![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
13. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. Kraftwerk Reckingen AG gegen Regierungsrat des Kantons Zürich, Schweizerischer Bundesrat und Rekurskommission des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
2A.51/2002 vom 10. Oktober 2002 | |
Regeste |
Art. 49 Abs. 1 Satz 3 des Bundesgesetzes vom 22. Dezember 1916 über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte (WRG); Änderung des Wasserzinses; notwendige Abstimmung im internationalen Verhältnis. |
Auslegung dieser Bestimmung nach dem Wortlaut (insbesondere des französischen und italienischen Textes), der Entstehungsgeschichte (E. 3) sowie aufgrund der gewohnheits- und völkerrechtlichen Verpflichtungen betreffend die Wassernutzung am Hochrhein (E. 4). Die Wasserzinse für das Kraftwerk Reckingen AG können grundsätzlich nur im Einvernehmen mit dem Land Baden-Württemberg erhöht werden. Gutheissung der Beschwerde. | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
In der Folge erliess der Bundesrat am 28. April 1938 und am 9. Oktober 1956 zugunsten der inzwischen gegründeten Kraftwerk Reckingen AG zwei Zusatzverleihungen, worin die verliehene Wassermenge schrittweise von 425 m3/sec auf 560 m3/sec erhöht wurde. Die zweite Zusatzverleihung vom 9. Oktober 1956 enthielt ebenfalls eine Neuaufteilung der auf das schweizerische Staatsgebiet entfallenden Wasserkraft unter den Kantonen. Neu betrug der Anteil des Kantons Zürich 34,4 Prozent und derjenige des Kantons Aargau 65,5 Prozent (Art. 5 der Zusatzverleihung vom 9. Oktober 1956). Für den schweizerischen Anteil an der gewonnenen Mehrleistung hat das Kraftwerkunternehmen den Kantonen Zürich und Aargau die einmalige Verleihungsgebühr und den jährlichen Wasserzins nach den kantonalen Vorschriften zu entrichten (Art. 7 der Zusatzverleihung vom 9. Oktober 1956). Die Konzession läuft noch bis zum 10. Oktober 2020 (Art. 2 der Zusatzverleihung vom 9. Oktober 1956).
| 2 |
![]() | 3 |
Mit Schreiben vom 25. November 1997 wandte sich das Bundesamt für Wasserwirtschaft (heute: Bundesamt für Wasser und Geologie) an die Bau- und Energiedirektionen der Hochrheinanlieger-Kantone und forderte diese auf, im Sinne einer Übergangslösung Fr. 54.- übersteigende Wasserzinsen ausschliesslich für den schweizerischen Anteil an der Energieproduktion einzufordern, bis die internationale Abstimmung nach Art. 49 Abs. 1 Satz 3 WRG durchgeführt sei.
| 4 |
B.- Am 2. Dezember 1997 stellte das Amt für Gewässerschutz und Wasserbau des Kantons Zürich der Kraftwerk Reckingen AG Rechnung für die noch nicht bezahlte Differenz des früheren Wasserzinses zum Maximalansatz von Fr. 80.- seit Mai 1997. Nachdem sich die Kraftwerk Reckingen AG mit dieser Rechnung nicht einverstanden erklärt hatte, erliess die Baudirektion des Kantons Zürich am 24. Februar 1998 eine anfechtbare Verfügung, mit der die Rechnung vom 2. Dezember 1997 bestätigt wurde.
| 5 |
In der Folge fand ein Rechtsmittelverfahren statt, das mit dem bundesgerichtlichen Urteil vom 4. Dezember 2000 endete. Das Bundesgericht hielt darin unter anderem fest, der Kanton Zürich habe sich mit seiner Verfügung vom 24. Februar 1998 nicht Rechte angemasst, die gemäss Art. 52 WRG dem Bund zustehen würden. Vielmehr habe er lediglich den in der Konzession festgesetzten bzw. bestimmbaren Zins bezogen. Bei der Frage, welche Tragweite der in Art. 49 Abs. 1 WRG erwähnten Abstimmung mit dem Ausland zukomme, handle es sich um einen Streit zwischen Konzessionärin und Verleihungsbehörde, über den die Rekurskommission des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) als Schiedsbehörde zu befinden habe (Art. 71 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 WRG).
| 6 |
C.
| 7 |
C.a Nach Eröffnung des Verfahrens durch die Schiedskommission UVEK stellte die Kraftwerk Reckingen AG mit Eingabe vom 14. Mai 2001 das Begehren, der Wasserzinsbescheid des Kantons ![]() | 8 |
C.b Mit Entscheid vom 11. Dezember 2001 wies die Rekurskommission UVEK die Klage ab, soweit sie darauf eintrat und auferlegte die Verfahrenskosten der Kraftwerk Reckingen AG.
| 9 |
D.- Gegen diesen Entscheid führte die Kraftwerk Reckingen AG mit Eingabe vom 25. Januar 2002 Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht mit dem Antrag, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und dem Begehren der Beschwerdeführerin vom 14. Mai 2001 zu entsprechen.
| 10 |
Aus den Erwägungen: | |
11 | |
Erwägung 2 | |
12 | |
13 | |
"Der Wasserzins darf jährlich 80 Franken pro Kilowatt Bruttoleistung nicht übersteigen. Davon kann der Bund höchstens 1 Franken pro Kilowatt Bruttoleistung zur Sicherstellung der Ausgleichsleistungen an Kantone und Gemeinden nach Artikel 22 Absätze 3-5 beziehen. Im internationalen ![]() | 14 |
Der dritte Satz, die Abstimmung im internationalen Verhältnis betreffend, ist gleichzeitig mit der Erhöhung des Wasserzinsmaximums neu ins Gesetz aufgenommen worden. In der französischen und italienischen Fassung lautet dieser Satz wie folgt:
| 15 |
"Si les rapports internationaux sont touchés, la Confédération veille à ce que chaque modification du taux maximal de la redevance hydraulique fasse l'objet d'un accord international."
| 16 |
"Nei rapporti internazionali, la Confederazione provvede affinché ogni modifica dell'aliquota massima del canone annuo sia oggetto di un accordo internazionale."
| 17 |
18 | |
Erwägung 3 | |
19 | |
3.2 Der deutsche Gesetzestext kann von seinem Wortlaut her unterschiedlich verstanden werden. Zunächst ist ein Verständnis möglich, wonach im internationalen Verhältnis eine Abstimmung ![]() | 20 |
Entstehungsgeschichtlich geht die Bestimmung auf den Vernehmlassungsentwurf von 1993 für ein neues Bundesgesetz über die Bewirtschaftung und Nutzung der Gewässer zurück, wo der entsprechende Artikel lautete:
| 21 |
"Art. 66 Höchstansatz
| 22 |
(...) Im internationalen Verhältnis bedarf jede Änderung des Wasserzinses einer vorgängigen internationalen Abstimmung."
| 23 |
Die Botschaft des Bundesrates für die Teilrevision des Gesetzes enthielt alsdann die schliesslich Gesetz gewordene Formulierung: "Im internationalen Verhältnis sorgt der Bund bei jeder Änderung des Wasserzinsmaximums für die notwendige Abstimmung" (BBl 1995 IV 1024), wozu als Kommentar in der Botschaft ausgeführt wurde (BBl 1995 IV 1010): "Absatz 1 wurde durch einen Vorbehalt betreffend internationale Anlagen ergänzt. Demzufolge bedarf die Änderung des Wasserzinsmaximums im internationalen Verhältnis einer Abstimmung. Für diese ist der Bund zuständig."
| 24 |
Der ursprüngliche Vernehmlassungsentwurf sah noch klar vor, dass jede Änderung des Wasserzinsmaximums im internationalen Verhältnis der vorgängigen internationalen Abstimmung bedürfe. Die Umformulierung in Entwurf und Botschaft des Bundesrates hat seinen Grund offensichtlich darin, dass der Gesetzestext zusätzlich zum Erfordernis der internationalen Abstimmung auch festhalten sollte, dass die Zuständigkeit hierfür beim Bund liegt. Die Einfügung des Adjektivs "notwendig", welche im französischen und italienischen Text nicht gemacht wurde, geschah wohl aus rein sprachlichen Gründen, ohne dass damit eine Veränderung des Normsinns bezweckt worden wäre. Dies bestätigt sich anhand des bundesrätlichen Kommentars, der klar festhält, dass es im internationalen Verhältnis einer internationalen Abstimmung bedarf. Dabei wird ergänzt, die Zuständigkeit liege beim Bund, d.h. genau das, was mit ![]() | 25 |
Aus dem Gesagten lässt sich schliessen, dass der französische und italienische Wortlaut sich deckt mit der Intention des ursprünglichen Vernehmlassungsentwurfs und dem Kommentar, den der Bundesrat in der Botschaft gegeben hat. Dem Adjektiv "notwendig", wie es im deutschen Gesetzeswortlaut verwendet wird und das bei isolierter Betrachtung unterschiedlich interpretiert werden könnte, kommt keine massgebende Bedeutung zu. Vielmehr legt der französische und italienische Wortlaut, der von den Vorarbeiten bestätigt wird, nahe, dass der Gesetzgeber eine internationale Abstimmung grundsätzlich für erforderlich erachtete.
| 26 |
27 | |
Erwägung 4 | |
4.1 Diese sich aus dem schweizerischen Wasserrecht ergebende Rechtslage reflektiert die schweizerische Auffassung der völkerrechtlichen Verpflichtungen. An internationalen Gewässern besteht die Pflicht, dem anderen Staat nicht erheblichen Schaden zu verursachen (no-harm-rule) und bei der Nutzung einen gerechten und billigen Ausgleich zwischen den beteiligten Staaten herbeizuführen (equitable and reasonable utilization). Diese materiellen Grundsätze, die sich in erster Linie zwar auf die physische Nutzung des Wassers beziehen, gelten heute als gewohnheitsrechtlich anerkannt (STEPHEN C. MCCAFFREY, The law of international watercourses, Oxford 2001, S. 324 ff.; LUCIUS CAFLISCH, Règles générales du droit des cours d'eau internationaux, in: Recueil des cours, Bd. 219, 1989-VII, S. 133 ff.). Sie sind jüngst in der Convention on the Law of the Non-navigational Uses of International Watercourses kodifiziert worden, welche von der UN-Generalversammlung 1997 verabschiedet worden ist. Das Bundesgericht seinerseits führte schon zu einer Streitigkeit zwischen den Kantonen Zürich und Aargau aus dem Jahre 1878 ![]() | 28 |
4.2 Bezüglich des Hochrheins ist zunächst auf die Übereinkunft vom 10. Mai 1879 zwischen der Schweiz und dem Grossherzogtum Baden betreffend den Wasserverkehr auf dem Rhein von Neuhausen bis unterhalb Basels (SR 0.747.224.32) zu verweisen, welche sich zwar grundsätzlich auf die Schifffahrt bezieht, doch notwendigerweise auch die Erstellung von Bauten zum Gegenstand hat, die sich auf die Schifffahrt auswirken können. In Art. 5 der Übereinkunft verpflichten sich die beiden Regierungen denn auch, sich gegenseitig Pläne zur Erstellung von Anlagen und Bauten, die sich auf den Wasserabfluss auswirken könnten, "zur tunlichsten Herbeiführung eines Einverständnisses" mitzuteilen. In einem weiteren Vertrag vom 28. März 1929 zwischen der Schweiz und Deutschland über die Regulierung des Rheins zwischen Strassburg/Kehl und Istein (SR 0.747.224.052.1) sagt der Schweizerische Bundesrat zu, "die Verhandlungen betreffend die Erteilung neuer Konzessionen für Kraftwerke zwischen Basel und dem Bodensee nach den bisherigen Grundsätzen gemeinsam mit der badischen Regierung zu führen und möglichst zu beschleunigen" (Art. 6 Abs. 3 Ziff. 1). Mit dem Verweis auf die "bisherigen Grundsätze", welche weiterhin beachtet werden sollen, wird Bezug auf die konstante Praxis genommen, die sich zu ![]() | 29 |
30 | |
Im Verhältnis zum Konzessionär gilt demnach, dass das Land Baden-Württemberg die Wasserzinsen anpassen kann, wenn ![]() | 31 |
Dass die Wasserzinse einseitig von einem Staat ohne Absprache mit dem anderen festgelegt werden könnten, widerspräche somit dem Sinn und Geist der geübten langjährigen Praxis der Wasserkraftnutzung am Hochrhein. Die Schweizerische Eidgenossenschaft erachtet diese für verbindlich. Das in Art. 49 Abs. 1 WRG verankerte Abstimmungserfordernis bezüglich der Erhöhung des Wasserzinsmaximums ist Ausdruck dieser Auffassung.
| 32 |
5. Demnach ergibt sich, dass die Wasserzinse für das Kraftwerk Reckingen nicht ohne Abstimmung mit dem Land Baden-Württemberg ![]() | 33 |
34 | |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |