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92. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 15. Oktober 1991 i.S. v. W. gegen M. (Berufung) | |
Regeste |
Art. 48 Abs. 2 lit. a OG. Berufungsfähigkeit von Endentscheiden unterer Gerichte, die als letzte, aber nicht einzige kantonale Instanz urteilen. | |
Sachverhalt | |
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B.- Mit Berufung an das Bundesgericht beantragt der Kläger u.a., das Urteil vom 20. Februar 1991 aufzuheben und das Mietverhältnis bis Ende April 1993 zu erstrecken. Das Bundesgericht tritt auf die Berufung nicht ein.
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Aus den Erwägungen: | |
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a) Als Abteilung des Kantonsgerichts, das im Kanton Obwalden "unteres" Gericht im Sinne von Art. 48 Abs. 2 lit. a OG ist, ![]() | 4 |
Gemäss Art. 23 Abs. 1 der obwaldnerischen Ausführungsbestimmungen vom 26. Juni 1990 zum neuen Miet- und Pachtrecht unterstehen mietrechtliche Entscheide des Gerichtsausschusses keinem ordentlichen kantonalen Rechtsmittel. Mit dem angefochtenen Urteil ist daher die Erstreckungsklage von einer letzten Instanz abgewiesen worden (POUDRET, a.a.O.). Als nicht einzige Instanz kann der Gerichtsausschuss nach dem Gesagten jedoch nur gelten, wenn er als Rechtsmittelinstanz über der Schlichtungsbehörde zu betrachten ist und ausserdem Gewähr dafür besteht, dass der Berufung eine umfassende Überprüfung durch mindestens zwei kantonale Instanzen vorausging.
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b) Dass es an der ersten Voraussetzung fehlt, ergibt sich aus der neuen, auf den vorliegenden Fall unstreitig anwendbaren bundesrechtlichen Regelung (Art. 5 SchlB zu den Tit. VIII und VIIIbis) für das Erstreckungsverfahren:
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Die innert 30 Tagen nach Kündigungsempfang vom Mieter um Erstreckung angegangene Schlichtungsbehörde (Art. 273 Abs. 2 lit. a OR) hat nach erfolglosem Schlichtungsversuch über die Erstreckung zu entscheiden (Art. 273 Abs. 4 OR). Verweigert sie die Erstreckung, hat der unterlegene Mieter innert 30 Tagen den Richter anzurufen, ansonsten der Entscheid der Schlichtungsbehörde in Rechtskraft erwächst (Art. 273 Abs. 5 OR).
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Wie bereits aus dem Wortlaut von Art. 273 Abs. 5 OR hervorgeht, nach dem die vor der Schlichtungsbehörde unterlegene Partei den Richter anzurufen hat ("saisir le juge", "ricorrere al giudice"), ist die Anrufung des Richters kein Weiterzug eines Verfahrens an die nächsthöhere Instanz, das Gerichtsverfahren keine Fortsetzung des Verfahrens vor der Schlichtungsbehörde und der Richter nicht Rechtsmittelinstanz. Vielmehr tritt der Erstreckungsstreit mit der Anrufung des Richters erstmals in die gerichtliche Phase (GMÜR, Kündigungsschutz - Prozessuales rund um den "Entscheid" der Schlichtungsbehörde, in: Mietrechtspraxis 1990, S. 132). Der erfolglose Schlichtungsversuch und der Entscheid der Schlichtungsbehörde in den gesetzlich vorgesehenen Fällen (Art. 274e Abs. 1 und 2 OR) sind lediglich prozessuale Voraussetzungen dafür, dass beim Richter Klage erhoben werden kann. Entscheidet die unabhängige und dem Richter in keiner Weise ![]() | 8 |
c) Hätte sodann das Bundesgericht auf Berufungen gegen Erstreckungsurteile unterer Gerichte einzutreten, denen bloss der Entscheid einer Schlichtungsbehörde vorausging, wäre die umfassende Beurteilung durch mindestens zwei kantonale Instanzen nicht gewährleistet. Denn für Entscheide von Schlichtungsbehörden sehen die Kantone ein summarisches Verfahren vor. Es ist insbesondere durch Beweismittelbeschränkungen gekennzeichnet (so auch Art. 13 der obwaldnerischen Ausführungsbestimmungen), ähnlich wie das Verfahren, in dem über vorläufigen Rechtsschutz aufgrund glaubhaft zu machender Ansprüche befunden wird (vgl. BBl und Amtl.Bull. je a.a.O.; ausführlich GMÜR, a.a.O., insbesondere S. 122, 125 f., 130 ff.). Entscheidet der ordentliche Richter im Anschluss an ein solches Verfahren endgültig, so wird sein Urteil auch nicht als zweitinstanzlicher Entscheid im Sinne von Art. 48 Abs. 2 lit. a OG betrachtet. Dementsprechend behandelt auch der Kassationshof richterliche Entscheide, denen ein Strafbefehl oder ein Entscheid einer Verwaltungsbehörde vorausgegangen ist, als Entscheide einziger kantonaler Instanzen und tritt nach Art. 268 Ziff. 1 Satz 2 BStP auf Nichtigkeitsbeschwerden nicht ein (BGE 116 IV 78 mit Hinweisen).
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