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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Sabiha Akagündüz, A. Tschentscher | |||
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18. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 12. Juli 1995 i.S. Jamal Miri gegen Fremdenpolizei des Kantons Bern und Richteramt II von Bern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 13b Abs. 2 in Verb. mit 13c Abs. 2 und 3 ANAG; Ausschaffungshaft. |
Wurde die Zustimmung zur Haftverlängerung ohne mündliche Verhandlung erteilt, ist der Ausländer, ohne Rückweisung der Sache an den Haftrichter zu neuem Entscheid, aus der Haft zu entlassen, wenn er weder die öffentliche Sicherheit gefährdet noch die öffentliche Ordnung massgeblich beeinträchtigt (E. 2). | |
Sachverhalt | |
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Die Fremdenpolizei des Kantons Bern verfügte am 22. Februar 1995 die Ausschaffung von Jamal Miri und ordnete zur Sicherstellung dieser Massnahme die Ausschaffungshaft an. Nach einer ersten erfolglosen Vorsprache am 6. April 1995 konnte die Polizei Jamal Miri am 9. April 1995 anhalten und in ![]() | 2 |
Der Ausländer- und Bürgerrechtsdienst der Kantonspolizei Bern ersuchte am 1. Juni 1995 um Verlängerung der Ausschaffungshaft. Am 7. Juni 1995 hiess der Gerichtspräsident II von Bern das Gesuch nach Einholen einer schriftlichen Vernehmlassung gut und verlängerte die Ausschaffungshaft um sechs Monate.
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Am 30. Juni 1995 erhob Jamal Miri gegen den Haftverlängerungsentscheid vom 7. Juni 1995 Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesgericht heisst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut und ordnet die unverzügliche Haftentlassung von Jamal Miri an,
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aus folgenden Erwägungen: | |
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b) Die Ausschaffungshaft wird von den kantonalen Behörden angeordnet. Das Bundesrecht enthält selber verfahrensrechtliche Bestimmungen, die im kantonalen Verfahren zu berücksichtigen sind.
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Gemäss Art. 13c Abs. 2 ANAG sind die Rechtmässigkeit und Angemessenheit der Haft spätestens nach 96 Stunden durch eine richterliche Behörde aufgrund einer mündlichen Verhandlung zu überprüfen (Art. 13c Abs. 2 ANAG). Der ![]() | 7 |
Die richterliche Behörde berücksichtigt bei der Überprüfung des Entscheides über Anordnung, Fortsetzung und Aufhebung der Haft neben den Haftgründen insbesondere die familiären Verhältnisse der inhaftierten Person und die Umstände des Haftvollzugs (Art. 13c Abs. 3 ANAG).
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c) Der Haftrichter erteilte seine Zustimmung zur von der Polizei beantragten Verlängerung der Ausschaffungshaft in einem schriftlichen Verfahren; nachdem der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 6. Juni 1995 eine Vernehmlassung eingereicht hatte, ordnete der Gerichtspräsident keine mündliche Verhandlung an, sondern entschied am 7. Juni 1995 unmittelbar aufgrund des Antrags der Polizei, der Vernehmlassung und der Akten. Der Beschwerdeführer macht geltend, der Haftrichter habe dadurch, dass er ohne mündliche Verhandlung über das Verlängerungsgesuch entschied, Bundesrecht verletzt.
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Diese Rüge ist begründet. Wohl sieht das Gesetz hinsichtlich der Haftverlängerung nach drei Monaten Haft bloss vor, dass diese der richterlichen Zustimmung bedürfe; von einer mündlichen Verhandlung ist nicht die Rede. Das vom Gesetzgeber geschaffene System mit einer Abfolge von richterlichen Entscheiden vorerst über die Anordnung der Ausschaffungshaft, dann über ein allfälliges Haftentlassungsgesuch, anschliessend über die Verlängerung der Ausschaffungshaft und sodann über allfällige weitere Haftentlassungsgesuche schliesst indessen die Annahme aus, dass einzig und gerade für den Haftverlängerungsentscheid keine mündliche Verhandlung durchgeführt werden müsste. Es machte offensichtlich keinen Sinn, dem inhaftierten Ausländer eine mündliche Verhandlung nach einem Monat, dann nach dem fünften und schliesslich nach dem siebten Haftmonat zu garantieren, wenn der Haftrichter bloss auf Gesuch hin tätig wird, nicht aber nach dem dritten Monat, für welchen Zeitpunkt das Gesetz eine obligatorische Haftprüfung vorschreibt. Vielmehr ist anzunehmen, dass eine vollständige Haftprüfung und damit auch eine mündliche Verhandlung ![]() | 10 |
Der angefochtene, in einem schriftlichen Verfahren ergangene Entscheid verletzt demnach Bundesrecht und ist aufzuheben.
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b) Der Anspruch auf mündliche Verhandlung vor dem Richter stellt eine wichtige prozessuale Garantie dar, welche vor willkürlichem Entzug der Freiheit schützen soll. Dies zeigt gerade der vorliegende Fall. Der Haftrichter musste aufgrund der Vorbringen einerseits in der Vernehmlassung des Beschwerdeführers im Haftverlängerungsverfahren, andererseits in der ihm bekannten Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 31. Mai 1995 gegen den Entscheid vom 3. Mai 1995 über das Haftentlassungsgesuch vorerst prüfen, ob der Haftgrund (noch) erfüllt war, und sich mit den Haftbedingungen im Bezirksgefängnis Frutigen befassen. Eine umfassende Prüfung mit der Möglichkeit von Rückfragen, beispielsweise bei der Fremdenpolizei, war ernsthaft nur im Rahmen einer mündlichen Verhandlung möglich. Der Verzicht darauf stellt einen gewichtigen Verfahrensfehler dar.
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Demgegenüber gibt es keine Anzeichen dafür, dass der Beschwerdeführer die öffentliche Sicherheit in irgendeiner Weise gefährdet oder die öffentliche Ordnung massgeblich beeinträchtigt hätte (vgl. auch nachfolgend E. c). Es ![]() | 14 |
c) Die Haftentlassung rechtfertigt sich um so mehr, als der Beschwerdeführer beim Haftrichter gewichtige Rügen wegen der Haftbedingungen im Bezirksgefängnis Frutigen vortrug; so soll es ihm verunmöglicht sein, täglich im Freien zu spazieren. In seinem Entscheid hat der Haftrichter bloss festgestellt, dass der Beschwerdeführer "sich offenbar zur Zeit im Bezirksgefängnis Frutigen befindet", und weiter ausgeführt, es bestehe kein Anspruch auf geeignete Beschäftigung. Zu den in der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhobenen Vorwürfen hat er nicht Stellung genommen. Auch die Fremdenpolizei hat auf Vernehmlassung verzichtet. Die Darstellung des Beschwerdeführers, er könne nicht täglich im Freien spazieren, ist unwidersprochen geblieben.
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Schliesslich ist zweifelhaft, ob der Haftgrund von Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG erfüllt ist. Wohl hat das Bundesgericht im Urteil vom 20. Juni 1995 entschieden, dass aufgrund der Sachlage, wie sie sich dem Haftrichter am 3. Mai 1995, zum Zeitpunkt des Entscheids über das Haftentlassungsgesuch, präsentierte, eine beträchtliche Wahrscheinlichkeit dafür bestand, dass der Beschwerdeführer sich der Ausschaffung entziehen würde (E. 4). Wegen des für das bundesgerichtliche Verfahren geltenden Novenverbots (Art. 105 Abs. 2 OG) konnten jedoch verschiedene nachträgliche Vorbringen des Beschwerdeführers nicht berücksichtigt werden, denen der Haftrichter spätestens in seinem Haftverlängerungsentscheid Rechnung tragen musste und die für das heutige bundesgerichtliche Verfahren nicht mehr neu sind. So entfällt vor allem der für die Bewertung des Verhaltens des Beschwerdeführers gewichtige Vorwurf, er habe falsche Personalien- und Herkunftsangaben gemacht, vollständig; der Beschwerdeführer gab diesbezüglich von Anfang an zutreffend Auskunft. Sodann lässt sich angesichts der Bestätigung der Leitung des Durchgangsheims Dreispitz, dass der Beschwerdeführer sich mit ihrem Wissen häufig bei einem Freund aufgehalten habe, nicht mehr ohne weiteres sagen, er sei anfangs April 1995 untergetaucht; nach der einzigen dokumentierten erfolglosen Vorsprache der Polizei vom 6. April 1995 konnte der Beschwerdeführer am 9. April 1995 beim Durchgangsheim selber angehalten werden. Das Verhalten ab dem 1. Februar 1995 lässt, selbst im Lichte seines früheren Verhaltens, das nur ergänzend berücksichtigt werden kann (vgl. Urteil vom 20. Juni 1995, E. 4b; der ![]() | 16 |
d) Wird der Beschwerdeführer freigelassen, ist es den kantonalen Behörden nicht verwehrt, die nötigen Vorkehren für die Ausschaffung zu treffen. So steht nichts entgegen, dem Beschwerdeführer aufzuerlegen, sich den Behörden für Abklärungen zur Verfügung zu halten. Sollte er untertauchen, läge ein neuer Sachverhalt vor, der Grundlage dafür sein könnte, dass er wieder inhaftiert wird.
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