![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
46. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Vorsorgewerk der Firma Ingenieurbüro Y. , Bundesamt für Sozialversicherung und Eidgenössische Beschwerdekommission der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
2A.54/2002 vom 10. September 2002 | |
Regeste |
Art. 23 Abs. 4 lit. c FZG; Teilliquidation einer Sammelstiftung; Anspruch auf freie Mittel bei Auflösung des Anschlussvertrages. |
Auswahl und Gewichtung der Verteilungskriterien richten sich nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Destinatäre (E. 4). |
Bei mehreren aufeinander folgenden Teilliquidationen wegen Ausscheidens von Mitarbeitern sind grundsätzlich dieselben Verteilungskriterien anzuwenden. Freiwillige Austritte (auch Wechsel in den Ruhestand) begründen keinen Anspruch auf einen Teil der freien Mittel bzw. auf eine Teilliquidation (E. 5). |
Grundsätzlich sind auch die in den letzten drei bis fünf Jahren vor Auflösung des Anschlussvertrages unfreiwillig aus dem Betrieb Ausgeschiedenen in den Verteilungsplan einzubeziehen, wenn sie nicht bereits im Rahmen einer Teilliquidation vollständig befriedigt worden sind (E. 6). | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
Nachdem das Ingenieurbüro die Arbeitsverhältnisse mit allen Mitarbeitern gekündigt hatte - das Ingenieurbüro wurde ab 1. Juli 1998 durch Y. allein weitergeführt; ein früherer Mitarbeiter (X.) war danach nur noch im Stundenlohn für ihn tätig -, löste es den Anschlussvertrag auf den 30. Juni 1998 auf. Die Vorsorgekasse verfügte (Stichtag 15. September 1998) über freie Mittel in Höhe von Fr. 243'411.-. Da die Vorsorgekasse keine paritätische Verwaltungskommission eingesetzt hatte, beschloss der Stiftungsrat der Sammelstiftung am 3. November 1999 ersatzweise die Totalliquidation des Vorsorgewerkes und einen Verteilungsplan für die freien Mittel.
| 2 |
B.- Das Bundesamt für Sozialversicherung, dem der Verteilungsplan als Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen war, stellte mit Verfügung vom 29. Februar 2000 fest, die Voraussetzungen für eine Teilliquidation seien erfüllt, und genehmigte den Verteilungsplan.
| 3 |
4 | |
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 29. Januar 2002 beantragt X. dem Bundesgericht, das Urteil vom 5. Dezember 2001 sowie die Verfügung vom 29. Februar 2001 aufzuheben.
| 5 |
Das Bundesamt für Sozialversicherung beantragt in seiner Vernehmlassung, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde abzuweisen.
| 6 |
Die Eidgenössische Beschwerdekommission der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.
| 7 |
Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 3 | |
8 | |
9 | |
![]() | 10 |
11 | |
Das freie Stiftungsvermögen ist bei der (Total- oder Teil-)Liquidation einer Personalvorsorgestiftung nach einem von der Aufsichtsbehörde zu genehmigenden Plan unter die anwartschaftlichen Destinatäre zu verteilen. Das Freizügigkeitsgesetz enthält jedoch keine konkreten Vorgaben, wie die freien Mittel zu verteilen sind, sondern überlässt dies den Vorsorgeeinrichtungen, ihren Organen und Experten, aber auch den Sozialpartnern; immerhin will das Gesetz den ausscheidenden Vorsorgenehmern eine minimale Garantie bieten, indem die in der Vorsorgeeinrichtung verbleibenden Vorsorgenehmer nicht bevorzugt werden dürfen (BBl 1992 III 600).
| 12 |
Auch für das freie Stiftungsvermögen gelten die Grundsätze, dass das Personalvorsorgevermögen den bisherigen Destinatären folgt und dass diese rechtsgleich zu behandeln sind (BGE 119 Ib 46 E. 3d, 4a). Innerhalb dieser und gegebenenfalls zusätzlicher Schranken (aufgrund der Stiftungsurkunde, des Reglements oder einer speziellen Gesetzesvorschrift) teilen die zuständigen Organe das freie Stiftungsvermögen jedoch nach pflichtgemässem Ermessen auf; ![]() | 13 |
14 | |
Der Verteilungsplan erachtet als für die Verteilung massgeblich die Kriterien Sparkapital, Beitragsdauer, Lohn sowie Alter und gewichtet diese mit je 25%.
| 15 |
Erwägung 4 | |
16 | |
17 | |
18 | |
- Alter, Dienstjahre, Lohnhöhe, Zivilstand, Unterstützungspflichten oder andere familiäre Verpflichtungen (THOMAS MANHART, Die Aufhebung mit Liquidation von Stiftungen, insbesondere von Personalfürsorgestiftungen, Diss. Zürich 1986, S. 157);
| 19 |
20 | |
- Dienst- oder Beitragsjahre, Alter, Lohnhöhe und beschränkt auch familiäre Verpflichtungen (KÜNG, a.a.O., S. 24);
| 21 |
- Mit der Begründung, das Freizügigkeitsgesetz habe mit seinem Inkrafttreten den zuvor geltenden gesetzlichen Grundgedanken der Fürsorge durch denjenigen der Vorsorge ersetzt, wird auch die Auffassung vertreten, die Verteilung der freien Mittel bzw. des Vermögens sei unter dem Gesichtspunkt der Rechtsgleichheit ausschliesslich proportional zum Deckungskapital vorzunehmen; damit werde dem Beitrag zum Vermögen der Vorsorgeeinrichtung aus lange bestehenden Vorsorgeverhältnissen und aus hohen versicherten Löhnen, die sich in höheren Deckungskapitalien niederschlagen, automatisch Rechnung getragen (ARMIN STRUB, Zur Teilliquidation nach Art. 23 FZG, in: AJP 1994 S. 1533);
| 22 |
- Alter, Dienstjahre, Besoldungsanspruch, Zivilstand, Unterstützungspflichten (BRUNO LANG, Liquidation und Teilliquidation von Personalvorsorgeeinrichtungen und Berücksichtigung des Freizügigkeitsgesetzes, in: SZS 1994 S. 111);
| 23 |
- Lohn oder versicherter Lohn, Dienst- oder Beitragsjahre, Spar- oder Deckungskapital, Summe der Beiträge, Alter, Zivilstand, Unterstützungspflichten (OSKAR LEUTWILER, Teil-Liquidation einer Pensionskasse, in: Der Schweizer Treuhänder 1999 S. 325);
| 24 |
- Lohn (oder versicherter Lohn), Dienstjahre (oder Beitragsjahre), Sparkapital oder Deckungskapital, Summe der Beiträge, Alter, Zivilstand, Anzahl unterstützungspflichtiger Personen (CARL HELBLING, Personalvorsorge und BVG, 7. Aufl., Bern 2000, S. 276);
| 25 |
- Dienstalter, Lebensalter, Deckungs-/Sparkapital, versicherter Lohn, Zivilstand und Unterstützungspflichten gegenüber Familienangehörigen (ROLF WIDMER, Aufteilung der freien Stiftungsmittel, in: Teilliquidationen von Vorsorgeeinrichtungen, Hrsg. Hans Schmid, Bern 2000, S. 62);
| 26 |
- Alter, Dienstalter, Lohnhöhe, Zivilstand, Unterstützungspflichten, Freizügigkeitsanspruch bzw. Deckungskapital (DOMENICO GULLO, Die Aufhebung von Personalvorsorgestiftungen, in: IWIR 2001 S. 3);
| 27 |
28 | |
29 | |
In der Praxis werden die freien Mittel bei Teilliquidationen von Vorsorgeeinrichtungen meist nach Dienstjahren oder gemäss Deckungskapital bzw. Sparguthaben aufgeteilt. Falls bei der Verteilung mindestens zwei Kriterien berücksichtigt werden, wird vor allem auf Dienstjahre und Lohn abgestellt; eine untergeordnete Rolle spielen Lebensjahre und Deckungskapital. Die Verteilung erfolgt oft auf Grund des effektiven Freizügigkeitsbetrages (Austrittszahlung abzüglich eingebrachte Freizügigkeitsleistungen), womit gewährleistet ist, dass Dienstalter und versicherter Lohn berücksichtigt sind. Den persönlichen Verhältnissen der Destinatäre wird in der Praxis allerdings nur in sehr bescheidenem Mass durch Berücksichtigung von Lebensalter und Familiensituation Rechnung getragen (WIDMER, a.a.O., S. 65).
| 30 |
31 | |
32 | |
![]() | |
33 | |
34 | |
35 | |
36 | |
Dies kann indessen nur gelten, wenn die tatsächliche und die rechtliche Ausgangslage bei der (Teil-)Liquidation jeweils dieselbe ist und die Verhältnisse insoweit vergleichbar und deshalb auch gleich zu behandeln sind.
| 37 |
Bei einer weiteren Teilliquidation wegen Ausscheidens weiterer Mitarbeiter sollten demnach zweckmässigerweise wiederum dieselben oder jedenfalls ähnliche Aufteilungskriterien zur Anwendung gelangen. Dabei ist indessen mit der Vorinstanz festzuhalten, dass es keinen berufsvorsorgerechtlichen Grundsatz gibt, nach welchem bei in gewissen zeitlichen Abständen aufeinander folgenden Teilliquidationen einer Vorsorgeeinrichtung stets dieselben Kriterien für die Verteilung der freien Mittel anzuwenden wären.
| 38 |
5.5 Im Zeitpunkt der Erstellung des Verteilungsplanes 1994 war das Freizügigkeitsgesetz noch nicht in Kraft; dies war erst am 1. Januar 1995 der Fall. Schied ein einzelner Arbeitnehmer im damaligen Zeitpunkt unter normalen Umständen aus den Diensten des ![]() | 39 |
Nach den bereits erwähnten Richtlinien des Bundesamtes für Sozialversicherung vom 19. Oktober 1992 konnte bei sehr kleinen Versichertenbeständen (unter fünf) indessen auch der Austritt einzelner Arbeitnehmer den Tatbestand der Teilauflösung eines Anschlussvertrages erfüllen - den das Bundesamt als gegeben erachtete, wenn aus wirtschaftlichen Gründen (z.B. Betriebsrestrukturierung, Einstellung oder Reduktion der Produktion) insbesondere eine Gruppe von Arbeitnehmern entlassen wurde -; dies aber nur, sofern er aus wirtschaftlichen Gründen erfolgte (Erläuterungen zu Ziff. 2.3: Teilauflösung eines Anschlussvertrages). Die Austretenden hatten in diesem Fall einen Anspruch auf einen angemessenen Anteil der freien Mittel, wenn der Anschlussvertrag mindestens zwei Jahre in Kraft war und die ungebundenen Mittel mehr als 10% des gebundenen Vermögens der Vorsorgeeinrichtung ausmachten.
| 40 |
Freiwillige Austritte einzelner Beschäftigter eines Betriebes waren deshalb nach der Rechtslage im damaligen Zeitpunkt für eine Teilliquidation irrelevant (Urteil 2A.76/1997 vom 30. Juni 1998, mit Hinweis auf BGE 119 Ib 46 E. 4d S. 54 f.).
| 41 |
5.6 Erst nach dem am 1. Januar 1995 in Kraft getretenen Freizügigkeitsgesetz besteht neben dem Anspruch auf Austrittsleistung ausdrücklich auch ein individueller oder kollektiver Anspruch auf freie Mittel (Urteile 2A.614/1996 vom 3. April 1998, E. 4c und B 68/01 vom 30. November 2001, E. 3a; BBl 1992 III 600). Dies ändert indessen nichts daran, dass das Freizügigkeitsgesetz (durch Art. 23 FZG) nur dort zu einer gerechten Zuteilung der freien Stiftungsmittel ![]() | 42 |
43 | |
Demgegenüber erfüllt die am 31. Dezember 1997 und 30. Juni 1998 durch den Arbeitgeber vorgenommene Kündigung aller noch bestehenden Arbeitsverträge den Tatbestand der Gesamt- oder Teilliquidation (STRUB, a.a.O., S. 1529 Anm. 78; BBl 1992 III 600). Die mit der Entlassung aller Arbeitnehmer verbundene Kündigung des Anschlussvertrages im Juni 1998 mit anschliessender Liquidation des Vorsorgewerkes stellt daher keinen mit dem freiwilligen Austritt bzw. der Pensionierung einzelner Arbeitnehmer eines kleinen Unternehmens mit wenigen Mitarbeitern vergleichbaren Vorgang dar. Es ist daher - insbesondere auch unter Beachtung des gemäss Art. 23 FZG den zuständigen Organen zustehenden grossen Ermessensspielraumes - nicht zu beanstanden, wenn die Verteilung der nach der Totalliquidation des Vorsorgewerkes verbleibenden freien Mittel nach anderen Kriterien vorgenommen wurde, als dies ![]() | 44 |
Erwägung 6 | |
45 | |
46 | |
6.3 Diese Verteilung ist hier nicht auf ihre Zulässigkeit hin zu überprüfen und gibt im Übrigen auch nicht zu Bemerkungen Anlass. Denn die freien Mittel der Vorsorgeeinrichtung kommen dieser zu und sind nach dem Sinn und Geist der beruflichen Vorsorge in erster Linie zur Erreichung des Vorsorgezweckes einzusetzen (BGE 128 II 24 E. 4). Bei Teilliquidationen sind daher stets die Interessen aller Destinatäre zu wahren, das heisst sowohl jene des "Fortbestandes" als auch jene des "Abgangsbestandes". Zur Wahrung des Fortbestandsinteresses wird insbesondere die Schaffung einer Wertschwankungsreserve in Höhe von 10-20% der Vermögensanlagen bzw. der Bilanzsumme als angemessen erachtet, um den Versicherten die Weiterführung ihrer Vorsorge im bisherigen Rahmen zu erlauben (HELBLING, a.a.O., S. 265 ff. insb. S. 278). Unter diesen ![]() | 47 |
48 | |
Hat die Liquidation der Personalvorsorgeeinrichtung - wie hier diejenige des Jahres 1998 - ihren Grund in der Aufgabe der Tätigkeit der Arbeitgeberfirma, so ist dem Problem der stufenweisen Aufgabe der Tätigkeit die nötige Beachtung zu schenken, indem auch bereits früher entlassene Arbeitnehmer im Verteilungsplan angemessen zu begünstigen sind (HELBLING, a.a.O., S. 651). In einem solchen Fall ist der Vorgang der schrittweisen Entlassung für den Verteilungsplan möglichst als Einheit zu betrachten (LANG, a.a.O., S. 111).
| 49 |
Da bei Totalliquidationen im Vorfeld häufig ein "schleichender" Personalabbau stattfindet, soll durch die Bestimmung des Liquidationszeitpunktes keine willkürliche Beeinflussung des Destinatärkreises erfolgen; deshalb sind in der Regel auch die in den letzten drei bis fünf Jahren Entlassenen in den Verteilungsplan einzubeziehen (CHRISTINA RUGGLI-WÜEST, Liquidation/Teilliquidation der Vorsorgeeinrichtung, in: Neue Entwicklungen in der beruflichen Vorsorge, Hrsg. René Schaffhauser/Hans-Ulrich Stauffer, St. Gallen 2000, S. 164; STRUB, a.a.O., S. 1528).
| 50 |
6.5 Diese Regel gilt indessen nur, wenn die früher ausgeschiedenen Destinatäre nicht bereits im Rahmen einer Teilliquidation vollständig befriedigt worden sind (MANHART, a.a.O., S. 155; SCHNEIDER, a.a.O., S. 470 N. 48). Zu berücksichtigen sind zudem grundsätzlich bloss Arbeitnehmer, die zuvor unfreiwillig aus dem Betrieb ausgeschieden sind (Urteil 2A.76/1997 vom 30. Juni 1998, E. 2a/bb, 3b, c). Anders verhält es sich nur, wenn sich Mitarbeiter ![]() | 51 |
6.6 Der Austritt des Destinatärs A. (geboren am 19. April 1929) erfolgte nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz freiwillig und aus Altersgründen (dieser hatte im April 1994 das 65. Altersjahr vollendet). Unter diesen Umständen bestehen keine sachlichen Gründe dafür, den bereits bei der Teilliquidation 1994 angemessen an den verfügbaren freien Mitteln beteiligten und insofern vollständig abgefundenen Destinatär A. wiederum in die Verteilung einzubeziehen. Dies umso weniger, als er zufolge seines Austritts nicht weiter zur Bildung der seither erwirtschafteten freien Mittel beigetragen hat. Es verletzt mangels Vergleichbarkeit der Verhältnisse auch den Grundsatz der Gleichbehandlung, den freiwillig, wegen Erreichens des Pensionsalters, aus dem Arbeitgeberbetrieb ausgeschiedenen A. den Verbliebenen gleichzustellen, welche im Rahmen der erst 1996 einsetzenden schrittweisen Aufgabe der Geschäftstätigkeit des Ingenieurbüros Y. durch den Arbeitgeber entlassen wurden. Die Beschwerde ist somit insoweit begründet und gutzuheissen.
| 52 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |