nutzen bringe. Der Miteigentümer hat demnach nach Massgabe seiner gesamten Wertquoten Beiträge an die Dachrenovation zu leisten (Art. 712h Abs. 1 und Abs. 2 Ziff. 1 ZGB). Die Vorschrift von Art. 712h Abs. 3 ZGB gelangt nicht zur Anwendung (E. 6). | |
Sachverhalt | |
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Robert A. Vogel besitzt seit Anbeginn sechs Anteile mit insgesamt 116 Tausendstel. Zwei Wohnungen und vier Büros sind im ![]() | 2 |
B.- Mit Urteilen vom 2. November 1988 hiess das Bezirksgericht Zürich zwei Klagen von Robert A, Vogel gegen die Stockwerkeigentümergemeinschaft "Fäld-Stettli" teilweise gut und erklärte die Beschlüsse der Stockwerkeigentümergemeinschaft betreffend die Genehmigung der Jahresrechnung 1985 vom 19. August 1986 sowie jene betreffend die Jahresrechnung 1986 vom 30. April 1987 als ungültig. Diese Beschlüsse betrafen insbesondere die Kostenverteilung für eine Dachsanierung im Haus Nr. 87 und für den Lift. Im übrigen und zum überwiegenden Teil wies es die Klagen ab.
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Mit zwei Urteilen vom 21. November 1989 wies das Obergericht des Kantons Zürich (II. Zivilkammer) zwei Berufungen des Robert A. Vogel ab, hiess die Berufung der Stockwerkeigentümergemeinschaft "Fäld-Stettli" gut und wies die beiden Klagen vollständig ab.
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C.- Das Bundesgericht hat die Berufungen des Robert A. Vogel abgewiesen und die Urteile des Obergerichts des Kantons Zürich bestätigt.
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Aus den Erwägungen: | |
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b) Bei der zuletzt zitierten Bestimmung handelt es sich nach der Rechtsprechung um eine zwingende Gesetzesvorschrift (BGE 107 II 144, bestätigt in BGE 112 II 314 E. 3a). Es gibt keinen Grund, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.
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Diesen Überlegungen ist entgegenzuhalten, dass das gesetzliche System der Kostenverteilung des Art. 712h ZGB grundsätzlich vom Nutzniessungsprinzip ausgeht, indem es die Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums nicht nach Köpfen, sondern nach Wertquoten auferlegt. Den Parteien steht es allerdings frei, eine andere Regelung zu treffen, um beispielsweise dem Solidaritätsgedanken vermehrt Geltung zu verschaffen; und in diesem Sinne ist Art. 712h Abs. 1 ZGB unbestrittenermassen eine Bestimmung dispositiver Natur. Die Dispositionsfreiheit ist nur gerade durch Art. 712h Abs. 3 ZGB eingeschränkt. Den zwingenden Charakter dieser Bestimmung zu leugnen, liefe darauf hinaus, ihr jeden Sinn und Zweck abzusprechen (vgl. BGE 112 II 317). Die bundesgerichtliche Rechtsprechung hat im übrigen in der Lehre Zustimmung gefunden oder ist zumindest nicht auf Kritik gestossen (HANS-PETER FRIEDRICH, Das Stockwerkeigentum, 2. Auflage Bern 1972, S. 96, N. 1 zu § 19, und S. 98, N. 11 zu § 19; Kommentar MEIER-HAYOZ/REY, N. 66 zu Art. 712h ZGB; REY in ZBJV 124/1988, S. 122; ROLF WEBER, Aktuelle Streitfragen des Stockwerkeigentums, in Baurechtstagung Freiburg 1989, Tagungsunterlage V, S. 11 ff.).
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a) Das Obergericht des Kantons Zürich hat für das Bundesgericht verbindlich festgestellt (Art. 63 Abs. 2 OG), dass die Renovationskosten für das Dach des Hauses Nr. 89 in der Höhe von Fr. 54'000.-- in den Jahren 1983/84 wie auch übrige Renovationskosten einzig aufgrund der Wertquoten verteilt wurden und dass der Kläger diese Verteilung nicht angefochten hatte. Ungeachtet der Tatsache, dass von der Beklagten kein fester Plan für die Renovation der beiden Häuser erstellt und die entsprechenden ![]() | 11 |
b) Bei der konkreten Anwendung von Art. 712h Abs. 3 ZGB ist von einer objektiven Betrachtungsweise auszugehen. Zudem ist diese Bestimmung nur mit Zurückhaltung anzuwenden, weil die gemeinsamen Anlagen und Einrichtungen normalerweise den Standard der gesamten in Stockwerkeigentum unterteilten Liegenschaft bestimmen (BGE 112 II 315 E. 3b und 3c). Das führt, auf den hier zu beurteilenden Fall angewandt, zu folgenden Überlegungen:
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Es kann nicht gesagt werden, dass das Dach des Hauses Nr. 87 dem Kläger überhaupt keinen Nutzen bringe, hat er in diesem Haus doch Keller-, Hobby- und zwei Archivräume sowie zwei Garagenplätze zur Nutzung. Überdies steht ihm auch der für beide Liegenschaften einzige Lift im Haus Nr. 87 zur Benutzung frei. Zwar wäre es durchaus möglich, diesem Nutzen in dem Masse Rechnung zu tragen, als der Kläger aufgrund seiner Wertquoten nur am Haus Nr. 87 an der Kostentragung für die allgemeinen Anlagen beteiligt ist. Dies widerspräche jedoch der Regelung des Stockwerkeigentums im vorliegenden Fall. Darnach war es klarerweise der Wille der Gründer des Stockwerkeigentums - zu denen insbesondere auch der Kläger gehörte -, die beiden Terrassenhäuser in einer einzigen in Stockwerkeigentum unterteilten Liegenschaft zu verbinden. Eine Änderung des Reglements im Sinne der Bildung von Untergemeinschaften wäre zwar grundsätzlich zulässig, würde aber die Zustimmung der notwendigen Mehrheit der Stockwerkeigentümer erfordern und kann jedenfalls nicht über die Anrufung von Art. 712h Abs. 3 ZGB erzwungen werden.
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Bei der hier einzig richtigen Betrachtungsweise der Einheit des Stockwerkeigentums der Häuser Nrn. 87 und 89 spielt es im Ergebnis keine Rolle, ob notwendige Renovationen an allgemeinen Bauteilen strikt nach Wertquoten gemäss Art. 712h Abs. 1 ZGB oder ![]() | 14 |
Dieses Ergebnis entspricht der gesetzlichen und reglementarischen Ordnung, und es ist deshalb nicht einzusehen, inwiefern eine Verletzung von Bundesrecht vorliegen sollte. Bei dieser Rechtslage mag die Frage offenbleiben, ob das Vorgehen des Klägers gar derart gegen Treu und Glauben verstösst, dass es deswegen ohnehin keinen Rechtsschutz verdient (Art. 2 Abs. 2 ZGB).
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