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11. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 14. März 1996 i.S. VCS Schweiz, Stiftung WWF Schweiz und Schweizerischer Bund für Naturschutz (SBN) gegen Regierung des Kantons St. Gallen (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Koordination von UVP-Leitverfahren (Strassenplanverfahren) gemäss Art. 5 UVPV und Rodungsverfahren: |
2. Die kantonale Umweltschutzfachstelle ist verpflichtet, bei ihrer Beurteilung des UVB sich mit der Stellungnahme des BUWAL auseinanderzusetzen (E. 6c). |
3. Art. 12 WaG verlangt, dass vor der Zuweisung von Wald in eine Nutzungszone entweder eine Rodungsbewilligung oder eine verbindliche positive Stellungnahme der Rodungsbewilligungsbehörde vorliegt. Will die im UVP-Leitverfahren zuständige kantonale Behörde die Plangenehmigung erteilen, obwohl das für die Rodungsbewilligung zuständige BUWAL eine negative Stellungnahme abgegeben hat, muss sie vorab eine Rodungsbewilligung auf dem Rechtsweg erstreiten (E. 6d). | |
Sachverhalt | |
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Die T8/A8 soll den südlichen Anschluss der Nordumfahrung Rapperswil/Jona bei St. Dionys mit dem nördlichen Autobahnanschluss des Zubringers Schmerikon (Nationalstrasse 3b) durch eine grösstenteils zweispurige, rund 9 km lange Umfahrungsstrasse verbinden. Im Gebiet Herrenweg-Hinterwis ist ![]() | 2 |
B.- Am 28. April 1992 beschloss der Regierungsrat das Ausführungsprojekt 1992. Ausführungsprojekt und Umweltverträglichkeitsbericht (UVB 1992) wurden vom 6. Mai bis 4. Juni 1992 öffentlich aufgelegt. Aufgrund der Stellungnahmen der kantonalen Umweltschutzfachstelle und des Bundesamtes für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) sowie der Einspracheverhandlungen wurden zahlreiche Änderungen notwendig.
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C.- Das am 8. März 1994 vom Regierungsrat beschlossene abgeänderte Projekt (Projekt 1994), der überarbeitete Umweltverträglichkeitsbericht (UVB 1994) und das Rodungsgesuch wurden vom 22. März bis 20. April 1994 öffentlich aufgelegt. Innert der Auflagefrist erhoben u.a. der VCS Schweiz gemeinsam mit der Stiftung WWF Schweiz sowie der St. Gallisch-Appenzellerische Naturschutzbund (SANB) in eigenem Namen sowie namens des Schweizerischen Bundes für Naturschutz (SBN) Einsprache gegen das Projekt 1994.
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Das gemäss Art. 12 Abs. 3 und Art. 21 der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 19. Oktober 1988 (SR 814.011; UVPV) angehörte BUWAL beantragte in seiner Stellungnahme vom 21. Oktober 1994 wesentliche Ergänzungen und Projektänderungen; insbesondere verlangte es die Verlängerung des Balmenraintunnels gegen Osten bis km 38,9 unter Verschiebung der Achse nach Süden, um das Flachmoor Balmen-Flachrist ungeschmälert erhalten zu können, sowie den Verzicht auf den Strassenabschnitt zwischen der Verzweigung Neuhaus und der Rickenstrasse mit dem geplanten Aatal-Viadukt. Es hielt die Rodungsvoraussetzungen im Sinne von Art. 5 WaG nicht für erfüllt, so dass die Rodungsbewilligung noch nicht in Aussicht gestellt werden könne.
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Die Umweltschutzfachstelle des Kantons St. Gallen, bestehend aus den Departementssekretären des Volkswirtschafts-, des Finanz- und des Baudepartements, hielt den UVB 1994 für vollständig, umfassend und richtig; sie beantragte mit Stellungnahme vom 14. November 1994, das Projekt mit einer Reihe von Auflagen als umweltverträglich zu genehmigen.
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D.- Am 20. Dezember 1994 genehmigte der Regierungsrat das Ausführungsprojekt T8/A8 einschliesslich Projektänderungen mit einer Reihe von Auflagen und Ergänzungen als umweltverträglich (Beschluss Nr. 1849); ![]() | 7 |
E.- Gegen den Genehmigungsentscheid sowie die Einspracheentscheide vom 20. Dezember 1994 erhoben VCS, WWF und SBN am 30. Januar bzw. am 2. Februar 1995 Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht.
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a) Der SBN beantragt, die Verfügungen des Regierungsrates vom 20. Dezember 1994 (Nrn. 1849 und 1850) seien aufzuheben, soweit sie Eingriffe in das Flachmoor und den Wald Balmenrain betreffen. Der Kanton St. Gallen (als Baugesuchsteller) sei beim Bau der T8/A8 zu verpflichten, das Flachmoor Balmenrain ungeschmälert zu erhalten und zu diesem Zweck den Tunnel Balmenrain bis km 38,9 zu verlängern, unter Verschiebung der Achse nach Süden. Eventuell sei der Kanton St. Gallen (als Baugesuchsteller) zu verpflichten, die Strassenachse soweit nach Süden zu verlegen, dass der Wasserhaushalt des Flachmoors Balmenrain nicht verschlechtert und die Überdeckung des Döltschibachs möglichst kurz gehalten werde. Ergänzend sei der Kanton zu weiteren (in der Beschwerdeschrift näher ausgeführten) Auflagen zum Schutz des Flachmoors zu verpflichten.
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b) WWF und VCS beantragen, die Verfügungen des Regierungsrates vom 20. Dezember 1994 seien aufzuheben. Die Vorinstanz sei insbesondere anzuweisen, die Mängel im UVB zu korrigieren, den Anschluss Neuhaus zu redimensionieren, auf den Aatal-Viadukt zu verzichten, die flankierenden Massnahmen verbindlich mit dem Projekt der T8/A8 festzusetzen und den integralen Moorschutz sicherzustellen. Eventualiter beantragen sie, die Entscheidgebühr sei angemessen zu reduzieren.
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F.- In seiner Vernehmlassung vertritt das Eidgenössische Departement des Innern (im folgenden: Departement) die Auffassung, die vom Regierungsrat genehmigte Linienführung gefährde die Erhaltung des Gebietswasserhaushaltes des Flachmoors Balmen-Flachrist; die im angefochtenen Entscheid verfügten ![]() | 11 |
Aus den Erwägungen: | |
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Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung der Koordinationspflicht, weil dem BUWAL die Stellungnahmen der kantonalen Fachstellen nicht zugestellt worden seien (E. 6b) und die Umweltschutzfachstelle in ihrem Bericht vom 14. November 1994 die negative Stellungnahme des BUWAL verschwiegen habe (E. 6c). Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob der Regierungsrat die Plangenehmigung erteilen durfte, obwohl das BUWAL die Rodungsbewilligung nicht in Aussicht gestellt hatte (E. 6d).
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b) Gemäss Art. 21 Abs. 1 der Verordnung vom 19. Oktober 1988 über die Umweltverträglichkeitsprüfung (SR 814.011; UVPV) stellt die zuständige Behörde dem BUWAL als Rodungsbewilligungsbehörde die für seine Stellungnahme "nötigen" Unterlagen zu. Für die Beteiligung des BUWAL als Umweltschutzfachstelle des Bundes gemäss Art. 12 Abs. 3 UVPV enthält die im vorliegenden Verfahren anwendbare Fassung der UVPV keine ausdrückliche Bestimmung (vgl. dagegen Art. 13a Abs. 1 UVPV in der Fassung vom 5. September 1995). Bei der Handhabung von Art. 21 Abs. 1 UVPV ist ![]() | 14 |
Im vorliegenden Fall stützte sich die Stellungnahme des BUWAL vom 21. Oktober 1994 auf den UVB vom Februar 1994 inklusive Planbeilagen, Ergänzungsberichten und Kurzbericht gemäss Störfallverordnung, das Dossier "Rodungsgesuch und Ersatzaufforstungen" vom März 1994, das Gutachten der Fachgemeinschaft Ökologie und Naturschutz vom 27. Oktober 1993 für die Umfahrung Wagen/Eschenbach im Bereich des Flachmoores Balmenrain, das Schreiben vom 7. Oktober 1994 des Geologiebüros Lienert & Haering AG zur Ersatzwasserbeschaffung für die Grundwasserfassung Rüeggenschlee der Wasserversorgung Eschenbach sowie die Information durch den stellvertretenden Kantonsingenieur anlässlich der Sitzung vom 11. Oktober 1994 in Bern. Das BUWAL teilte zwar mit, ihm seien die Stellungnahmen der kantonalen Fachstellen nicht zur Verfügung gestellt worden; dennoch gab es eine Stellungnahme ab. Daraus lässt sich schliessen, dass es die ihm vorliegenden Unterlagen für ausreichend erachtete, jedenfalls für eine vorläufige, negative Stellungnahme. Diese Einschätzung lässt keinen Ermessensmissbrauch erkennen, so dass insoweit kein Verstoss gegen die Koordinationspflicht vorliegt.
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c) Der SBN rügt, die Umweltschutzfachstelle habe in ihrem Bericht vom 14. November 1994 verschwiegen, dass das BUWAL die Erteilung der Rodungsbewilligung nicht in Aussicht gestellt habe.
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In der Tat erweckt der Bericht den Eindruck, das BUWAL habe sich noch nicht geäussert, obwohl dessen negative Stellungnahme zu diesem Zeitpunkt bereits vorlag. Dies stellt nicht nur einen formellen, sondern auch einen inhaltlichen Mangel des Berichts dar: Die Umweltschutzfachstelle muss ![]() | 17 |
Dieser Mangel hat sich jedoch in den angefochtenen Verfügungen nicht ausgewirkt: Die negative Stellungnahme des BUWAL vom 21. Oktober 1994 war allen Verfahrensbeteiligten bekannt und lag insbesondere dem Regierungsrat als der für den Umweltverträglichkeitsentscheid zuständigen Behörde vor. Der Regierungsrat setzte sich mit den Einwendungen des BUWAL auseinander, kam aber zum Ergebnis, die Rodungsvoraussetzungen lägen vor, d.h. das Waldgesetz stünde dem Projekt nicht entgegen.
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d) Schliesslich fragt sich, ob der Regierungsrat die Plangenehmigung erteilen durfte, obwohl das BUWAL die Rodungsausnahmebewilligung nicht in Aussicht gestellt hatte.
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aa) Nach dem grundlegenden Entscheid des Bundesgerichts im Fall Chrüzlen (BGE 116 Ib 50 E.4 S. 56 ff.) muss die Rechtsanwendung materiell koordiniert, d.h. inhaltlich abgestimmt erfolgen, wenn für die Verwirklichung eines Projekts verschiedene materiellrechtliche Vorschriften anzuwenden sind und zwischen diesen Vorschriften ein derart enger Sachzusammenhang besteht, dass sie nicht getrennt und unabhängig voneinander angewendet werden dürfen. Diese materielle Koordination wird erreicht, wenn dafür eine einzige erste Instanz zuständig ist. Sind zur Beurteilung einzelner der materiellen Koordination bedürftiger Rechtsfragen verschiedene erstinstanzliche Behörden zuständig, so müssen diese die Rechtsanwendung in einer Weise abstimmen, dass qualitativ ein gleichwertiges Koordinationsergebnis erzielt wird; die verschiedenen getrennt erlassenen Entscheide müssen sodann in einem einheitlichen Rechtsmittelverfahren angefochten werden können. Das kann etwa so geschehen, dass mehrere getrennt zu treffende Entscheide, in denen materielle Rechtsfragen mit engem Sachzusammenhang beurteilt werden, gleichzeitig eröffnet werden, am besten gesamthaft und zusammengefasst durch die erstinstanzliche Behörde, die für das Leitverfahren bzw. das massgebliche Verfahren nach Art. 5 Abs. 3 UVPV zuständig ist. Eine verfahrensrechtlich und zeitlich verbundene Eröffnung der Bewilligungen mit ![]() | 20 |
Diese bundesgerichtlichen Hinweise zur Koordination von Vorhaben, deren Bewilligung zugleich in die Kompetenz von Bundesbehörden und kantonalen Behörden fallen, setzen voraus, dass sich die zuständigen Behörden über die Bewilligungsfähigkeit des Vorhabens grundsätzlich einig sind; das zeitlich gestaffelte Vorgehen beruht auf der Prämisse, dass die Bundesbehörde im kantonalen Verfahren eine positive Stellungnahme abgibt, an die sie anschliessend - vorbehältlich neuer Erkenntnisse - gebunden ist. Der "Chrüzlen"-Rechtsprechung lässt sich jedoch nichts zur Frage entnehmen, wie vorzugehen ist, wenn Meinungsverschiedenheiten zwischen Bundes- und kantonalen Behörden bestehen, d.h. die Bundesbehörde auf einer negativen Stellungnahme beharrt, während der Kanton das Vorhaben genehmigen will.
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bb) In mehreren Entscheiden hat sich das Bundesgericht mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen über ein Rodungsgesuch, dem für die Erstellung einer im Wald geplanten Anlage vorrangige Bedeutung zukommt, vorweg entschieden werden kann. Dies wurde zugelassen, wenn von vornherein aufgrund eines zureichend abgeklärten Sachverhalts klar feststeht, dass die geltend gemachten Interessen das gesetzliche Walderhaltungsgebot nicht zu überwiegen vermögen (BGE 117 Ib 325 E. 2b S. 329, BGE 116 Ib 321 E. 4b S. 329 mit Hinweisen). So hob das Bundesgericht im unveröffentlichten Urteil vom ![]() | 22 |
Anders als im Fall Amriswil ist im vorliegenden Fall ein Umweltverträglichkeitsbericht erstellt worden, zu dem alle beteiligten Behörden Stellung nehmen konnten; die im Rahmen des kantonalen Plangenehmigungsverfahrens getroffenen Abklärungen ermöglichen grundsätzlich eine umfassende Interessenabwägung und mithin die koordinierte Anwendung der in Betracht fallenden materiellen Rechtsnormen. Bei dieser Sachlage wäre es an sich möglich, die Rodungsfrage vorweg zu entscheiden. Dies ist jedoch im vorliegenden Fall nicht geschehen; vielmehr hat der Regierungsrat trotz der negativen Stellungnahme der BUWAL die Plangenehmigung erteilt. Es stellt sich somit die Frage, ob die im UVP-Leitverfahren zuständige kantonale Behörde, die das Projekt aufgrund einer Abwägung aller Interessen für genehmigungsfähig hält, sich über eine negative Stellungnahme der Bundes-Rodungsbehörde gemäss Art. 21 UVPV hinwegsetzen darf.
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cc) Nach der oben (E. 6d/aa) zusammengefassten Rechtsprechung ist die Verfahrenskoordination grundsätzlich bereits im erstinstanzlichen Verfahren durchzuführen; damit soll sichergestellt werden, dass primär die für das Vorhaben zuständigen Fachbehörden die sich stellenden Sach- und Rechtsfragen entscheiden und die für die Projektgenehmigung erforderliche umfassende Interessenabwägung vornehmen; bei Meinungsverschiedenheiten zwischen verschiedenen zuständigen (kantonalen) Fachbehörden ist es Aufgabe der politischen Behörden, eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen. Eine Verlagerung des erstinstanzlichen Entscheids auf die Ebene der Justiz widerspräche deren Funktion, Verwaltungsentscheide nach rechtlichen Kriterien zu überprüfen; zudem fehlt den Gerichten regelmässig das notwendige Spezial-Fachwissen.
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Im vorliegenden Fall gibt es jedoch unterhalb der Ebene des Bundesgerichts keine gemeinsame Instanz, in der Differenzen zwischen den kantonalen Bewilligungsbehörden und der für die Rodung zuständigen Bundesbehörde ![]() | 25 |
dd) Sowohl im Plangenehmigungsverfahren als auch im Rodungsverfahren ist eine umfassende Interessenabwägung erforderlich: Art. 5 WaG verlangt eine gesamthafte Beurteilung aller auf dem Spiele stehenden Interessen; die für die Ausnahmebewilligung zuständige Behörde muss das Projekt als Ganzes beurteilen und darf für die Interessenabwägung massgebende Einzelfragen nicht separaten Verfahren vorbehalten (vgl. BGE 120 Ib 400 E. 2c S. 402 und E. 5 S. 409 f., 119 Ib 397 E. 6a S. 405 f., je mit Hinweisen); gleiches gilt für die im Leitverfahren der UVP zuständige Behörde, die nicht nur das ihr Verfahren betreffende Spezialgesetz, sondern sämtliche bundesrechtlichen Bestimmungen zum Schutz von Natur und Umwelt berücksichtigen muss (vgl. Art. 3 UVPV). Diese umfassende Interessenabwägung hat das Bundesgericht im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu überprüfen, ob nun die Plangenehmigung oder der Rodungsentscheid Anfechtungsgegenstand ist. Der Entscheid des Bundesgerichts präjudiziert damit den Entscheid auch im anderen Verfahren, der formal nicht Prozessgegenstand ist: Hat das Bundesgericht die ![]() | 26 |
Dennoch ist es für den Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens nicht ohne Bedeutung, ob zuerst der positive Entscheid der kantonalen Behörde oder der negative Entscheid der Bundesbehörde zu überprüfen ist: Wie oben (E. 1c) ausgeführt wurde, auferlegt sich das Gericht eine gewisse Zurückhaltung, wenn sich technische Probleme stellen und die zuständige Fachbehörde (bzw. der Regierungsrat gestützt auf die Berichte der ihm beigegebenen Fachinstanzen) entschieden hat, wenn örtliche Verhältnisse zu würdigen sind oder wenn andere Fragen im Grenzbereich zwischen Recht und Ermessen aufgeworfen werden. Diese Zurückhaltung kann gerade in Fällen wie dem vorliegenden, wo die komplexen Auswirkungen eines technischen Werkes (Strassenbau) auf die Umwelt beurteilt werden müssen, von entscheidender Bedeutung sein. Es kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass das Bundesgericht, selbst wenn es die Beschwerden gegen den Plangenehmigungsentscheid für unbegründet hielte, einen negativen Rodungsentscheid des BUWAL gleichwohl geschützt hätte, wäre dieser zuerst angefochten worden.
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ee) Nach Art. 12 WaG bedarf die Zuweisung von Wald zu einer Nutzungszone einer Rodungsbewilligung. Der Regierungsrat entschied im Plangenehmigungsverfahren nach kantonalem Strassengesetz, was dem Erlass eines Nutzungsplans im Sinne von Art. 14 ff. RPG gleichkommt. Diese Planfestsetzung, die 5,5 ha Wald betrifft und nicht rein forstlichen Zwecken dient, fällt unter Art. 12 WaG (vgl. unveröffentlichten Entscheid in Sachen Burgergemeinde Zermatt vom 27. Oktober 1995, E. 2c).
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aaa) Diese Bestimmung würde ihrem Wortlaut nach an sich voraussetzen, dass die Rodungsbewilligung vor dem Entscheid über die Nutzungsplanung eingeholt wird (vgl. unveröffentlichten Entscheid in Sachen T.-S. vom 13. Januar 1995, E. 8d; VERA SONANINI, Das neue Waldgesetz und die Raumplanung, Zeitschrift für Baurecht 1992, S. 87); es wird aber überwiegend für ausreichend gehalten, wenn der für die Planung verantwortlichen Behörde vor ihrem Entscheid eine verbindliche positive Stellungnahme der Rodungsbewilligungsbehörde vorliegt (unveröffentlichter Bundesgerichtsentscheid in Sachen CFF vom 9. Dezember 1994, E. 3b/bb; PETER M. KELLER, Rechtliche Aspekte der neuen Waldgesetzgebung, AJP 1993 S. 148; ![]() | 29 |
bbb) Für diese Auslegung spricht auch die Entstehungsgeschichte von Art. 12 WaG:
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Art. 12 des bundesrätlichen Entwurfs des Waldgesetzes (E-WaG; BBl 1988 III 227) trug die Überschrift "Einbezug von Wald in Richtpläne und Nutzungspläne" und lautete:
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In der Botschaft des Bundesrates vom 29. Juni 1988 (BBl I988 III 196) wurde dazu ausgeführt, es gebe immer wieder öffentliche und private Vorhaben, die auf einen Standort im Wald angewiesen seien, und es sei sinnvoll, diese möglichst frühzeitig anzuzeigen. Hierfür seien die kantonalen Richtpläne ein geeignetes Instrument, ohne die im Rodungsverfahren durchzuführende Interessenabwägung im Einzelfall vorwegzunehmen. Konkretisiere sich das Vorhaben, so dass es aus dem Richtplan in den Nutzungsplan umzusetzen sei, so sei der Zeitpunkt gekommen, zu der beabsichtigten anderweitigen Nutzung im Rodungsverfahren die endgültige Abwägung der entgegenstehenden Interessen vorzunehmen und die Rodung zu bewilligen oder zu verweigern.
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Im Parlament wurde vor allem die in Art. 12 Abs. 1 E-WaG vorgesehene Ausweisung von Wald als künftige Nutzungszone in Richtplänen diskutiert (vgl. Amtl.Bull. NR 1991 301 ff. und 1519 ff. und Amtl.Bull. SR 1991, ![]() | 35 |
Sinn und Zweck von Art. 12 WaG (Absatz 2 des bundesrätlichen Entwurfs) ist es somit sicherzustellen, dass beim Einbezug von Wald in eine Nutzungszone die notwendige Koordination von Raumplanung und Rodungsverfahren nicht zulasten des Waldschutzes geht: Die Rodungsbewilligung darf nur aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung erteilt werden, die nicht durch ein vorangegangenes Raumplanungsverfahren präjudiziert werden soll (so auch KELLER, URP 1991, S. 272 f.; JAISSLE, a.a.O. S. 293; SONANINI, a.a.O., S. 87). In diesem Sinne räumt Art. 12 WaG der für das Rodungsverfahren zuständigen Behörde einen verfahrensrechtlichen Vorrang vor den Raumplanungsbehörden ein. Mit dieser Zwecksetzung wäre es nicht vereinbar, wenn sich die für die Nutzungsplanung zuständige kantonale Behörde über eine negative Stellungnahme der für die Rodungsbewilligung zuständigen Bundesbehörde hinwegsetzen und vorab über die Plangenehmigung entscheiden könnte, mit der Folge, dass dieser Entscheid (bzw. ein hierzu ergangener Rechtsmittelentscheid) sich doch präjudiziell auf das Rodungsverfahren auswirken würde.
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ccc) Für diese Auslegung spricht schliesslich auch die vom Gesetzgeber getroffene Lösung für Bauvorhaben im Wald, die ohne Zonenplanänderung im Wege einer Ausnahmebewilligung gemäss Art. 24 RPG genehmigt werden sollen.
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ddd) Auf den ersten Blick scheint dieses Ergebnis in einem gewissen Widerspruch zur Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung zu stehen: Art. 21 Abs. 1 UVPV verlangt seinem Wortlaut nach nur, dass eine (nicht notwendigerweise positive) Stellungnahme der übrigen Bewilligungsbehörden vorliegt; nach Art. 21 Abs. 2 UVPV entscheiden die Behörden, die für Bewilligungen nach Abs. 1 zuständig sind, grundsätzlich erst nach Abschluss der Prüfung im Leitverfahren. Art. 21 Abs. 2 UVPV geht jedoch von der Erteilung und nicht der Versagung der Bewilligungen aus und setzt damit stillschweigend eine positive Stellungnahme voraus; er trifft keine Aussage, wie im Fall einer negativen Stellungnahme der Rodungsbehörde vorzugehen ist. Dieser Konflikt ist vielmehr Thema von Art. 12 WaG, welcher der Rodungsbehörde den Vorrang einräumt. Dabei handelt es sich lediglich um einen verfahrensrechtlichen Vorrang: Materiellrechtlich ist das Gut "Wald" nicht höher einzustufen als andere ebenso wichtige Güter, wie z.B. Gewässer; wie bereits oben (vgl. E. 6d/dd) dargelegt wurde, ist sowohl im Rodungs- wie auch im Plangenehmigungsentscheid eine gesamthafte Beurteilung aller auf dem Spiele stehenden Interessen vorzunehmen.
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Dieser Lösung lässt sich auch nicht entgegenhalten, sie mache das Rodungsverfahren entgegen Art. 5 UVPV zum Leitverfahren: Sie verlangt nicht generell eine Vorwegnahme der Rodungsbewilligung, sondern bezieht sich nur auf den Fall, in dem die im Leitverfahren zuständige Behörde nach Durchführung des UVP-Verfahrens und nach Anhörung aller Bewilligungsbehörden gemäss Art. 21 UVPV zum Ergebnis kommt, sie wolle das Vorhaben trotz der negativen Stellungnahme der Rodungsbehörde als umweltverträglich genehmigen. Nur in diesem Fall ist sie gemäss Art. 12 WaG verpflichtet, vorab eine Rodungsbewilligung auf dem Rechtsmittelweg zu erstreiten. Da die gebotene formelle Koordination bereits im UVP-Verfahren erfolgt ist, kann die für die Rodungsverfügung zuständige Behörde sofort ![]() | 40 |
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