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85. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 28. August 1991 i.S. M. gegen L. (Berufung) | |
Regeste |
Art. 18 Abs. 1 BMM. Pflicht des Vermieters, Mietzinserhöhungen zu begründen. | |
Sachverhalt | |
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B.- Nachdem L. Einsprache erhoben hatte und im Schlichtungsverfahren keine Einigung zustandegekommen war, klagte M. bei der Gerichtskommission See auf Feststellung der Nichtmissbräuchlichkeit der Erhöhung. Mit Urteil vom 20. September 1990 erklärte die Gerichtskommission die Mietzinserhöhung im Umfange von Fr. 85.-- auf neu Fr. 1'105.-- netto pro Monat zuzüglich Nebenkosten als zulässig und wies die Klage im übrigen ab.
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Auf Berufung beider Parteien bestätigte die Rekurskommission des Kantonsgerichts St. Gallen diesen Entscheid am 22. Februar 1991.
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C.- Das Bundesgericht weist die vom Kläger gegen das kantonsgerichtliche Urteil eingelegte eidgenössische Berufung ab, soweit es darauf eintritt.
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Aus den Erwägungen: | |
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Die Rekurskommission hält in tatsächlicher Hinsicht fest, bei Mietbeginn habe der Mietzins auf einem Hypothekarzinsfuss von 5 1/2% beruht. Die Senkung des Zinssatzes anfangs 1987 und im Sommer 1988 um je 1/4% habe keine Auswirkungen auf den Mietzins gehabt. Die am 12. Dezember 1988 mitgeteilte - erste - ![]() | 6 |
Der Kläger rügt, die Auffassung der Rekurskommission verletze Art. 15 Abs. 1 lit. b und Art. 18 BMM sowie Art. 9 VMM. Er stellt sich auf den Standpunkt, dass der Erhöhungsgrund der Anpassung an die Orts- und Quartierüblichkeit sämtliche seit der letzten Mietzinsfestsetzung eingetretenen Veränderungen mitumfasse, und zwar - kompensatorisch - auch allfällige Herabsetzungsansprüche des Mieters.
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a) Die Vorinstanz stützt ihren Entscheid auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Begründungspflicht des Vermieters (Art. 18 Abs. 1 BMM). Danach bildet die in der Mitteilung der Mietzinserhöhung angegebene Begründung Teil der Willenserklärung des Vermieters, die dieser so gegen sich gelten lassen muss, wie der Mieter sie in guten Treuen verstehen konnte (BGE 106 II 168 E. 4a, 360 E. c). Die Begründung hat dabei klar zu sein. Sie soll dem Mieter erlauben, sich ein Bild über Tragweite und Berechtigung der Mietzinserhöhung zu machen, und ihm damit die Entscheidungsgrundlagen dafür verschaffen, ob er Einsprache erheben will oder nicht. Unzulässig sind deshalb insbesondere stillschweigende Vorbehalte bezüglich nicht ausgeschöpfter Erhöhungsgründe (BGE 111 II 204 E. 1; BGE 106 II 360 E. c). An dieser Rechtsprechung ist trotz der von einem Teil der Lehre daran geübten Kritik (RAISSIG/SCHWANDER, Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen, 4. Aufl., S. 139 ff.; BARBEY, L'arrêté fédéral instituant des mesures contre les abus dans les secteurs locatifs, S. 29 f.; zustimmend hingegen TRÜMPY, MP 1989, S. 149; GMÜR/PREROST/TRÜMPY, Mietrecht für die Praxis, 3. Aufl. 1986, S. 97) festzuhalten. Dem Vermieter darf zugemutet werden, Mietzinserhöhungen klar zu begründen.
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Der Rekurskommission ist uneingeschränkt darin beizupflichten, dass dieselben Grundsätze auch für die Verrechnung von ![]() | 9 |
Das gilt entgegen der Meinung des Klägers auch, wenn sich der Vermieter auf Anpassung an die Orts- und Quartierüblichkeit (Art. 15 Abs. 1 lit. a BMM) beruft. Der Kläger überschätzt die Tragweite dieses Mietzinserhöhungsgrundes. Die gesetzliche Regelung zum missbräuchlichen Mietzins beruht auf verschiedenen Motiven, die teilweise in einem gewissen Spannungsverhältnis zueinander stehen. Die Missbrauchsgesetzgebung will einerseits verhindern, dass der Vermieter auf Kosten des Mieters eine übersetzte Rendite erwirtschaftet (Grundsatz der Kostenmiete). Auf der anderen Seite gilt jedoch ein Mietzins, der sich im Rahmen der orts- und quartierüblichen Mietzinse hält (Grundsatz der Marktmiete), selbst dann nicht als missbräuchlich, wenn damit der zulässige Ertrag überstiegen wird (BGE 112 II 155). Im weiteren will die Missbrauchsgesetzgebung aber auch dem Grundsatz von Treu und Glauben Rechnung tragen. Soweit nicht bestimmte Erhöhungsgründe ausdrücklich vorbehalten worden sind, darf sich der Mieter deshalb darauf verlassen, dass der bisherige Mietzins dem Vermieter einen sowohl zulässigen wie auch genügenden Ertrag verschafft. Der Grundsatz von Treu und Glauben bildet mithin die Grundlage der sogenannten relativen Berechnungsmethode, wonach die Zulässigkeit einer Mietzinserhöhung ausgehend vom bisherigen Mietzins aufgrund der seit der letzten Mietzinsfestsetzung eingetretenen Veränderungen beurteilt wird (BGE 111 II 203 f. mit Hinweisen). Damit werden, wie ZIHLMANN (Das neue ![]() | 10 |
b) Der aus der Hypothekarzinssenkung von 5 1/2% auf 5% resultierende Mietzinssenkungsanspruch des Beklagten darf demnach nicht als durch die vom Kläger vorgenommene Anpassung des Mietzinses an die Orts- und Quartierüblichkeit stillschweigend kompensiert betrachtet werden. Die Vorinstanz hat es dem Kläger deshalb zu Recht verwehrt, die erneute Mietzinserhöhung mit einem Hypothekarzinsanstieg von 5% auf 6% zu rechtfertigen. Berücksichtigt werden darf nur die Erhöhung des Hypothekarzinses von 5 1/2% auf 6%. Damit erweist sich der angefochtene Entscheid als richtig.
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