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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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35. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 28. April 1993 i.S. Bank Kreiss AG gegen Schweizerische Kreditanstalt (Berufung) | |
Regeste |
Akkreditiv; Internationales Privatrecht (Art. 116 und 117 IPRG). |
2. Für die Beziehungen zwischen der eröffnenden Bank und der Korrespondenzbank gilt die Leistung der Beauftragten als die für eine objektive Anknüpfung charakteristische (Art. 117 Abs. 3 lit. c. IPRG) (E. 2). | |
Sachverhalt | |
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Die Klägerin hat Berufung eingelegt und beantragt dem Bundesgericht, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage gutzuheissen; eventuell sei die Streitsache an die Vorinstanz zu neuer Entscheidung zurückzuweisen. Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesgericht weist die Berufung ab
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aus folgenden Erwägungen: | |
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a) Das Handelsgericht hält fest, die Parteien hätten sich nicht zum anwendbaren Recht geäussert und keine Rechtswahl getroffen. Das Kassationsgericht sah darin keinen Widerspruch. Zwar hätten die Parteien wohl schweizerisches Recht diskutiert und namentlich Literatur- und Judikaturstellen dazu zitiert, allerdings nicht in einem ![]() | 4 |
b) Der Vertrag untersteht dem von den Parteien gewählten Recht (Art. 116 Abs. 1 IPRG), wobei die Rechtswahl ausdrücklich sein oder sich eindeutig aus dem Vertrag oder den Umständen ergeben muss (Art. 116 Abs. 2 IPRG). Die Bestimmung konsolidiert sowohl hinsichtlich der grundsätzlich freien Rechtswahl (vgl. BGE 111 II 180) wie hinsichtlich deren Voraussetzungen (grundlegend BGE 87 II 200 E. d) im wesentlichen die bisherige bundesgerichtliche Rechtsprechung (Botschaft zum IPRG, BBl 1983 I 263ff., 407 ff.; HEINI, Die Rechtswahl im Vertragsrecht und das neue IPR-Gesetz, in Beiträge zum neuen IPR des Sachen-, Schuld- und Gesellschaftsrecht, FS Rudolf Moser, S. 67 ff.).
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Das Bundesgericht steht seit seiner mit BGE 87 II 200 E. d begründeten Rechtsprechung auf dem Standpunkt, von einer Rechtswahl zugunsten eines bestimmten und von einem Verzicht auf die Anwendung eines andern Rechts könne logischerweise nur dort gesprochen werden, wo den Parteien überhaupt bewusst geworden sei, dass sich die Frage nach dem massgebenden Recht stelle. Denn die Wahl treffen könne nur, wer wisse, dass er die Möglichkeit habe, ein Vertragsverhältnis der einen oder der andern Rechtsordnung zu unterstellen, und ebenso könne auf eine von zwei Möglichkeiten nur verzichten, wer die beiden zu Gebote stehenden Möglichkeiten kenne. Ein auf übereinstimmenden Erklärungen beruhender Verweisungsvertrag, wie er für eine Rechtswahl notwendig sei, setze damit voraus, dass die Parteien einen bewussten Rechtswahl-Willen hätten und diesen äussern wollten. Dächten die Parteien dagegen überhaupt nicht an die Frage des anwendbaren Rechts, so könne darin, dass sie von der inländischen Rechtsordnung ausgingen, für sich allein noch keine Rechtswahl erblickt werden (vgl. BGE 91 II 46 E. 3 und 445 E. 1; vgl. auch VISCHER/VON PLANTA, Internationales Privatrecht, 2. Aufl., S. 170; KELLER/SIEHR, Allgemeine Lehren des internationalen Privatrechts, S. 377/8). Später hat es diese Auffassung insoweit verdeutlicht, als es die gemeinsame Berufung auf ein bestimmtes Recht je nach den Umständen als Ausdruck oder Folge bewusster stillschweigender Rechtswahl oder mindestens als Indiz dafür jedenfalls ![]() | 6 |
Zwar bleibt ein hypothetischer Parteiwille als versteckte Anknüpfung grundsätzlich unbeachtlich (dazu SCHWANDER, Zur Rechtswahl im IPR des Schuldvertragsrechts, in FS Max Keller, S. 473 ff., 481), doch reicht auch für den Abschluss eines Verweisungsvertrags ein normativer Konsens aus. Die vom Gesetzgeber geforderte Klarheit der Rechtswahl erfordert hier allerdings eine objektiv hinreichend schlüssige ausdrückliche oder konkludente Willenserklärung, welche vom Empfänger nach dem Vertrauensgrundsatz unzweideutig als Offerte eines Verweisungsvertrags verstanden werden darf und muss. Im vorliegenden Fall fehlen indessen tatsächliche Feststellungen der Vorinstanz, dass die Prozessparteien sich im kantonalen Verfahren in einer Art und Weise geäussert hätten, welche nach dem Vertrauensgrundsatz auf eine einvernehmliche Rechtswahl schliessen liesse. Ein solcher Rechtsfolgewillen darf namentlich nicht bereits aus einer Bezugnahme auf ein bestimmtes Recht abgeleitet werden. Vielmehr müssen zusätzlich objektive Anhaltspunkte den Schluss zulassen, damit solle in Abweichung der objektiven kollisionsrechtlichen Anknüpfung ein anderes materielles Recht bestimmt werden. Solche Umstände aber sind im vorliegenden Fall nicht erstellt.
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Bei Fehlen einer Rechtswahl untersteht der Vertrag dem Recht des Staates, mit dem er am engsten zusammenhängt (Art. 117 Abs. 1 IPRG). Dabei wird vermutet, dieser engste Zusammenhang bestehe im kaufmännischen Rechtsverhältnis mit dem Staat, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung erbringen soll, ihre Niederlassung hat (Art. 117 Abs. 2 IPRG).
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Nach schweizerischem Verständnis besteht zwischen der eröffnenden Bank und der Korrespondenzbank ein Auftragsverhältnis, wobei ![]() | 10 |
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