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97. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 15. November 1991 i.S. A. gegen S. (Berufung) | |
Regeste |
Art. 620 ff. ZGB; bäuerliches Erbrecht. | |
Sachverhalt | |
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Gegen dieses Urteil erhoben die Kläger wiederum Appellation an das Obergericht, die mit Entscheid vom 6. Dezember 1990 abgewiesen wurde.
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C.- Mit Berufung an das Bundesgericht beantragen die Kläger, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Klage gutzuheissen.
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Die Beklagte stellt Antrag auf Abweisung der Berufung. Das Obergericht hat auf Gegenbemerkungen zur Berufung verzichtet.
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Das Bundesgericht weist die Berufung ab.
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Aus den Erwägungen: | |
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Im übrigen existiere der Landwirtschaftsbetrieb längst nicht mehr. Das Land sei an mehrere Bauern verpachtet worden, das Bauernhaus stehe leer und die Ökonomiegebäude würden anderweitig genutzt. Daraus erhelle, dass mit der Integralzuweisung kein einziges Ziel der bäuerlichen Gesetzgebung - weder auf dem Gebiete der Struktur- noch der Agrarpolitik - erreicht worden sei.
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5. a) Art. 620 ZGB enthält den Grundsatz, dass ein landwirtschaftliches Gewerbe einem Erben, der sich zu dessen Übernahme bereit erklärt und als hiefür geeignet erscheint, ungeteilt zum Ertragswert zuzuweisen ist. Subjektive Voraussetzung für die Integralzuweisung bildet somit die Eignung des Bewerbers für die Führung des Landwirtschaftsbetriebs. Indessen darf nicht übersehen werden, dass Art. 620 ZGB zum bäuerlichen Erbrecht gehört, ja dessen eigentliches Herzstück darstellt (ESCHER, N. 1 zu Art. 620 ZGB). Die Bestimmungen des bäuerlichen Erbrechts sind aber einzig auf Erbschaften anwendbar, die noch nicht geteilt worden sind. Sie enthalten nur besondere Teilungsvorschriften für den Fall, dass sich ein landwirtschaftliches Gewerbe in der Teilungsmasse befindet. Das bäuerliche Erbrecht wurde erlassen, um die Zerstückelung des bäuerlichen Grundbesitzes und die Verschuldung des landwirtschaftlichen Bodens durch die Realteilung zu ![]() | 11 |
Freilich hat es nicht an Versuchen gefehlt, gewisse Grundsätze des bäuerlichen Erbrechts auf die Übernahme eines landwirtschaftlichen Gewerbes durch einen Präsumptiverben zu Lebzeiten des Erblassers auszudehnen. Bereits anlässlich der ersten Revision des bäuerlichen Erbrechts schlug der Schweizerische Bauernverband im Jahre 1935 eine Regelung für den Fall vor, dass der Erblasser schon zu seinen Lebzeiten den Betrieb einem künftigen Erben verkauft hat. Dieser Vorstoss blieb jedoch erfolglos. Auch ein entsprechender Antrag im Ratsplenum in Jahre 1937 wurde vom Nationalrat abgelehnt (Amtl.Bull. Nr. 1937, S. 760, 764, 767 und 770). Später wurde in das Bundesgesetz über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes vom 12. Juni 1951 (EGG) ein gesetzliches Vorkaufsrecht aufgenommen. Dieses wirkt sich zwar in gewisser Weise als Beschränkung der Verfügungsfreiheit unter Lebenden aus, doch dient es nur dem Ziel, den bäuerlichen Grundbesitz der Familie des Eigentümers zu erhalten, und es kann nur von einem gesetzlich festgelegten Kreis von Berechtigten ausgeübt werden (Art. 6 und 11 EGG). Trotz Einführung dieses Vorkaufsrechts ist dem Erblasser die Möglichkeit nicht entzogen worden, durch Rechtsgeschäft unter Lebenden seinen Betrieb auf einen Präsumptiverben, der die Kriterien von Art. 620 ZGB nicht erfüllt, zu übertragen (STEIGER, a.a.O., S. 45).
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Im Rahmen der Revision des bäuerlichen Zivilrechts vom 6. Oktober 1972 wurde die Testierfreiheit des Erblassers erheblich eingeschränkt, indem Art. 621bis ZGB bestimmt, dass einem ![]() | 13 |
Im gegenwärtigen Zeitpunkt besteht demnach keine gesetzliche Regelung, die analog zu Art. 621bis ZGB das Vorrecht des geeigneten Selbstbewirtschafters zu Lebzeiten des Erblassers gewährleisten würde (NEUKOMM/CZETTLER, a.a.O., S. 165; STEIGER, a.a.O., S. 45). Wird ein landwirtschaftliches Gewerbe noch vom Erblasser selber an einen künftigen Erben verkauft, der den Voraussetzungen von Art. 620 ZGB nicht genügt, so kann ein solcher Kauf nach dem Erbgang nicht mehr rückgängig gemacht werden (ESCHER, N. 19 der Vorbemerkungen zu Art. 616-625 ZGB, N. 7 zu Art. 620 ZGB; RÜEGG, Die Einschränkung der Testierfreiheit im bäuerlichen Erbrecht des schweizerischen ZGB, Diss. Zürich 1950, S. 47).
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b) Im vorliegenden Fall fand der mit einer Verpfründung kombinierte Verkauf des landwirtschaftlichen Heimwesens und der Gastwirtschaft "Krone" durch Anna A.-B. an ihre Tochter Emma S.-A. am 9. Juni 1967, also 17 Jahre vor dem Tod der späteren Erblasserin, statt. Es handelt sich dabei eindeutig um die Übertragung eines landwirtschaftlichen Gewerbes an eine Präsumptiverbin zu Lebzeiten der Erblasserin. Da nach dem Ausgeführten der Käufer den Voraussetzungen von Art. 620 ff. ZGB nicht zu genügen braucht, kommt dem Eignungsprinzip keine entscheidende Bedeutung zu (ESCHER, a.a.O.). Das Obergericht hat daher nicht gegen Bundesrecht verstossen, wenn es angenommen hat, dass bei der Übertragung eines landwirtschaftlichen Betriebs zu Lebzeiten der Erblasserin an einen zukünftigen Erben die Selbstbewirtschaftung bzw. dessen Eignung zur Führung des Betriebs keine unerlässliche Voraussetzung bilde, wie dies bei der ![]() | 15 |
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