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82. Urteil der II. Zivilabteilung vom 30. Mai 1991 i.S. Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement gegen R. und Rekurskommission für Grunderwerb des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Bundesbeschluss über eine Sperrfrist für die Veräusserung nichtlandwirtschaftlicher Grundstücke und die Veröffentlichung von Eigentumsübertragungen von Grundstücken vom 6. Oktober 1989 (BBSG; SR 211.437.1). |
Die Veräusserung eines Grundstücks vor Ablauf der fünfjährigen Sperrfrist kann nur bewilligt werden, wenn dieses während mindestens zwei Jahren dem Veräusserer oder seiner Familie als Wohnung gedient hat. Eine blosse Nutzung als unmittelbarer Besitzer, z.B. als Mieter der Wohnung, erfüllt die Voraussetzung für die Erteilung der Bewilligung nicht. | |
Sachverhalt | |
1 | |
B.- Am 9. Juli 1990 ersuchte J. R. den Bezirksrat, die vorzeitige Veräusserung seiner Liegenschaft gestützt auf Art. 4 Abs. 1 lit. b des Bundesbeschlusses über eine Sperrfrist für die Veräusserung nichtlandwirtschaftlicher Grundstücke und die Veröffentlichung von Eigentumsübertragungen von Grundstücken vom 6. Oktober 1989 (BBSG; SR 211.437.1) zu bewilligen. Der Bezirksrat wies das Gesuch mit Beschluss vom 18. Juli 1990 ab.
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Eine dagegen gerichtete Beschwerde von J. R. hiess die Rekurskommission für Grunderwerb des Kantons Zürich am 21. November 1990 gut; sie hob den Beschluss des Bezirksrates auf und erteilte dem Gesuchsteller die Bewilligung zur vorzeitigen Veräusserung seiner Liegenschaft.
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C.- Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement erhebt beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, den Beschluss der Rekurskommission für Grunderwerb des Kantons Zürich aufzuheben und festzustellen, dass J. R. keine Bewilligung zur vorzeitigen Veräusserung seines Grundstücks gemäss Art. 4 Abs. 1 lit. b BBSG erteilt werden könne.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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b) Zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist gemäss Art. 103 lit. b OG das in der Sache zuständige Departement legitimiert. Im vorliegenden Fall ist dies das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher einzutreten.
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Der Bezirksrat hielt dafür, dass die Bewilligung im Sinne der angeführten Bestimmung nur erteilt werden könne, wenn der Veräusserer während mindestens zwei Jahren Eigentümer des genutzten Objekts gewesen sei. Demgegenüber gelangte die Rekurskommission zum Schluss, dass sowohl der Wortlaut als auch die Systematik des BBSG eine wirtschaftliche Betrachtungsweise verlangen; bei der Anwendung von Art. 4 Abs. 1 lit. b BBSG dürfe es daher nicht auf das formale Kriterium des Eigentums ankommen; es genüge vielmehr, wenn der Veräusserer seine Liegenschaft während zwei Jahren als unmittelbarer Besitzer genutzt habe.
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Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement rügt, die Auffassung der Rekurskommission verletze Art. 4 Abs. 1 lit. b BBSG. Die Zeit, während der ein Veräusserer eine Liegenschaft als Mieter bewohnt habe, dürfe nach dem Sinn dieser Bestimmung nicht angerechnet werden.
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Nach dem in Art. 1 Abs. 1 BBSG aufgestellten Grundsatz dürfen nichtlandwirtschaftliche Grundstücke nach ihrem Erwerb während fünf Jahren weder als Ganzes noch in Teilen veräussert werden. Als Veräusserung gilt gemäss Art. 1 Abs. 2 ein Vertrag auf Übertragung des Eigentums sowie jedes andere Rechtsgeschäft, das wirtschaftlich einem solchen Vertrag gleichkommt. Nach Art. 1 Abs. 3 gilt als Erwerb die Eigentumsübertragung im Grundbuch sowie jede andere rechtliche oder tatsächliche Verfügung über eine Sache, die wirtschaftlich einer Eigentumsübertragung gleichkommt. Die Sperrfrist beginnt bei aussergrundbuchlichem Erwerb mit dem Zeitpunkt, in dem das Eigentum tatsächlich erworben wurde, und in den übrigen Fällen am Tag der Eintragung in das Grundbuch zu laufen, wobei mit jedem Eigentumserwerb, von einigen Ausnahmen abgesehen, eine neue Sperrfrist beginnt; als Zeitpunkt der Veräusserung gilt das Datum des Vertragsabschlusses (Art. 3 BBSG). Der BBSG knüpft demnach stets an das Eigentum an, das notwendige Grundlage dieses Bundesbeschlusses bildet und auch für die Berechnung der Sperrfrist entscheidend ist. Die Argumentation im angefochtenen Entscheid, der Sperrfristbeschluss sei nicht nach dem formalen Kriterium des Eigentums, sondern unter einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise anzuwenden, geht demzufolge an der Sache vorbei. Es wäre vielmehr sinn- und zweckwidrig und würde der Systematik des BBSG widersprechen, wenn ausgerechnet bei der Anwendung der Bestimmung von Art. 4 Abs. 1 lit. b BBSG, welche ausnahmsweise eine Veräusserung vor Ablauf der Sperrfrist zulässt, auf das Erfordernis des Eigentums verzichtet würde.
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Auch die Entstehungsgeschichte des BBSG führt zu keinem andern Ergebnis. In der Botschaft des Bundesrates über bodenrechtliche ![]() ![]() | 13 |
In der Literatur findet sich ebenfalls nicht der geringste Hinweis darauf, dass bei Anwendung von Art. 4 Abs. 1 lit. b BBSG dem Veräusserer auch die Zeit, während der er das Grundstück als Mieter nutzte, anzurechnen sei. Es wird vielmehr einhellig die Auffassung vertreten, Eigennutzung sei unerlässliche Bedingung für die zeitliche Anrechnung (SCHÖBI FELIX, Erläuterungen zur Sperrfrist, Bern 1990, S. 104 ff.; PETER/NAEF, Bodenrechtliche Sofortmassnahmen im Siedlungsbereich, Zürich 1990, N. 47 S. 26; BISANG, Welches sind die Bewilligungsgründe für eine vorzeitige Veräusserung? in: Dringliches Bodenrecht, Handbuch zu den befristeten Bodenrechtsbeschlüssen, Zürich 1990, S. 63). Ebenso erwähnt die Wegleitung des Eidgenössischen Grundbuchamtes vom Juni 1990 (3. Aufl., S. 15) die Eigennutzung des Veräusserers als massgebliche Voraussetzung für die Erteilung der Ausnahmebewilligung.
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Im vorliegenden Fall bewohnte der Beschwerdegegner die fragliche Liegenschaft vom 6. Juni 1984 bis zum 12. Mai 1989 als Mieter und anschliessend als Eigentümer. Da ihm die Zeit, in der er das Haus als Mieter bewohnte, nicht angerechnet werden darf, erfüllte er die Voraussetzungen von Art. 4 Abs. 1 lit. b BBSG für die Bewilligung der vorzeitigen Veräusserung des Grundstücks weder im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung noch bei Erlass des angefochtenen Beschlusses, d.h. am 21. November 1990. Die ![]() | 16 |
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