![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
16. Auszug aus dem Urteil der II. OerA vom 19. Januar 1999 i.S. Eidgenössische Steuerverwaltung gegen Burgergemeinde Zermatt und Steuerrekurskommission des Kantons Wallis (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 56 lit. c DBG; Gesetzesauslegung; Steuerbefreiung von Burgergemeinden. | |
Sachverhalt | |
![]() ![]() | 1 |
Die Einwohnergemeinde Zermatt wurde von der Steuerverwaltung des Kantons Wallis für die direkte Bundessteuer als gänzlich steuerbefreit betrachtet. Steuerlich erfasst hat die kantonale Verwaltung demgegenüber jene Hälfte des Aufwertungsgewinns, welche der Burgergemeinde zuzurechnen ist. Am 13. März 1996 stellte sie dieser für 1995 eine Jahressteuer in der Höhe von Fr. 609'060.- in Rechnung. Die von der Burgergemeinde Zermatt hiergegen erhobene Einsprache wies die Steuerverwaltung des Kantons Wallis am 9. April 1996 ab.
| 2 |
Auf Beschwerde der Burgergemeinde Zermatt hin hob die kantonale Steuerrekurskommission am 20. Juni 1997 den angefochtenen Einspracheentscheid auf.
| 3 |
B.- Hiergegen hat die Eidgenössische Steuerverwaltung am 28. August 1998 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht eingereicht mit dem Antrag, den Entscheid der Steuerrekurskommission aufzuheben und den Einspracheentscheid zu bestätigen.
| 4 |
Die Burgergemeinde Zermatt und die Steuerrekurskommission des Kantons Wallis beantragen Abweisung der Beschwerde, während die Steuerverwaltung des Kantons Wallis auf Gutheissung schliesst.
| 5 |
Das Bundesgericht hat die Verwaltungsgerichtsbeschwerde abgewiesen.
| 6 |
Aus den Erwägungen: | |
7 | |
![]() | 8 |
a) Aus der Formulierung von Art. 56 lit. c DBG ist zu schliessen, dass die Steuerbefreiung nur «Gebietskörperschaften» zukommen soll. Dieser Begriff steht vorab im Gegensatz zu jenem der Personalkörperschaft, wobei für die Unterscheidung massgebend ist, ob die Mitgliedschaft vom Wohnsitz innerhalb eines gewissen Gebiets oder aber von bestimmten persönlichen Eigenschaften abhängt (ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 3. Auflage, Zürich 1998, N. 1026 ff. S. 269 f.). Weiter zeigt der Wortlaut, dass die Kirchgemeinden nach Auffassung des Gesetzgebers zu den Gebietskörperschaften gehören. Sie weisen jedoch neben territorialen auch personale Elemente auf und gelten daher als Mischform zwischen Gebiets- und Personalkörperschaften (HÄFELIN/MÜLLER, a.a.O., N. 1030 S. 270 und N. 1093 S. 282; ZACCARIA GIACOMETTI, Das Staatsrecht der Schweizerischen Kantone, Nachdruck, Zürich 1979, S. 83). Daraus folgt, dass der Begriff der Gebietskörperschaft hier weiter gefasst ist und nicht nur reine Gebietskörperschaften unter Art. 56 lit. c DBG subsumiert werden können. Der Wortlaut vermag demnach alle öffentlichrechtlichen Körperschaften mit territorialen Elementen zu erfassen. Er schliesst einzig jene Körperschaften von einer Steuerbefreiung aus, denen aufgrund des kantonalen Rechts die Verbindung zu einem bestimmten, auf der politischen Einteilung des Kantonsgebiets beruhenden Territorium gänzlich fehlt (vgl. PETER AGNER/BEAT JUNG/GOTTHARD STEINMANN, Kommentar zum Gesetz über die direkte Bundessteuer, Zürich 1995, N. 4 zu Art. 56, S. 216).
| 9 |
![]() | 10 |
Die grammatikalisch-begriffliche Auslegung spricht demnach für eine Steuerbefreiung der Beschwerdegegnerin.
| 11 |
b) Nach Art. 16 Ziff. 2 des Bundesratsbeschlusses vom 9. Dezember 1940 über die Erhebung einer direkten Bundessteuer (BdBSt) waren «die Gemeinden sowie die anderen öffentlichrechtlichen und kirchlichen Körperschaften und Anstalten für das Vermögen und Einkommen, das öffentlichen Zwecken dient» von der Steuerpflicht befreit. Unter diese Regelung fielen neben den reinen Territorialgemeinden und den Kirchgemeinden auch die Bürgergemeinden (Urteil vom 24. Dezember 1991 in: ASA 62 S. 560 E. 3; vgl. auch: HEINZ MASSHARDT, Kommentar zur direkten Bundessteuer, 2. Auflage, Zürich 1985, N. 5 zu Art. 16, S. 76 f.; ERNST KÄNZIG, Wehrsteuer, I. Teil, 2. Auflage, Basel 1982, N. 5 zu Art. 16 Ziff. 2 BdBSt, S. 164). Aus der Entstehungsgeschichte von Art. 56 lit. c DBG ergeben sich keine Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber bezüglich der Erfassung der Bürgergemeinden eine Änderung beabsichtigt hätte - im Gegenteil: Im Kommentar zu Art. 62 des bundesrätlichen Entwurfs für das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, welcher (bis ![]() | 12 |
Auch eine historische Auslegung von Art. 56 lit. c DBG spricht demnach dafür, die Bürgergemeinden unter den Begriff der Gebietskörperschaften zu subsumieren. Die zitierte Äusserung des Bundesrats ist zwar insofern nicht genau, als Art. 56 lit. c DBG (bzw. Art. 62 lit. c des Entwurfs) dennoch eine gewisse Abweichung vom alten Recht enthält. Nach Art. 16 Ziff. 2 BdBSt galt die Steuerbefreiung nur für Vermögen und Einkommen der Gemeinden, das (zumindest mittelbar) öffentlichen Zwecken diente; diese Beschränkung wurde im neuen Recht aufgegeben (vgl. AGNER/JUNG/STEINMANN, a.a.O., N. 4 zu Art. 56, S. 216). Es handelt sich dabei jedoch um eine Erweiterung der Ausnahmeregelung, die nicht einen Ausschluss der Burgergemeinden von der für Gemeinden vorgesehenen Steuerbefreiung impliziert.
| 13 |
c) Unter teleologischen und systematischen Gesichtspunkten ergibt sich nichts anderes:
| 14 |
Die Bürgergemeinden haben zwar - im Unterschied zu den politischen Gemeinden - keine eigentliche Gebietshoheit (vgl. KURT EICHENBERGER, Verfassung des Kantons Aargau, Aarau 1986, N. 6 zu § 104, S. 351). Ihre Aufgabe besteht regelmässig vorab in der Verwaltung und Nutzung ihres Gutes sowie in der Verwendung ihrer Mittel für kulturelle, soziale oder sonstige gemeinnützige Zwecke, häufig in Zusammenarbeit mit der Einwohnergemeinde (vgl. Art. 3 des Burgerschaftsgesetzes). Abgesehen von der Verleihung des Bürgerrechts, dem Erlass von eigenen Reglementen und allenfalls gewissen Aufgaben im Bereich des Vormundschaftswesen sowie der Armenfürsorge stehen ihnen in der Regel keine hoheitlichen Befugnisse zu. Ähnliches gilt jedoch auch für die Kirchgemeinden, die in Art. 56 lit. c DBG ausdrücklich von der Steuerpflicht befreit werden. Diese verfügen - ausser im Bereich der Kirchensteuern - grundsätzlich ebenfalls nicht über Hoheitsgewalt oder Gebietshoheit und haben sich zur Hauptsache auf ideelle und soziale Aktivitäten ![]() | 15 |
Eine Besonderheit, welche die Bürgergemeinden von den Einwohner- und Kirchgemeinden unterscheidet, liegt allenfalls darin, dass ihnen keine Steuerhoheit zukommt. Dies lässt sich ohne weiteres aus der Tatsache erklären, dass die Bürgergemeinden gewöhnlich über beträchtliche eigene Nutzungsgüter und sonstiges Vermögen mit entsprechenden Erträgen verfügen und deshalb nicht auf Steuereinnahmen angewiesen sind. Die Verwaltung und Bewirtschaftung ihrer Besitztümer macht denn auch einen wesentlichen Teil ihrer Aufgabe aus. Dabei können sie teilweise - je nach den geltenden gesetzlichen Schranken - Vermögenserträge auch den einzelnen Bürgern zufliessen lassen. Diese Spezialität der Bürgergemeinden schliesst jedoch eine Befreiung von der direkten Bundessteuer nicht zum Vornherein aus; soweit eine Bürgergemeinde gesetzlich gehalten ist, mit ihrem Vermögen in erster Linie öffentlichen Zwecken zu dienen, und keine übermässigen Ausschüttungen an ihre Bürger vornimmt, drängt sich im Rahmen von Art. 56 lit. c DBG eine von den anderen Gemeindearten abweichende Behandlung nicht auf. Im Fall der Beschwerdegegnerin sind diese Voraussetzungen erfüllt: Walliser Burgergemeinden können nur dann reglementarische Leistungen zugunsten ihrer Bürger vorsehen, wenn dadurch «gemeinnützige» Zwecke verfolgt werden (Art. 11 des Burgerschaftsgesetzes); Vermögenserträge werden gegebenenfalls als unentgeltliche oder vergünstigte Naturalleistungen - in der Form von Brennholz oder Nutzungsrechten am Burgerboden - oder (aus sozialen oder gemeinnützigen Erwägungen) als Bargeld ausgeschüttet (vgl. Art. 12 f. des Burgerschaftsgesetzes).
| 16 |
d) Die Auslegung von Art. 56 lit. c DBG ergibt somit, dass die Beschwerdegegnerin als Bürgergemeinde unter den Begriff der «anderen Gebietskörperschaften» fällt. Damit hat die Vorinstanz zu Recht auf eine Steuerbefreiung der Beschwerdegegnerin erkannt. Die Beschwerde ist deshalb abzuweisen; es erübrigt sich, auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin zu Art. 56 lit. g und Art. 206 DBG einzugehen.
| 17 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |