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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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110. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 5. November 1991 i.S. V. SA gegen E. B.V. und vertragliches Schiedsgericht (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Art. 190 Abs. 2 lit. e IPRG. Internationale Schiedsgerichtsbarkeit. Ordre public. | |
Sachverhalt | |
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Die V. SA führt gegen den Entscheid des Schiedsgerichts erfolglos staatsrechtliche Beschwerde gemäss Art. 85 lit. c OG.
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Aus den Erwägungen: | |
3. Es liegt unstreitig ein Fall internationaler Schiedsgerichtsbarkeit im Sinne von Art. 176 ff. IPRG vor. Der Schiedsentscheid kann folglich allein aus den Gründen gemäss Art. 190 Abs. 2 IPRG angefochten werden. Die Beschwerdeführerin beruft sich einzig auf lit. e dieser Bestimmung und macht geltend, die Vertragsauslegung ![]() | 3 |
Im Vergleich zu Art. 36 lit. f des Schiedsgerichtskonkordats (SR 279), der die materielle Anfechtung von Schiedssprüchen wegen Willkür durch offensichtlich aktenwidrige Tatsachenfeststellungen oder klare Verletzung des Rechts oder der Billigkeit zulässt, schränkt die Ordnung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit - dem Willen des Gesetzgebers entsprechend - die Anfechtungsmöglichkeiten erheblich ein. Selbst eine offensichtlich falsche Tatsachenfeststellung oder Rechtsanwendung stellt für sich allein keinen ausreichenden Grund dar, um ein Schiedsurteil aufzuheben. Die materiellrechliche Überprüfung durch das Bundesgericht ist vielmehr auf die Frage begrenzt, ob der Schiedsentscheid vor dem Ordre public standhält. Dabei verstösst die materielle Beurteilung einer Schiedssache gemäss Rechtsprechung nur dann gegen diese öffentliche Ordnung, wenn sie fundamentale Rechtsgrundsätze verletzt und daher mit der schweizerischen Rechts- und Wertordnung schlechthin unvereinbar ist. Zu diesen Grundsätzen zählen etwa die Vertragstreue, der Vertrauensgrundsatz, das Rechtsmissbrauchs- oder das Diskriminierungsverbot (BGE 116 II 636 mit Hinweisen; WALTER/BOSCH/BRÖNNIMANN, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweiz, S. 225 ff.; POUDRET, Les recours au Tribunal fédéral suisse en matière d'arbitrage interne et international, Bulletin ASA 1988 S. 62).
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Weil der Beschwerdegrund der Verletzung des Ordre public weniger weit geht als derjenige der Willkür, muss unter der Herrschaft des IPRG erst recht gelten, dass sich analog zur Rechtsprechung zu Art. 4 BV die Aufhebung eines Entscheids nur dann rechtfertigt, wenn er im Ergebnis gegen die massgebende Ordnung verstösst, ohne dass es auf die Begründung allein ankäme (BGE 116 II 636 f.). Dabei hat nach dem das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde beherrschenden Rügeprinzip der Beschwerdeführer die Unvereinbarkeit des angefochtenen Schiedsentscheids mit dem Ordre public im einzelnen aufzuzeigen. Auf eine bloss appellatorische Kritik oder einen unzureichenden Vorwurf der Willkür ist nicht einzutreten.
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Ob schliesslich für die Beurteilung des Ordre public allgemein oder allenfalls je nach Inlandbezug der Streitsache die schweizerische, eine ausländische, eine supranationale oder gar eine universale Wert- oder Rechtsordnung massgebend ist, kann offenbleiben, wenn sich erweist, dass der angefochtene Entscheid so oder anders ![]() | 6 |
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Der im angefochtenen Schiedsentscheid festgestellte Vertragsinhalt missachtet die Schranken der Privatautonomie nicht. Das Gesetz (Art. 75 OR) überlässt es der Regelungsfreiheit der Parteien, die Fälligkeit einer vertraglichen Forderung festzulegen. Art. 82 OR ist ebenfalls nachgiebiges Recht, das die Parteien grundsätzlich nicht hindert, auf den Rechtsbehelf zu verzichten und die Einrede des unerfüllten Vertrags auszuschliessen (WEBER, N 17 f. zu Art. 82 OR; SCHRANER, N 5 zu Art. 82 OR). Allenfalls zu beachtende Geltungsschranken allgemeiner Geschäftsbedingungen spielen hier keine Rolle. Schliesslich kann der Schuldner gemäss ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift (Art. 126 OR) auch auf die Verrechnung zum voraus verzichten. Von einer Nichtigkeit des Vertrages im Sinne der Art. 19 und 20 OR kann daher in keinem der beanstandeten Punkte die Rede sein. Damit ist der Rüge, die Vertragsauslegung sei mit dem Ordre public unvereinbar, von vornherein der Boden entzogen. Die Beschwerde erweist ![]() | 8 |
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