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4. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes i.S. X. gegen Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
6A.52/2003 vom 11. November 2003 | |
Regeste |
Art. 16 Abs. 2 und 3, Art. 17 Abs. 1bis, 2 und 3 SVG; Art. 30 Abs. 2 und Art. 33 Abs. 1 VZV; Wiedererteilung des zu Warnzwecken entzogenen Führerausweises. | |
Sachverhalt | |
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Nach seinem Umzug in den Kanton Schwyz ordnete das dortige Verkehrsamt eine medizinische Begutachtung der Fahreignung von X. an. Das Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich stellte am 19. August 2002 fest, dass dieser zwar alkohol- und drogengefährdet sei, die Fahreignung derzeit aber medizinisch und verkehrspsychologisch befürwortet werden könne.
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Gestützt auf diese Sachverhalte verfügte das Verkehrsamt des Kantons Schwyz am 13. Januar 2003 gegenüber X. einen Führerausweisentzug von drei Monaten. Als Nebenbestimmung ordnete es eine ärztlich kontrollierte Alkohol- und Drogenabstinenz, die Kontrolle und Behandlung des Herz-Kreislaufsystems sowie das Einreichen eines Verlaufsberichts nach drei Monaten an. Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz hiess am 28. Mai 2003 die gegen diesen Entscheid ergriffene Beschwerde im Sinne der Erwägungen gut und setzte die Dauer des Führerausweisentzugs auf zwei Monate herab.
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B. X. erhebt gegen den zuletzt genannten Entscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt dessen Aufhebung, soweit darin die vom Verkehrsamt verfügten Auflagen bestätigt werden. Eventuell sei die Angelegenheit an das Verwaltungsgericht zu neuem Entscheid zurückzuweisen.
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Das Verwaltungsgericht und das Bundesamt für Strassen beantragen die Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
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- ärztlich kontrollierte Alkoholabstinenz gemäss Vorgehen im Merkblatt;
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- ärztlich kontrollierte Drogenabstinenz gemäss Vorgehen im Merkblatt;
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- Kontrolle und Behandlung des Herz-Kreislaufsystems gemäss Vorschrift des Hausarztes;
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- Einreichen eines Verlaufsberichts nach drei Monaten, gerechnet ab Beginn der kontrollierten Alkoholtotalabstinenz und Drogenabstinenz.
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Aus der Begründung der Entzugsverfügung geht hervor, dass die genannten Auflagen den Empfehlungen des verkehrsmedizinischen Gutachtens entsprechen. Weiter hält das Verkehrsamt fest, dass eine Aushändigung des Führerausweises nach Ablauf der dreimonatigen Entzugsdauer nur erfolge, wenn die Auflagen erfüllt seien. Zum Nachweis sei ein Zeugnis einzusenden. Der Entzugsverfügung ist schliesslich zu entnehmen, dass ein vorsorglicher Sicherungsentzug verfügt werden müsste, sollte das gewünschte Zeugnis nicht eingereicht werden oder ungünstig lauten.
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Der Beschwerdeführer rügt, das Verwaltungsgericht habe die Aufnahme der erwähnten Auflagen in die Entzugsverfügung geschützt, obwohl eine solche Nebenbestimmung bei einem Warnungsentzug dem Bundesrecht widerspreche. Diese Art des Entzugs sei im Gegensatz zum Sicherungsentzug auflagenfeindlich, und er habe bei Ablauf der Entzugsdauer Anspruch auf Wiederaushändigung des Führerausweises, ohne die Einhaltung von Auflagen nachweisen zu müssen.
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2. Das Bundesgericht hat sich in einem Entscheid aus dem Jahre 1989, auf den sich der Beschwerdeführer beruft, zu der aufgeworfenen Frage geäussert. Danach ist es bundesrechtswidrig, einen Warnungsentzug mit der Verpflichtung des fehlbaren Lenkers zu verbinden, ärztliche Bescheinigungen über das Einhalten einer Drogenabstinenz vorzulegen. Denn eine solche Auflage diene dem Interesse der Verkehrssicherheit und sei allenfalls im Rahmen ![]() | 14 |
Im Lichte dieser Grundsätze erscheinen die angefochtenen Auflagen in der Entzugsverfügung nicht zulässig. Das Verkehrsamt hat gestützt auf Art. 16 Abs. 3 lit. b SVG einen Warnungsentzug ausgesprochen, diesen aber mit Auflagen verbunden, wie sie für den Sicherungsentzug typisch sind. Das Verwaltungsgericht übersieht diese Problematik nicht. Es führt in seiner Vernehmlassung aber aus, die dargestellte Rechtsprechung des Bundesgerichts werde der Lebensrealität in keiner Weise gerecht und bedürfe im Blick auf den vorliegenden Fall dringend einer Präzisierung. Den gleichen Standpunkt nimmt das Bundesamt für Strassen in seiner Vernehmlassung ein. Angesichts dieser Kritik ist BGE 115 Ib 328 zu überprüfen.
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Erwägung 3 | |
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3.2 Entsprechend seiner Funktion wird beim Sicherungsentzug der Führerausweis auf unbestimmte Zeit entzogen. Die Wiedererteilung kommt erst in Frage, wenn der Eignungsmangel behoben ist (vgl. Art. 17 Abs. 1bis SVG; Art. 33 Abs. 1 VZV). Zum Nachweis der Heilung wird bei Suchtkrankheiten in der Regel eine mindestens einjährige kontrollierte Abstinenz verlangt (BGE 129 II 82 E. 2.2). Bestehen nach Ablauf der mindestens einjährigen ![]() | 17 |
Der Warnungsentzug kommt demgegenüber nur in Betracht, wenn die Fahreignung des fehlbaren Lenkers noch zu bejahen ist. Diese Entzugsart wird im Gegensatz zum Sicherungsentzug für eine bestimmte Dauer ausgesprochen, die so zu bemessen ist, dass die angestrebte erzieherische Wirkung beim Verkehrsdelinquenten eintritt. Nach Ablauf der Entzugsdauer ist der Ausweis dem Fahrzeuglenker ohne weiteres wieder auszuhändigen. Die Gesetzgebung macht die Wiedererteilung nach dem Verstreichen der fraglichen Zeitspanne von keinerlei Bedingungen abhängig. Eine Ausnahme gilt einzig im Fall der vorzeitigen Wiedererteilung des Ausweises, wie er bei länger dauernden Entzügen in Betracht kommt. Eine solche vorzeitige Wiedererteilung kann an die Beachtung von Auflagen geknüpft werden bzw. unter Auflagen erfolgen, welche die Besserung des Fehlbaren sicherstellen sollen (vgl. Art. 17 Abs. 3 SVG). So ist es möglich, bei Lenkern, gegenüber denen wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand im Rückfall ein längerer Warnungsentzug verfügt wird, für die vorzeitige Wiedererteilung des Ausweises die Bestätigung einer ärztlich kontrollierten Alkoholabstinenz zu verlangen (ANDRÉ BUSSY/BAPTISTE RUSCONI, Code suisse de la circulation, 3. Aufl., 1996, S. 223 f.; RENÉ SCHAFFHAUSER, Grundriss des schweizerischen Strassenverkehrsrechts, Bd. III, 1995, N. 2471 ff.). Die Möglichkeit, die Wiedererteilung des zu Warnzwecken entzogenen Führerausweises an Bedingungen und Auflagen zu knüpfen, sieht das künftige Recht nach der Teilrevision des SVG vom 14. Dezember 2001 (vgl. AS 2002 S. 2767 ff.) ebenfalls nur bei einer vorzeitigen Wiedererteilung des Führerausweises - d.h. vor Ablauf der ganzen Entzugsdauer oder allfälliger Sperrfristen - vor (vgl. Art. 17 Abs. 2 und 3 SVG revidierte Fassung, AS 2002 S. 2773).
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3.3 Aus der dargestellten gesetzlichen Ordnung ergibt sich, dass die Strassenverkehrsbehörden unter Vorbehalt der vorzeitigen ![]() | 19 |
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Bei dieser Sachlage hätte das Verkehrsamt die Ermittlungen entsprechend dem rechtsmedizinischen Gutachten ergänzen und erst nach Vorliegen der neuen Ergebnisse und der ergänzenden Stellungnahme des Instituts für Rechtsmedizin über die Notwendigkeit eines Sicherungsentzugs entscheiden dürfen. Stattdessen hat es einen Warnungsentzug verfügt, die noch erforderlichen ![]() | 21 |
Bei korrektem Vorgehen der Administrativbehörden erweist sich die vom Verwaltungsgericht geäusserte Befürchtung, gegenüber suchtgefährdeten Fahrzeuglenkern könnten nicht die im Interesse der Verkehrssicherheit gebotenen Massnahmen getroffen werden, als unbegründet. Die bundesgerichtliche Praxis verlangt ja gerade, dass die Fahreignung mit der nötigen Sorgfalt abgeklärt wird, damit im Blick auf die Sicherheit im Strassenverkehr ein zuverlässiger Entscheid ergehen kann. Ist jedoch auf Grund der Ermittlungen die Fahreignung zu bejahen, besteht kein Raum mehr für Anordnungen im Interesse der Verkehrssicherheit. Als Sanktion für die begangenen Verstösse gegen das Strassenverkehrsgesetz kommt diesfalls einzig der Warnungsentzug in Frage. Im umgekehrten Fall ist ein Sicherungsentzug anzuordnen. Lässt sich der Mangel mit geeigneten Auflagen beheben, kann anstelle eines Entzugs der Führerausweis mit entsprechenden Nebenbestimmungen versehen werden (Art. 10 Abs. 3 SVG; Art. 26 Abs. 2-4 VZV; vgl. auch BGE 104 Ib 179 E. 3a).
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