BGE 123 II 376 | |||
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41. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 10. September 1997 i.S. R. Gonseth u. Mitb. gegen Monsanto (Suisse) SA und Eidgenössisches Departement des Innern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 6 VwVG u. Art. 48 VwVG; Art. 15 LMV; Art. 6 EMRK; Parteistellung und Beschwerdelegitimation im Verfahren um die Zulassung von aus genmanipulierter Soja ("GTS"- Soja) hergestellten Lebensmitteln. | |
Sachverhalt | |
Das Bundesamt für Gesundheit liess am 20. Dezember 1996 auf Gesuch der Monsanto (Suisse) SA Lebensmittelerzeugnisse (food ingredients) zu, die aus Glyphosat-toleranter Soja (GTS) gewonnen werden. Dabei handelt es sich um eine neue, von der Firma Monsanto entwickelte Sojasorte, die aufgrund gentechnischer Veränderungen die Anwendung des Herbizids "Roundup" zur Unkrautbekämpfung ermöglicht. Die Bewilligung wurde am 30. Dezember 1996 im Schweizerischen Handelsamtsblatt veröffentlicht und mit verschiedenen Auflagen - insbesondere bezüglich der Deklarationspflicht - verbunden.
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Hiergegen gelangten mehrere natürliche und juristische Personen an das Eidgenössische Departement des Innern. Dieses trat auf die Beschwerde mangels Legitimation der Beschwerdeführer jedoch nicht ein, da sie weder als Konsumenten noch als Konkurrenten in einer besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache stünden.
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Ruth Gonseth, Simonetta Sommaruga, Herbert Karch, Christine Lerf, die Firma Soyana (Walter Dänzer), der Verband Schweizerischer Reform- und Diätfachgeschäfte (biona), die Reformhaus Müller AG sowie die Roth Käse AG haben gegen diesen Entscheid beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht.
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Am 3. Juni 1997 hat der Abteilungspräsident das damit verbundene Gesuch um aufschiebende Wirkung bzw. Erlass einer vorsorglichen Massnahme abgewiesen.
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aus folgenden Erwägungen: | |
2. Als Parteien gelten im Bundesverwaltungsverfahren Personen, deren Rechte oder Pflichten die Verfügung berühren soll, und andere Personen, Organisationen oder Behörden, denen ein Rechtsmittel gegen die Verfügung zusteht (Art. 6 VwVG). Nach Art. 48 lit. a VwVG ist zur Beschwerde berechtigt, wer durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Dieses kann rechtlicher oder auch bloss tatsächlicher Natur sein und braucht mit dem Interesse, das durch die vom Beschwerdeführer als verletzt bezeichneten Normen geschützt wird, nicht übereinzustimmen. Immerhin muss der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Entscheid stärker als jedermann betroffen sein und in einer besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache stehen. Sein Interesse ist schutzwürdig, wenn er durch das Beschwerdeverfahren einen materiellen oder ideellen Nachteil von sich abwenden kann (BGE 120 Ib 379 E. 4b S. 386 f., mit Hinweisen; KÖLZ/HÄNER, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, Zürich 1993, Rz. 235). Diese Anforderungen sollen die Popularbeschwerde ausschliessen. Ihnen kommt dann besondere Bedeutung zu, wenn - wie hier - nicht der Verfügungsadressat, sondern ein Dritter den Entscheid anficht (vgl. FRITZ GYGI, Vom Beschwerderecht in der Bundesverwaltungsrechtspflege [im weitern: Beschwerderecht], in: recht 1986 S. 8 ff.; derselbe, Bundesverwaltungsrechtspflege, Bern 1983, S. 148 f.; LUCREZIA GLANZMANN-TARNUTZER, Die Legitimation des Konkurrenten zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht, Diss. St. Gallen 1996, S. 23). Nur wenn auch in einem solchen Fall ein unmittelbares Berührtsein, eine besondere Beziehungsnähe gegeben ist, hat der Beschwerdeführer ein schutzwürdiges Interesse daran, dass der angefochtene Entscheid aufgehoben oder abgeändert wird (vgl. BGE 121 II 176 E. 2a S. 177 f., mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer muss durch den angefochtenen Akt persönlich und unmittelbar einen Nachteil erleiden. Ein bloss mittelbares (vgl. GYGI, Beschwerderecht, a.a.O., S. 10; ANDREAS JOST, Zum Rechtsschutz im Wirtschaftsverwaltungsrecht, in: ZSR 1982 II 540ff.) oder ausschliesslich allgemeines öffentliches Interesse (vgl. BGE 113 Ib 363 E. 3d S. 367; RHINOW/KOLLER/KISS, Öffentliches Prozessrecht und Justizverfassungsrecht des Bundes, Basel 1996, Rz. 1269) berechtigt - ohne die erforderliche Beziehungsnähe zur Streitsache selber - nicht zur Verwaltungs- oder Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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a) Die Beschwerdelegitimation nach Art. 48 VwVG bestimmt sich nach objektiven Kriterien und hängt nicht davon ab, wie weit sich jemand subjektiv betroffen und in seinen Rechten beeinträchtigt fühlt. Der Beschwerdeführer muss durch den angefochtenen Entscheid stärker als jedermann berührt sein und in einer besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache stehen. Eine solche ergibt sich nicht bereits daraus, dass er sich für eine Frage aus ideellen Gründen besonders interessiert (vgl. Pierre Moor, Droit administratif, Bd. 2, Bern 1991, S. 413) oder sich aus persönlicher Überzeugung für oder gegen ein Projekt engagiert (vgl. BGE 123 II 115 E. 2b/cc S. 119). Ebensowenig kann genügen, dass er angeblich "bewusster lebt" als andere Personen.
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b) aa) Das mit einer bewilligungspflichtigen Tätigkeit verbundene Risiko begründet für Dritte eine beachtenswerte, nahe Beziehung zum entsprechenden Bewilligungsverfahren nur, wenn diese sowohl in bezug auf die Wahrscheinlichkeit des Schadeneintritts wie in bezug auf die mögliche Schwere der Beeinträchtigung einem nicht unwesentlich höheren Risiko ausgesetzt sind als die Allgemeinheit. Bloss Gefahren von einer gewissen Bedeutung und von einer gewissen Wahrscheinlichkeit vermögen eine Beschwerdebefugnis zu begründen, nicht rein theoretische und weit entfernte, weil sonst eine sinnvolle Abgrenzung zur Popularbeschwerde nicht mehr möglich ist (BGE 121 II 176 E. 3a S. 180). Das Bundesgericht verneinte demgemäss die Beschwerdeberechtigung von Anwohnern einer Eisenbahnlinie, auf der mehrmals jährlich radioaktive Rückstände transportiert werden (BGE 121 II 176 ff.). Einem Beschwerdeführer, der für seine Legitimation auf die Risiken hingewiesen hatte, die durch den Bau und Betrieb einer Eisenbahnlinie für die Trinkwasserversorgung entstünden, sprach es die Einspracheberechtigung ab, da eine allfällige Störung des Grundwasservorkommens nicht in erster Linie die einzelnen Trinkwasserbenützer, sondern die für die Trinkwasserversorgung verantwortlichen Personen oder Behörden treffe. Weder bestehe beim Eisenbahnbau eine besonders ausgeprägte Tendenz zu Grundwasserverschmutzungen, noch zeitigten allfällige Eingriffe in Wasservorkommen in der Regel quantitativ oder qualitativ speziell schwere Folgen (BGE 120 Ib 431 E. 1 S. 435).
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bb) Ähnliche Überlegungen gelten hier: Genmanipulierte Lebensmittel, Zusatzstoffe oder Verarbeitungshilfsstoffe werden erst nach einem umfassenden, interdisziplinären Bewilligungsverfahren zugelassen und nur, soweit nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft eine Gesundheitsgefährdung ausgeschlossen werden kann (vgl. Art. 15 LMV [SR 817.02] und die Verordnung vom 19. November 1996 über das Bewilligungsverfahren für GVO-Lebensmittel, GVO-Zusatzstoffe und GVO-Verarbeitungshilfsstoffe; VBGVO; AS 1996 S. 2983 ff.). Zwar hat an sich jeder Konsument ein Interesse daran, dass keine gesundheitsgefährdenden bzw. der Lebensmittelgesetzgebung widersprechenden Produkte auf den Markt kommen. Dies allein begründet aber keine hinreichende persönliche Betroffenheit und schutzwürdige Beziehungsnähe im Sinne von Art. 48 lit. a VwVG. Es ist in einem solchen Fall in erster Linie an den Behörden, für einen gesetzeskonformen Vollzug der einschlägigen Bestimmungen und gestützt darauf für die Sicherheit der Bevölkerung zu sorgen (vgl. BGE 121 II 176 E. 3c S. 182). Der Konsument kann auf ihr Verhalten mittels Anzeigen und Aufsichtsbeschwerden Einfluss nehmen. Eigentliche Parteirechte stehen ihm dabei jedoch nicht zu. Die von den Beschwerdeführern geltend gemachten allfälligen Gesundheitsgefährdungen (Allergenität, Gefährdung durch Östrogene) sind zwar aufgrund zukünftig besserer Erkenntnisse nicht gänzlich auszuschliessen, jedoch zurzeit nicht belegt und unbestimmter Natur. Gestützt auf die vorhandenen Unterlagen wurden denn ähnliche Bewilligungen wie die vorliegende auch in den USA, Kanada, Japan, Argentinien, Mexiko und der Europäischen Union erteilt. Die Beschwerdeführer sind jedenfalls weder hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit der Realisierung der Gefahr noch der Schwere einer allfälligen Beeinträchtigung einem höheren Risiko ausgesetzt als die Allgemeinheit (BGE 121 II 176 E. 3a S. 180). Sie bestreiten dies auch nicht; ihnen geht es vielmehr um die ideellen und ethischen Aspekte der Gentechnik und der damit verbundenen Risiken schlechthin. Diese können sie aber nicht losgelöst von einem schutzwürdigen Interesse am konkreten Bewilligungsverfahren geltend machen. Sie haben ihre entsprechenden Anliegen in die politische Diskussion einzubringen.
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c) Fehlt den Beschwerdeführern die nach Art. 48 lit. a VwVG erforderliche persönliche Beziehungsnähe zum Streitgegenstand, können sie sich hierfür auch nicht auf die persönliche Freiheit berufen. Die Frage der Legitimation ist von den Beschwerdegründen zu trennen und beurteilt sich ausschliesslich nach Art. 48 VwVG (vgl. BGE 121 I 267 E. 3c in fine S. 270). Würde dem Konsumenten über diese Bestimmung hinaus ein Beschwerderecht eingeräumt, öffnete dies im übrigen indirekt die (egoistische) Verbandsbeschwerde (vgl. hierzu KÖLZ/HÄNER, a.a.O., Rz. 243 ff.) für Konsumentenschutzorganisationen. Ein solches Beschwerderecht wurde bei den Beratungen des Lebensmittelgesetzes (Bundesgesetz vom 9. Oktober 1992 über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände, LMG; SR 817.0) jedoch gerade verworfen (vgl. Amtl. Bull. 1990 S. 785 f.), weshalb es nicht über eine entsprechende Auslegung von Art. 48 VwVG durch den Richter wieder eingeführt werden kann.
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5. a) Die Firma Soyana (Walter Dänzer), der Verband Schweizerischer Reform- und Diätfachgeschäfte (biona), die Reformhaus Müller AG und die Roth Käse AG berufen sich zur Begründung ihrer Legitimation auch auf die Handels- und Gewerbefreiheit. Sie bzw. ihre Mitglieder (für die "biona") erlitten durch die Zulassung von GVO-Soja auf dem Markt, "die auch die Vermischungsstrategie des Agrobusiness kritiklos" hinnehme, schwerwiegende Marktnachteile. Solange es nicht gelinge, alternative Quellen für herkömmliche Soja bzw. daraus gewonnene Erzeugnisse zu erschliessen, könnten sie ihre Produkte ganz oder teilweise nicht mehr produzieren. Selbst wenn es ihnen gelingen sollte, nicht genmanipulierte Soja-Posten oder entsprechende Produkte zu kaufen und getrennte Transport- und Verarbeitungswege durchzusetzen, entstünden ihnen aus dem "enormen" Kontrollaufwand doch sehr hohe Mehrkosten, die nicht auf die Käuferschaft überwälzt werden könnten.
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b) aa) Das Bundesgericht hat im Zusammenhang mit der Beschwerdebefugnis von Konkurrenten festgestellt, dass nicht jedes beliebige tatsächliche Berührtsein ein nach Art. 48 lit. a VwVG erforderliches schutzwürdiges Interesse zu begründen vermag (vgl. GEROLD STEINMANN, Fragen der Beschwerdebefugnis im Bereiche der Preisüberwachung - Konsumenten-Beschwerde? in: ZBl 80/1979, S. 294 f. u. FN 47). Es bedarf hierfür einer spezifischen, qualifizierten Beziehungsnähe etwa durch eine spezielle wirtschaftsverwaltungsrechtliche Zulassungs- oder Kontingentierungsordnung, welcher die Konkurrenten gemeinsam unterworfen sind (BGE 109 Ib 198 E. 4d S. 202; vgl. PETER KARLEN, in: GEISER/MÜNCH [Hrsg.], Prozessieren vor Bundesgericht, Rz. 3.43).
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bb) Die beschwerdeführenden Hersteller bzw. Vertreiber von Sojaprodukten stehen, wie sie selber geltend machen, zur Beschwerdegegnerin in keinem direkten Konkurrenzverhältnis. Diese stellt weder Lebensmittel her, noch verkauft sie solche; sie führt auch keine Sojabohnen in die Schweiz ein. Sie hat die "Roundup Ready"-Technologie entwickelt, die sie an Saatgutfabrikanten lizenziert, welche ihrerseits Saatgut unterschiedlicher Sojabohnenarten produzieren und an die Bauern verkaufen. Die Beschwerdeführer versuchen als Dritte, sich gegen das Inverkehrbringen von Produkten zu wehren, die ihre Erzeugnisse verdrängen und lediglich insofern - indirekt - ihre wirtschaftliche Tätigkeit berühren könnten (sog. Produktekonkurrenz). Ein so geartetes Interesse am Bewilligungsverfahren ist jedoch nicht schutzwürdig: Im Zusammenhang mit der gesundheitspolizeilichen Zulassung eines Pulvers zur Herstellung von Schlagrahmersatz hat das Bundesgericht festgestellt, dass den Milchproduzenten die erforderliche Beziehungsnähe zum Bewilligungsgegenstand fehle, auch wenn sie bei einem Umsatzrückgang aufgrund der milchwirtschaftlichen Ordnung (Butterverwertung, Schmälerung des Produzentenmilchpreises) finanzielle Lasten zu tragen hätten (BGE 100 Ib 331 E. 2b u. c S. 337 ff.). Bezug nehmend auf die in der Doktrin hieran teilweise geübte Kritik (GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, S. 158 f.; derselbe, Beschwerderecht, a.a.O., S. 12 FN 44; JACQUES MEYLAN, La jurisprudence administrative du Tribunal fédéral en 1974, in RDAF 32/1976 S. 21 f.; ANDREAS JOST, a.a.O., S. 546; zustimmend demgegenüber: AUGUSTIN MACHERET, La qualité pour recourir, in: ZSR 94/1975 II S. 172; GEROLD STEINMANN, a.a.O., S. 294 f.) hielt das Bundesgericht in einem andern den Zentralverband der Schweizerischen Milchproduzenten betreffenden Fall im Zusammenhang mit der Zulassung eines Brotaufstrichs aus eingesottener Butter, Wasser und Sonnenblumenöl fest, dass es keine rechtslogisch stringente, begrifflich fassbare, sondern nur eine praktisch vernünftige Abgrenzung zur Popularbeschwerde gebe. Wo diese Grenze verlaufe, sei für jedes Rechtsgebiet gesondert zu beurteilen. Bei der gesundheitspolizeilichen Zulassung von Produkten sei nicht zu übersehen, dass zahlreichen Produzenten und Händlern ähnlicher Produkte und auch Konsumenten ein gewisses faktisches Interesse nicht abgesprochen werden könne. An die Beziehungsnähe seien daher "besonders hohe Anforderungen" zu stellen, solle die Popularbeschwerde ausgeschlossen bleiben. Erforderlich sei eine Beziehung zur Streitsache, die sich von jener der zahlreichen Produzenten und Händler ähnlicher Produkte abhebe, die dasselbe oder ähnliche Bedürfnisse befriedigen (BGE 113 Ib 363 E. 3 S. 366 ff.).
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cc) Eine solche Beziehungsnähe fehlt hier: Die strittige Bewilligung ermöglicht, ähnliche Produkte wie sie ein Teil der Beschwerdeführer anbietet, künftig auch aus "GTS"-Soja hergestellt auf den Markt zu bringen. Der Import und Vertrieb von traditioneller Soja bzw. daraus hergestellter Produkte wird durch die angefochtene Bewilligung nicht untersagt. Die darin detailliert geregelte Deklarationspflicht schliesst eine Täuschungsgefahr der Konsumenten aus. Es wird an ihnen liegen, ob sich die "GTS"-Soja gegenüber der konventionellen Soja durchsetzen wird. Im Hinblick auf die weltweite Verbreitung der "GTS"-Soja und deren Vermischung mit traditionellen Bohnen wird es für "Bioprodukte"-Produzenten und -Vertreiber zwar allenfalls schwieriger werden, künftig zu nicht genmanipulierten Sojabohnen (vgl. immerhin die Liste von Greenpeace International der nordamerikanischen Anbieter gentech-freier Soja) bzw. aus solchen hergestellten Produkten zu kommen. Die damit verbundenen Nachteile sind jedoch bloss indirekter Natur. Es handelt sich dabei um (mögliche) Folgen der Marktentwicklung. Solche verschaffen jedoch keine spezifische Beziehungsnähe zum lebensmittelrechtlichen Zulassungsentscheid. Den Beschwerdeführern wird nicht verboten, ihre Produkte weiterhin "umweltbewusst" herzustellen und zu verkaufen. Die angefochtene Bewilligung ermöglicht lediglich auch nicht an bestimmte (selbst auferlegte) Produktionslabels gebundenen Anbietern, ähnliche Produkte aus einer anderen Soja-Bohnenart herzustellen und zu vertreiben.
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dd) Sind nach dem Gesagten bereits die einzelnen Hersteller oder Verteiler von Bio- bzw. Reformprodukten nicht beschwerdelegitimiert, gilt dies auch für den Verband Schweizerischer Reform- und Diätfachgeschäfte "biona", weshalb sich weitere Ausführungen zu dessen Beschwerdebefugnis erübrigen (vgl. zu den Voraussetzungen der "egoistischen" Verbandsbeschwerde: BGE 119 Ib 374 E. 2a/aa S. 376 f., BGE 113 Ib 363 E. 2a S. 365, mit Hinweisen).
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6. An der fehlenden Beschwerdelegitimation ändert schliesslich auch Art. 6 Ziff. 1 EMRK nichts: Diese Bestimmung ist nur anwendbar, wenn ein aus dem innerstaatlichen Recht abzuleitender Anspruch zivilrechtlicher Natur in Frage steht und der Ausgang des Streits für diesen direkt entscheidend ist (vgl. FROWEIN/PEUKERT, Europäische Menschenrechtskonvention, 2. Aufl., Kehl/Strassburg/Arlington 1996, Rz. 6 zu Art. 6; MARK E. VILLIGER, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention [EMRK], Zürich 1993, Rz. 376; ARTHUR HAEFLIGER, Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, Bern 1993, S. 114). Weder aus Art. 31 BV noch aus dem Lebensmittelrecht ergibt sich jedoch ein Recht auf Schutz vor Konkurrenz. Die staatliche (Polizei-)Bewilligung an einen Konkurrenten, ein Produkt auf den Markt zu bringen, hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf vermögenswerte Rechte Dritter, wenn diesen - wie hier - freisteht, das entsprechende Produkt ebenfalls zu verkaufen oder in der bewilligten Art herzustellen. Der vorliegende Fall ist nicht mit den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Sachen "Neves e Silva" (PCourEDH A 153 A) oder "Editions Périscope SA" (PCourEDH A 234 B) vergleichbar, wo es um Staatshaftungsansprüche gestützt auf angeblich in widerrechtlicher Weise nur an Konkurrenten eingeräumte Vorteile ging. Das Recht auf Zugang zu einem Gericht im Sinne von Art. 6 EMRK gilt im übrigen nicht absolut. Es kann insofern eingeschränkt werden, als die Legitimation von einer konkreten, überdurchschnittlichen Gefährdung abhängig gemacht werden darf (so der Unzulässigkeitsentscheid der Europäischen Kommission für Menschenrechte vom 1. Juli 1996 bezüglich BGE 121 II 176 ff.).
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