BGE 129 II 401 | |||
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39. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung i.S. X. gegen Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
5A.29/2002 vom 27. März 2003 | |
Regeste |
Erleichterte Einbürgerung (Art. 27 BüG); Tod des schweizerischen Ehepartners während des Einbürgerungsverfahrens. |
Offen gelassen, ob vor dem Ableben der Ehefrau eine tatsächliche eheliche Gemeinschaft im Sinne von Art. 27 BüG bestanden hat (E. 3). Ein Härtefall liegt nicht vor (E. 4). | |
Sachverhalt | |
A.- X. (geboren 1949) ersuchte am 3. Dezember 1999 beim Bundesamt für Ausländerfragen (BFA) um Erteilung der erleichterten Einbürgerung. Am 21. Juli 2000 forderte das BFA beim Bürgerrechtswesen des Justizdepartementes des Kantons Luzern einen Erhebungsbericht an und ersuchte mit Schreiben vom 15. November 2000 den Gesuchsteller, Personen zu nennen, die bestätigen könnten, dass er mit seiner Frau in ehelicher Gemeinschaft lebe. Am 27. November 2000 teilte der Sozialdienst Luzern im Auftrag von X. mit, dass seine Ehefrau am 3. Oktober 2000 nach längerer Krankheit und Pflegebedürftigkeit gestorben sei.
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Mit Schreiben vom 19. Dezember 2000 machte das BFA den Gesuchsteller darauf aufmerksam, dass die erleichterte Einbürgerung nicht beantragt werden könne, wenn der schweizerische Ehepartner verstorben sei. Nach doppeltem Schriftenwechsel mit dem Rechtsvertreter von X. wies das BFA mit Verfügung vom 29. März 2001 das Gesuch um erleichterte Einbürgerung ab. Der Weiterzug der Sache an das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) blieb erfolglos.
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B.- Mit Eingabe vom 30. Oktober 2002 führt X. Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt, den Entscheid des EJPD vom 9. Oktober 2002 aufzuheben.
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C.- Das EJPD beantragt unter Hinweis auf seinen Entscheid Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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Das Bundesgericht weist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 2 | |
2.1 Der Beschwerdeführer bringt vor, für die Prüfung, ob die Voraussetzungen für die erleichterte Einbürgerung gegeben seien, sei einzig der Zeitpunkt der Gesuchsstellung relevant. Denn wäre im vorliegenden Fall nur ein wenig früher hierüber entschieden worden, so wäre der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Todesfalles seiner Schweizer Ehefrau schon eingebürgert gewesen.
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2.4 Nach dem angefochtenen Entscheid trifft das BFA praxisgemäss die Unterscheidung, ob der Tod des schweizerischen Ehepartners vor oder während des Einbürgerungsverfahrens eingetreten ist. Im ersten Fall tritt es auf ein Einbürgerungsgesuch ein, wenn schweizerische Kinder aus der Ehe hervorgegangen sind, wenn die Ehe lange gedauert hat (mehr als 10 Jahre) oder wenn zwischen dem Zeitpunkt des Todes und der Gesuchsstellung nur wenig Zeit vergangen ist (so auch ROLAND SCHÄRER, a.a.O., S. 35). Diese Ausnahmemöglichkeit soll grundsätzlich unzumutbare Härten vermeiden und jenen Gesuchstellerinnen und Gesuchstellern zu Gute kommen, welche im Zeitpunkt des Todes des schweizerischen Ehegatten sämtliche Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllten, indessen bis dahin noch kein Gesuch um erleichterte Einbürgerung eingereicht hatten. Beim Tod des schweizerischen Ehegatten während des Einbürgerungsverfahrens wird vom BFA die erleichterte Einbürgerung bewilligt, wenn die Einbürgerungsvoraussetzungen offensichtlich erfüllt sind und die Nichteinbürgerung eine unzumutbare Härte für den Gesuchsteller darstellen würde.
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2.5 Mit der Schaffung von Art. 27 BüG wollte der Gesetzgeber dem ausländischen Ehegatten eines Schweizer Bürgers die erleichterte Einbürgerung ermöglichen, um die Einheit des Bürgerrechts der Ehegatten im Hinblick auf ihre gemeinsame Zukunft zu fördern (BGE 128 II 97 E. 3a). Mit dem Tod des Schweizer Ehegatten kann dieser Zweck nicht mehr erreicht werden. Nach Auffassung der parlamentarischen Kommission sollte der Tod des schweizerischen Ehepartners nicht gleichzeitig mit dem Verlust jeglicher Möglichkeit der erleichterten Einbürgerung verbunden sein. Zwar besteht kein Rechtsanspruch auf erleichterte Einbürgerung (HÄFELIN/HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 5. Aufl., 2001, Rz. 1339 S. 378; SCHAFFHAUSER, Bürgerrechte, in: Thürer/Aubert/Müller [Hrsg.], Verfassungsrecht der Schweiz, Zürich 2001, Rz. 31 S. 326). Doch hat der Gesuchsteller durch die Ehe mit der Schweizer Ehefrau eine Vertrauensposition erworben, die er mit deren Tod nicht einfach verlieren soll. Indem die Verwaltung eine Sonderregelung für Härtefälle vorsieht, hat sie die Absicht des Gesetzgebers angemessen umgesetzt. Worin diese Härtefälle bestehen sollen, ist keine Frage, die sich abstrakt ein für alle Mal beantworten lässt. Die Verwaltungsbehörden werden sie vielmehr von Fall zu Fall eingehend prüfen, unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte: So werden sie unter anderem beachten, dass in Fällen wie dem vorliegenden die Folgen der Verweigerung einer erleichterten Einbürgerung und nicht die Auswirkungen der Abweisung einer Aufenthaltsbewilligung zu beurteilen sind. Sie werden ferner den Ausnahme- und Einzelfallcharakter der Härtefallbestimmungen im Auge behalten, der gerade danach verlangt, dass solche Bestimmungen nur bei Vorliegen strenger Voraussetzungen zum Zuge kommen sollen, gefährdet doch deren allzu grosszügige Handhabung die Rechtssicherheit, was letztlich zu einer Aushöhlung des Gesetzes führen kann (THIERRY STEIERT, Härtefälle im Ausländer- und Asylrecht, in: Recht im Umbruch, Sondernummer der Freiburger Zeitschrift für Rechtsprechung, Freiburg 2002, S. 222 und 230/231 zu den Kriterien für die Beurteilung eines Härtefalls). Dabei versteht sich von selbst, dass es dem Gesuchsteller obliegt, die Gründe anzugeben und den Beweis zu erbringen, weshalb gerade sein Fall die Anwendung der Härteklausel verlangt.
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Das EJPD fährt fort, andererseits springe ins Auge, dass die Ehegattin im Zeitpunkt der Heirat im November 1994 bereits 89 Jahre alt gewesen sei und ein Altersunterschied von 44 Jahren bestanden habe. Bei der Einreise und der Stellung des Asylgesuchs im März 1993 sei der Beschwerdeführer noch verheiratet gewesen, und seine Ausführungen zum Asylgesuch hätten nicht erkennen lassen, dass seine (damalige) Ehe keinen faktischen Bestand mehr gehabt hätte. Er habe im Gegenteil geltend gemacht, selbst im Zeitpunkt des fluchtauslösenden Ereignisses am 8. März 1993 mit seiner Ehefrau unterwegs gewesen zu sein und auch danach noch telefonische Kontakte mit ihr gehabt zu haben. Das stehe in einem gewissen Widerspruch zur Tatsache, dass bereits am 10. Mai 1993 in Albanien die Scheidung ausgesprochen worden sei. Ende Juni 1993 sei der erstinstanzlich abweisende Asylentscheid ergangen, welcher Ende Februar 1994 auf Beschwerde des Gesuchstellers von der Asylrekurskommission mit der damit verbundenen Wegweisung bestätigt worden sei. Unmittelbar zuvor hätten sich die späteren Ehegatten kennen gelernt. Der Beschwerdeführer sei Ende März aus der Schweiz ausgereist, habe am 13. April 1994 beim schweizerischen Generalkonsulat in Mailand ein Gesuch um Wiedereinreise zwecks Heirat deponiert. Schliesslich falle noch auf, dass der Beschwerdeführer auf seinen veränderten Zivilstand gegenüber den schweizerischen Behörden offenbar erst im Zusammenhang mit den Bemühungen um eine Wiedereinreise im April 1994 (also rund ein Jahr nach der Scheidung) aufmerksam gemacht habe.
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Die Vorinstanz hat offen gelassen, ob eine Scheinehe im klassischen Sinne vorliegt (BGE 122 II 289). Denn Tatsache sei, dass die aufgezeigten Indizien erheblich daran zweifeln liessen, dass seitens des Beschwerdeführers eine Ehe tatsächlich mit dem vorrangigen Ziel eingegangen worden sei, eine stabile eheliche Gemeinschaft zu begründen. Zusammenfassend ergebe sich somit, dass die Einbürgerungsvoraussetzungen nicht offensichtlich erfüllt seien.
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3.3 Es kann offen gelassen werden, ob nicht schon wegen des hohen Alters der verstorbenen Ehefrau und der sehr geringen Lebenserwartung die Beziehung seitens des Beschwerdeführers trotz der nach aussen hin ungetrübten Ehegemeinschaft dennoch bloss als fiktiv bewertet werden muss; denn die Vorinstanz hat mit der Ablehnung der erleichterten Einbürgerung das ihr zustehende Ermessen nicht überschritten (E. 4 hernach).
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Aus dem Dossier ergibt sich vielmehr, dass der Beschwerdeführer die Niederlassungsbewilligung C besitzt. Diese ist auf Dauer angelegt und vermittelt den für ausländische Staatsangehörige günstigsten Anwesenheitsstatus. Sie ist unbefristet und bedingungsfeindlich (Art. 6 Abs. 1 ANAG [SR 142.20]). Wer die Niederlassungsbewilligung besitzt, kann sich zwecks Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf die Wirtschaftsfreiheit berufen; gemäss Art. 3 Abs. 10 ANAV (SR 142.201) ist die Erwerbstätigkeit demnach keinen fremdenrechtlichen Beschränkungen unterworfen (PETER UEBERSAX, in: Uebersax/Münch/Geiser/Arnold [Hrsg.], Ausländerrecht, Basel 2002, Rz. 5.70 S. 154/155, mit Hinweis auf BGE 116 Ia 237 E. 2c und d, sowie im selben Kommentar ANDREAS ZÜND, Rz. 6.6 S. 208). Der Beschwerdeführer hat sich somit nicht um den Verbleib in der Schweiz zu fürchten. Dem vorliegenden Dossier kann zudem entnommen werden, dass er während seiner Anwesenheit in der Schweiz an verschiedenen Stellen gearbeitet hat und ihm gute Arbeitszeugnisse ausgestellt worden sind. Wird er nicht gemäss Art. 27 BüG erleichtert eingebürgert, kann er ein Gesuch um ordentliche Einbürgerung stellen, wenn er während insgesamt 12 Jahren in der Schweiz Wohnsitz gehabt hat, wovon 3 in den letzten 5 Jahren vor Einreichung des Gesuchs (Art. 15 Abs. 1 BüG).
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