BGE 133 II 114 | |||
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12. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Kantonale Steuerverwaltung gegen X. sowie Kantonsgericht des Kantons Wallis (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
2A.644/2006 vom 14. Februar 2007 | |
Regeste |
Vorlegungs- und Auskunftspflicht des Steuerpflichtigen nach Art. 42 Abs. 2 StHG; Verhältnis zu Art. 126 Abs. 2 DBG; direkte Anwendung der harmonisierungsrechtlichen Regelung, falls das kantonale Recht ihr widerspricht. |
Soweit eine kantonale Bestimmung die Vorlegungs- und Auskunftspflicht demgegenüber auf Unterlagen und Auskünfte beschränkt, die "für die Besteuerung notwendig" sind (vgl. Art. 134 StG/VS), widerspricht sie den harmonisierungsrechtlichen Vorgaben, und es findet insoweit Art. 42 Abs. 2 StHG direkt Anwendung (E. 3.1 und 3.5). | |
Sachverhalt | |
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Im Rahmen des Übergangs von der Vergangenheits- zur Gegenwartsbemessung per 1. Januar 2003 forderte die Veranlagungsbehörde X. mehrmals unter Androhung einer Ordnungsbusse auf, die detaillierten Kontoauszüge für die Kalenderjahre 2001, 2002 und 2003 zweier von ihm deklarierter Konten bei der Walliser Kantonalbank beizubringen. Nachdem sich X. wiederholt geweigert hatte, die verlangten Unterlagen einzureichen, verfügte die Steuerbehörde am 14. Dezember 2005 androhungsgemäss eine Ordnungsbusse von Fr. 500.- wegen Auskunftsverweigerung. Eine hiergegen erhobene Einsprache wurde abgewiesen.
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Der Einzelrichter des Kantonsgerichts Wallis hiess eine gegen den Einspracheentscheid erhobene Berufung am 21. September 2006 gut. Er hielt dafür, die Steuerbehörde habe ihr Ermessen verletzt: Die einverlangte Auskunft sei unverhältnismässig, weil keine genügenden Verdachtsmomente für geldwerte Leistungen vorlägen und insbesondere die Privatsphäre des Gebüssten höher zu werten sei als das staatliche Interesse an einer "reinen Kontrolle". Gegen diesen Entscheid hat die Steuerverwaltung des Kantons Wallis Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht erhoben.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 3 | |
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Diese Bestimmung entspricht wörtlich Art. 126 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11). Als detaillierte Regelung belässt sie dem kantonalen Gesetzgeber offensichtlich keinen Gestaltungsspielraum; sie fände gemäss Art. 72 Abs. 2 StHG direkt Anwendung, falls sich erweisen sollte, dass das kantonale Steuerrecht ihr widerspricht (BERNHARD GREMINGER, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/1, Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden, 2. Aufl., Basel/Genf/ München 2002, Rz. 16 zu Art. 72 StHG; ADRIAN KNEUBÜHLER, Durchsetzung der Steuerharmonisierung, in: ASA 69 S. 209 ff., insbesondere S. 235). Wo die bundessteuergesetzliche und die harmonisierungsrechtliche Regelung vollkommen übereinstimmen, drängt sich zudem deren identische Auslegung auf. Dies im Interesse der vertikalen Steuerharmonisierung, die verlangt, dass Rechtsfragen im kantonalen und im eidgenössischen Recht der direkten Steuern nach Möglichkeit gleich beurteilt werden. So wird mit dem Erlass des Steuerharmonisierungsgesetzes auch der Zweck verfolgt, die Rechtsanwendung zu vereinfachen (Urteil des Bundesgerichts 2A.123/2006 vom 10. Juli 2006, E. 2.1, publ. in: StE 2006 A 12 Nr. 15; vgl. auch ASA 75 S. 253 E. 5.2, je mit Hinweisen).
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3.3 Gemäss dem bis Ende 1994 geltenden Bundessteuerrecht konnte die Veranlagungsbehörde vom Steuerpflichtigen die "Vorlegung der in seinem Besitz befindlichen Bücher, Urkunden und sonstigen Belege sowie die Einreichung von Bescheinigungen und Aufstellungen verlangen, die vom Steuerpflichtigen zu beschaffen oder zu erstellen sind und die für die Veranlagung von Bedeutung sein können" (vgl. Art. 89 Abs. 2 des Bundesratsbeschlusses vom 9. Dezember 1940 über die Erhebung einer direkten Bundessteuer [BdBSt]).
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Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 89 Abs. 2 BdBSt erstreckte sich die Vorlegungspflicht auf alle Geschäftsbeziehungen, die für die Veranlagung des Steuerpflichtigen von Bedeutung sein konnten, insbesondere die Aufstellung der Gläubiger, Schulden und Schuldzinsen. Dies, auch ohne dass die Veranlagungsbehörde konkrete Zweifel an der Richtigkeit des ausgewiesenen Kapitals oder Reinertrags hatte. Keine Auskunftspflicht bestand lediglich für Auskünfte über Geschäftsbeziehungen, die nicht für die Veranlagung des Steuerpflichtigen, sondern ausschliesslich der Geschäftspartner von Bedeutung sein konnten (BGE 107 Ib 213 E. 2 S. 216).
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An dieser Praxis hielt das Bundesgericht in der Folge trotz Kritik fest. Es erkannte insbesondere, dass auch das Verhältnismässigkeitsprinzip nicht verletzt werde, wenn die verlangte Aufstellung grundsätzlich geeignet sei, einen steuerbaren oder steuerbefreiten Tatbestand nachzuweisen. Einschränkend präzisierte es, dass eine Auskunftspflicht auch hinsichtlich solcher Auskünfte entfalle, deren Erteilung für den Steuerpflichtigen einen unzumutbaren Aufwand bedingen würde. Zusammengefasst entschied das Bundesgericht: "Weder der Wortlaut von Art. 89 Abs. 2 BdBSt noch das Verhältnismässigkeitsprinzip verbieten der Veranlagungsbehörde, vom Steuerpflichtigen Auskünfte und Unterlagen zu verlangen, solange sie für die Veranlagung des Steuerpflichtigen von Bedeutung sein können, nicht ausschliesslich dessen Geschäftspartner betreffen und keinen unzumutbaren Aufwand bedingen" (BGE 120 Ib 417 E.1c S. 423).
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3.4 Das geltende Bundessteuerrecht regelt die Mitwirkungspflicht wie erwähnt in Art. 126 DBG. Das Bundesgericht hat zur Tragweite dieser Bestimmung in einem Urteil aus dem Jahr 1999 Stellung genommen (Urteil 2A.41/1997 vom 11. Januar 1999, publ. in: StR 54/1999 S. 353 ff.). Die betreffende Beschwerdeführerin hatte geltend gemacht, die Bestimmungen des neuen Rechts (DBG) seien anders formuliert als Art. 89 BdBSt und sähen keine derart weitgehenden Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen mehr vor.
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Das Bundesgericht erwog, es treffe zu, dass Art. 126 DBG weniger ausführlich formuliert sei als Art. 89 BdBSt; insbesondere werde dort nicht im Einzelnen ausgeführt, welche Auskünfte der Steuerpflichtige zu erteilen habe und welche Bescheinigungen von ihm verlangt werden können. Der Gesetzgeber habe damit aber nur den Gesetzestext vereinfachen und nicht geringere Anforderungen an die Mitwirkungspflichten stellen wollen, was sich klar aus der bundesrätlichen Botschaft ergebe. Zu einer Lockerung der Bestimmungen über die Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen habe denn auch kein Anlass bestanden. Im Übrigen sei die bisherige Auslegung von Art. 89 Abs. 2 BdBSt durch den Wortlaut von Art. 126 DBG durchaus gedeckt (Urteil 2A.41/1997 vom 11. Januar 1999, E. 3b mit Hinweisen auf die Materialien).
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4.1 Die Vorinstanz bezweifelt zu Unrecht, dass die einverlangten Unterlagen an sich für die Veranlagung des Beschwerdegegners von Bedeutung sein können. Denn es ging darum abzuklären, ob die in den Lückenjahren 2001 und 2002 von der Y. AG ausgerichteten Zahlungen ausserordentlichen Charakter haben oder nicht (und damit gesondert steuerlich zu erfassen waren) bzw. ob die in den Geschäftsjahren 2001, 2002 und 2003 von der Y. AG ausgerichteten Zahlungen ordnungsgemäss deklariert wurden. Anhand der mit der Steuererklärung eingereichten Unterlagen waren diese Fragen nicht abschliessend überprüfbar. Dabei ist unbestritten, dass es um die Einschätzung bzw. die ausserordentlichen Einkünfte des Beschwerdegegners selber geht und nicht etwa um diejenigen seiner Geschäftspartner.
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Sind die Voraussetzungen für ein Auskunftsbegehren erfüllt, so erübrigt sich in der Regel eine Güterabwägung und ist der behördlichen Aufforderung ohne Weiteres zu entsprechen. Der Steuerpflichtige hat nicht aus seiner naturgemäss einseitigen Optik heraus zu entscheiden, ob ihm eine behördliche Auflage passt oder nicht. Aus Art. 6 EMRK kann er nichts zu seinen Gunsten ableiten, denn diese Garantien, namentlich das Aussageverweigerungsrecht, beziehen sich nicht auf das ordentliche Steuerverfahren (BGE 132 I 140 E. 2 S. 145 f.; Urteil des Bundesgerichts 2A.480/2005 vom 23. Februar 2006, E. 2.2, publ. in: StR 61/2006 S. 372, 373 f., je mit Hinweisen). Was schliesslich den Schutz der Privatsphäre anbelangt, wird dieser durch das strenge Steuergeheimnis hinreichend gewährleistet (vgl. Art. 120 StG/VS; Art. 39 Abs. 1 StHG; Art. 110 DBG).
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