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17. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes i.S. X. gegen Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
6A.64/2002 vom 17. Dezember 2002 | |
Regeste |
Art. 16 und 17 SVG, Art. 30 Abs. 4 VZV; Warnungsentzug des Führerausweises nach Verkehrsdelikt im Ausland. |
Kann der Vollzug der beiden Massnahmen nicht koordiniert werden und ist die ausländische Massnahme bereits vollzogen, wenn der Warnungsentzug in der Schweiz angeordnet wird, so hat die zuständige Behörde bei der Bemessung der Entzugsdauer der ausländischen Massnahme angemessen Rechnung zu tragen (E. 6). | |
Sachverhalt | |
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Die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch verurteilte X. am 1. März 2001 wegen Lenkens eines Fahrzeugs in einem durch Alkohol beeinflussten Zustand zu einer Geldstrafe. Mit Bescheid vom gleichen Tag aberkannte die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch X. die Berechtigung, in Österreich ein Motorfahrzeug zu führen, für die Dauer von vier Wochen. Straferkenntnis und Aberkennungsbescheid blieben unangefochten und erwuchsen in Rechtskraft. Sie wurden in der Folge den Behörden des Kantons St. Gallen mitgeteilt.
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X. war der Führerausweis im Kanton St. Gallen schon einmal wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand entzogen worden. Der fünfmonatige Entzug hatte am 28. Juni 1997 geendet.
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B.- Ausgehend vom Atemalkoholgehalt von 0,53 mg/l, ermittelte das kantonale Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt mit einem Umrechnungsfaktor von 1,70 einen Blutalkoholgehalt von 0,90 Gewichtspromillen. Mit Verfügung vom 27. April 2001 entzog es X. den Führerausweis für die Dauer von zwölf Monaten (Art. 16 Abs. 3 lit. b und Art. 17 Abs. 1 lit. d SVG).
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C.- X. erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, es sei von einem Führerausweisentzug abzusehen. Subsidiär sei das Fahrverbot auf einen Monat und auf das Gebiet der Schweiz zu beschränken und es sei ihm ein rechtsgenüglicher Führerausweis zu überlassen, der es ihm erlaube, während des Entzugs des schweizerischen Führerausweises im Ausland ein Fahrzeug zu lenken. Sodann beantragt er die aufschiebende Wirkung für die Beschwerde und die Abnahme von Beweisen.
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D.- Die Verwaltungsrekurskommission beantragt unter Hinweis auf den angefochtenen Entscheid die Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) pflichtet dem angefochtenen Entscheid grundsätzlich bei. Es schlägt aber vor, die Entzugsdauer auf elf Monate herabzusetzen, um dem in Österreich schon vollzogenen einmonatigen Fahrverbot Rechnung zu tragen.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut.
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Aus den Erwägungen: | |
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Die durch BGE 128 II 133 eingeleitete Änderung der Rechtsprechung hat nicht zur Folge, dass im Falle, in welchem der Tatortstaat die Fahrberechtigung entzieht, die Dauer des Entzuges in der Schweiz durch die Dauer der ausländischen Massnahme begrenzt wird. Entziehen schweizerische Behörden einem in der Schweiz wohnhaften Fahrzeuglenker den Führerausweis, so haben sie dies ausschliesslich in Anwendung schweizerischen Rechtes zu tun. Dieses kennt jedoch keine Norm, die es erlaubte, in Fällen von Auslandtaten von der allgemeinen gesetzlichen Ordnung abzuweichen. Es sind beim Nachvollzug somit die schweizerischen Bestimmungen über die Festsetzung der Dauer und insbesondere jene über die Mindestdauer des Entzuges zu beachten. Anlässlich der letzten Revision des Strassenverkehrsgesetzes vom 14. Dezember 2001 (AS 2002 S. 2767) sind im Übrigen die Vorschriften über die Mindestentzugsdauer verschärft worden, und der Gesetzgeber hat ausdrücklich festgehalten, dass diese nicht unterschritten werden darf (Art. 16 Abs. 3 nSVG). Würde die gesetzliche Mindestentzugsdauer beim Nachvollzug einer ausländischen Massnahme nicht beachtet, widerspräche dies dem klaren Willen des Gesetzgebers.
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Die Vorinstanz hat auf die in Art. 17 Abs. 1 lit. d SVG festgelegte Mindestentzugsdauer von zwölf Monaten bei Rückfall innert fünf Jahren abgestellt. Damit hat sie kein Bundesrecht verletzt.
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(...)
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6. Der Beschwerdeführer macht schliesslich geltend, der Führerausweisentzug führe mangels Koordination zwischen den österreichischen und den schweizerischen Behörden im Ergebnis zu einer ![]() | 17 |
In diesem Zusammenhang schlägt das ASTRA vor, den Ausweisentzug auf elf Monate zu begrenzen, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Ausweisentzug in der Schweiz dem Beschwerdeführer auch das Führen eines Fahrzeugs in Österreich verbietet, obwohl er dort bereits während eines Monats nicht habe fahren dürfen.
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Daran hat sich das in erster Instanz verfügende Amt gehalten. Es hielt in der Entzugsverfügung fest: "Damit ist Ihnen für die genannte Dauer das Recht aberkannt, in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein ein Motorfahrzeug zu führen. Es steht Ihnen frei, gegen Bezahlung einer Gebühr einen internationalen Führerausweis zu beantragen."
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Der Beschwerdeführer hat diese Anordnung im kantonalen Rekursverfahren angefochten. Er berief sich auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtes Basel-Landschaft vom 30. Januar 2001, in welchem die Stellungnahme einer deutschen Amtsstelle wiedergegeben ![]() | 21 |
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Die vom Bundesgericht im obgenannten unveröffentlichten Entscheid angeregte Erteilung eines internationalen Führerausweises erweist sich damit als nicht praktikabel. In diesem Punkt muss vom Entscheid abgerückt werden.
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Vom genannten Entscheid ist das Bundesgericht im Übrigen schon in einem andern Punkt abgewichen. Es hat erkannt, dass sich der Grundsatz "ne bis in idem" nur auf die strafrechtliche Verfolgung von Delikten bezieht und deshalb auf die vom Tatort- und vom Wohnsitzstaat ausgesprochenen Administrativmassnahmen nicht anwendbar ist. Gleichzeitig hat es aber bekräftigt, dass die auf Grund der bestehenden Doppelspurigkeit angeordneten Massnahmen in ihrer Gesamtheit schuldangemessen sein müssen und nicht zu einer verkappten Doppelbestrafung führen dürfen (BGE 128 II 133 E. 3b/bb).
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Bei Straftaten mit internationalem Bezug können unter Umständen mehrere Strafrechtsordnungen anwendbar sein und der Täter kann wegen derselben Tat sowohl im Ausland wie in der Schweiz ![]() | 26 |
Die schweizerische Entzugsbehörde hat demzufolge die schon vollstreckte ausländische Massnahme anzurechnen und die Dauer des Entzuges des nationalen Führerausweises so festzusetzen, dass dieser Entzug und die ausländische Massnahme zusammen nicht strenger erscheinen als der Entzug des nationalen Ausweises, der ausgesprochen worden wäre, wenn die Anlasstat in der Schweiz begangen worden wäre. Wie hierbei der Entzug der Fahrberechtigung im fremden Staat zu gewichten ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab, namentlich davon, ob der Betroffene in diesem Staat ein Fahrzeug selten oder häufig führt und ob ihn deshalb die ausländische Massnahme während der entsprechenden Zeit nur in geringem oder in starkem Masse einschränkte.
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Die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zwecks weiterer Abklärungen drängt sich angesichts der feststehenden Tatsachen und des zu treffenden Entscheids nicht auf. Der Beschwerdeführer benutzt sein Fahrzeug für seine berufliche Tätigkeit vorwiegend ausserhalb Österreichs, und er hat auch seinen Wohnsitz ausserhalb dieses Landes. Die Einschränkung in privaten, wenn auch regelmässigen Tätigkeiten in Österreich hat damit verhältnismässig wenig Gewicht. Unter diesen Umständen ist die Verkürzung des schweizerischen Führerausweisentzugs um einen halben Monat jedenfalls hinreichend, um dem bereits vollzogenen einmonatigen Entzug der Fahrberechtigung in Österreich Rechnung zu tragen.
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