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6. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 16. Februar 1996 i.S. Kanton Solothurn gegen Media Vita Immobilien AG, Stadt Grenchen und Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 16-18 und Art. 20 USG; Schallschutz an bestehenden Gebäuden entlang einer Kantonsstrasse, Sanierung, Kostentragungspflicht des Strasseneigentümers. |
2. Gewährung von Sanierungserleichterungen und Ergreifung von passiven Schallschutzmassnahmen an bestehenden Gebäuden (E. 3c und 5). |
3. Unterscheidung von Massnahmen nach Art. 16-18 und Art. 20 USG: Mit Sanierungsmassnahmen im Sinne der Art. 16 ff. USG soll der von einer ortsfesten Anlage bewirkte übermässige Aussenlärm mittels Massnahmen an der Lärmquelle reduziert werden. Passive Schallschutzmassnahmen nach Art. 20 USG sollen hingegen eine auf die bestehende Nutzung abgestimmte zumutbare Lärmsituation im Innern der betroffenen Gebäude gewährleisten (E. 4 und 5c, d). |
4. Passive Schallschutzmassnahmen können sowohl in Form von Schallschutzfenstern als auch durch "ähnliche bauliche Massnahmen" ergriffen werden (E. 7a,b). Verzicht auf passive Schallschutzmassnahmen nach Art. 20 USG in zwei konkreten Fällen (E. 6-8). | |
Sachverhalt | |
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Das Fenstersanierungsprogramm sieht für das Sportgeschäft und die Kopieranstalt im Gebäude Bielstrasse 19 keine Schallschutzfenster vor. Mit Verfügung vom 21. September 1993 teilte die Baudirektion der Stadt Grenchen der Media Vita Immobilien AG mit, es würden für ihr Gebäude Erleichterungen gemäss Art. 14 der Lärmschutzverordnung des Bundes vom 15. Dezember 1986 (LSV; SR 814.41) gewährt, und die Liegenschaft gelte durch bereits ergriffene Massnahmen betreffend Lärmschutz als saniert.
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Die Media Vita Immobilien AG erhob gegen diese Verfügung der kommunalen Baudirektion Einsprache und machte geltend, das Erdgeschoss des Gebäudes Bielstrasse 19 sei nicht lärmsaniert und deshalb zu Lasten des Strasseneigentümers - d.h. des Kantons Solothurn - zu sanieren. Das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn nahm die Einsprache als Beschwerde entgegen, hiess diese mit Urteil vom 7. September 1994 nach Durchführung eines Augenscheins gut und hob die Verfügung der Baudirektion Grenchen vom 21. September 1993 auf. Es führte aus, die Räume im Erdgeschoss der Liegenschaft Bielstrasse 19 dienten dem regelmässigen Aufenthalt mehrerer Personen und wiesen keinen erheblichen Betriebslärm auf; sie seien somit als lärmempfindliche Räume zu bezeichnen, die vor dem Strassenlärm mittels Schallschutzfenstern geschützt werden müssten.
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Gegen dieses Verwaltungsgerichtsurteil führt der Kanton Solothurn Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht. Er beantragt im wesentlichen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben, weil die Schaufenster im Erdgeschoss der Bielstrasse 19 nicht als "Fenster" im Sinne ![]() | 4 |
Am 2. November 1995 führte eine Delegation des Bundesgerichts mit einem Experten für Lärmfragen der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA), einem Arbeitsinspektor des Bundesamts für Industrie, Gewerbe und Arbeit (BIGA) sowie Vertretern des BUWAL in Anwesenheit der Parteien einen Augenschein mit Instruktionsverhandlung durch.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut
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aus folgenden Erwägungen: | |
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b) Die Voraussetzungen der besonderen Rechtsmittelberechtigung der Kantone nach Art. 56 Abs. 2 des Bundesgesetzes über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 (USG, SR 814.01) in Verbindung mit Art. 103 lit. c OG sind vorliegend nicht erfüllt. Die Legitimation des Kantons Solothurn richtet sich indessen nach Art. 103 lit. a OG. In Anwendung dieser Bestimmung ist zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde befugt, wer durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Der Kanton Solothurn hätte nach dem angefochtenen Urteil die Kosten für die umstrittenen Schallschutzfenster zu tragen. Er ist dadurch als materieller Verfügungsadressat und Strasseneigentümer in seinen vermögensrechtlichen Interessen betroffen und somit zur Beschwerdeerhebung berechtigt (vgl. BGE 118 Ib 614 E. 1b; BGE 112 Ia 59 E. 1b S. 62; BGE 110 Ib 196 f., 297 E. 3 S. 304 f.; BGE 105 Ib 126 E. 2c, 348 E. 5a S. 359, je mit Hinweisen; s. auch Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 170 f.; KÖLZ/HÄNER, Verwaltungsverfahren und ![]() | 8 |
2. Das Bundesgericht prüft die Rüge der Verletzung von Bundesrecht frei (Art. 104 lit. a OG). Verordnungen des Bundesrats kann es auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüfen (Art. 114bis Abs. 3 BV; vgl. BGE 107 Ib 243 E. 4 S. 246; BGE 115 Ib 456 E. 5b S. 467). An die Sachverhaltsfeststellungen des Verwaltungsgerichts ist das Bundesgericht gebunden, soweit dieses den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt hat (Art. 105 Abs. 2 OG).
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b) Die Lärmimmissionen werden bei Gebäuden in der Mitte der offenen Fenster lärmempfindlicher Räume ermittelt (Art. 39 Abs. 1 LSV). Diese Vorschrift schliesst grundsätzlich nicht aus, dass auch bei lärmempfindlichen Räumen, deren Fenster sich nicht oder nur teilweise öffnen lassen (z.B. Kippfenster), die Lärmimmissionen ermittelt werden. Im vorliegenden Fall erfolgte die Lärmermittlung in den oberen Stockwerken des Gebäudes Bielstrasse 19, doch hätten die Lärmimmissionen im Erdgeschoss auch in der Mitte der geöffneten Türen der betroffenen Räume gemessen werden können. Besonderen Umständen ist in geeigneter Weise Rechnung zu tragen. Fluglärmimmissionen können in diesem Sinn nach Art. 39 Abs. 1 LSV in der Nähe der vom Lärm betroffenen Gebäude ermittelt werden.
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c) Nachdem feststeht, dass der Verkehr auf der Bielstrasse zu einer Überschreitung der massgebenden Immissionsgrenzwerte und Alarmwerte führt, muss die Verkehrsanlage gemäss Art. 16 ff. USG saniert werden. Als Sanierungsmassnahme ist nach den Beschlüssen des Regierungsrats der Einbau eines lärmmindernden Strassenbelags vorgesehen. Am bundesgerichtlichen ![]() | 12 |
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5. a) Eine bestehende Anlage, deren Lärm am Immissionspunkt zu einer Überschreitung des Immissionsgrenzwerts führt, ist zunächst mit Massnahmen an der Quelle (Emissionsbegrenzungen nach Art. 11 f. USG) zu sanieren, wobei unter bestimmten Voraussetzungen Erleichterungen nach Art. 17 USG beansprucht werden können. Die kantonalen Instanzen haben die Kantonsstrasse T5 im Bereich der Liegenschaft Bielstrasse 19 wegen der Überschreitung der Immissionsgrenzwerte in Anwendung von Art. 16 USG und Art. 13 LSV zu Recht als sanierungsbedürftige Anlage bezeichnet. Da das Sanierungsziel mit dem Sanierungsprogramm jedoch nicht erreicht werden kann, hat der Regierungsrat Erleichterungen im Sinne von Art. 17 USG beansprucht. Die Zulässigkeit der Gewährung von Sanierungserleichterungen ![]() | 14 |
b) Bei den gegebenen örtlichen Verhältnissen ist die Beanspruchung von Sanierungserleichterungen im Sinne von Art. 17 USG und Art. 14 LSV grundsätzlich nicht zu beanstanden, da nicht ersichtlich ist, welche weiteren Massnahmen an der Quelle hier geeignet wären, eine Reduktion der Lärmemissionen zu bewirken. Die Gewährung von Erleichterungen befreit den Anlageninhaber ausnahmsweise aus Gründen der Verhältnismässigkeit von der zeitgerechten Erfüllung der mit der gesetzlichen Sanierungspflicht angestrebten Ziele (vgl. ZÄCH, Kommentar USG, Art. 17 N. 2 und 19 ff.). Nach Art. 17 Abs. 2 USG darf allerdings mit der Gewährung einer Sanierungserleichterung der Alarmwert für Lärmimmissionen nicht überschritten werden. In bestimmten Situationen, wie hier, erweist sich jedoch die Überschreitung des Alarmwerts trotz Sanierung als unvermeidbar. Das USG trägt solchen Situationen Rechnung, indem nach Art. 20 Abs. 1 USG in den Fällen, in welchen sich die Lärmimmissionen auf bestehende Gebäude in der Umgebung von bestehenden Strassen, Flughäfen, Eisenbahnanlagen oder anderen öffentlichen oder konzessionierten ortsfesten Anlagen durch Massnahmen bei der Quelle nicht unter den Alarmwert herabsetzen lassen, die Eigentümer der betroffenen Gebäude verpflichtet werden, Räume, die dem längeren Aufenthalt von Personen dienen, mit Schallschutzfenstern zu versehen oder durch ähnliche bauliche Massnahmen zu schützen. Das Verwaltungsgericht führt im angefochtenen Entscheid aus, die Räume im Erdgeschoss der Liegenschaft Bielstrasse 19 dienten dem regelmässigen Aufenthalt mehrerer Personen und wiesen keinen erheblichen Betriebslärm auf; sie seien somit als lärmempfindliche Räume zu bezeichnen, die vor dem Strassenlärm mittels Schallschutzfenstern geschützt werden müssten.
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c) Zum Schutz der von der Alarmwertüberschreitung in den angrenzenden Gebäuden betroffenen Bevölkerung vor den unerwünschten gesundheitsgefährdenden Auswirkungen des Lärms besteht nach Art. 20 Abs. 1 ![]() | 16 |
d) Die vom Betrieb der Kantonsstrasse T5 verursachten Lärmimmissionen lassen sich im Erdgeschoss der Liegenschaft Bielstrasse 19 durch Massnahmen an der Quelle nicht unter den Alarmwert herabsetzen, und es bestehen im Erdgeschoss dieses Gebäudes Arbeits- und Verkaufsräume, die dem längeren Aufenthalt von Personen dienen. Insoweit sind die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 20 Abs. 1 USG im vorliegenden Fall grundsätzlich erfüllt. Die für diese Situation in Art. 20 Abs. 1 USG vorgesehene Rechtsfolge besteht darin, dass die Räume, die dem längeren Aufenthalt von Personen dienen, mit Schallschutzfenstern zu versehen oder durch ähnliche bauliche Massnahmen (wie verstärkte Wände, Schutzwälle oder Änderungen in der Raumnutzung, s. BBl 1979 III 797) zu schützen sind. In Art. 15 LSV, der eine Ausführungsbestimmung zu Art. 20 Abs. 1 USG darstellt, wird die genannte gesetzliche Rechtsfolge zunächst auf die lärmempfindlichen Räume beschränkt. Lärmempfindliche Räume sind nach Art. 2 Abs. 6 LSV bestimmte Räume in Wohnungen (lit. a) sowie Räume in Betrieben, in welchen sich Personen regelmässig während längerer Zeit aufhalten, ausgenommen Räume für die Nutztierhaltung und Räume mit erheblichem Betriebslärm (lit. b).
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6. a) Im Erdgeschoss der Bielstrasse 19 befinden sich keine Wohnungen, weshalb Art. 2 Abs. 6 lit. a LSV hier nicht weiter interessiert. Am bundesgerichtlichen Augenschein ergab sich in Abweichung von den Feststellungen der Vorinstanz, dass die in der Kopieranstalt verwendeten Vervielfältigungs- und Druckereimaschinen offensichtlich einen erheblichen ![]() | 18 |
b) Die Beschwerdegegnerin bringt vor, nach der für die Liegenschaft Bielstrasse 19 geltenden kommunalen Zonenordnung wäre anstelle der Kopieranstalt auch ein lärmempfindlicherer Dienstleistungsbetrieb ohne erheblichen Betriebslärm (z.B. Verkaufsräume oder Büros) zulässig. Es müsse auf diese rechtlich zulässige Nutzung und nicht auf die heute zufällig bestehende Nutzung abgestellt werden, zumal vorliegend die Kopieranstalt voraussichtlich in wenigen Jahren vom Betriebsinhaber aus Altersgründen aufgegeben werde.
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Wie es sich damit im einzelnen verhält, ist hier nicht zu entscheiden, da sich am Augenschein ergeben hat, dass sich in den Räumen der heutigen Kopieranstalt auch für andere zulässige lärmempfindlichere Nutzungen zumutbare Innenlärmverhältnisse erreichen lassen, wenn die doppelt verglasten Fenster gegen die Bielstrasse hin geschlossen werden und die am Gebäude notwendigen Unterhaltsarbeiten ordnungsgemäss ausgeführt und teilweise nachgeholt werden. Mindestens eines der Fenster ist heute ständig geöffnet (Kippfenster), damit die von den Kopiermaschinen verursachte Warmluft durch Schläuche ins Freie geleitet werden kann. Diese Situation müsste jedenfalls bei der Einrichtung einer neuen lärmempfindlicheren ![]() | 20 |
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Da sich die Lärmimmissionen auf das Sportgeschäft nicht unter den Alarmwert herabsetzen lassen, muss es in Anwendung von Art. 20 Abs. 1 USG mit Schallschutzfenstern versehen oder durch ähnliche bauliche Massnahmen geschützt werden, sofern die Innenlärmverhältnisse dies erfordern. Die bestehenden Schaufenster des Sportgeschäfts gegen die Kantonsstrasse hin weisen lediglich eine dünne Einfachverglasung auf und entsprechen dem in Anhang 1 LSV geforderten Lärmdämmass nicht. Im kantonalen Verfahren war umstritten, ob hier der Einbau von Schallschutzfenstern verlangt werden könne, da die Fensterfront des Sportgeschäfts an der Bielstrasse aus Schaufenstern und nicht aus Fenstern im herkömmlichen Sinn bestehe. Auch im bundesgerichtlichen Verfahren bestreitet der Beschwerdeführer, dass es sich vorliegend um Fenster, die als Schallschutzfenster auszugestalten seien, handelt.
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a) Bei der Anwendung von Art. 20 USG kommt es nicht darauf an, ob Schaufenster als Fenster im herkömmlichen Sinn zu bezeichnen sind. Aus Art. 20 Abs. 1 USG ergibt sich eindeutig, dass Schallschutzfenster nicht die einzig mögliche Schallschutzmassnahme an bestehenden Gebäuden darstellen, sondern dass die betroffenen Gebäude auch durch "ähnliche bauliche Massnahmen" vor Lärm geschützt werden können. Freilich ist es verständlich, dass als erste konkrete Schallschutzmassnahme an Gebäuden der Einbau von Schallschutzfenstern erwogen wird, da es sich bei den Fenstern in der Regel um den akustisch schwächsten Teil einer Gebäudefassade handelt (ZÄCH, a.a.O., N. 27 zu Art. 20). Diesem Umstand wird in Art. 15 Abs. 1 LSV dadurch Rechnung getragen, dass die Eigentümer der lärmbelasteten Gebäude verpflichtet werden sollen, die Fenster lärmempfindlicher Räume nach Anhang 1 LSV gegen Schall zu dämmen. In Art. 15 Abs. 2 LSV wird sodann bestimmt, dass die Gebäudeeigentümer mit Zustimmung der Vollzugsbehörde am Gebäude ![]() | 23 |
b) Im Hinblick auf die vorliegend zur Diskussion stehenden Räume in der Liegenschaft Bielstrasse 19 wurde im kantonalen Verfahren nicht geprüft, ob allenfalls "ähnliche bauliche Massnahmen" im Sinne von Art. 20 Abs. 1 USG und Art. 15 Abs. 2 LSV geeignet wären, den angestrebten Lärmschutz zu bewirken. Der Beschwerdeführer beschränkt sich auch im bundesgerichtlichen Verfahren darauf, den Einbau von Schallschutzfenstern bei Schaufenstern insbesondere wegen angeblich zu hoher Kosten als unverhältnismässig zu bezeichnen. Der Lärmschutz-Experte hat am bundesgerichtlichen Augenschein erläutert, dass beim hier interessierenden Sportgeschäft, dessen Schaufenster nur mit einer dünnen Einfachverglasung ausgestattet sind, ![]() | 24 |
c) Der Experte hat am bundesgerichtlichen Augenschein ausgeführt, der heute ohne spezielle Schallschutzmassnahmen im Sportgeschäft bestehende Innenpegel von rund 49 dB(A) liege für die gegenwärtige Nutzung im oberen Toleranzbereich; in der Fachliteratur würden vorwiegend Werte zwischen 45 und 50 dB(A) angegeben (A. LAUBER, Vorlesung ETHZ 1980; VDI-RICHTLINIE Nr. 2719 Tabelle 6; FASOLD/KRAAK/SCHIRMER, Taschenbuch Akustik, VEB Berlin 1984, Bd. 1, Tabelle 3.12, S.374). Nach der SIA-Norm 181 (vgl. Art. 32 LSV) wird bei einem Aussenpegel von mehr als 70 dB(A) bei Neubauten eine standardisierte Schallpegeldifferenz der Fassade von 40 dB(A) bei einer Nutzung mit geringer Lärmempfindlichkeit (was hier gegeben erscheint) verlangt. Dies würde nach den Berechnungen des Experten hier zu einem Innenpegel von etwa 42 dB(A) führen.
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Annahmen des Experten: Volumen des Verkaufsraums 9 x 7 x 2,8 m = ca. 176 m3, Nachhallzeit ca. 0,7 geschätzt, Freilandpegel rund 71 dB, ca. 1 dB Erhöhung bei der Messung in offener Tür anzunehmen. Damit ergibt sich ein Hallraumpegel von 77 dB und - bei breitbandigem Schall - ein Innenpegel um 37 dB. Unter Annahme einer spektralen Korrektur Ctr von 5 dB erhält man schliesslich 42 dB für Strassenlärm.
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d) Mit der Anwendung von Art. 20 Abs. 1 USG soll wie erwähnt eine für die vom unvermeidbaren Lärm betroffenen Personen zumutbare Innenlärmsituation herbeigeführt werden (s. vorne E. 5c). Der im Sportgeschäft herrschende Innenlärm erscheint nach den am Augenschein gewonnenen Erkenntnissen zwar etwas zu hoch, doch kann er im Lichte der bundesrechtlichen Anforderungen als für Verkaufsräume tolerierbar (zumutbar) bezeichnet werden. Diese Beurteilung stimmt auch mit den Anforderungen von Art. 22 ArGV 3 überein. Dies heisst jedoch noch nicht, dass überhaupt keine Massnahmen an der Gebäudefassade zur Reduktion des Innenlärms ergriffen werden sollen. Der Lärmschutz-Experte hat am bundesgerichtlichen Augenschein überzeugend dargelegt, dass die Innenlärmsituation bereits mit relativ einfachen Massnahmen wesentlich verbessert werden könnte (s. vorne E. 7b); die im einzelnen zu ergreifenden Massnahmen und deren Nutzen müssten jedoch von Fachleuten genauer abgeklärt werden, wobei für eine solche Abklärung (Schalldämmessung der Fassade) mit Kosten von etwa Fr. 3'000.-- zu rechnen wäre.
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Da solche Massnahmen aber nicht zur Entschärfung einer unzumutbaren Innenlärmsituation dienen, sondern eher aus Komfortgründen wünschbar sind, kann der Grundeigentümer nicht gestützt auf Art. 20 Abs. 1 USG zur Ergreifung der entsprechenden Massnahmen verpflichtet werden. Es handelt sich unter den vorliegenden Umständen vielmehr um Massnahmen, die im Rahmen des ordentlichen Gebäudeunterhalts im Interesse der thermischen Gebäudeisolation und der haushälterischen Energienutzung ohnehin zu treffen sind.
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8. Bei dieser Sachlage kann der Kanton Solothurn als Eigentümer der lärmigen Strasse nicht gestützt auf Art. 20 Abs. 2 USG und Art. 16 Abs. 2 LSV zur Übernahme der Kosten für die Schalldämmung der Fassade im Erdgeschoss des Gebäudes Bielstrasse 19 verpflichtet werden, wie dies das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil entschieden hat. Anders wäre zu entscheiden, wenn eine Fassadenverstärkung nicht bloss zu einem Komfortgewinn führte, sondern zur Behebung eines lärmmässig unzumutbaren Zustands erforderlich wäre. Auch in einer solchen Situation könnte der ![]() | 30 |
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