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4. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 5. Dezember 1997 i.S. Eidgenössische Steuerverwaltung gegen X. und Steuerrekurskommission des Kantons Basel-Landschaft (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 22 Abs. 1 lit. a BdBSt und Art. 22bis Abs. 1 lit. c BdBSt; Gewinnungskosten. | |
Sachverhalt | |
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Die Eidgenössische Steuerverwaltung erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, den Entscheid der Steuerrekurskommission aufzuheben und den Einspracheentscheid der kantonalen Steuerverwaltung vom 16. Dezember 1992 zu bestätigen.
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Das Bundesgericht heisst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut, hebt den Entscheid der Steuerrekurskommission auf und bestätigt den Einspracheentscheid der Steuerverwaltung.
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Aus den Erwägungen: | |
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a) Gemäss Art. 22 Abs. 1 lit. a des hier noch anwendbaren Bundesratsbeschlusses vom 9. Dezember 1940 über die direkte Bundessteuer (BdBSt) werden vom rohen Einkommen "die zur Erzielung des steuerbaren Einkommens erforderlichen Gewinnungskosten" abgezogen; nach Art. 22bis Abs. 1 lit. c BdBSt sind als Gewinnungskosten unter anderem "weitere Berufsauslagen" abzuziehen. Die streitige Frage ist somit nicht ausdrücklich geregelt.
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b) Die Eidgenössische Steuerverwaltung lässt nach bestehender Praxis die Mandatssteuer nicht zum Abzug zu, da diese lediglich eine indirekte Folge des öffentlichen Amtes sei (Gutachten der Abteilung Rechtswesen der Hauptabteilung Direkte Bundessteuer vom 27. Oktober 1992, zit. in Henggeler/Pestalozzi/Studer/Noher/Agner, Die Praxis der Bundessteuern, Die direkte Bundessteuer, Nachtrag 48, Art. 22 Al. 1 lit. a, 29zzz; Bericht des Bundesrates vom 23. November 1988 über die Unterstützung der politischen Parteien, BBl 1989 I 125 ff., 179). Das Bundesgericht hatte die Frage im Rahmen der direkten Bundessteuer bisher nie zu beantworten.
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c) Die kantonale Praxis zu den kantonalen Steuern ist nicht einheitlich (vgl. Übersicht in Bericht des Bundesrates, a.a.O., S. 226, und bei DANIELLE YERSIN, Le statut fiscal des partis politiques, de ![]() | 7 |
d) Die Lehre gibt teilweise die Praxis kommentarlos wieder (Ernst Höhn, Gesetzesauslegung, Rechtsfortbildung, Gesetzesergänzung im Steuerrecht, ASA 51, S. 385-406, 387; Ernst Känzig, Die eidgenössische Wehrsteuer [Direkte Bundessteuer], 2. Aufl. Basel 1982, S. 512). Mehrere Autoren kritisieren die Praxis, welche den Abzug nicht zulässt (PHILIP FUNK, Der Begriff der Gewinnungskosten nach Schweizerischem Einkommenssteuerrecht, Diss. St. Gallen 1989, S. 116 f., 253, anders freilich S. 229; RAOUL STAMPFLI, Die Leistung geheimer Kommissionen und ihre steuerrechtliche Behandlung, Diss. Bern 1986, S. 78; Studer, in HENGGELER/PESTALOZZI/STUDER/NOHER/AGNER, a.a.O., Art. 22 Al. 1 lit. a, 29kk, Bemerkung des Herausgebers; für Abzugsfähigkeit auch PETER HUG, Die verfassungsrechtliche Problematik der Parteienfinanzierung, Diss. Zürich 1970, S. 169 f.). Yersin kritisiert umgekehrt die genannte Entscheidung des basel-landschaftlichen Verwaltungsgerichts (YERSIN, a.a.O., S. 115 f.).
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Dabei ist der Begriff der Erforderlichkeit in einem weiten Sinne auszulegen (BGE 113 Ib 114 E. 2c S. 119; StR 44/1989 350 E. 2a; JEAN-MARC BARILIER, Les frais d'acquisition du revenu des simples particuliers, thèse Lausanne 1970, S. 18 ff.; FUNK, a.a.O., S. 69 ff.; PHILIP FUNK, Gewinnungskosten als Ursache von Einkommen - Einkommen als Ursache von Gewinnungskosten, ASA 58 [1990] S. 305-341, 309 ff.; KÄNZIG, a.a.O., S. 494 f.). Das Bundesgericht verlangt nicht, dass der Pflichtige das Erwerbseinkommen ohne die streitige Auslage überhaupt nicht hätte erzielen können (BGE 113 Ib 114 E. 2d S. 119). Es ist nach der Praxis auch nicht notwendig, dass eine rechtliche Pflicht zur Bezahlung der entsprechenden Aufwendungen besteht, sondern es genügt, dass die Aufwendungen nach wirtschaftlichem Ermessen als der Gewinnung des Einkommens förderlich erachtet werden können und dass die Vermeidung dem Steuerpflichtigen nicht zumutbar war (BGE 100 Ib 480 E. 3a S. 481; StR 48/1993 181 E. 3a; StR 44/1989 S. 350 E. 2a; ASA 21 82 E. 3 S. 85; FUNK, a.a.O. [1989], S. 71; KÄNZIG, a.a.O, S. 494). Als Gewinnungskosten gelten somit jene Aufwendungen, die für die Erzielung des Einkommens nützlich sind und nach der Verkehrsauffassung im Rahmen des Üblichen liegen (FUNK, a.a.O. [1990], S. 310; KÄNZIG, a.a.O., S. 495).
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b) Bei Selbständigerwerbenden gelten Aufwendungen als abzugsfähig, wenn sie geschäftsmässig begründet sind, wobei es keine Rolle spielt, ob der Aufwand zweckmässig war; es ist nicht Sache der Steuerbehörden, die Angemessenheit einer geschäftlichen Aufwendung zu überprüfen (BGE 113 Ib 114 E. 2c S. 118 f.; BARILIER, a.a.O., S. 19; BLUMENSTEIN/LOCHER, System des Steuerrechts, 5. Aufl. Zürich 1995, S. 225; FUNK, a.a.O. [1990], S. 319 f.). Bei Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit werden jene Kosten zugelassen, die objektiv notwendig sind, um die betreffenden Einkünfte zu erzielen (HÖHN, a.a.O., S. 190; ERNST HÖHN/ROBERT WALDBURGER, Steuerrecht, Bd. 1, Grundlagen, Grundbegriffe, Steuerarten, 8. Aufl., Bern 1997, S. 343). Im Lichte der Rechtsgleichheit sind zwar unselbständig ![]() | 11 |
c) Aufgrund dieser Kriterien werden in Lehre und Praxis zum Beispiel als Gewinnungskosten anerkannt:
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-Weiterbildungskosten, die objektiv mit dem gegenwärtigen Beruf des Steuerpflichtigen im Zusammenhang stehen und die der Steuerpflichtige zur Erhaltung seiner beruflichen Chancen für angezeigt hält, auch wenn die Auslage nicht absolut unerlässlich ist, um die gegenwärtige berufliche Stellung nicht einzubüssen (BGE 113 Ib 114 E. 2e S. 119; ASA 62 403 E. 2; FUNK, a.a.O. [1989], S. 95 ff.; KÄNZIG, a.a.O., S. 501);
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- unter bestimmten Umständen die Kosten für ein Arbeitszimmer in der privaten Wohnung, welches der Steuerpflichtige für seine berufliche Tätigkeit benützt (ASA 60 341 E. 2; nicht publiziertes Urteil des Bundesgerichts i.S. H. vom 9. Juni 1995, E. 3), sowie die Kosten für die Anschaffung von privaten Arbeitsgeräten wie Computern (ASA 62 403 E. 2);
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- Schadenersatzleistungen, sofern ein enger Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit besteht und die Schadenersatzpflicht nicht grobfahrlässig oder vorsätzlich verursacht wurde (ASA 64 232 E. 3a/b; BLUMENSTEIN/LOCHER, a.a.O., S. 224);
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- Aufwendungen, die einem Angestellten daraus erwachsen, dass er Kunden des Arbeitgebers aus geschäftlichen Gründen in sein Haus einlädt (ASA 21 82 E. 3 S. 85 f.).
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Ebenso betrachtet die Eidgenössische Steuerverwaltung Beiträge an Berufsverbände und Gewerkschaften als Berufskosten im Sinne von Art. 26 DBG (Kreisschreiben der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 22. September 1995: Abzug von Berufskosten der unselbständigen Erwerbstätigkeit, ![]() | 17 |
Nach ständiger Praxis werden auch effektiv bezahlte Schmiergelder bzw. verdeckte Kommissionen als Gewinnungskosten zum Abzug zugelassen (ASA 15 219; Kreisschreiben der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 8. November 1946, ASA 15 141 f.; BARILIER, a.a.O., S. 109; BLUMENSTEIN/LOCHER, a.a.O., S. 225; KÄNZIG, a.a.O., S. 544; MASSHARDT, a.a.O., S. 184; PETER MEYER, Die steuerfreien Abzüge vom Erwerbseinkommen unselbständig Erwerbender, Diss. Zürich 1949, S. 195 ff.; STAMPFLI, a.a.O., S. 77 ff.). Zwar verlangte eine parlamentarische Initiative, welche zurzeit hängig ist, dass Schmier- und Bestechungsgelder künftig nicht mehr als Gewinnungskosten abgezogen werden können, doch ist vorgesehen, dass darunter nur Bestechungsgelder an Personen fallen, die mit öffentlichen Aufgaben betraut sind (vgl. AB 1995 N 550 ff.; BBl 1997 II 1037 ff., 1050, IV 1336 ff.).
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d) Keine Gewinnungskosten stellen die Aufwendungen für den Unterhalt des Steuerpflichtigen dar. Dazu gehören unter anderem auch die sogenannten Standesauslagen, das heisst der infolge einer gehobenen beruflichen Stellung des Steuerpflichtigen getätigte Privataufwand (BGE 100 Ib 480 E. 3a S. 482; 78 I 145 E. 1 S. 149 f.; ASA 41 26 E. 3; BLUMENSTEIN/LOCHER, a.a.O., S. 222; KÄNZIG, a.a.O., S. 500).
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Nach der herrschenden Lehre und Praxis im Bund und in der Mehrzahl der Kantone können insbesondere auch Beiträge an politische Parteien nicht abgezogen werden (Bericht des Bundesrates, a.a.O., S. 225 f.; YERSIN, a.a.O., S. 110 ff., 125 ff.).
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Ebensowenig können Aufwendungen abgezogen werden, die nicht zur Erzielung eines ganz bestimmten Einkommens, sondern zur Erreichung oder Erhaltung der Erwerbsfähigkeit schlechthin getätigt werden (Felix Richner, Abzugsfähigkeit von Kinderbetreuungskosten, Zürcher Steuerpraxis 4/1995 S. 255-276, 262 ff.). Dazu gehören die Kosten für die allgemeine Erhaltung oder Verbesserung der Arbeitskraft bzw. der Gesundheit (ASA 34 55 E. 2a; KÄNZIG, a.a.O., S. 499 f.; MASSHARDT, a.a.O., S. 183) oder die Kinderbetreuung während der Arbeitszeit (StR 48/1993 181 E. 3b-e; StE 1987 B 22.3 16, E. 2/3; HÖHN, a.a.O., S. 214; KÄNZIG, a.a.O., S. 497 f.; MASSHARDT, a.a.O., S. 183; RICHNER, a.a.O., S. 263 ff.; a.A. ein Entscheid der Steuerrekurskommission III des Kantons Zürich vom 9. Juni 1993, zitiert bei ENRICA PESCIALLO-BIANCHI, Deducibilità dei costi per personale domestico e per la cura dei figli: indispensabile ![]() | 21 |
540 ff.).
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Schliesslich stellen Anlagekosten keine Gewinnungskosten dar, das heisst Aufwendungen zur Schaffung, Erweiterung oder Verbesserung einer Einkommensquelle; dazu gehören namentlich Ausgaben, welche getätigt werden, um in Zukunft eine höhere berufliche Stellung zu erreichen oder einen anderen Beruf ausüben zu können (BGE 113 Ib 114 E. 3a S. 120 f.; ASA 60 356 E. 2b/c; BLUMENSTEIN/LOCHER, a.a.O., S. 222; KÄNZIG, a.a.O., S. 501 ff.). Abzugsfähig sind demgegenüber Auslagen, die getätigt werden, um eine bestehende Einkommensquelle zu erhalten oder den weiteren Einkommensbezug zu sichern (ASA 44 48 E. 2a; KÄNZIG, a.a.O., S. 495; MASSHARDT, a.a.O., 182; MASSHARDT/TATTI, Imposta federale diretta, Commentario, 1985, S. 167; JEAN-MARC RIVIER, Droit fiscal suisse. L'imposition du revenu et de la fortune, Neuchâtel 1980, S. 116).
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b) Der Beschwerdegegner und die Vorinstanz bringen demgegenüber vor, die Bezahlung der Mandatssteuer stehe in einem direkten ursächlichen Zusammenhang zu den aus der Ausübung des Amtes resultierenden Einnahmen, da kein Kandidat gewählt oder wiedergewählt werde, der keine Mandatssteuer bezahle. Ferner seien der aufgrund der öffentlichen Ämter erlittene Einnahmenausfall aus der beruflichen Tätigkeit und die fehlende berufliche Vorsorge zu berücksichtigen.
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c) Was das zuletzt genannte Vorbringen betrifft, so kann dies nicht berücksichtigt werden. Ein steuerlicher Abzug kann nicht schon deshalb zugelassen werden, weil der Steuerpflichtige durch die Ausübung seiner Erwerbstätigkeit daran gehindert wird, eine andere, einträglichere Tätigkeit auszuüben.
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d) Die Ausübung eines politischen Amtes ist steuerrechtlich als unselbständige Erwerbstätigkeit zu qualifizieren. Massgebend sind ![]() | 27 |
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c) Die Zulassung der Abzugsfähigkeit als Gewinnungskosten würde zudem verschiedene Fragen aufwerfen, welche Ausdruck davon sind, dass es sich dabei in Wirklichkeit nicht um einen organischen Abzug handeln würde:
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aa) Zunächst würde sich fragen, ob die Mandatssteuer in beliebiger Höhe abzugsfähig wäre. Die Abzugsfähigkeit stellt eine Form der indirekten Subventionierung dar. Angesichts der in den verschiedenen Parteien notorisch sehr unterschiedlichen Beitragshöhen hätte eine unbeschränkte Abzugsfähigkeit den Charakter einer je nach Partei unterschiedlich hohen Subventionierung, was zum Gebot der parteipolitischen Neutralität des Staates im Gegensatz stehen könnte. Es darf nicht Sache des Staates sein, mit der Ausgestaltung des Steuerrechts bestimmte politische Parteien zu bevorzugen oder zu benachteiligen. Aus diesem Grund wird aus verfassungsrechtlicher Sicht eine unbegrenzte Abzugsfähigkeit von Zuwendungen an politische Parteien kritisch beurteilt (Bericht des Bundesrates, a.a.O., S. 180; HUG, a.a.O., S. 171 ff.; GERHARD SCHMID, POLITISCHE PARTEIEN, VERFASSUNG UND GESETZ, BASEL 1981, S. 127 F.; WEIGELT, a.a.O., S. 182 f.; YERSIN, a.a.O., S. 117 f.). Würden Mandatssteuern zum Abzug zugelassen, ergäbe sich eine Ungleichbehandlung zwischen Parteien, die sich hauptsächlich durch solche Abgaben finanzieren, und solchen, die vornehmlich durch rein freiwillige und daher nicht abzugsfähige Zuwendungen gespiesen werden.
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bb) Sodann sind die politischen Parteien nicht die einzigen Vereinigungen, welche zur Wahl von Amtsträgern beitragen; auch Verbände und andere Organisationen können gewisse Kandidaten mit Wahlpropaganda oder -empfehlungen unterstützen. Es würde sich die Frage stellen, ob auch Beiträge, welche ein Kandidat an derartige ![]() | 32 |
cc) Die Beantwortung dieser Fragen hängt von politischen Bewertungen ab, die zu treffen in erster Linie dem Gesetzgeber zusteht. Nachdem dieser darauf verzichtet hat, einen entsprechenden Abzug ausdrücklich vorzusehen und die sich stellenden Fragen zu beantworten, kann es nicht Sache des Bundesgerichts sein, in Auslegung des Gesetzes eine solche Regelung aufzustellen.
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d) Die Abgaben, welche ein Mandatsinhaber an seine politische Partei deshalb bezahlt, weil diese ihn für ein bestimmtes, mit einem Einkommen verbundenen Amt nominiert hat, stehen nach dem Gesagten nicht in einem notwendigen, direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit dem aus dem Amt erzielten Einkommen und stellen daher nicht abzugsfähige Gewinnungskosten im Sinne von Art. 22 Abs. 1 lit. a BdBSt dar.
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