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4. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 5. Februar 2001 i.S. Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement gegen Schweizerische Meteorologische Anstalt (SMA), Wettbewerbskommission und Eidgenössische Rekurskommission für Wettbewerbsfragen (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 97 und 103 OG; Art. 5 und 48 VwVG; Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 lit. a und Art. 18 ff., insbesondere Art. 30 KG; Bundesgesetz vom 27. Juni 1901 über die Schweizerische Meteorologische Zentralanstalt bzw. vom 18. Juni 1999 über die Meteorologie und Klimatologie; kartellverwaltungsrechtliche Massnahmen gegenüber der Schweizerischen Meteorologischen Anstalt bzw. MeteoSchweiz. |
Legitimation der Schweizerischen Meteorologischen Anstalt bzw. MeteoSchweiz, gegen eine Verfügung der Wettbewerbskommission Beschwerde bei der Eidgenössischen Rekurskommission für Wettbewerbsfragen zu erheben (E. 2). |
Anwendbarkeit des Kartellgesetzes auf die Schweizerische Meteorologische Anstalt bzw. MeteoSchweiz als Verwaltungseinheit der Zentralverwaltung (E. 3). | |
Sachverhalt | |
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Am 6. September 1999 traf die Wettbewerbskommission die folgende Verfügung:
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"1. Es wird festgestellt, dass die SMA in den internationalen Märkten für Wetterbeobachtungsdaten zur Schweiz, für Klimadaten zur Schweiz sowie für Radarbilder zur Schweiz über eine marktbeherrschende Stellung verfügt.
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2. Es wird festgestellt, dass die Offerte der SMA an Meteotest vom 27. Juli 1998 eine unzulässige Diskriminierung von Handelspartnern gemäss Art. 7 Abs. 2 Bst. b KG darstellt.
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3. In Bestätigung der vorsorglichen Massnahmen vom 16. November 1998 wird die SMA verpflichtet, meteorologische Daten und Produkte Dritten zu enselben Bedingungen zur Verfügung zu stellen wie ihren eigenen erweiterten Diensten sowie anderen Dritten. Es ist ihr insbesondere untersagt, Diskriminierungen im Sinn der vorstehenden Ziffer 2 ![]() | 5 |
Gegen diese Verfügung erhob die Schweizerische Meteorologische Anstalt am 11. Oktober 1999 Beschwerde bei der Rekurskommission für Wettbewerbsfragen. Weder die Meteotest noch die Meteomedia AG beteiligten sich am Verfahren vor der Rekurskommission. Diese hiess die Beschwerde am 15. August 2000 gut und hob die Verfügung der Wettbewerbskommission vom 6. September 1999 auf. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, allein schon die durch die Kündigung des Vertrages gegenüber der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) eingetretene Veränderung des Sachverhalts sowie die Änderung der Rechtslage durch das Inkrafttreten am 1. April 2000 des Bundesgesetzes vom 18. Juni 1999 über die Meteorologie und Klimatologie (MetG; SR 429.1; AS 2000 S. 664) liessen die angefochtene Verfügung als überholt erscheinen. Weiter sei nicht erstellt, dass ein allfälliges missbräuchliches Verhalten fortbestehe. Offen sei ferner, ob das fragliche Verhalten künftig dem hoheitlichen oder dem kommerziellen Bereich angehöre.
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Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 14. September 2000 an das Bundesgericht beantragt das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement, der Beschwerdeentscheid der Rekurskommission für Wettbewerbsfragen vom 15. August 2000 sei aufzuheben und die Sache sei zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zur Begründung führt das Departement hauptsächlich aus, der Zweck des Kartellrechts werde unterlaufen, wenn durch Änderung des als missbräuchlich festgestellten Verhaltens eine Verfügung und die damit verbundene Sanktionsandrohung beseitigt werden könne. Richtigerweise hätte die Rekurskommission die beiden Feststellungen der Wettbewerbskommission in den Ziffern 1 und 2 ihrer Verfügung auf formelle und materielle Richtigkeit prüfen und die Begehren zu den weiteren Anordnungen gemäss Ziffer 3 allenfalls als Wiedererwägungsgesuch der Wettbewerbskommission überweisen müssen.
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Die Schweizerische Meteorologische Anstalt schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Die Rekurskommission für Wettbewerbsfragen hat sich zur Beschwerde vernehmen lassen, ohne einen ausdrücklichen Antrag zu stellen; sinngemäss hält sie aber an ihrem Entscheid fest. Auch die Wettbewerbskommission hat kein ausdrückliches Rechtsbegehren gestellt, unterstützt jedoch die Verwaltungsgerichtsbeschwerde des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde im Sinne der Erwägungen gut.
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b) Nach Art. 103 lit. b OG ist das in der Sache zuständige Departement berechtigt, Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Verfügung einer eidgenössischen Rekurskommission zu erheben. Die Behördenbeschwerde des Bundes bezweckt, das allgemeine öffentliche Interesse an der richtigen Durchsetzung und rechtsgleichen Anwendung des Bundesrechts zu wahren. Sie ist gemäss Art. 103 lit. b OG zulässig "gegen die Verfügung einer eidgenössischen Rekurskommission, einer eidgenössischen Schiedskommission, einer letzten kantonalen Instanz oder einer Vorinstanz im Sinne von Artikel 98 Buchstabe h" (mit öffentlichrechtlichen Aufgaben betraute Instanzen oder Organisationen ausserhalb der Bundesverwaltung). Massgebend ist, ob der mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbare Entscheid von einer dieser Vorinstanzen ausgegangen ist, was bei der Rekurskommission für Wettbewerbsfragen zutrifft. Beim Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement handelt es sich um das in Wettbewerbsfragen zuständige Departement. Die Beschwerdebefugnis ist sodann im Unterschied zu derjenigen von Privatpersonen (Art. 103 lit. a OG) nicht von der Voraussetzung eines schutzwürdigen Interesses abhängig, sondern es genügt das öffentliche Interesse an der richtigen Durchsetzung des Rechts. Das Departement ist vorliegend der Auffassung, der angefochtene Entscheid unterlaufe den Zweck des Kartellrechts. Dies genügt für die Ergreifung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde durch das Departement und entspricht der Funktion, welche der Behördenbeschwerde zugemessen wird (ZBl 100/1999 S. 64, E. 1; ISABELLE HÄNER, Die ![]() | 11 |
Für die Behördenbeschwerde ist ebenfalls nicht von Bedeutung, dass letztlich eine Bundesbehörde (Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement) gegen den Entscheid einer anderen Bundesinstanz (Rekurskommission für Wettbewerbsfragen) Beschwerde führt, die wiederum in einer Sache geurteilt hat, in der eine Bundesinstanz (Wettbewerbskomission) gegen eine andere Bundesbehörde (Schweizerische Meteorologische Anstalt) verfügt hat. Zwei private Unternehmungen haben sich zwar als Dritte (vgl. Art. 43 KG) am erstinstanzlichen Verfahren vor der Wettbewerbskommission beteiligt, danach aber keine Parteirechte mehr wahrgenommen. Diese ausserordentliche Konstellation hindert die Legitimation des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements nicht, es ist darauf aber unter anderem Gesichtspunkt zurückzukommen (vgl. E. 3c).
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c) Auf die frist- und formgerecht eingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist damit einzutreten.
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b) Im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung vor der Vorinstanz handelte es sich bei der Schweizerischen Meteorologischen Anstalt - entgegen ihrer damaligen Bezeichnung - nicht um eine Anstalt im Rechtssinne, und schon gar nicht um eine privat- oder öffentlichrechtliche Organisationseinheit mit Rechtspersönlichkeit. Nach dem ![]() | 15 |
c) Der Schweizerischen Meteorologischen Anstalt bzw. der MeteoSchweiz steht kein Beschwerderecht im Sinne von Art. 48 lit. b VwVG zu. Die in dieser Bestimmung verlangte Ermächtigung ergibt sich nicht bereits generell aus der Tatsache, dass eine Behörde für eine bestimmte Aufgabe zuständig ist, sondern nur aus einer ausdrücklichen spezialgesetzlichen Ermächtigung (BGE 123 II 542 E. 2c, mit Literaturhinweisen). Eine solche Ermächtigung zugunsten der Schweizerischen Meteorologischen Anstalt bzw. der MeteoSchweiz sieht im vorliegenden Zusammenhang weder das Kartellgesetz noch eine andere bundesrechtliche Bestimmung vor. Die Vorinstanz stützt die Beschwerdelegitimation denn auch nicht auf Art. 48 lit. b VwVG, sondern auf Art. 48 lit. a VwVG.
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e) Hingegen begründet nach ständiger Praxis das bloss allgemeine Interesse an einer richtigen Anwendung des objektiven Bundesrechts keine Beschwerdelegitimation des Gemeinwesens; insbesondere ist die in einem Rechtsmittelverfahren unterlegene Vorinstanz nicht legitimiert (BGE 123 II 371 E. 2d S. 375, 542 E. 2d S. 545, je mit Hinweisen; vgl. nunmehr auch ANDRÉ MOSER, in: Moser/Uebersax, Prozessieren vor eidgenössischen Rekurskommissionen, Basel/Frankfurt a.M. 1998, Rz. 2.33). Gleichermassen muss dies gelten, wenn es wie vorliegend nicht um ein eigentliches Rechtsmittelverfahren geht, sondern in einem erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren eine Verfügung gegen das Gemeinwesen ergangen ist. Art. 48 VwVG enthält keine Art. 103 lit. b OG entsprechende Beschwerdebefugnis der in der Sache zuständigen Verwaltungsstelle (vgl. ATTILIO R. GADOLA, Die Behördenbeschwerde in der Verwaltungsrechtspflege des Bundes - ein "abstraktes" Beschwerderecht?, in AJP 1993 S. 1459). Der Gesetzgeber hätte eine analoge Bestimmung im Zusammenhang mit der Ordnung der Rekurskommissionen vorsehen können, hat dies aber nicht getan. Es ist daher nicht zulässig, die gesetzliche Regelung durch eine weite Auslegung von Art. 48 lit. a VwVG zu umgehen.
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f) Legitimiert sind sodann grundsätzlich nur Gemeinwesen als solche, nicht hingegen einzelne Behörden oder Verwaltungszweige ohne eigene Rechtspersönlichkeit (BGE 123 II 371 E. 2d S. 375, 542 E. 2f S. 545, je mit Hinweisen). Nach schweizerischem Staatsverständnis ![]() | 19 |
g) Der Gesetzgeber hat davon abgesehen, die Schweizerische Meteorologische Anstalt bzw. die MeteoSchweiz mit R-echtspersönlichkeit auszustatten oder ihr eine besondere Beschwerdebefugnis zuzuerkennen. Als Bundesamt der Zentralverwaltung ist sie somit zur Beschwerde nicht legitimiert. Daran vermag nichts zu ändern, dass die Schweizerische Meteorologische Anstalt bzw. die MeteoSchweiz seit dem 1. Januar 1997 nach den Grundsätzen der wirkungsorientierten Verwaltungsführung mit Leistungsauftrag und Globalbudget (vgl. dazu Art. 33 RVOV; BBl 1998 S. 4164; RHINOW/SCHMID/BIAGGINI, a.a.O., § 18 Rz. 17 und 79 ff.) geführt wird. Damit richtete sich auch die Verfügung der Wettbewerbskommission an sich - trotz entsprechender (falscher) Adressierung - nicht gegen die Schweizerische Meteorologische Anstalt, sondern gegen den Bund als solchen. Wenn überhaupt kartellrechtliche Verwaltungsmassnahmen gegenüber dem Bund zulässig und dagegen ein Beschwerderecht gegeben wären (dazu unten E. 3), dann müsste dieses dem ![]() | 20 |
h) Immerhin sieht das neue Bundesrecht nunmehr vor, dass innerhalb des Dienstleistungsangebots der MeteoSchweiz künftig zu unterscheiden ist zwischen dem so genannten Grundangebot an Dienstleistungen (Art. 3 MetG) und den so genannt erweiterten Dienstleistungen (Art. 4 MetG; vgl. auch Art. 3 Abs. 1 MetV). Dienstleistungen des Grundangebots, dessen Inhalt vom Bundesrat festgelegt wird (Art. 3 Abs. 1 MetG; vgl. auch Art. 3 Abs. 2 MetV), sind auf dem öffentlichrechtlichen Weg durch Gebühren zu entgelten (Art. 3 Abs. 3 MetG, Art. 8 ff. MetV sowie die Verordnung des Eidgenössischen Departements des Innern vom 23. Februar 2000 über die Gebührenansätze im Bereich Meteorologie und Klimatologie, MetGebV [SR 172.044.29; AS 2000 S. 1151]). Die erweiterten Dienstleistungen werden auf privatrechtlicher Basis angeboten, wobei sich das Entgelt nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen bestimmt und namentlich nicht mit den Erträgen aus dem Grundangebot verbilligt werden darf (Art. 4 Abs. 3 MetG). In diesem privatrechtlichen Bereich der erweiterten Dienstleistungen wäre eine eigene Rechtspersönlichkeit der MeteoSchweiz allenfalls nützlich und vorstellbar. Dies ändert aber nichts daran, dass der Gesetzgeber auch insoweit darauf verzichtet hat. Es bleibt daher dabei, dass die allfälligen Vertragspartner direkt mit dem Bund kontrahieren - wenn auch in dieser vertraglichen Hinsicht vertreten durch die MeteoSchweiz - und auch im vorliegenden Zusammenhang keine eigenständige Beschwerdelegitimation des Bundesamts angenommen werden kann.
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Für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels der Verwaltungsrechtspflege wird überdies - von hier nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen - verlangt, dass die formellen Voraussetzungen (bereits) im Zeitpunkt der Einreichung der Beschwerde erfüllt sind bzw. sich spätestens während der Beschwerdefrist verwirklichen (vgl. BGE 118 Ib 145 E. 2b). Die Verfügung der Wettbewerbskommission erging am 6. September 1999, und die Schweizerische Meteorologische Anstalt hat dagegen am 11. Oktober 1999 Beschwerde erhoben; beides ereignete sich demnach noch unter der Geltung des alten Rechts. Die neuen privatrechtlichen Regeln konnten somit vorliegend im Hinblick auf die Beschwerdelegitimation der Schweizerischen Meteorologischen Anstalt noch gar keine Wirkung entfalten.
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i) Gesamthaft ergibt sich somit, dass die Rekurskommission für Wettbewerbsfragen zu Unrecht und in Verletzung von Art. 48 VwVG auf die Beschwerde der Schweizerischen Meteorologischen Anstalt eingetreten ist.
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b) Die Vorinstanz hat die bei ihr angefochtene Verfügung als mangelhaft aufgehoben. In der Tat erweist sich diese als derart falsch, dass sie geradezu als nichtig zu beurteilen ist.
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c) Nach Art. 2 Abs. 1 KG gilt das Kartellgesetz für Unternehmen des privaten und des öffentlichen Rechts, die Kartell- oder andere Wettbewerbsabreden treffen, Marktmacht ausüben oder sich an Unternehmenszusammenschlüssen beteiligen.
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Zwar ist diese Bestimmung auch auf öffentliche Unternehmen anwendbar; sie ist aber zugeschnitten auf Organisationseinheiten mit eigener Rechtspersönlichkeit sowie auf Bereiche der privatrechtlichen bzw. -wirtschaftlichen Preisbildung (vgl. BBl 1995 S. 533 ff.). Art. 3 Abs. 1 lit. a KG behält Vorschriften vor, die eine staatliche Markt- oder Preisordnung begründen. Das dürfte - nebst anderen spezielleren Fällen (vgl. dazu BBl 1995 S. 537 ff.) - regelmässig dort zutreffen, wo der Staat hoheitlich auftritt und sich die von ihm erbrachten Dienstleistungen über eine Gebührenordnung abgelten lässt. Auch die Vorinstanz sieht dies grundsätzlich so; sie schliesst aber Ausnahmen nicht aus. Eine solche Ausnahme mag insbesondere im Hinblick auf wirtschaftliche Tätigkeiten der unteren Gemeinwesen, namentlich der Kantone und Gemeinden, in Betracht fallen. Kein Raum für die Anwendung des Kartellgesetzes verbleibt aber jedenfalls dort, wo durch (besonderes) Bundesgesetz (vgl. dazu BBl 1995 S. 534) der staatlichen Verwaltung in ihrem Hoheitsbereich ohne ausdrückliche Unterstellung unter das Kartellrecht ![]() | 28 |
Der vorliegende Fall zeigt die Problematik, wenn von einem anderen Verständnis ausgegangen wird: Letztlich ordnet eine - ausserhalb der Zentralverwaltung stehende, von dieser grundsätzlich unabhängige, aber doch nicht rechtlich verselbständigte - Bundesstelle (so genannte Verwaltungseinheit der dezentralen Bundesverwaltung; vgl. Anhang zu Art. 6 Abs. 3 RVOV; vorliegend: die Wettbewerbskommission) gegenüber einer solchen der zentralen Bundesverwaltung (hier: der Schweizerischen Meteorologischen Anstalt) eine Zwangsmassnahme in deren hoheitlichem Zuständigkeitsbereich an. Im Verwaltungs- sowie im Rechtspflegeverfahren steht sich der Bund selber als "doppelte Partei" gegenüber. Mit dem Bundesgericht sind nunmehr fünf Bundesinstanzen mit dem Fall befasst, wobei lediglich vor der Wettbewerbskommission als erster Instanz zwei private Unternehmen als Dritte, sozusagen "als involvierte Zuschauer", aber nicht unmittelbar als Parteien, beteiligt waren. Die kartellrechtlichen Verwaltungsmassnahmen in der vorliegenden Weise auf Verwaltungseinheiten der Zentralverwaltung anzuwenden, widerspricht der Systematik der Verwaltungsorganisation und erscheint mit Blick auf die für die Gebührenerhebung geltenden Grundsätze und auf den uneingeschränkt greifenden öffentlichrechtlichen Rechtsschutz für sich benachteiligt fühlende Private auch nicht erforderlich.
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Einigkeit besteht in der Literatur weitgehend darüber, dass das Kartellgesetz keine Legaldefinition des massgeblichen Unternehmens enthält und dass mit dem Gesetz bestimmte (verpönte) wirtschaftliche Phänomene (nunmehr) möglichst unabhängig von ihrer rechtlichen Struktur, oder anders gesagt, möglichst weitgreifend erfasst werden sollen (vgl. etwa BORER, a.a.O., S. 93; ROLF H. WEBER, Einleitung, Geltungsbereich und Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften, in: Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, hrsg. von Roland von Büren und Lucas David, Basel/ Genf/München 2000, S. 37 f.). In den einschlägigen Kommentarwerken wird aber meist entweder ausdrücklich (so WEBER, a.a.O., S. 38; ROGER ZÄCH, Schweizerisches Kartellrecht, Bern 1999, S. 115, Rz. 218) oder doch wenigstens sinngemäss (HOMBURGER/SCHMIDHAUSER/HOFFET/DUCREY, Kommentar zum schweizerischen Kartellgesetz, Zürich 1997, Rz. 4 ff. zu Art. 2) festgehalten, massgebliche Unternehmensqualität setze wirtschaftliche und rechtliche Selbständigkeit voraus. Dies erscheint gerade im Hinblick auf öffentliche Unternehmen wegen der sonst unlösbaren organisatorischen und verfahrensrechtlichen Fragen als sachlich und systematisch logisch und zwingend. Andernorts wird, mit gleichem Ergebnis, festgestellt, ![]() | 31 |
Freilich fällt auf, dass in den neueren kartellrechtlichen Publikationen die Schweizerische Meteorologische Anstalt häufig als Beispiel für ein vom Kartellgesetz erfasstes öffentliches Unternehmen genannt wird (so etwa bei RENTSCH, a.a.O., S. 143; WEBER, a.a.O., S. 38; ZÄCH, a.a.O., S. 119, Rz. 225; vgl. auch RHINOW/SCHMID/BIAGGINI, a.a.O., Rz. 11 zu § 21; ROGER ZÄCH, Verhaltensweisen marktbeherrschender Unternehmen, in: Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, hrsg. von Roland von Büren und Lucas David, Basel/Genf/München 2000, S. 207). Dabei wird jedoch regelmässig lediglich auf die entsprechende Praxis der Wettbewerbskommission verwiesen. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Voraussetzungen der Anwendbarkeit des Kartellgesetzes denn auch tatsächlich erfüllt seien, findet sich nirgends. Namentlich wird an keiner Stelle - auch nicht dort, wo dies ausdrücklich als Voraussetzung des Unternehmensbegriffs definiert wird - untersucht, ob die Schweizerische Meteorologische Anstalt (bzw. nunmehr die MeteoSchweiz) über die erforderliche rechtliche Unabhängigkeit verfüge. Der reine Verweis auf die Praxis der Wettbewerbskommission greift aber aus den dargelegten Gründen zu kurz. Im Übrigen hat die damalige Kartellkommission selbst bereits 1996 festgehalten, trotz der geplanten Einführung einer Kostenrechnung ![]() | 32 |
e) Jedenfalls nach altem Recht, gemäss welchem sich die Schweizerische Meteorologische Anstalt ihre Dienstleistungen ausschliesslich hoheitlich durch die Festlegung von Gebühren entgelten liess (vgl. die frühere Verordnung vom 19. Juni 1995 über die Gebühren der Schweizerischen Meteorologischen Anstalt; AS 1995 S. 3192) und für eine privatrechtliche bzw. -wirtschaftliche Preisbildung kein Raum bestand, verfügte damit die Wettbewerbskommission über keinerlei Zuständigkeit, gegenüber der Schweizerischen Meteorologischen Anstalt Zwangsmassnahmen zu treffen. Dass die Schweizerische Meteorologische Anstalt zuletzt mit Leistungsauftrag und Globalbudget geführt wurde, änderte daran nichts, brachte dies doch einzig intern eine gewisse Eigenständigkeit gegenüber der Verwaltung, nicht aber eine extern beachtliche Unabhängigkeit mit sich. Eine Zuständigkeit der Wettbewerbskommission konnte höchstens für nicht durchsetzbare Empfehlungen oder Gutachten zuhanden des Gesetzgebers (nach Art. 45-47 KG) bestehen (vgl. HOMBURGER/SCHMIDHAUSER/HOFFET/DUCREY, Kommentar zum schweizerischen Kartellgesetz, Zürich 1997, Rz. 15 zu Art. 3).
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Im Übrigen ist hier zu wiederholen, dass mangels Rechtspersönlichkeit sowie mangels ausdrücklicher gesetzlicher Zuständigkeitserklärung ein Bundesamt nicht Adressat einer Verfügung der Wettbewerbskommission sein kann. Wenn schon, dann hätte diese das entsprechende Gemeinwesen als solches in die Pflicht zu nehmen. Immerhin dürfte die falsche Zustellung nicht schaden, soweit die Adressierung an eine Behörde des fraglichen Gemeinwesens erfolgt. Dass daraus aber nicht automatisch auch eine Beschwerdelegitimation des angesprochenen Amtes folgt, wurde bereits dargelegt (vgl. E. 2).
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f) Nun erscheint es nicht als ausgeschlossen, dass unter neurechtlichen Gesichtspunkten eine andere Beurteilung vorgenommen werden ![]() | 35 |
Klar ist immerhin, dass Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 lit. a KG die Anwendbarkeit des Kartellgesetzes auf die MeteoSchweiz grundsätzlich nicht mehr ausschliessen. Aufgrund der unveränderten Behördenorganisation bleibt es allerdings weiterhin fraglich, ob gegenüber der Meteo-Schweiz verwaltungskartellrechtliche Zwangsmassnahmen (insbesondere nach Art. 30 KG) angeordnet werden dürften. Möglich erscheinen hingegen privatrechtliche Klagen gegen den Bund im Bereich der privatrechtlichen Tätigkeit der MeteoSchweiz (vgl. sic! 1/1997 S. 38). Überdies dürfte es den Wettbewerbsbehörden künftig freistehen, den Bundesbehörden uneingeschränkt Empfehlungen zu erteilen oder Gutachten zu erstatten (nach Art. 45 ff. KG). Weiterhin dürfte es auch zulässig sein, an die Aufsichtsbehörde zu gelangen, denn mangels anderer Organisation untersteht die MeteoSchweiz auch im privat-rechtlichen Tätigkeitsbereich der behördlichen Aufsicht. Zwar greifen die öffentlichrechtlichen Kriterien der Gebührenfestlegung für die privatrechtliche ![]() | 36 |
Wie es sich neurechtlich genau verhält, braucht hier aber nicht endgültig behandelt zu werden.
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g) Die Verfügung der Wettbewerbskommission erging am 6. September 1999; Auslöser dafür war eine Offerte der Schweizerischen Meteorologischen Anstalt vom 27. Juli 1998 an die Meteotest, die nach Auffassung der Wettbewerbskommission im Vergleich mit dem entsprechenden Vertrag zwischen der Schweizerischen Meteorologischen Anstalt und der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft eine unzulässige Diskriminierung von Handelspartnern gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. b KG bewirkt haben soll. Es kann hier offen bleiben, ob bereits eine Offerte zu einer kartellrechtlich wesentlichen Diskriminierung zu führen vermag. Jedenfalls hat die Schweizerische Meteorologische Anstalt noch im Jahre 1999 ihr Angebot abgeändert und den Vertrag mit der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft auf Ende 1999 gekündigt; dies geschah im Übrigen auch, bevor die Wettbewerbskommission in der Sache entschieden hat. Damit ist der von der Wettbewerbskommission beanstandete Sachverhalt aber unter Geltung des alten Rechts abgeschlossen worden, nachdem das neue Recht erst am 1. April 2000 in Kraft getreten ist. Das neue Recht entfaltete für den vorliegenden Fall somit noch keine Wirkung. Es ist auch nicht zulässig, im Sinne einer Vorwirkung noch unter dem alten Recht sozusagen auf Vorrat eine Verfügung zu treffen, mit welcher künftig nach Inkrafttreten des neuen Rechts bestimmte Handlungen verboten werden, die erst nach neuem Recht ausgeschlossen sind. Dies hat vorliegend umso mehr zu gelten, als die Schweizerische Meteorologische Anstalt die ihr vorgeworfene Handlung bereits unter der Geltung des alten Rechts korrigiert hat.
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Jedenfalls nach altem Recht war das Kartellgesetz, wie dargelegt, auf die Schweizerische Meteorologische Anstalt nicht anwendbar. Demnach hat die Wettbewerbskommission eine Verfügung getroffen, für welche sie gar nicht zuständig war. Nach der Praxis stellt die funktionelle und sachliche Unzuständigkeit einen schwerwiegenden Mangel und damit einen Nichtigkeitsgrund dar, es sei denn, der verfügenden Behörde komme auf dem betreffenden Gebiet allgemeine Entscheidungsgewalt zu oder der Schluss auf Nichtigkeit vertrüge sich nicht mit der Rechtssicherheit (IMBODEN/RHINOW, ![]() | 39 |
h) Damit ändert auch die fehlende Beschwerdelegitimation der Schweizerischen Meteorologischen Anstalt vor der Vorinstanz nichts daran, dass der Verfügung der Wettbewerbskommission keinerlei Rechtswirkungen zuzumessen sind. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements kann daher lediglich in diesem Sinne gutgeheissen werden. Mangels Streitobjekts in der Sache steht es dem Bundesgericht allerdings nicht zu, formell die Nichtigkeit der Verfügung der Wettbewerbskommission festzustellen; das hindert die vorliegenden erläuternden Erwägungen in der Begründung aber nicht. Sie rechtfertigen sich umso mehr, als es der Schweizerischen Meteorologischen Anstalt verwehrt bleibt, die Verfügung der Wettbewerbskommission anzufechten, und eine Korrektur durch eine andere Behörde zurzeit als wenig wahrscheinlich erscheint.
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