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Informationen zum Dokument  BGE 129 II 175  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
Erwägung 2
3. Der Beschwerdegegner erwarb seinen chinesischen Ausweis am 27. ...
Erwägung 4
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18. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. Verkehrsamt des Kantons Schwyz gegen X. sowie Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
 
 
2A.415/2002 vom 7. Februar 2003
 
 
Regeste
 
Art. 22 Abs. 1 SVG; Art. 42 Abs. 4 und Art. 45 Abs. 1 VZV; Art. 45 Abs. 4 VZV; Aberkennung eines ausländischen Führerausweises; Objektivierung der Voraussetzungen; Wahl des Inhabers zwischen Hinterlegung des Ausweises und Anmerkung der Ungültigkeit.  
Wer entgegen den Zuständigkeitsbestimmungen einen Führerausweis im Ausland erwirbt und in der Schweiz einen Lernfahrausweis beantragt, tritt als potenzieller Motorfahrzeugführer auf und schafft so objektive Umstände, welche die Aberkennung des ausländischen Ausweises rechtfertigen (E. 3).  
Der Inhaber kann wählen, ob der aberkannte ausländische Ausweis nach Art. 45 Abs. 4 VZV hinterlegt oder die Ungültigkeit für das Gebiet der Schweiz darin angemerkt wird (E. 4).  
 
Sachverhalt
 
BGE 129 II, 175 (176)X., geboren 1978, stammt aus der Volksrepublik China und reiste 1993 in die Schweiz ein. Er verfügt über eine Aufenthaltsbewilligung B und hat sich seit dem Einreisedatum nie ins Ausland abgemeldet.
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Am 15. März 2000 stellte ihm das Verkehrsamt des Kantons Schwyz (nachfolgend: Verkehrsamt) auf Gesuch hin einen Lernfahrausweis der Kategorie B mit Gültigkeit bis zum 15. September 2001 aus.
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X. erwarb am 27. Februar 2001 anlässlich eines Ferienaufenthaltes in der Volksrepublik China den chinesischen Führerausweis für Motorfahrzeuge.
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Am 27. Juni 2001 scheiterte er bei der theoretischen Fahrprüfung in Pfäffikon und ersuchte am 15. Oktober 2001 das Verkehrsamt des Kantons Schwyz erneut um Erteilung eines Lernfahrausweises der Kategorie B. Auf dem Gesuchsformular erwähnte er unter Ziffer 4 den Erwerb des chinesischen Führerausweises.
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Das Verkehrsamt des Kantons Schwyz verfügte am 15. März 2002 die Aberkennung des ausländischen Führerausweises auf unbestimmte Zeit. Im Wesentlichen mit der Begründung, X. habe die "Niederlassungsbewilligung B", womit sein Wohnsitz in der Schweiz sei. Den Führerausweis habe er demzufolge unter Umgehung des Wohnortprinzips in China erworben. Es handle sich somit um eine "klassische Umgehung".
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Auf telefonische Intervention des damaligen Rechtsvertreters von X. hin ersetzte das Verkehrsamt am 25. März 2002 seine Verfügung vom 15. März 2002 durch eine neue, wobei es wiederum den ausländischen Führerausweis auf unbestimmte Zeit aberkannte und die Begründung teilweise änderte. Auch wenn X. nicht beabsichtigt habe, mit diesem Ausweis in der Schweiz zu fahren, müsse dieser gleichwohl aberkannt werden. X. habe ein Verfahren ausgelöst, weshalb es sich rechtfertige, ihm die Verfahrenskosten zu auferlegen.
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BGE 129 II, 175 (177)Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz (nachfolgend: Verwaltungsgericht) hiess die gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde am 28. Juni 2002 gut und hob die angefochtene Verfügung im Sinne der Erwägungen auf. Es erwog im Wesentlichen, dass kein Umgehungstatbestand erstellt und die verfügte Massnahme der Aberkennung unverhältnismässig sei.
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Das Verkehrsamt führt beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, den Entscheid des Verwaltungsgerichts aufzuheben und X. den ausländischen Führerausweis auf unbestimmte Zeit abzuerkennen.
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X. beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Verwaltungsgericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Strassen beantragt die Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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Das Bundesgericht heisst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut, hebt den Entscheid des Verwaltungsgerichts auf und weist die Sache zum neuen Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurück.
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Aus den Erwägungen:
 
 
Erwägung 2
 
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2.2 Motorfahrzeugführer aus dem Ausland dürfen in der Schweiz nur Motorfahrzeuge führen, wenn sie einen gültigen nationalen Führerausweis oder einen gültigen internationalen Führerausweis nach dem internationalen Abkommen vom 24. April 1926 über Kraftfahrzeugverkehr (SR 0.741.11) oder nach dem (von der Schweiz nicht ratifizierten) Abkommen vom 19. September 1949 über den Strassenverkehr oder nach jenem vom 8. November 1968 über den Strassenverkehr (SR 0.741.10) besitzen (Art. 42 Abs. 1 VZV). Die Wirksamkeit des ausländischen Ausweises ist auf dem Schweizer Territorium insofern eingeschränkt, als Fahrzeugführer aus dem Ausland, die seit zwölf Monaten in der Schweiz wohnen und sich in dieser Zeit BGE 129 II, 175 (178)nicht länger als drei Monate ununterbrochen im Ausland aufgehalten haben, einen schweizerischen Führerausweis benötigen (Art. 42 Abs. 3bis lit. a VZV). Dessen Erwerb richtet sich nach Art. 44 VZV. Dem Inhaber eines gültigen nationalen ausländischen Ausweises wird der schweizerische Führerausweis der entsprechenden Kategorie erteilt, wenn er auf einer Kontrollfahrt nachweist, dass er die Verkehrsregeln kennt und Fahrzeuge der Kategorien, für die der Ausweis gelten soll, sicher zu führen versteht (Art. 44 Abs. 1 VZV).
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In Bezug auf ausländische Führerausweise, die in Umgehung der schweizerischen oder ausländischen Zuständigkeitsbestimmungen im Ausland erworben werden, sind indes die Rechtsfolgen in der VZV unklar geregelt. Solche Ausweise dürfen nach Art. 42 Abs. 4 VZV in der Schweiz nicht verwendet werden. Nach Art. 45 Abs. 1 Satz 2 VZV sind sie ausserdem auf unbestimmte Zeit abzuerkennen. Daraus folgt nach BGE 109 Ib 205 E. 4a S. 208 jedoch nicht, dass ausländische Führerausweise, die in der Schweiz nicht verwendet werden dürfen, stets abzuerkennen sind. Die schweizerischen (und a fortiori die ausländischen) Zuständigkeitsvorschriften gestatten vielmehr einer in der Schweiz wohnhaften Person, in einem ausländischen Staat den Führerausweis zu erwerben, wenn der Betreffende diesen nur im Ausland verwenden will. Erst die Verwendung des ausländischen Ausweises in der Schweiz stellt eine Umgehung der schweizerischen Zuständigkeitsbestimmungen dar und begründet die Aberkennung des ausländischen Ausweises. Allein dessen Besitz verstösst nicht gegen schweizerisches Recht und rechtfertigt keine Aberkennung, soweit nicht nachgewiesen ist, dass der Betreffende den Führerausweis benützt hat oder willens ist, dies zu tun (BGE 108 Ib 57 E. 3a S. 60 f.; BGE 109 Ib 205 E. 4a S. 208; Urteile 2A.485/1999 vom 8. Februar 2000, E. 2a, 2A.485/1996 vom 26. September 1997, E. 4a und 2A.275/1988 vom 10. Mai 1989, E. 2b).
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2.4 Für die Aberkennung wegen Umgehung der Zuständigkeitsbestimmungen müssen nach dieser bisherigen Rechtsprechung somit objektive und subjektive Tatbestandsmerkmale erfüllt sein. Objektiv ist der Erwerb eines ausländischen Ausweises im Ausland unter Verletzung des Wohnsitzprinzips notwendig. Der Besitz eines BGE 129 II, 175 (179)ausländischen Ausweises allein führt jedoch nicht automatisch zur Aberkennung (vgl. BGE 109 Ib 205 E. 4a S. 208; BGE 108 Ib 57 E. 3a S. 60). Dafür ist entweder der widerrechtliche Gebrauch des Ausweises oder der - von den Behörden nur schwer zu erbringende - Nachweis der subjektiven Absicht der widerrechtlichen Verwendung notwendig. Das Bundesgericht führte zwar im Urteil 2A.485/1999 vom 8. Februar 2000, E. 2b, aus, die (subjektive) Umgehungsabsicht spiele keine Rolle; es genüge die objektive Umgehung der Zuständigkeitsbestimmungen für eine Aberkennung nach Art. 42 Abs. 4 und Art. 45 Abs. 1 VZV. In jenem Fall war jedoch die Absicht bzw. die erfolgte Verwendung des ausländischen Ausweises in der Schweiz nicht bestritten. Deshalb scheint sich dieser Hinweis nur auf die Widerrechtlichkeit der Verwendung des Ausweises zu beziehen.
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Die praktische Möglichkeit und das Bedürfnis nach Aberkennung besteht dann, wenn der Inhaber des Ausweises in der Schweiz unzulässigerweise ein Fahrzeug führt bzw. geführt hat oder gegenüber den schweizerischen Behörden als potenzieller Motorfahrzeugführer auftritt. Eine individualrechtliche Anordnung, welche das generell-abstrakte Verbot der Verwendung zuständigkeitswidrig erworbener Ausweise aktualisiert und durch Aberkennung bzw. Hinterlegung des ausländischen Ausweises auch besser durchsetzbar macht, erscheint nicht erst dann gerechtfertigt, wenn die Absicht der widerrechtlichen Verwendung eindeutig nachgewiesen ist, sondern bereits dann, wenn auf Grund objektiver Umstände mit der Möglichkeit zu rechnen ist, dass der betreffende Inhaber den Ausweis in der Schweiz widerrechtlich benützen könnte.
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Der von der bisherigen Rechtsprechung verlangte Nachweis der subjektiven Absicht der widerrechtlichen Verwendung ergibt sich denn auch nicht zwingend aus dem Begriff der Umgehung. Eine "Umgehung" der Zuständigkeitsbestimmungen liegt bereits dann vor, wenn eine in der Schweiz wohnhafte Person den Führerausweis entgegen der Regel von Art. 22 Abs. 1 SVG nicht in der Schweiz als zuständigem Wohnsitzstaat, sondern im Ausland erwirbt. Hierin liegt zwar keine Verletzung der schweizerischen Rechtsordnung, BGE 129 II, 175 (180)weil dieser Vorgang ausserhalb des schweizerischen Hoheitsbereichs liegt, aber es handelt sich um eine Umgehung der schweizerischen Zuständigkeitsordnung, welche bezüglich der Fahrberechtigung in der Schweiz entsprechende Rechtsfolgen nach sich zieht. Es rechtfertigt sich deshalb, auf das bisher verlangte subjektive Tatbestandselement als unabdingbare Voraussetzung zu verzichten und die Aberkennungsvoraussetzungen zu objektivieren. Die Zuständigkeitsbestimmungen im Sinne von Art. 45 Abs. 1 Satz 2 VZV umgeht deshalb nicht nur, wer einen Führerausweis im Ausland erwirbt, obwohl er ihn in der Schweiz hätte erwerben müssen, und den so erworbenen ausländischen Ausweis in der Schweiz verwenden will; es genügt vielmehr bereits, wenn auf Grund objektiver Umstände mit der Möglichkeit zu rechnen ist, dass der betreffende Inhaber den Ausweis in der Schweiz widerrechtlich benützen könnte. Die bisherige Rechtsprechung ist insofern zu präzisieren.
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3. Der Beschwerdegegner erwarb seinen chinesischen Ausweis am 27. Februar 2001 zu einem Zeitpunkt, in dem er seinen Wohnsitz in der Schweiz hatte. Mit dem Erwerb missachtete er unbestrittenermassen die Zuständigkeitsbestimmungen. Nachdem er die theoretische Fahrprüfung nicht bestanden hatte, stellte der Beschwerdegegner am 15. Oktober 2001 ein zweites Gesuch um Erteilung eines schweizerischen Lernfahrausweises, in dem er seinen chinesischen Ausweis korrekt deklarierte. Damit trat er dem Verkehrsamt gegenüber als potenzieller Motorfahrzeugführer auf, sodass objektive Umstände vorhanden sind, auf Grund derer mit der Möglichkeit zu rechnen ist, dass der Beschwerdegegner den Ausweis in der Schweiz widerrechtlich benutzen könnte. Der unter Umgehung der Zuständigkeitsbestimmungen erworbene chinesische Ausweis ist deshalb im Sinn der präzisierten Rechtsprechung nach Art. 45 Abs. 1 Satz 2 VZV abzuerkennen. Indem das Verwaltungsgericht die Aberkennungsverfügung des Verkehrsamtes aufhob, verletzte es somit Bundesrecht, weshalb der angefochtene Entscheid aufzuheben ist.
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Erwägung 4
 
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BGE 129 II, 175 (181)4.2 Als wohl mildere Massnahme gegenüber der Einziehung könnte die Aberkennung eines ausländischen Führerausweises für das Gebiet der Schweiz auch im betreffenden Ausweis eingetragen werden. Diese Möglichkeit ist in Art. 45 Abs. 1 VZV nur für internationale Führerausweise vorgesehen. Ein solches Vorgehen muss aber auch bei nationalen ausländischen Ausweisen möglich sein, wenn sich der Inhaber ausdrücklich mit einem derartigen Eintrag einverstanden erklärt. Eine Ungültigerklärung des Ausweises durch Anmerkung und Stempelung der Urkunde ist zweckmässig, weil dadurch der betreffende ausländische Ausweis für das Gebiet der Schweiz unmittelbar entwertet wird. Die polizeiliche Kontrolle ist damit ebenso gut gewährleistet wie bei einer Hinterlegung. Die Anmerkung direkt auf dem Dokument verringert zudem nicht nur den Verwaltungsaufwand der Behörde; auch mit Rücksicht auf die Umtriebe, die dem Beschwerdegegner durch die Hinterlegung des Ausweises bei beabsichtigter Verwendung desselben im Ausland entstehen würden, erscheint sie praktikabel und verhältnismässig (BGE 121 II 447 E. 4 S. 452 f. mit Hinweisen).
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Das Verwaltungsgericht wird auch über die kantonalen Verfahrenskosten neu zu befinden haben und erhält Gelegenheit, die dem Beschwerdegegner vom Verkehrsamt auferlegten Kosten auf ihre Recht- und Verhältnismässigkeit zu überprüfen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdegegner nicht mit einem zusätzlichen Verfahren rechnen musste, als er sein Gesuch um Erteilung eines Lernfahrausweises korrekt ausfüllte. Das Verkehrsamt aberkannte ihm den chinesischen Ausweis entgegen der bisherigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung und die vom Betroffenen dagegen erhobene Beschwerde war insoweit nicht unbegründet.
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