BGE 120 II 206 | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
38. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 6. Juni 1994 i.S. Urs H.K. und Charles O. gegen Christian G. (Berufung) | |
Regeste |
Begründung einer Mietzinserhöhung (Art. 269d OR; Art. 19 Abs. 1 lit. a VMWG). | |
Sachverhalt | |
Mit amtlichem Formular vom 19. März 1992 kündigten Urs H.K. und Charles O. ihrem Untermieter Christian G. eine Mietzinserhöhung auf den 1. April 1992 an, wobei sie zur Begründung der Erhöhung auf das in Kopie beigelegte Formular des Hauptvermieters verwiesen. In einem Begleitschreiben teilten sie dem Untermieter mit, er habe vorläufig den alten Mietzins zu bezahlen, da sie die ihnen angekündigte Mietzinserhöhung anfechten würden. In der Folge schlossen Urs H.K. und Charles O. mit ihrem Vermieter einen Vergleich hinsichtlich der Höhe des Mietzinses. Den Vergleich teilten sie Christian G. mit, der sich damit nicht einverstanden erklärte.
| 1 |
Nachdem Urs H.K. und Charles O. (nachfolgend Kläger) dem Untermieter (nachfolgend Beklagter) erfolglos Frist zur Zahlung der seit dem 1. April 1992 bestehenden Mietzinsdifferenz gesetzt hatten, kündigten sie das Untermietverhältnis und verlangten im Anschluss daran die Ausweisung von Christian G. Der Untermieter focht die Kündigung an. Mit Verfügung vom 22. Juni 1993 lehnte der zuständige Einzelrichter das Kündigungsschutzbegehren ab und ordnete die sofortige Räumung des Mietobjektes an. Auf Rekurs des Beklagten hin hob das Obergericht den Entscheid des Einzelrichters auf und wies das Ausweisungsbegehren der Kläger ab.
| 2 |
Die von den Klägern erhobene Berufung weist das Bundesgericht ab.
| 3 |
Aus den Erwägungen: | |
4 | |
b) Der angefochtene Beschluss ist insofern unklar, als das Obergericht die am 19. März 1992 angekündigte Mietzinserhöhung als "unwirksam" bezeichnet, ohne auszuführen, ob damit Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit gemeint ist. Die Kläger ihrerseits bestreiten, dass ein Nichtigkeitsgrund im Sinne von Art. 269d Abs. 2 OR vorliegt, und weisen darauf hin, dass der Untermietvertrag auch die Weitergabe von Mietzinserhöhungen aus dem Hauptmietverhältnis umfasse, was vorliegend geschehen sei; der Beklagte habe die Mietzinserhöhung vom 19. März 1992 nicht angefochten.
| 5 |
6 | |
b) Die Kläger haben die für den 1. April 1992 vorgesehene Mietzinserhöhung ihrem Untermieter mit dem amtlichen Formular vom 19. März 1992 angezeigt. Zur Begründung haben sie auf die in Kopie beigelegte Ankündigung der Mietzinserhöhung durch den Hauptvermieter verwiesen. Dieser blosse Verweis genügt der mietrechtlichen Formstrenge nicht. Das beigelegte Formular des Hauptvermieters kann lediglich als Anhang zur Ankündigung der Mietzinserhöhung angesehen werden. Unter diesen Umständen ist die Mietzinserhöhung gemäss Art. 269d Abs. 2 lit. b OR nichtig. An dieser Schlussfolgerung ändert auch das Begleitschreiben vom 19. März 1994 nichts; dieses kann die im Formular fehlende Begründung nicht ersetzen, sondern bloss ergänzen. Das Schreiben ist, wie das Obergericht zu Recht ausführt, alles andere als klar und wäre bei einer Auslegung nach Treu und Glauben zuungunsten der Kläger zu würdigen. Gemäss Art. 19 Abs. 1 lit. a Ziff. 4 VMWG muss die Begründung der Mietzinserhöhung klar sein. Das Begleitschreiben enthält keine Angaben über den Betrag der vorgesehenen Mietzinserhöhung und über dessen Fälligkeit. Ebensowenig musste der Beklagte bei Erhalt dieses Schreibens davon ausgehen, er selbst habe die angekündigte Erhöhung ebenfalls anzufechten. Die gesetzlichen Anforderungen an die Begründungspflicht gemäss Art. 269d OR wären selbst dann nicht erfüllt, wenn man das Vorgehen der Kläger als solches, entgegen der klaren Rechtsprechung, genügen liesse.
| 7 |
Erweist sich die Mietzinserhöhung vom 19. März 1992 als nichtig und steht fest, dass nachher keine formgültige Mietzinserhöhung erfolgt und der Beklagte seinen vertraglichen Zahlungspflichten nachgekommen ist, so fehlt es an dem für die ausserordentliche Kündigung gemäss Art. 257d OR vorausgesetzten Zahlungsrückstand. Mit der Abweisung des Ausweisungsbegehrens hat das Obergericht kein Bundesrecht verletzt.
| 8 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |