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20. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 27. Februar 1992 i.S. K. gegen K. (Berufung) | |
Regeste |
Bedeutung der Offizialmaxime nach Art. 280 Abs. 2 ZGB im Berufungsverfahren. | |
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1. a) Mit seinem Hauptantrag verlangt der Kläger vor Bundesgericht mehr, als ihm die erste Instanz als Unterhaltsbeitrag zugesprochen hatte. Die Verfügung des Kantonsgerichtspräsidenten war ![]() | 1 |
Es ist allerdings zu beachten, dass nach Art. 280 Abs. 2 ZGB für Verfahren über die Unterhaltspflicht der Eltern - wie bei Abstammungsprozessen nach Art. 254 Ziff. 1 ZGB - die Offizialmaxime gilt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts bezieht sich dieser prozessuale Grundsatz nicht nur auf die Abklärung des Sachverhalts und die Beweiswürdigung, sondern auch auf die Frage der Verbindlichkeit der Parteianträge. Der Richter ist deshalb im Bereich des Kinderunterhaltes grundsätzlich nicht an die Parteianträge gebunden (nicht veröffentlichter Entscheid vom 22. Dezember 1983 i.S. G. c. A.; E. 3a). In Scheidungsverfahren hat das Bundesgericht noch unter dem alten Kindesrecht aus der Offizialmaxime den Schluss gezogen, dass die Mutter in einer Berufung höhere Kinderalimente fordern kann als vor letzter kantonaler Instanz (BGE 82 II 470 ff.). Die obere kantonale Instanz kann die Kinderalimente sogar erhöhen, wenn diese bei ihr gar nicht mehr streitig sind (nicht veröffentlichter Entscheid vom 13. März 1986 i.S. A. c. P.; E. 6). Ob diese Maxime auch zugunsten der Eltern gilt, hat das Bundesgericht in BGE 109 II 197 f. (E. 2) noch offengelassen, in einem nicht veröffentlichten Entscheid vom 19. Januar 1990 (i.S. L. c. C.) jedoch bejaht. Es fragt sich allerdings, ob der Offizialmaxime die gleiche weite Bedeutung beigemessen werden kann, wenn es um den Unterhalt eines mündigen Kindes geht.
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Sowohl Art. 280 Abs. 2 ZGB als auch Art. 254 Ziff. 1 ZGB sehen nach ihrem Wortlaut ausschliesslich vor, dass das Gericht den Sachverhalt von Amtes wegen zu erforschen und die Beweise nach seiner freien Überzeugung zu würdigen habe. Diese verfahrensrechtlichen Vorschriften haben ihren Grund darin, dass sowohl bei der Abstammung als auch beim Unterhalt ein erhöhtes Interesse an der materiellen Wahrheit besteht, deren Findung gefördert werden soll. Ein besonderes, verstärktes Bedürfnis nach Schutz der Kindesinteressen besteht zudem im Scheidungsverfahren, weil hier dem Kind selber keine Parteistellung zukommt (kritisch dazu RUTH REUSSER, Die Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs des ![]() | 3 |
Verlangt demgegenüber das mündige Kind Unterhalt, stellt sich die Frage nicht in gleicher Weise. Dieses Verfahren erfolgt unabhängig von einem Scheidungsprozess, so dass keine unmittelbare Wechselwirkung zwischen dem Kinderunterhalt und der Höhe der Scheidungsrente entstehen kann. Auch die Interessenlage zeigt sich nicht in gleicher Weise. Während die Unterhaltspflicht gegenüber dem unmündigen Kind die Regel darstellt, unterstreicht das Gesetz mit dem Erfordernis der Zumutbarkeit den Ausnahmecharakter, den die Unterhaltsleistungen gegenüber dem mündigen Kind darstellen (BGE 111 II 416). Dies rechtfertigt es aber, dem Anspruchsberechtigten einen weniger starken prozessualen Schutz zu gewähren und die Elterninteressen stärker zu berücksichtigen (nicht veröffentlichter Entscheid vom 22. Oktober 1987 i.S. P. c. P.; E. 3). Es besteht deshalb kein Grund, in diesen Fällen von Art. 55 Abs. 1 lit. b OG abzuweichen und neue Anträge vor Bundesgericht noch zuzulassen.
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Da die Vorinstanz somit zu Recht auf den Antrag nicht eingetreten ist, den von der ersten Instanz auf Fr. 1'600.-- bezifferten Unterhaltsbeitrag auf Fr. 2'300.-- zu erhöhen, erweist sich der in der Berufung gestellte Hauptantrag, soweit es um die Erhöhung des monatlichen Unterhaltsbeitrags auf Fr. 1'900.-- geht, als neu und damit als unzulässig.
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