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32. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 29. Oktober 2001 i.S. Alpine Segelflugschule Schänis AG gegen D. sowie Mitb. und Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Verwaltungsgerichtsbeschwerden) | |
Regeste |
Änderung des Betriebsreglementes für ein Flugfeld. |
Rechtsgrundlagen für die Änderung der Betriebsreglemente für Flugfelder (E. 6 und 7). Unzulässigkeit bedingter Beschwerdebegehren (E. 6c). |
Das Kriterium der wirtschaftlichen Tragbarkeit von Emissionsbegrenzungen im Sinne von Art. 11 Abs. 2 USG ist auf gewinnorientierte, nach marktwirtschaftlichen Prinzipien geführte Unternehmen zugeschnitten. Gehen die Emissionen von anderen Quellen aus, sind die finanziellen Konsequenzen von Begrenzungen im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung zu berücksichtigen (E. 8). |
Prüfung der Verhältnismässigkeit zusätzlicher lärmbedingter Einschränkungen eines Segelflugbetriebes (E. 9). | |
Sachverhalt | |
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Mit Eingabe vom 15. November 1995 ersuchten sechs Anwohner das BAZL, für das Flugfeld Schänis sämtliche betriebliche Einschränkungen anzuordnen, die im Lichte des Vorsorgeprinzips gemäss Umweltschutzgesetz zur Lärmverminderung geboten seien. Gefordert wurden insbesondere gewisse Sperrzeiten (Morgen-, Mittag- und Abendsperrzeiten), zusätzliche motorflugfreie Tage, die Festlegung von Flugrouten und Schutzzonen, eine Beschränkung der Gesamtzahl der Flugbewegungen sowie Kontroll- und Ausbildungsmassnahmen.
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Nach Durchführung mehrerer Schriftenwechsel, einer unangemeldeten Ortsschau sowie einer Augenscheins- und Parteiverhandlung hiess das BAZL das Gesuch um Änderung des Betriebsreglementes für das Flugfeld Schänis mit Verfügung vom 2. März 1999 teilweise gut. Es ergänzte Artikel 4 des Betriebsreglementes mit folgenden Bestimmungen:
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Motorflüge zu Aus- oder Weiterbildungszwecken sind an Sonntagen verboten.
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Für Motorsegler mit laufendem Motor gelten dieselben Einschränkungen."
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Im Übrigen wurden die Begehren der Anwohner abgewiesen.
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Gegen die Verfügung des BAZL vom 2. März 1999 erhoben die sechs Anwohner beim Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) Beschwerde. Die Beschwerdeführer verlangten, dass der angefochtene Entscheid aufgehoben werde und die im vorinstanzlichen Verfahren geforderten weiteren betrieblichen Einschränkungen ebenfalls angeordnet würden; eventuell sei die Sache zur Neuüberprüfung an das BAZL zurückzuweisen. Die Verfügung des BAZL wurde ebenfalls von der ASSAG angefochten. Die Flugfeldhalterin stellte Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Entscheides. Eventualiter schlug sie im Sinne eines Vergleiches den Rückzug der Beschwerde vor, falls die Gegenpartei ihre Beschwerde ebenfalls zurückziehe und Art. 4 des Betriebsreglementes neu formuliert werde.
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Das UVEK wies die beiden Beschwerden mit zwei separaten Entscheiden vom 25. Januar 2001 ab. Gegen diese Entscheide haben sowohl die Anwohner als auch die ASSAG Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Das Bundesgericht weist die beiden Beschwerden im Wesentlichen ab.
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Aus den Erwägungen: | |
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Das Bundesgericht hat in ständiger Rechtsprechung anerkannt, dass Streitigkeiten über übermässige, die nachbarlichen Abwehrrechte verletzende (Lärm-)Immissionen in den Geltungsbereich von Art. 6 EMRK fallen. Das trifft nicht nur zu, wenn die Anwendung von Art. 684 und 679 ZGB umstritten ist, sondern auch, wenn die Durchsetzung dieser zivilen nachbarlichen Abwehransprüche ausgeschlossen ist und es im Enteignungsverfahren - das nach schweizerischer Gesetzgebung zum öffentlichen Recht zählt - nur noch um eine Entschädigung geht (vgl. BGE 111 Ib 227 E. 2e S. 231 f.; BGE 112 Ib 176; BGE 116 Ib 249 E. 2b S. 253, je mit Hinweisen). Da die Übermässigkeit von Lärmimmissionen heute auch in der eidgenössischen Umweltschutzgesetzgebung umschrieben wird, müssen die Verfahren zur Durchsetzung dieser Normen ebenfalls den prozessualen Anforderungen von Art. 6 Ziff. 1 EMRK genügen (s. Art. 13 und 15 des Bundesgesetzes vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz [USG; SR 814.01]; vgl. sinngemäss BGE 119 Ib 348 E. 6c; BGE 126 II 522 Sachverhalt lit. D S. 532). Weiter geht das Bundesgericht in seiner neueren Rechtsprechung auf dem öffentlichrechtlichen Bereich des Bau- und Planungswesens auch dann von zivilrechtlichen Ansprüchen aus, wenn der Grundeigentümer durch bau- oder planungsrechtliche Massnahmen in der Ausübung seiner Eigentumsrechte direkt betroffen wird. Beklagt sich daher der Grundeigentümer als Nachbar über die Verletzung von Normen, die dem Schutz der Nachbarn dienen und diesen damit ein subjektives Abwehrrecht verleihen, so können ebenfalls "civil rights" im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK im Streite liegen. Dagegen findet Art. 6 EMRK keine Anwendung, wenn die Einhaltung rein öffentlichrechtlicher Bestimmungen verfolgt oder eine bloss faktische oder potenzielle Beeinträchtigung von Nutzungsmöglichkeiten geltend gemacht wird (vgl. BGE 127 I 44 E. 2c S. 45 f. mit zahlreichen Hinweisen).
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Die beschwerdeführenden Anwohner ersuchen um Anordnung vorsorglicher Emissionsbegrenzungen, die gemäss Art. 11 Abs. 2 ![]() | 13 |
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a) Die ASSAG hat im Verfahren vor dem UVEK eine in französischer Sprache verfasste Beschwerde eingereicht. In diesem "recours" hat sie zunächst bestritten, dass sich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse seit der Genehmigung des Betriebsreglementes derart verändert hätten, dass sich dessen Überprüfung und Änderung aufgedrängt hätten. Das BAZL hätte daher nach Meinung der Beschwerdeführerin auf das Gesuch der Anwohner gar nicht eintreten dürfen. Weiter hat die ASSAG ausgeführt, dass die gesuchstellenden Anwohner weder ein schutzwürdiges noch ein aktuelles Interesse am Erlass der von ihnen verlangten Verfügung gehabt und ein solches auch nicht dargetan hätten. Das BAZL habe sich daher zu Unrecht auf Art. 25 VwVG (SR 172.021) gestützt. Dies gelte umso mehr, als im vorliegenden Zusammenhang nicht auf das Verfahrensrecht, sondern auf Art. 26 der Verordnung vom 23. November 1994 über die Infrastruktur der Luftfahrt (VIL; SR 748.131.1) abzustellen sei. Nach dieser Bestimmung könne das ![]() | 15 |
Schliesslich hat sich die ASSAG zu einem Vergleich bzw. zum Beschwerderückzug bereit erklärt, falls auch die Anwohner ihre Beschwerde zurückzögen und das BAZL den Text von Art. 4 des Betriebsreglementes im Einvernehmen mit den Parteien korrigieren würde. Die Beschwerdeführerin erklärt in diesem Zusammenhang, wie und weshalb diese Bestimmung neu zu formulieren wäre. Dementsprechend hat sie folgenden Eventualantrag gestellt: "La décision querellée est modifiée dans le sens de l'offre en procédure ci-dessus".
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b) Das UVEK hat in den Erwägungen zu seinem Entscheid Nr. 512/257-2 vom 25. Januar 2001 ausgeführt, die ASSAG bestreite das Rechtsschutzinteresse an der umstrittenen Änderung des Betriebsreglementes. Der Begriff des schutzwürdigen Interesses an einer Verfügung sei - ob es sich um eine Feststellungs- oder eine andere Verfügung handle - gemäss Art. 48 lit. a VwVG auszulegen und könne nach der Rechtsprechung rechtlicher oder tatsächlicher Natur sein. Zudem müsse es sich um ein besonderes, unmittelbares und aktuelles Interesse handeln. Die Gesuchsteller müssten durch den Entscheid stärker als jedermann betroffen sein und in einer besonderen, beachtenswerten und nahen Beziehung zur Streitsache stehen. Die gesuchstellenden und beschwerdeführenden Anwohner hätten eine besondere Beziehungsnähe zum Flugplatz. Zwei von ihnen wohnten nur 1,5 km vom Flugplatz entfernt, also in dessen näheren Umgebung. Insbesondere sei die Gesuchstellerin Nr. 1 durch den Schleppbetrieb betroffen, da die Flugzeuge in einer Distanz von 400 m in einer Volte an ihrem Haus vorbeiflögen. Ob ![]() | 17 |
Im Weiteren legt das UVEK dar, die ASSAG äussere die Meinung, dass die Betriebsbewilligung des BAZL aus dem Jahre 1972 eine rechtsgültige Verfügung darstelle, welche nach Lehre und Rechtsprechung nur in Ausnahmefällen nachträglich abgeändert werden dürfe. Es stelle sich somit die Frage, ob das BAZL zur Überprüfung des Betriebsreglementes ermächtigt gewesen sei. Das BAZL habe seinen Entscheid mit Hinweis auf Art. 25 lit. c VIL begründet und festgehalten, dass die Betriebsbewilligung und das Betriebsreglement für den Flugplatz Schänis vor dem Inkrafttreten des USG erteilt bzw. genehmigt worden sei; die beiden Verwaltungsakte dürften daher auf die Übereinstimmung mit dem in Art. 11 USG umschriebenen Vorsorgeprinzip überprüft werden. Es treffe zu, dass die Betriebsbewilligung und die Genehmigung des Betriebsreglementes des Flugplatzes Schänis formell rechtskräftige Verfügungen seien. Falls das Gesetz die Voraussetzungen des Widerrufs einer Verfügung nicht ausdrücklich regle, müsse eine Abwägung der auf dem Spiele stehenden Interessen vorgenommen werden. Nach der Praxis des Bundesgerichts könne eine formell rechtskräftige Verfügung abgeändert werden, wenn sie dem geltenden schweizerischen Recht nicht mehr entspreche. Das Bundesgesetz über den Umweltschutz habe zu wichtigen Änderungen in der schweizerischen Umweltgesetzgebung geführt. Gemäss Art. 25 lit. c VIL könnten Änderungen des Betriebsreglementes genehmigt werden, falls sich die Anforderungen des Umweltschutzes gewandelt hätten. Art. 26 VIL ermächtige zudem das BAZL zur Anpassung der Betriebsreglemente, falls veränderte rechtliche Verhältnisse dies erforderten. Daraus ergebe sich, dass das BAZL zu Recht auf das Gesuch eingetreten sei. Die Beschwerde der ASSAG müsse daher vollumfänglich abgewiesen werden.
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c) Aus diesen Darlegungen geht hervor, dass sich das UVEK mit den beiden von der ASSAG vorgetragenen Rügen - es habe einerseits an einem schützenswerten, aktuellen Interesse der Anwohner und andererseits an einem Rechtsgrund für die Änderung des Betriebsreglementes gefehlt - sehr wohl auseinander gesetzt hat. Mit dem im Zusammenhang mit dem Vergleichsangebot Vorgetragenen brauchte sich das Departement dagegen nicht zu befassen: Der sich auf dieses Angebot beziehende, an Bedingungen geknüpfte Eventualantrag durfte, da Prozesshandlungen bedingungsfeindlich sind, als unzulässig betrachtet werden und unbehandelt bleiben ![]() | 19 |
Aus dem Gesagten ergibt sich ebenfalls, dass die ASSAG im Verfahren vor dem UVEK nicht dargelegt hat, weshalb und inwiefern die vom BAZL verfügte Betriebseinschränkung unverhältnismässig und daher unzulässig sei. Soweit die Beschwerdeführerin nun im bundesgerichtlichen Verfahren Unverhältnismässigkeit rügt, läuft dies auf eine - verpönte - Erweiterung des Streitgegenstandes hinaus. Auf die entsprechenden Vorbringen ist nicht einzutreten.
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Diese Argumentation vermag jedoch nicht zu überzeugen.
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a) Die Genehmigung eines Betriebsreglementes durch die luftfahrtrechtliche Aufsichtsinstanz ergeht in Form einer Verfügung. Verfügungen werden nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist oder nach Abschluss des Rechtsmittelverfahrens formell rechtskräftig und grundsätzlich unabänderlich. Gemäss Lehre und Rechtsprechung kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen auch auf solche Verfügungen wieder zurückgekommen werden. Insbesondere können Verfügungen über Dauerrechtsverhältnisse wegen unrichtiger Sachverhaltsfeststellung, fehlerhafter Rechtsanwendung ![]() | 23 |
b) Was die hier anwendbare spezialrechtliche Regelung betrifft, so sah die Verordnung vom 14. November 1973 über die Luftfahrt (LFV; SR 748.01; AS 1973 S. 1856) für Flugfelder vor, dass die Bewilligung für die Anlage und den Betrieb nur erteilt werde, wenn dadurch keine öffentlichen Interessen - beispielsweise des Umweltschutzes - beeinträchtigt würden (Art. 43 Abs. 4 LFV). Nach Art. 45 LFV konnte die Betriebsbewilligung entzogen werden, wenn der Betrieb mit den Anforderungen des Umweltschutzes nicht mehr vereinbar war. Allerdings waren bei der Erteilung der Betriebsbewilligung für den Flugplatz Schänis im Jahre 1972 und der Genehmigung des Betriebsreglementes im Jahre 1983 die heute geltenden umweltschutzrechtlichen Bestimmungen noch nicht erlassen. Erst mit dem Inkrafttreten des Umweltschutzgesetzes am 1. Januar 1985 und der Lärmschutz-Verordnung am 1. April 1987 wurden auch die Flugplätze - das heisst die Flughäfen und Flugfelder - den lärmbegrenzenden Vorschriften für Verkehrsanlagen und damit auch den Bestimmungen von Art. 11 Abs. 2 USG und Art. 3 Abs. 1 LSV über vorsorgliche Emissionsbegrenzungen unterstellt. Flugfelder mit mehr als 15'000 Bewegungen pro Jahr bedingen zudem eine Umweltverträglichkeitsprüfung, welche heute im Plangenehmigungsverfahren oder anlässlich der Genehmigung des Betriebsreglementes vorzunehmen ist (vgl. Anhang 1/14 zur ![]() | 24 |
Im Zusammenhang mit der Revision des Luftfahrtgesetzes im Jahre 1993 wurden die Bestimmungen über den Bau und Betrieb von Flugplätzen in die neue Verordnung über die Infrastruktur der Luftfahrt vom 23. November 1994 (VIL; SR 748.131.1; AS 1994 S. 3050) überführt. Gemäss Art. 11 Abs. 1 lit. c in der ursprünglichen Fassung (aVIL) erstellt der Flugplatzhalter ein Betriebsreglement und hält darin unter anderem die konkrete Ausgestaltung der in der Betriebsbewilligung vorgegebenen Rahmenbedingungen, namentlich auch hinsichtlich des Umweltschutzes, fest. Art. 26 aVIL ermächtigte das Bundesamt, die - grundsätzlich unbefristete - Betriebsbewilligung zu ändern, einzuschränken oder zu entziehen, wenn sich der Betrieb mit wesentlichen Anforderungen des Umweltschutzes nicht mehr vereinbaren lässt. Diese Bestimmungen der VIL sind im Rahmen der Gesetz- und Verordnungsgebung über die Koordination und Vereinfachung von Entscheidverfahren erneut geändert worden. Seit der Revision vom 2. Februar 2000 (in Kraft seit 1. März 2000) ist die Ausgestaltung des Betriebes eines Flugfeldes nicht mehr Gegenstand der Betriebsbewilligung, sondern ausschliesslich des Betriebsreglementes (Art. 17 und 23 VIL). Nach Art. 26 VIL hat das Bundesamt Änderungen des Betriebsreglementes zur Anpassung an den rechtmässigen Zustand zu verfügen, sofern veränderte rechtliche oder tatsächliche Verhältnisse dies erfordern. Das Bundesamt kann gemäss Art. 22 Abs. 1 lit. c VIL auch die Betriebsbewilligung ändern oder entziehen, wenn der Betrieb mit den Anforderungen des Umweltschutzes nicht mehr vereinbar ist.
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c) Demnach sind die Rechtsgrundlagen für die Änderung von Betriebsreglementen für Flugfelder nicht nur seit der Genehmigung des hier umstrittenen Reglementes, sondern auch noch während des Beschwerdeverfahrens vor dem UVEK überarbeitet worden. Das UVEK hat sich mit der Frage des anwendbaren Rechts im angefochtenen Entscheid nicht auseinander gesetzt, geht indessen - wie dargelegt (E. 6b) - davon aus, Art. 25 und 26 VIL könnten in ihrer heute geltenden Fassung vom 2. Februar 2000 angewendet werden. Nun ist die Rechtmässigkeit eines Verwaltungsakts grundsätzlich nach der Rechtslage zur Zeit seines Erlasses zu beurteilen. Bei der Prüfung der Frage, ob die für eine Baute oder Anlage erteilte Bewilligung oder deren Änderung bundesrechtmässig sei, ist daher ![]() | 26 |
d) Wie erwähnt enthält die heutige VIL nicht nur Bestimmungen über die Änderung und den Entzug der Betriebsbewilligung, sondern mit Art. 26 auch eine Vorschrift über die Anpassung des Betriebsreglementes. Während die Betriebsbewilligung nach Art. 22 lit. c VIL nur geändert oder entzogen werden kann, wenn der Betrieb mit den Anforderungen des Umweltschutzes "nicht mehr vereinbar" ist, beauftragt Art. 26 VIL das BAZL, die Betriebsreglemente anzupassen, wenn "veränderte rechtliche oder tatsächliche Verhältnisse" dies erfordern. Die Ausführungen der ASSAG über die in Art. 22 lit. c VIL umschriebenen Voraussetzungen stossen daher ins Leere. Muss aber nach Art. 26 VIL die Änderung der rechtlichen Verhältnisse zur Überprüfung und allfälligen Anpassung der Betriebsreglemente führen, so hat das BAZL auch das letztmals im Jahre 1983 genehmigte Betriebsreglement für das Flugfeld Schänis auf seine Vereinbarkeit mit den inzwischen erlassenen Umweltschutznormen prüfen und an diese anpassen dürfen. Ob die vorgenommene Anpassung an Art. 11 Abs. 2 USG bzw. die Einschränkung des sonntäglichen Betriebes unverhältnismässig sei, ist aus den bereits ![]() | 27 |
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Zu dieser Rüge ist zunächst festzuhalten, dass die Frage der wirtschaftlichen Tragbarkeit von vorsorglichen emissionsbegrenzenden Massnahmen im Sinne von Art. 11 Abs. 2 USG nicht nur Sach-, sondern in erster Linie Rechtsfrage ist. Gemäss Lehre und Rechtsprechung weist die in Art. 11 Abs. 2 USG enthaltene Anforderung der wirtschaftlichen Tragbarkeit von vorsorglichen Massnahmen eine enge Beziehung zum Verhältnismässigkeitsgebot auf, ohne mit diesem deckungsgleich zu sein (ANDRÉ SCHRADE/THEO LORETAN, Kommentar zum Umweltschutzgesetz, N. 35 zu Art. 11; ALEXANDER ZÜRCHER, Die vorsorgliche Emissionsbegrenzung nach dem Umweltschutzgesetz, Zürich 1996, S. 175, 241 ff.; BGE 124 II 517 E. 4a S. 521). Die wirtschaftliche Tragbarkeit gilt als Konkretisierung der Zumutbarkeit (Verhältnismässigkeit im engeren Sinne), welche dann zu bejahen ist, wenn ein angemessenes Verhältnis zwischen dem Nutzen der Massnahme und der Schwere der damit verbundenen Nachteile besteht (SCHRADE/LORETAN, a.a.O.; vgl. BGE 123 I 112 E. 4e S. 121; Entscheid vom 24. Oktober 1997 i.S. B., E. 4a, publ. in: ZBl 99/1998 S. 441 ff., zusammengefasst in URP 1998 S. 59 f.). Dem Verhältnismässigkeitsprinzip unterstehen allerdings auch die verschärften Emissionsbegrenzungen, die aufgrund von Art. 11 Abs. 3 USG zu treffen sind, wenn feststeht oder zu erwarten ist, dass die Einwirkungen unter Berücksichtigung der bestehenden Umweltbelastung schädlich oder lästig werden. Verschärfte Emissionsbegrenzungen sind zwar unabhängig von der wirtschaftlichen Tragbarkeit anzuordnen, doch wird auch für sie vorausgesetzt, dass zwischen dem angestrebten Ziel und der Schwere des Eingriffs ein angemessenes Verhältnis besteht; dabei dürfen die finanziellen Konsequenzen des Eingriffs mitberücksichtigt werden (vgl. BGE 125 II 129 E. 9d S. 148 mit Hinweisen; BGE 126 II 522 E. 22b ![]() | 29 |
Weiter ist in Betracht zu ziehen, dass das Kriterium der wirtschaftlichen Tragbarkeit auf Unternehmungen zugeschnitten ist, die nach marktwirtschaftlichen Prinzipien, d.h. gewinnorientiert, betrieben werden. In der bundesrätlichen Botschaft wurde hiezu ausgeführt, dass für die Beurteilung der wirtschaftlichen Tragbarkeit auf die in den einzelnen Branchen gegebenen Verhältnisse abzustellen sei und in der Regel der mittlere gut geführte Betrieb als Massstab dienen soll (Botschaft zu einem Bundesgesetz über den Umweltschutz vom 31. Oktober 1979, BBl 1979 III 749ff., 790). Gehen jedoch die zu bekämpfenden Emissionen von anderen Quellen als von Unternehmen aus, die (nur) nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen betrieben werden, so fällt die wirtschaftliche Tragbarkeit im genannten Sinn als Beurteilungskriterium dahin und sind allfällige wirtschaftliche Gesichtspunkte im Rahmen der allgemeinen Verhältnismässigkeitsprüfung zu beachten. Das trifft etwa für lärmerzeugende öffentliche Werke - vor allem Infrastrukturanlagen - zu. Solches gilt aber auch für mit Lärm verbundene Anlässe sportlicher oder kultureller Art und andere Tätigkeiten im Freien. Dementsprechend prüft das Bundesgericht auf Art. 11 Abs. 2 USG gestützte Begehren um zusätzliche Lärmschutzvorkehren an Strassenbauten in der Regel "bloss" im Lichte des Verhältnismässigkeitsprinzips. In diesem Rahmen hat es auch erklärt, falls die massgebenden Planungswerte eingehalten seien, liessen sich weitergehende Emissionsbegrenzungen nur dann rechtfertigen, wenn mit relativ geringem Aufwand eine wesentliche zusätzliche Reduktion der Emissionen erreicht werden könne (BGE 124 II 517 E. 5a S. 522 f.). Weiter stellt das Bundesgericht bei der Beurteilung von Beschwerden gegen lärmige Freizeitbeschäftigungen oder Festanlässe im Wesentlichen darauf ab, ob das Ruhebedürfnis der Bevölkerung das Interesse an der lärmverursachenden Tätigkeit überwiege (BGE 126 II 300 E. 4c/cc, dd S. 318). Wickeln sich solche Aktivitäten im üblichen Rahmen insbesondere während der Tagesstunden ab, so vermag der Umstand, dass sich einige wenige Nachbarn durch den Lärm belästigt fühlen, lärmbegrenzende ![]() | 30 |
Der vorliegende Streit dreht sich um das Segelflugfeld Schänis, das im Wesentlichen der Ausübung des Segelflugsports als Freizeitbeschäftigung dient. Handelt es sich demnach bei der fraglichen Anlage nicht um ein gewinnorientiertes, nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten geführtes Unternehmen, so kann die "wirtschaftliche Tragbarkeit" im oben dargelegten Sinn auch kein Kriterium für mögliche Emissionsbegrenzungen sein. Daran ändert nichts, dass hier eine Aktiengesellschaft Flugplatzhalterin ist, da Aktiengesellschaften auch für andere als wirtschaftliche Zwecke gegründet werden können (Art. 620 Abs. 3 OR). Über das richtige Mass von lärmbegrenzenden Vorkehren ist vielmehr anhand einer Interessenabwägung zu befinden, in die einerseits das Ruhebedürfnis der beschwerdeführenden Anwohner und andererseits das Interesse der ASSAG daran einbezogen werden, auch in Zukunft annehmbare Bedingungen für die Ausübung des Segelflugsports bieten zu können. Da gegenüber den beschwerdeführenden Anwohnern die Planungswerte eingehalten werden, lassen sich wie dargelegt zusätzliche Betriebsbeschränkungen nur rechtfertigen, wenn mit relativ geringem Aufwand eine wesentliche Lärmreduktion erreicht werden kann. Ob dies der Fall sei, durften die Entscheidbehörden aufgrund ihres Fachwissens und der durchgeführten Instruktion beurteilen, ohne zunächst Abklärungen über mögliche Umsatzeinbussen und Gewinnverminderungen der ASSAG zu treffen. Der Vorwurf der unvollständigen Feststellung des Sachverhaltes geht daher fehl. Zu prüfen bleibt, ob die von den Vorinstanzen vorgenommene Interessenabwägung und die Weigerung, zusätzliche Massnahmen zu ergreifen, vor dem Bundesrecht standhalten.
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9. Die beschwerdeführenden Anwohner haben im Verfahren vor dem Departement in erster Linie verlangt, dass der lärmverursachende Flugbetrieb an sämtlichen Wochentagen auf die Zeit von 9 Uhr bis 16 Uhr, unterbrochen durch eine 75-minütige Mittagspause, beschränkt werde. Zudem seien Flüge mit Motorflugzeugen an einem Sonntag pro Monat gänzlich zu untersagen und sei die Anzahl der jährlichen Flugbewegungen auf maximal 18'000 zu begrenzen. Im Weiteren haben die Beschwerdeführer um Verbesserung der Kontrollmassnahmen sowie der Ausbildung und der Information der Piloten ersucht. Schliesslich sei die ASSAG zu verpflichten, anstelle der heute eingesetzten Schleppflugzeuge leisere Maschinen, insbesondere Ecolight-Schleppflugzeuge, einzusetzen, ![]() | 32 |
a) Das UVEK hat im angefochtenen Entscheid darauf hingewiesen, dass die Segelflieger zur Ausübung ihres Sports auf thermische Aufwinde angewiesen sind, welche sich durch die Sonneneinstrahlung ergeben, die um die Mittagszeit am stärksten ist. Für einen ausschliesslich dem Segelflug dienenden Flugplatz seien daher die Betriebszeiten über Mittag von grösster Bedeutung. Ein generelles Flugverbot über Mittag am Sonntag oder sogar an allen Wochentagen würde den Flugbetrieb in Schänis - der unter anderem auch der fliegerischen Ausbildung diene - ernsthaft gefährden. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Flugbetrieb in den Monaten März, April, September und Oktober durch die späten bzw. frühen Dämmerungszeiten ohnehin eingeschränkt sei. In den Wintermonaten November bis Februar falle er völlig aus. An Regentagen oder bei anderen ungünstigen Wetterverhältnissen fänden ebenfalls keine Flüge statt. Schliesslich sei anlässlich des Augenscheins festgestellt worden, dass sich der Motorenlärm, den die Schleppflugzeuge beim Start entwickelten, in die bestehende Geräuschkulisse einfüge und diese nicht stärker übertöne als andere Geräusche wie Eisenbahnlärm oder Kuhglockengeläut. Die verlangten zusätzlichen Einschränkungen der Betriebszeiten wären daher unverhältnismässig.
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An dieser Interessenabwägung lässt sich aus der Sicht des Bundesrechts nichts aussetzen. Wohl ist der Einwand der Beschwerdeführer verständlich, der Fluglärm sei vor allem deshalb störend, weil er bei schönem Wetter und an Wochenenden - also gerade dann, wenn ein Bedürfnis nach Erholung im Freien bestehe - gehäuft auftrete. Es ist heute jedoch Tatsache, dass an Wochenenden und insbesondere bei schönem Wetter in den Siedlungsgebieten und selbst auf dem Lande grosse Betriebsamkeit herrscht, sei es im Zusammenhang mit Einkäufen, mit Reisetätigkeit, mit Freizeitaktivitäten oder auch nur mit dem Unterhalt von Haus und Garten. Den damit verbundenen Lärm muss die Bevölkerung bis zu einem gewissen Grad, der hier nicht überschritten ist, hinnehmen. Immerhin sind für das Flugfeld Schänis betriebliche Beschränkungen zur Gewährleistung der Sonntagsruhe angeordnet worden.
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b) Das BAZL hat die Begehren der Beschwerdeführer um verbesserte Kontrollmassnahmen, um zusätzliche Ausbildung und Information der Piloten sowie um Einrichtung einer Meldestelle für Anwohnerklagen mit der Begründung zurückgewiesen, dass Art. 11 ![]() | 35 |
Diesen Erwägungen ist grundsätzlich zuzustimmen. Gemäss Art. 3b Abs. 1 und 2 VIL in der Fassung vom 2. Februar 2000 hat das BAZL bei den Infrastrukturanlagen der Luftfahrt die Einhaltung der luftfahrtspezifischen, der betrieblichen und der baupolizeilichen Anforderungen des Umweltschutzes zu überwachen oder lässt sie durch Dritte überwachen; es führt die erforderlichen Kontrollen durch oder lässt sie durch Dritte durchführen. Ebenso trifft es die notwendigen Massnahmen zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes. Gemäss diesen neuen Bestimmungen wird also das BAZL oder der von ihm beauftragte Dritte, sofern die betrieblichen Vorschriften nicht eingehalten werden, auf die Beanstandungen der Anwohner reagieren und die nötigen Anordnungen zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes treffen müssen. Diese Massnahmen müssen sich nicht notwendigerweise im Betriebsreglement niederschlagen, doch sind künftige Änderungen nicht ausgeschlossen, falls sich ein vorschriftsgemässer Betrieb nicht auf andere Weise gewährleisten liesse. In diesem Sinne kann den Überlegungen des UVEK zugestimmt werden.
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c) Was schliesslich die Verpflichtung der Flugfeldhalterin zur Anschaffung von Ecolight-Flugzeugen und eigenstartfähigen Elektro-Segelflugzeugen anbelangt, so räumen die Beschwerdeführer selbst ein, dass diese heute in der Schweiz noch nicht zugelassen sind. Eine derartige Änderung des Betriebsreglementes fällt daher zur Zeit ausser Betracht.
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