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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server, A. Tschentscher | |||
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15. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 21. Januar 2000 i.S. J. Spring gegen Schweizerische Eidgenossenschaft (verwaltungsrechtliche Klage) | |
Regeste |
Art. 116 lit. c und Art. 159 OG; Art. 1 Abs. 1 lit. a und b, Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 2, Art. 10, Art. 20 Abs. 1 VG; Art. 60 Abs. 2 OR; Art. 75bis StGB; Staatshaftungsanspruch eines während des Zweiten Weltkriegs zurückgewiesenen und den deutschen Behörden übergebenen jüdischen Flüchtlings. |
Haftungsansprüche gegen die Eidgenossenschaft aus Handlungen der Grenzorgane während des Zweiten Weltkriegs sind nach Art. 20 Abs. 1 VG absolut verwirkt, soweit die Berücksichtigung der entsprechenden Frist von zehn Jahren nicht gegen Treu und Glauben verstösst (E. 2 u. 3). |
Der Grundsatz, wonach eine längere strafrechtliche Verjährungsfrist auch für den haftungsrechtlichen Anspruch massgeblich ist, gilt nicht für den Haftungsanspruch nach Art. 3 und Art. 6 VG (E. 4b). |
Die Flüchtlings- und Asylpolitik der Schweiz während des Zweiten Weltkriegs war nach dem damals geltenden Recht nicht völkerrechtswidrig. Ein allfälliger Verstoss gegen nationales Recht (Verhältnismässigkeitsgrundsatz) rechtfertigt es nicht, von der Verwirkung abzusehen. Nur bei einer eigentlichen Teilnahme an einem Genozid könnte sich die entsprechende Frage stellen; eine solche Teilnahme ist nicht dargetan (E. 4c u. 4d). |
Die ausserordentlichen Umstände des Falles rechtfertigen es, dem Kläger trotz seines Unterliegens eine Parteientschädigung zuzusprechen (E. 5). | |
Sachverhalt | |
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Am 26. Januar 1998 reichte Joseph Spring beim Eidgenössischen Finanzdepartement gestützt auf Art. 3 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 14. März 1958 über die Verantwortlichkeit des Bundes und seiner Behördemitglieder und Beamten (VG; SR 170.32) ein Genugtuungsbegehren über Fr. 100'000.- ein. Der Bundesrat nahm hierzu am 22. Juni 1998 negativ Stellung. Dabei hielt er fest, dass ihn die Eingabe des Beschwerdeführers "menschlich tief betroffen" habe. Der persönlichen Tragik des Schicksals des Gesuchstellers werde eine rein rechtliche Betrachtungsweise ![]() | 2 |
Am 13. Juli 1998 klagte Joseph Spring die Schweizerische Eidgenossenschaft beim Bundesgericht auf Ausrichtung einer Genugtuung von Fr. 100'000.- ein. Das Verhalten der schweizerischen Grenzorgane bzw. die deren Handeln bestimmenden Weisungen seien rechtswidrig gewesen, da sie den "Tatbestand der Beihilfe zum Völkermord" erfüllt und eine rechtswidrige Auslieferung dargestellt bzw. geschützt hätten; zudem sei gegen das Verbot der Rückschiebung in den Verfolgerstaat verstossen worden. Der Genugtuungsanspruch sei weder verwirkt noch verjährt, beruhe die entsprechende Forderung doch auf Kriegsverbrechen und strafrechtlich unverjährbaren Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
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Die Schweizerische Eidgenossenschaft beantragt, die Klage abzuweisen. Die Forderung sei verwirkt; zudem sei das Verhalten der schweizerischen Behörden damals weder völkerrechtswidrig noch sonstwie rechtswidrig gewesen.
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Das Bundesgericht weist die Klage ab und spricht dem Kläger eine Parteientschädigung von Fr. 100'000.- zu
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aus folgenden Erwägungen: | |
1. a) Der Kläger stützt seinen Haftungsanspruch auf Vorkommnisse aus dem Jahre 1943. Damals galt noch das Bundesgesetz vom 9. Dezember 1850 über die Verantwortlichkeit der eidgenössischen Behörden und Beamten (BS 1 S. 462; vgl. hierzu: OTTO K. KAUFMANN, Die Verantwortlichkeit der Beamten und die ![]() | 6 |
b) aa) Nach Art. 10 Abs. 1 VG in seiner Fassung vom 4. Oktober 1991 (in Kraft seit dem 1. Januar 1994 [AS 1992 S. 288; SR 173.110.01]) erlässt die zuständige Behörde über streitige Ansprüche gegen den Bund eine Verfügung, die im Rahmen der allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege beim Bundesgericht angefochten werden kann. Eine Ausnahme gilt, soweit die Haftung aus der Amtstätigkeit von Personen im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a-c des Gesetzes (Haftung für das Verhalten von Mitgliedern des National- und Ständerats, des Bundesrats oder des Bundesgerichts) abgeleitet wird. In diesem Fall entscheidet das Bundesgericht als einzige Instanz im Verfahren der verwaltungsrechtlichen Klage (Art. 116 ff. OG); diese kann eingereicht werden, wenn die zuständige Behörde zum Anspruch innert drei Monaten nicht oder negativ Stellung genommen hat (Art. 10 Abs. 2 VG). Lehnt der Bund den Anspruch ab oder erhält der Geschädigte innert drei Monaten keine Stellungnahme, so hat er innert weiterer sechs Monate beim Bundesgericht zu klagen, ansonsten er sein Recht verwirkt (Art. 20 Abs. 3 VG).
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bb) Joseph Spring leitet den Haftungsanspruch gegen die Eidgenossenschaft sowohl aus dem Verhalten der beteiligten Beamten an der Grenze als auch aus jenem des Bundesrats ab. Er stellt damit ![]() | 8 |
2. a) Nach Art. 3 Abs. 1 VG haftet der Bund unabhängig von einem Verschulden für den Schaden, den ein Beamter in Ausübung seiner amtlichen Tätigkeit Dritten widerrechtlich zufügt. Ist das Verhalten schuldhaft, hat, wer widerrechtlich in seiner Persönlichkeit verletzt wird, überdies Anspruch auf eine Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wieder gutgemacht worden ist (Art. 6 Abs. 2 VG). Die Haftung des Bundes erlischt, wenn der Geschädigte sein Begehren nicht innert eines Jahres seit Kenntnis des Schadens stellt; auf alle Fälle jedoch nach zehn Jahren seit dem Tag der schädigenden Handlung (Art. 20 Abs. 1 VG). Werden die entsprechenden Fristen nicht eingehalten, geht der Entschädigungsanspruch durch Verwirkung unter (BGE 86 I 60 E. 5 S. 64 ff.; JOST GROSS, Staats- und Beamtenhaftung, in: GEISER/MÜNCH (Hrsg.), Schaden, Haftung, Versicherung, Basel 1999, Rz. 3.22, 3.35, 3.69; derselbe, Schweizerisches Staatshaftungsrecht, Bern 1995, S. 334; TOBIAS JAAG, Staats- und Beamtenhaftung, in: KOLLER/MÜLLER/RHINOW/ZIMMERLI (Hrsg.), Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Basel/Frankfurt a.M. 1996, Rz. 168 f. u. Rz. 181; HANS RUDOLF SCHWARZENBACH-HANHART, Grundriss des allgemeinen Verwaltungsrechts, Bern 1997, S. 286; derselbe, Die Staats- und Beamtenhaftung in der Schweiz, Zürich 1985, 2. Aufl., S. 104; PIERRE MOOR, Droit administratif, Bd. II, Bern 1991, 1.3.2 u. 6.2.1.5; ANDRÉ GRISEL, Traité de droit administratif, Neuenburg 1984, S. 663; REINHOLD HOTZ, Die Haftpflicht des Beamten gegenüber dem Staat, ![]() | 9 |
b) Ausgangspunkt der subsidiären absoluten Verjährung oder Verwirkung von zehn Jahren ist die unerlaubte Handlung im weiteren Sinn, d.h. das schädigende Verhalten, das eine Rechtsgutsverletzung nach sich zieht, und zwar unabhängig davon, ob der Geschädigte vom Verhalten, vom verursachten Schaden oder der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis hat (WILLI FISCHER, Die Verjährung von Haftpflichtansprüchen, in: ALFRED KOLLER, Haftpflicht- und Versicherungsrechtstagung 1997, S. 118 ff.; OFTINGER/STARK, Schweizerisches Haftpflichtrecht, Bd. II/1, 4. Aufl. 1987, S. 113, Rz. 372; ALFRED KELLER, Haftpflicht im Privatrecht, Bd. II, Bern 1987, S. 227; WERNER SCHWANDER, Die Verjährung ausservertraglicher und vertraglicher Schadenersatzforderungen, Diss. Fribourg 1963, S. 23/24). Es ist deshalb möglich, dass die absolute Verjährung bzw. Verwirkung eintritt, bevor der Geschädigte seine Ersatzansprüche kennt (vgl. BGE 87 II 155 E. 3a S. 160; BGE 106 II 134 E. 2a S. 136; BGE 119 II 216 E. 4a/aa S. 219/220; vgl. HEINZ REY, Ausservertragliches Haftpflichtrecht, 2. Aufl., Zürich 1998, Rz. 1634, mit weiteren Hinweisen). Der Genugtuungsanspruch ist ![]() | 10 |
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a) Der Kläger macht geltend, dass verschiedene Umstände seiner Rückweisung an der Grenze und seiner Übergabe an die deutschen Behörden mit der Öffnung gewisser Archive und dank der erst kürzlich eingeleiteten kritischen Aufarbeitung der Schweizer Geschichte dieser Periode bekannt geworden seien. Er übersieht dabei indessen, dass sich die absolute Verwirkungsfrist weder ab der Kenntnis des Schadens oder des Schädigers noch gar des Anspruchs selber berechnet, sondern einzig ab dem Tag der "schädigenden Handlung des Beamten", was bei einer Kausalhaftung, wie sie das Verantwortlichkeitsgesetz vorsieht, als Tag des haftungsbegründenden Ereignisses zu verstehen ist (vgl. FISCHER, a.a.O., S. 120; REY, a.a.O., Rz. 1645 ff.; HEINRICH HONSELL, Schweizerisches Haftpflichtrecht, 2. Aufl., Zürich 1996, S. 109, Rz. 4; STEPHEN V. BERTI, in: HONSELL/VOGT/WIEGAND, Obligationenrecht I, Basel 1992, Rz. 8 zu Art. 60; OFTINGER/STARK, a.a.O., S. 111, Rz. 366; PETER VON TUHR, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, Bd. 1, Zürich 1979, S. 439; KARL SPIRO, Die Begrenzung privater Rechte durch Verjährungs-, Verwirkungs- und Fatalfristen, Bd. 1, Bern 1975, S. 78; unveröffentlichtes Urteil vom 25. Februar 1997 i.S. X. c. EFD, E. 3b).
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b) aa) Verwirkungsfristen sind in der Regel weder einer Erstreckung noch einer Unterbrechung oder Wiederherstellung zugänglich (BGE 114 V 123 E. 3b S. 124, mit Hinweis), doch haben ![]() ![]() | 13 |
bb) Im vorliegenden Fall rechtfertigt es sich unter keinem dieser Titel, ausnahmsweise von einer Berücksichtigung der absoluten Verjährung bzw. der Verwirkung abzusehen; es erübrigt sich deshalb, abzuklären, ob und in welchem Umfang die dargelegten, in erster Linie zur Verjährung entwickelten Grundsätze überhaupt auf die haftungsrechtlichen Verwirkungsfristen übertragen werden können: Der Kläger ist - zumindest vor Ablauf der absoluten Verwirkungsfrist und damit vor den in Amerika hängig gemachten "Class-Action"-Verfahren - von der Beklagten nicht davon abgehalten worden, eine allfällige auf das Verhalten der Grenzorgane und des Bundesrats zurückgehende haftungsrechtliche Forderung geltend zu machen. Selbst bei Berücksichtigung der Tatsache, dass er dies allenfalls sinnvollerweise erst ab Inkrafttreten des Verantwortlichkeitsgesetzes von 1958 und gestützt auf die dadurch eingeführte primäre Kausalhaftung der Beklagten tun konnte, wäre sein Anspruch heute offensichtlich verwirkt. Der Kläger hat in der Nachkriegszeit seine Forderungen gegenüber Deutschland geltend gemacht, wobei er eine Genugtuungssumme von 5 Mark pro KZ-Tag erhalten haben soll. Spätestens seit dem Inkrafttreten des Verantwortlichkeitsgesetzes am 1. Januar 1959 hätte er aber auch allfällige Ansprüche gegen die Schweiz rechtlich wie tatsächlich geltend machen können und müssen; dies auch bei Berücksichtigung des damaligen historischen Kenntnisstands über die entsprechende Periode, soweit es hierauf im Rahmen der absoluten Verwirkungsfrist überhaupt ankommen kann: Die schweizerische Asyl- und Flüchtlingspolitik bildete bereits während des Krieges (vgl. GEORG KREIS, Zwischen humanitärer Mission und inhumaner Tradition, Zur schweizerischen Flüchtlingspolitik der Jahre 1938-1945, in: SARASIN/WECKER, Raubgold, Reduit, Flüchtlinge, Zürich 1998, S. 132 f.; ALFRED CATTANI, Die schweizerische Flüchtlingspolitik 1933-1945, Bern 1999, S. 34 ff.; CARL LUDWIG, Die Flüchtlingspolitik der Schweiz in den Jahren 1933 bis 1955, Bern 1957, S. 174 ff.) wie unmittelbar danach Gegenstand kontroverser Diskussionen, weshalb der Bundesrat Mitte der fünfziger Jahre Professor Carl Ludwig beauftragte, diese nachzuzeichnen und zu analysieren. In dessen Bericht "Die Flüchtlingspolitik der Schweiz ![]() | 14 |
"Der Winter 1942/43 und der Sommer 1943 sind [...] als dunkle Epochen in die Geschichte der schweizerischen Asylgewährung eingegangen. Die Unsumme von menschlichem Jammer, der sich in diese Monate zusammendrängt, belastet noch heute das Gewissen des ganzen Volkes."
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cc) Der inzwischen vorliegende Bericht der Unabhängigen Expertenkommission Schweiz - Zweiter Weltkrieg "Die Schweiz und die Flüchtlinge zur Zeit des Nationalsozialismus" (EDMZ, Bern 1999; "Bergier"-Bericht) unterstreicht dies mit zusätzlichen neuen Einzelheiten, welche das Bild abrunden, dieses gegenüber den bereits vorliegenden Erkenntnissen indessen nicht grundsätzlich neu zu zeichnen vermögen (vgl. auch CATTANI, a.a.O., S. 56 f.). Andere Gründe, die den Kläger daran gehindert hätten, seinen Genugtuungsanspruch früher einzuklagen, wobei der Sachverhalt allenfalls im Beweisverfahren weiter hätte erstellt werden können, sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.
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"1. auf die Ausrottung oder Unterdrückung einer Bevölkerungsgruppe aus Gründen ihrer Staatsangehörigkeit, Rasse, Religion oder ihrer ethnischen, sozialen oder politischen Zugehörigkeit gerichtet waren oder
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3. als Mittel zu Erpressung oder Nötigung Leib und Leben von Menschen in Gefahr brachten oder zu bringen drohten, namentlich unter Verwendung von Massenvernichtungsmitteln, Auslösen von Katastrophen oder in Verbindung mit Geiselnahmen".
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Der Kläger macht geltend, die Schweiz habe durch ihre Flüchtlings- und Asylpolitik während des Zweiten Weltkrieges Beihilfe zu Genozid und Kriegsverbrechen geleistet, weshalb seine Genugtuungsforderung nicht verjähren könne; Völkermord sei unverjährbar. Dies ergebe sich haftungsrechtlich aus Art. 60 Abs. 2 OR (in Verbindung mit Art. 75bis StGB), wenn dieser für unerlaubte Handlungen vorsehe, dass die längere strafrechtliche Verjährungsfrist auch für den Zivilanspruch gelte, falls die Klage aus einer strafbaren Handlung hergeleitet wird.
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b) Dieser Einwand ist weder rechtlich noch historisch berechtigt, wie die folgenden Ausführungen zeigen:
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aa) Art. 75bis StGB und Art. 56bis MStG sind erst durch das Bundesgesetz vom 20. März 1981 über Internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG; SR 351.1) im Anschluss an die bundesrätliche Ausweisung von Pieter Nicolaas Menten eingeführt worden, dem seine heimatlichen Behörden vorgeworfen hatten, im Sommer 1941 als Offizier der deutschen SS auf damals polnischem Gebiet bei der willkürlichen Erschiessung mehrerer hundert Personen mitgewirkt zu haben, und dessen Taten nach schweizerischem Recht (Art. 70 und 72 Ziff. 2 Abs. 2 StGB) 1971 absolut verjährt waren (vgl. Zusatzbotschaft vom 6. Juli 1977 zum Entwurf eines Bundesgesetzes über internationale Rechtshilfe in Strafsachen; in: BBl 1977 II 1249). Die Frage der damit verbundenen Aufhebung der Verjährungsfristen für entsprechendes strafrechtlich relevantes Verhalten gab in den parlamentarischen Beratungen zu intensiven Diskussionen Anlass (vgl. AB 1977 S 612 ff.; AB 1979 N 647 ff.), wobei Art. 75bis StGB schliesslich im Wesentlichen in der vom Bundesrat vorgeschlagenen Formulierung und mit der Übergangsbestimmung angenommen wurde, dass Art. 75bis StGB nur gelte, wenn die Strafverfolgung oder die Strafe nach bisherigem Recht im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Änderung nicht bereits verjährt war. Diese Einschränkung gilt gemäss dem Grundsatz "aut dedere aut judicare" (ausliefern oder verfolgen) lediglich nicht für die Auslieferung und ![]() | 23 |
bb) Diese Regel kann im Übrigen auch nicht, wie von einem Teil der Lehre verallgemeinernd angenommen wird (vgl. JOST GROSS, a.a.O., Rz. 3.22 u. 3.69; GADOLA, a.a.O., S. 52; RHINOW/KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Basel/Frankfurt a.M. 1990, Nr. 34 III. b., S. 98), unbesehen auf das Verantwortlichkeitsrecht des Bundes übertragen werden (vgl. auch: JAAG, Staats- und Beamtenhaftung, Rz. 168): Der kausalhaftungsrechtliche Anspruch gemäss Art. 3 und Art. 6 VG gegen die Eidgenossenschaft ist öffentlichrechtlicher Natur. Das Verantwortlichkeitsgesetz sieht in Art. 23 Abs. 2 zwar vor, dass die vom Strafrecht vorgeschriebene längere Verjährung auch gilt, wenn der Schadenersatzanspruch aus einer strafbaren Handlung herrührt; aus Abs. 1 derselben Bestimmung ergibt sich indessen, dass dies nur für die kurzen Fristen bezüglich des "Schadenersatzanspruchs des Bundes gegenüber einem Beamten aus Amtspflichtverletzungen" im Sinne von Art. 8 und 19 VG gelten kann, d.h. für die durch den Beamten dem Bund unmittelbar in vorsätzlicher oder grobfahrlässiger Verletzung seiner Dienstpflicht zugefügten Schäden. Art. 9 Abs. 1 VG erklärt zwar auf die Ansprüche des Bundes gemäss Art. 7 (Rückgriff auf den Beamten) und Art. 8 (unmittelbare Haftung des Beamten dem Bund gegenüber) die Bestimmungen des Obligationenrechts über die Entstehung von Obligationen durch unerlaubte Handlungen sinngemäss anwendbar, dabei geht es aber gerade nicht - wie hier - um die kausalhaftungsrechtlichen Ansprüche von Dritten gegen den Bund. Die entsprechende öffentlichrechtliche Verwirkungsregelung im Verantwortlichkeitsgesetz gilt abschliessend; für eine ergänzende Anwendung von Art. 60 OR bleibt kein ![]() | 24 |
c) Schliesslich kann - entgegen den Einwänden des Klägers - auch nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Beamte, welcher den Kläger 1943 androhungsgemäss den deutschen Behörden übergeben hat (bzw. allenfalls indirekt die Beklagte mit ihrer Gesetzgebung), durch Beihilfe zum Völkermord, zu Kriegsverbrechen oder zu einem Genozid straf- bzw. haftbar gemacht hat, was nach dem damals geltenden Recht zu beurteilen ist (vgl. BGE 92 I 516 E. 4 S. 523 und ARTHUR KAUFMANN, Die Radbruchsche Formel vom gesetzlichen Unrecht und vom übergesetzlichen Recht in der Diskussion um das im Namen der DDR begangene Unrecht, in: Neue Juristische Wochenschrift, 1995/2 S. 81 ff., insbesondere S. 86; siehe zu den damaligen rechtlichen Grundlagen vertiefend die Darstellung von WALTER KÄLIN, Rechtliche Aspekte der schweizerischen Flüchtlingspolitik im Zweiten Weltkrieg, Beiheft zum Bericht "Die Schweiz und die Flüchtlinge zur Zeit des Nationalsozialismus", Bern 1999; im Folgenden zitiert als KÄLIN, Rechtliche Aspekte, sowie den bereits erwähnten Bericht von CARL LUDWIG, Die Flüchtlingspolitik der Schweiz seit 1933 bis zur Gegenwart, Bern 1957):
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aa) Auf den 1. Januar 1934 trat das gestützt auf Art. 69ter BV erlassene Bundesgesetz vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer in Kraft (ANAG; BS 1 S. 121 ff.). Dessen Art. 21 sah vor, dass der Bundesrat einem Ausländer, dem eine Bewilligung verweigert wurde und der glaubhaft machte, dass er Zuflucht vor politischer Verfolgung suchte, Asyl in Form einer Toleranzbewilligung gewähren konnte, indem er einen Kanton zur Duldung des Betroffenen verpflichtete. Art. 7 Abs. 3 ANAG erlaubte, die Duldung von Emigranten und politischen Flüchtlingen mit Auflagen zu versehen; Art. 14 Abs. 2 ANAG gestattete, sie zu internieren, soweit ihnen weder der Bund noch ein Kanton eine ![]() | 26 |
bb) Die Freiheit des Staates im Asylbereich ist durch das völkerrechtliche Rückschiebeverbot begrenzt. Nach Art. 33 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention, FK; SR 0.142.30, für die Schweiz am 21. April 1955 in Kraft getreten) darf kein vertragsschliessender Staat einen Flüchtling in irgendeiner Form in das Gebiet eines Landes ausweisen oder zurückstellen, wo sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatszugehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Anschauungen gefährdet wäre (Ziff. 1). Art. 3 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK; SR 0.101, für die Schweiz am 28. November 1974 in Kraft getreten) bestimmt seinerseits, dass niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe ![]() | 27 |
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dd) Am 4. August 1942 stellte der Bundesrat mit Blick auf die Zunahme des Flüchtlingsstroms aus den besetzten Gebieten gestützt auf seine Vollmachtenbefugnisse fest (zitiert nach LUDWIG, a.a.O., S. 204):
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"1. Art. 9 des BRB über Änderungen der fremdenpolizeilichen Regelung vom 17. Oktober 1939 sieht vor, dass die Kantone Ausländer, die rechtswidrig in die Schweiz kommen, ohne weiteres auszuschaffen haben in das Land, aus dem sie gekommen sind oder dem sie angehören. Die Polizeiabteilung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes, der die Fälle unerlaubter Einreise von Ausländern in der Regel unterbreitet werden, hat aus Gründen der Menschlichkeit sowie aus aussen- und innenpolitischen Erwägungen immer mehr von der Rückweisung rechtswidrig eingereister ausländischer Flüchtlinge abgesehen und deren Aufnahme (mit Internierung) angeordnet, so dass der erwähnte Art. 9 schliesslich nur noch ausnahmsweise angewandt wurde.
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2. Der Zustrom fremder Zivilflüchtlinge ist nun aber festgestelltermassen mehr und mehr organisiert, wird von gewerbsmässigen 'Passeurs' gefördert und hat in den letzten Monaten ein Ausmass und einen Charakter angenommen, dass eine wieder strengere Anwendung des Art. 9 des BRB vom 7. Oktober 1939 geboten ist, künftig also in vermehrtem Masse Rückweisungen von ausländischen Zivilflüchtlingen stattfinden müssen, auch wenn den davon betroffenen Ausländern daraus ernsthafte Nachteile (Gefahr für Leib und Leben) erwachsen können."
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Nach einem erneuten Anwachsen der Flüchtlingszahlen im Dezember 1942 erliess die Polizeiabteilung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements mit Zustimmung des Bundesrats am 29. Dezember 1942 folgende Weisung (zitiert nach LUDWIG, a.a.O., S. 229 f.):
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"I.
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1. Ausländer, die beim illegalen Überschreiten der Grenze oder unmittelbar nachher in der Grenzgegend von Grenzwacht- oder Polizeiorganen angehalten werden, sind von diesen über die Grenze zurückzuweisen. Nicht zurückzuweisen sind Ausländer der in Abschnitt II aufgezählten Kategorien. Als Grenzgegend im Sinne dieser Weisung ist ein Gebietsstreifen von etwa 10-12 km der Grenze entlang zu betrachten. Dazu gehören somit beispielsweise der ganze Kanton Genf, der Teil des Kantons Wallis westlich Martigny (inkl.), der Pruntruter Zipfel, der ganze Kanton Schaffhausen, das sanktgallische Rheintal usw.
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3. Die Rückweisung hat grundsätzlich so zu geschehen, dass dem Flüchtling Gelegenheit geboten wird, in gleicher Weise und möglichst am selben Ort über die Grenze zurückzugehen, wie und wo er gekommen ist. Wenn das aus technischen Gründen nicht mehr durchführbar ist, sind die Flüchtlinge den ausländischen Grenzorganen zu übergeben. Ebenso ist zu verfahren, wenn sich die Flüchtlinge auch nach Androhung der Übergabe an die ausländischen Grenzorgane der Rückweisung widersetzen. Bei jeder Rückweisung ist die Übergabe an die ausländischen Grenzorgane anzudrohen für den Fall nochmaliger unerlaubter Einreise.
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4. Über die Rückweisung ist auf dem Dienstweg an die Polizeiabteilung eine kurze Meldung zu erstatten, diese soll Namen, Vornamen, Geburtsdatum, Nationalität, Konfession (ob Israelit) des Flüchtlings sowie Ort und Zeit des Grenzübertrittes und der Rückweisung enthalten.
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II.
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Nicht zurückzuweisen, sondern dem Polizeioffizier des zuständigen Territorialkommandos zu melden und zur Verfügung zu halten sind:
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[...]
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2. Ausländer, die sich bei der ersten Befragung sofort von sich aus ausdrücklich als politische Flüchtlinge erklären und diese Behauptung glaubhaft machen.
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Politischer Flüchtling im Sinne dieser Weisung ist nicht schon derjenige, der gesinnungsmässig mit dem politischen Regime seines Heimat- bzw. Herkunftsstaates nicht übereinstimmt, sondern nur derjenige, der wegen dieser Gesinnung oder entsprechender politischer Tätigkeit im Heimat- bzw. Herkunftsstaat persönlich gesucht oder sonstwie verfolgt wird. Beispiele:
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Der Franzose, der sich als Anhänger de Gaulles erklärt, ist deswegen noch nicht als politischer Flüchtling zu betrachten, sondern nur, wenn er glaubhaft macht, dass seine politische Einstellung den Behörden bekanntgeworden ist und er deswegen oder wegen aktiver gaullistischer Umtriebe persönlich verfolgt wird; der Deutsche ist nicht schon deshalb als politischer Flüchtling zu betrachten, weil er seinerzeit Sozialdemokrat oder Gewerkschafter war, sondern nur, wenn er glaubhaft macht, dass er heute wegen regimefeindlicher Gesinnung oder Umtriebe persönlich verfolgt wird.
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Franzosen, die zur Arbeitsleistung in Deutschland verpflichtet worden sind und sich dem durch Übertritt in die Schweiz zu entziehen suchen, sind aus diesem Grund allein noch nicht als politische Flüchtlinge im Sinne dieser ![]() | 44 |
3. Härtefälle:
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a. offenbar kranke Personen und schwangere Frauen,
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b. Flüchtlinge im Alter von über 65 Jahren; Ehegatten, wenn wenigstens einer 65 Jahre alt ist,
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c. alleinreisende Kinder unter 16 Jahren,
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d. Eltern mit eigenen Kindern bis zu 6 Jahren; Eltern mit mehreren eigenen Kindern, wenn wenigstens eines von diesen 6 Jahre alt oder jünger ist,
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e. Flüchtlinge, die sofort geltend machen, dass sich Ehegatte, Eltern oder eigene Kinder in der Schweiz befinden, ferner gebürtige Schweizerinnen und ihr Ehegatte.
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[...]
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5. Ausländer, die auf einer den Grenzbehörden übermittelten Liste von Personen stehen, die im Fall einer heimlichen Einreise nicht zurückzuweisen sind."
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ee) Der Kläger ist gestützt auf diese Regelung an der Grenze ein erstes Mal zurückgewiesen worden, wobei ihm mitgeteilt wurde, dass er im Wiederholungsfall an die deutschen Grenzbehörden übergeben würde, was in der Folge geschah. Ob die vom handelnden Beamten bzw. Grenzwächter vollzogenen Weisungen aus heutiger Sicht weiter gingen, als angesichts der damaligen kriegsbedingten Verhältnisse in sachlicher und zeitlicher Hinsicht erforderlich war, bzw. ob sie an sachfremde Kriterien anknüpften und insofern auch den Massstäben des damaligen Notrechts nicht zu genügen vermochten (vgl. KÄLIN, Rechtliche Aspekte, S. 119 ff.), was den Wegweisungsakt und die Übergabe an die deutschen Grenzorgane allenfalls als widerrechtlich im Sinne von Art. 6 Abs. 2 VG erscheinen liesse, braucht hier nicht abschliessend geklärt zu werden. Ebenso wenig ist der Problematik nachzugehen, ob der bei der Übergabe des Klägers an die deutschen Behörden an sich im Rahmen seiner Amtspflicht handelnde Grenzwächter seinerseits insofern unverhältnismässig vorgegangen ist, als er den Kläger offenbar nicht nur den deutschen Behörden überstellte, sondern diesen auch noch seine echten Reisepapiere aushändigte, die ihn als Juden auswiesen. Eine "einfache" allfällige Rechtswidrigkeit der von der Beklagten zu verantwortenden Handlungen ihrer Beamten oder Magistratspersonen allein lässt die Verwirkung nicht dahin fallen; nur wenn darin ![]() | 53 |
d) Auf jeden Fall kann das damalige Verhalten der schweizerischen Behörden nicht als Teilnahme an einem Genozid qualifiziert werden: Die Schweiz war im Zweiten Weltkrieg nicht Kriegspartei. Ihre Staatsangehörigen konnten somit grundsätzlich keine Kriegsverbrechen, auch nicht in der Form der Gehilfenschaft, begehen. Zwar ist die Genozid-Konvention vom 9. Dezember 1948 nicht auf Taten im Rahmen bewaffneter Konflikte beschränkt und Völkermord auch dann strafbar, wenn er in Friedenszeiten begangen wird (vgl. die Botschaft des Bundesrates vom 31. März 1999 betreffend das Übereinkommen über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes sowie die entsprechende Revision des Strafrechts, BBl 1999 S. 5333 und 5359, Art. I), doch gilt dieses Übereinkommen für die Schweiz noch nicht; es geht im Übrigen seinerseits gerade weitgehend auf die Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg zurück (zur geschichtlichen Entwicklung des völkerrechtlichen Strafrechts und des humanitären Völkerrechts: ASTRID BECKER, Der Tatbestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit, Berlin 1996, S. 35 ff.; BBl 1999 S. 5329 ff.). Auch nach schweizerischer Auffassung zählt das Verbot des Völkermords zwar zum zwingenden Völkergewohnheitsrecht mit Wirkung "erga omnes" (BBl 1999 S. 5332, mit weitern Hinweisen), doch lag hier, auch wenn Hinweise für eine andere Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Grenzbeamten bestehen könnten, keine entsprechende verpönte, von der Beklagten zu vertretende Tat vor. Nach dem Statut des Internationalen Militärgerichts in Nürnberg vom 8. August 1945 sowie den Resolutionen 3 (I) und 95 (I) der Vereinten Nationen (UNO) vom 13. Februar und 11. Dezember 1946 gelten als Kriegsverbrechen insbesondere die "schweren Delikte", die in den Genfer Übereinkommen vom 12. August 1949 zum Schutze der Kriegsopfer aufgezählt sind. Als solche nennen das Genfer Abkommen zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der bewaffneten Kräfte im Felde (SR 0.518.12; Art. 50), das Abkommen zur Verbesserung des Loses der Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen der bewaffneten Kräfte zur See (SR 0.518.23; Art. 51), das Abkommen über die ![]() ![]() | 54 |
5. a) Zusammenfassend ergibt sich somit, dass der vom Kläger geltend gemachte Genugtuungsanspruch als absolut verwirkt zu gelten hat, weshalb seine Klage abzuweisen ist, ohne dass auf die weiteren Einwände noch eingegangen werden muss. Es braucht demnach nicht geprüft zu werden, ob der Bundesrat als Kollegialbehörde - unter dem Vollmachtenregime (vgl. zur richterlichen Überprüfbarkeit der von ihm gestützt auf die entsprechende Ermächtigung erlassenen Beschlüsse: BGE 68 II 308 E. 2 S. 317 ff.; BGE 78 I 258 E. 5 S. 263) - überhaupt vom Beamtenbegriff des Art. 3 bzw. 6 Abs. 2 VG erfasst wird (vom Bundesgericht im unveröffentlichten Entscheid vom 2. November 1984 i.S. F.D. verneint); dahin gestellt kann auch die Frage bleiben, wieweit eine Staatshaftung für gesetzgeberische Akte des Parlaments bestehen könnte (vgl. zu dieser Problematik: TOBIAS JAAG, La responsabilité de l'Etat en tant que législateur en Suisse, in: International Congress of Comparative Law, Rapports suisses présentés au XVème Congrès international de droit comparé, Zürich 1998, S. 255 ff.; derselbe, Staats- und Beamtenhaftung, Rz. 74/75) und ob allenfalls das damals gültige Auslieferungsrecht verletzt wurde. Ist der Genugtuungsanspruch nach dem Verantwortlichkeitsgesetz verwirkt, entfällt auch eine ![]() | 55 |
b) Es bleibt über die Kosten und die Parteientschädigungen zu befinden:
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aa) Nach Art. 156 Abs. 1 OG werden die Gerichtskosten in der Regel der vor Bundesgericht unterliegenden Partei auferlegt. Dem Bund, der in seinem amtlichen Wirkungskreis und ohne dass es sich um seine Vermögensinteressen handelt, das Bundesgericht in Anspruch nimmt, oder gegen dessen Verfügungen in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist, dürfen in der Regel keine Kosten auferlegt werden (Art. 156 Abs. 2 OG). Hat keine Partei vollständig obsiegt oder durfte sich die unterliegende Partei in guten Treuen zur Prozessführung veranlasst sehen, können die Kosten verhältnismässig verlegt werden (Art. 156 Abs. 3 OG). Die unterliegende Partei wird im Übrigen in der Regel verpflichtet, der obsiegenden alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen, indessen darf im Verfahren der verwaltungsrechtlichen Klage obsiegenden Behörden oder mit öffentlichrechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen werden (Art. 159 Abs. 2 OG). Fällt der Entscheid nicht ausschliesslich zugunsten einer Partei aus oder durfte sich die unterliegende Partei in guten Treuen zur Prozessführung veranlasst sehen, so können die Entschädigungen verhältnismässig verteilt werden (Art. 159 Abs. 3 OG). Diese Grundsätze gelten auch im Verfahren der verwaltungsrechtlichen Klage (THOMAS HUGI YAR, Direktprozesse, in: GEISER/MÜNCH, Prozessieren vor Bundesgericht, 2. Aufl., Basel/Frankfurt a.M. 1998, Rz. 7.55). Der Gebühren- und Entschädigungsrahmen nach Art. 153 ff. OG ist sehr flexibel ausgestaltet und räumt dem Gericht einen weiten Ermessensspielraum ein (THOMAS GEISER, Grundlagen, in: GEISER/MÜNCH, Prozessieren vor Bundesgericht, a.a.O., Rzn. 1.9 ff.). Bei aussergewöhnlichen Umständen kann es die obsiegende Partei aus Billigkeitsgründen auch verpflichten, die Kosten der unterliegenden ganz oder teilweise zu übernehmen (vgl. JEAN-FRANÇOIS POUDRET, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, Bd. V, Bern 1992, S. 163, N. 4 zu Art. 159).
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