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57. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 17. Juni 1992 i.S. C. gegen A. C. SA (Berufung) | |
Regeste |
Art. 1 und Art. 18 OR. Übernahmebedürftigkeit von SIA-Normen. | |
Sachverhalt | |
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Aus den Erwägungen: | |
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a) Wie in einem neuesten Entscheid (BGE 117 II 284 E. 4b) ausgeführt worden ist, anerkennt das Bundesgericht die vom Schweizerischen Ingenieur- und Architekten-Verein herausgegebenen Normen, denen die Bedeutung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zukommt, nicht als regelbildende Übung und stellt darauf nur ab, wenn die Parteien sie zum Vertragsinhalt erhoben haben (BGE 107 II 178 E. 1; vgl. auch BGE 109 II 452 Nr. 96). Vorgeformte Vertragsinhalte können zwar Ausdruck der Verkehrsauffassung oder -übung sein. Zu vermuten ist dies aber nicht, sondern muss im Einzelfall nachgewiesen werden (JÄGGI/GAUCH, N. 403 zu Art. 18 OR; KRAMER, N. 33 zu Art. 18 OR; GAUCH, Der Werkvertrag, 3. A. 1985, S. 64 f. Rz. 225, S. 67 f. Rz. 238 f.; GAUCH in: Kommentar zur SIA-Norm 118, S. 24 ff. Rz. 2; MERZ, ZBJV 114/1978 S. 540 f.).
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b) Die Parteien haben die SIA-Norm 243 unstreitig nicht in den Werkvertrag übernommen. Das Kantonsgericht hält sie trotzdem für massgeblich, weil die einschlägige Ziffer 7.44 lediglich technische Anweisungen darüber enthalte, wie nicht oder schwer messbare Ausmasse zu ermitteln seien. Träfe diese Auffassung zu und gäbe Ziffer 7.44 nur eine übliche Messmethode wieder, dann hätte die Vorinstanz mit der Bestimmung des streitigen Ausmasses der drei Rechnungspositionen eine tatsächliche Feststellung getroffen, die im Berufungsverfahren nicht zu überprüfen wäre (Art. 63 Abs. 2 OG). Um eine vereinfachte Messmethode, die den Unternehmer in gewissen Fällen von der genauen Feststellung des effektiven Ausmasses entbinden würde, handelt es sich indessen nicht. Ziffer 7.44 berechtigt den Unternehmer vielmehr zu Zuschlägen zum festgestellten Ausmass für Aussenisolationsarbeiten in gewissen Bereichen (Anschlüsse an Fensterbänken, Ecken mit Kantenabrundungen, ![]() | 4 |
Eine Übernahme wäre selbst dann erforderlich gewesen, wenn Ziffer 7.44 bloss eine erleichterte Feststellung der Ausmasse bezwecken würde. Zwar können technische Usanzen im Gegensatz zu rechtlichen Verbandsnormen auch ohne ausdrückliche Übernahme die Auslegung von Parteierklärungen bestimmen, sofern sie die massgebende Verkehrssitte konkretisieren (KRAMER, N. 105 zu Art. 1 OR). Die zahlreichen Regeln, welche die Praxis zur Ermittlung der nach Einheitspreisen zu vergütenden Menge entwickelt hat und die sich auch in verschiedenen SIA-Normen finden, gehören jedoch nicht dazu. Als Grundlage für die Berechnung des geschuldeten Werklohns dürfen sie dem Bauherrn nur entgegenhalten werden, wenn die Parteien sie vereinbart haben (GAUCH, Der Werkvertrag, S. 184 Rz. 641). Das gilt erst recht für diejenigen Regeln, die es dem Unternehmer ermöglichen, vom tatsächlichen Ausmass abzuweichen, darf doch der Bauherr ohne gegenteilige Abmachung annehmen, dass ihm die effektiv erbrachten Leistungen berechnet werden.
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