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78. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 9. September 1993 i.S. Galerie X. gegen T. Inc. (Berufung) | |
Regeste |
Internationales Privatrecht; örtliche Zuständigkeit, Gerichtsstandsvereinbarung. |
2. Anwendbarkeit des Lugano-Übereinkommens (LU) in zeitlicher Hinsicht (Art. 54 Abs. 1 LU, Art. 17 Abs. 1 LU; E. 2). |
3. Bedeutung des Formerfordernisses gemäss Art. 5 Abs. 1 IPRG (E. 3). | |
Sachverhalt | |
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Im Oktober/November 1991 erhob die T. Inc. gegen die Galerie X. eine Klage beim Bundeszivilgericht des südlichen Bezirks von New York.
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Gegen dieses Urteil führt die Galerie X. erfolglos Berufung beim Bundesgericht.
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Aus den Erwägungen: | |
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3. Für den Fall der Nichtanwendbarkeit von Art. 17 LU macht die Klägerin geltend, die zwischen den Parteien abgeschlossene Gerichtsstandsvereinbarung sei anhand von Art. 5 IPRG zu beurteilen und als gültig zu betrachten. Sie bringt insbesondere vor, das Handelsgericht gehe zu Unrecht davon aus, die Sachnorm von Art. 5 IPRG für die Form von Gerichtsstandsvereinbarungen im internationalen Privatrecht verlange die beidseitige Schriftlichkeit. Dass jede oder zumindest die sich verpflichtende Partei ihre Willenserklärung schriftlich abgeben müsse, sei nicht erforderlich. Wesentlich ![]() | 8 |
a) Art. 5 Abs. 1 IPRG lautet wie folgt:
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"Gerichtsstandsvereinbarung
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Für einen bestehenden oder für einen zukünftigen Rechtsstreit über vermögensrechtliche Ansprüche aus einem bestimmten Rechtsverhältnis können die Parteien einen Gerichtsstand vereinbaren. Die Vereinbarung kann schriftlich, durch Telegramm, Telex, Telefax oder in einer andern Form der Übermittlung, die den Nachweis der Vereinbarung durch Text ermöglicht, erfolgen. Geht aus der Vereinbarung nichts anderes hervor, so ist das vereinbarte Gericht ausschliesslich zuständig."
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In formeller Hinsicht ist die Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 5 IPRG ein Vertrag sui generis. Sie bedarf der einfachen Schriftlichkeit. Nicht erforderlich ist, dass die Vereinbarung in einem gegenseitig unterzeichneten Vertragsdokument enthalten ist (Botschaft des Bundesrates zum IPRG-Gesetz vom 10. November 1982, BBl 1983 I 300). Dem Formerfordernis entspricht auch ein Briefwechsel, im Unterschied zu Art. 13 OR ebenso ein Schriftwechsel unter Verwendung moderner Kommunikationstechniken, soweit die Einigung der Parteien über eine Gerichtsstandsvereinbarung dadurch deutlich zum Ausdruck kommt. Notwendig ist, dass jede Partei ihre Willenserklärung schriftlich oder in einer der erwähnten andern Kommunikationsformen abgibt (HANS REISER, Gerichtsstandsvereinbarungen nach dem IPR-Gesetz, Diss. Zürich 1989, S. 124 f.; PAUL VOLKEN, Conflits de juridictions, entraide judiciaire, reconnaissance et exécution des jugements étrangers, in: Le nouveau droit international privé suisse, Lausanne 1988, S. 242; GABRIELLE KAUFMANN-KOHLER, La clause d'élection de for dans les contrats internationaux, Diss. Basel 1980, S. 99). Während sich das IPR-Gesetz gegenüber technischen Neuerungen im Bereich der Kommunikationstechnik aufgeschlossen zeigt und sich mit einer in ihrer Substanz aufs äusserste reduzierten Schriftform begnügt, die Schriftlichkeit an sich aber nicht in Frage stellt, haben das Europäische Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung in Zivil- und ![]() | 12 |
b) Im Lichte dieser Ausführungen geht die Klägerin fehl mit ihrem Einwand, nach Art. 5 IPRG sei die beidseitige Schriftlichkeit nicht erforderlich. Die in den klägerischen Auktionsbedingungen enthaltene Gerichtsstandsklausel hätte die Beklagte vielmehr in einer der genannten Formen schriftlich annehmen müssen, um der Formvorschrift von Art. 5 Abs. 1 IPRG zu genügen. Wie von der Vorinstanz für das Bundesgericht im Berufungsverfahren verbindlich festgestellt und von der Klägerin zudem nicht in Abrede gestellt, mangelt es an einer solchen Annahme seitens der Beklagten. Die Klägerin geht lediglich davon aus, die Beklagte habe die in den Auktionsbedingungen enthaltene Gerichtsstandsklausel gekannt. Dies reicht zur Verbindlichkeit der Klausel nicht aus, da damit der angestrebte Schutzzweck der Formvorschrift von Art. 5 Abs. 1 IPRG, d.h. die nötige Sicherheit in bezug auf die Annahme einer Prorogation, nicht erreicht wird. Der vom Handelsgericht gezogene Schluss, die im vorliegenden Fall einseitig festgelegte Gerichtsstandsklausel sei ungültig und komme demzufolge zwischen den Parteien nicht zum Tragen, lässt sich daher nicht beanstanden.
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