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26. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Einwohnergemeinde Würenlos gegen Erbengemeinschaft A. und Mitb., Ehepaar D. gegen Einwohnergemeinde Würenlos sowie beide gegen Verwaltungsgericht des Kantons Aargau (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
1A.195/2006 / 1A.201/2006 vom 17. Juli 2007 | |
Regeste |
Art. 15, 19 und 23 USG; Art. 40 Abs. 3 LSV; Lärmschutz; Betrieb einer Sportanlage. | |
Sachverhalt | |
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Mit Beschluss vom 11. März 2002 erteilte der Gemeinderat Würenlos die Baubewilligung mit zahlreichen Nebenbestimmungen. Die Einsprachen wurden teilweise gutgeheissen. Einige Einsprecher erhoben dagegen Beschwerde ans Baudepartement des Kantons Aargau (heute Departement Bau, Verkehr und Umwelt) und verlangten die Aufhebung der Baubewilligung. Eventualiter forderten sie verschiedene Auflagen im Zusammenhang mit dem Betrieb des Sportplatzes und den zu erwartenden Lärmimmissionen. Zudem ersuchten sie um gewisse Änderungen des Projektes und des Verkehrskonzeptes.
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Das Baudepartement hiess die Beschwerde am 25. Juni 2003 teilweise gut und verfügte verschiedene Nebenbestimmungen zum Betrieb der Sportanlage, insbesondere zur Benützung von Megaphonen, elektrischen Verstärkern, zur Lautsprecheranlage etc. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab.
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Gegen diesen Entscheid gelangten sowohl die Gemeinde Würenlos wie die beschwerdeführenden Anwohner ans Verwaltungsgericht des Kantons Aargau. Das Verwaltungsgericht beauftragte hierauf einen Experten der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) mit der Erstellung eines Lärmgutachtens. Zudem führte es am 6. Juli 2004 einen Augenschein vor Ort durch. Nach Abschluss zweier Messkampagnen erstattete der Experte am 27. April 2005 seinen Bericht. Die beschwerdeführenden Anwohner reichten daraufhin eine "Plausibilitätsprüfung" des Lärmgutachtens ein, welche in verschiedener Hinsicht Kritik am Expertenbericht übte. Der Experte nahm dazu mit Schreiben vom 13. April 2006 Stellung.
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In der Folge hiess das Verwaltungsgericht sowohl die Beschwerde der Gemeinde als auch diejenige der privaten Beschwerdeführer teilweise gut, hob verschiedene Ziffern des Entscheiddispositivs des Baudepartementes auf, formulierte sie zum Teil neu und wies die Beschwerden im Übrigen ab.
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Mit Eingabe vom 13. September 2006 erhob die Gemeinde Würenlos (Beschwerdeverfahren 1A.195/2006) ![]() | 6 |
Am 14. September 2006 erhob auch das Ehepaar D. (private Beschwerdeführer, Beschwerdeverfahren 1A.201/2006, Eigentümer der Parzelle Nr. 4060) Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Die Ehegatten beantragten, sowohl das vorinstanzliche Urteil vom 23. Mai 2006 als auch den Entscheid des Baudepartementes vom 25. Juni 2004 und die Baubewilligung des Gemeinderates Würenlos vom 11. März 2002 aufzuheben. Eventualiter sei das Urteil des Verwaltungsgerichts dahingehend zu ergänzen, dass Wettkämpfe auf der Sportanlage Ländli verboten werden, zumindest soweit sie zur Überschreitung der Immissionsrichtwerte nach der deutschen Sportanlageverordnung beitragen. Subeventualiter sei das Verfahren zur neuen Beurteilung an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde der Gemeinde Würenlos gut und hebt das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 23. Mai 2006 auf. Die Angelegenheit wird zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau zurückgewiesen. Die Beschwerde der privaten Beschwerdeführer weist das Bundesgericht ab, soweit es darauf eintritt.
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 3 | |
3.1 Die Lärmschutzverordnung vom 15. Dezember 1986 (LSV; SR 814.41) soll die Bevölkerung vor schädlichem und lästigem Lärm schützen, der beim Betrieb neuer und bestehender Anlagen nach Art. 7 USG (SR 814.01) erzeugt wird (Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a LSV). Von diesem Schutzzweck her erscheint es angemessen, alle ![]() | 9 |
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3.3 Fehlen Belastungsgrenzwerte, so beurteilt die Vollzugsbehörde die Lärmimmissionen nach Art. 15 USG, unter Berücksichtigung der Art. 19 und 23 USG (Art. 40 Abs. 3 LSV; BGE 126 II 300 E. 4c/aa S. 307; BGE 123 II 74 E. 4a und b S. 82 f.; BGE 118 Ib 590 E. 3b S. 596). Nach Art. 15 USG sind die Immissionsgrenzwerte für Lärm so festzulegen, dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen unterhalb dieser Werte die Bevölkerung in ihrem ![]() | 11 |
Für die Beurteilung von Sportlärm bietet sich insbesondere die deutsche Sportanlagenlärmschutzverordnung (Achtzehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom 18. Juli 1991 [18. BImSchV]) an, deren Regelungen diejenigen des deutschen Bundesimmissionsschutzgesetzes ergänzen und den besonderen Charakteristiken von Sportgeräuschen speziell Rechnung tragen (WIDMER DREIFUSS, a.a.O., S. 335; CHRISTOPH ZÄCH/ROBERT WOLF, Kommentar USG, N. 44 zu Art. 15 USG). Der deutsche Verordnungsgeber hat den Sportlärm in seiner Gesamtheit berücksichtigt und an den bestimmungsgemäss ermittelten Lärmbeurteilungspegeln Korrektive in Form von Zuschlägen angebracht (siehe dazu Ziff. 1.3.2.3 und 2.4 des Anhangs zur BImSchV).
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3.5.1 Sodann kenne die 18. BImSchV mehr Empfindlichkeitsstufen als das schweizerische Recht. Das BAFU macht darauf aufmerksam, dass bei der Übertragung auf hiesige Verhältnisse deshalb nicht ![]() | 15 |
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- Montag-Freitag von 6.00-8.00 Uhr (morgendliche Ruhezeit): Schulsport ist möglich.
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- Montag-Freitag von 20.00-22.00 Uhr: jeglicher Trainingsbetrieb, Ligaspiele ohne Zuschauerrampe sowie Turntraining mit Musik sind möglich.
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- Samstag von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr: jeglicher Trainingsbetrieb, zwei Ligaspiele mit Zuschauerrampe sowie Turntraining mit Musik sind möglich. Der Einsatz der mobilen Beschallungsanlage mit plombierter Pegelbegrenzung ist ebenfalls möglich. Eine Mittagspause muss nicht eingelegt werden.
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- Samstag von 20.00-22.00 Uhr: jeglicher Trainingsbetrieb, Ligaspiele ohne Zuschauerrampe sowie Turntraining mit Musik sind möglich.
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- Sonntag: Eine Nutzung ist grundsätzlich nicht ausgeschlossen, müsste sich jedoch auf maximal vier Stunden beschränken.
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Zusätzlich hält das BAFU fest, kurzzeitige Geräuschspitzen während dieses Betriebs würden gemäss der Messungen der EMPA die einzuhaltenden Immissionsgrenzwerte nicht überschreiten. Als so genannte "seltene Ereignisse" könnten insgesamt an 18 Kalendertagen sportliche oder nicht sportliche Grossanlässe (z.B. auch weitere Ligaspiele mit Zuschauerrampe) unter Einhaltung der speziell dafür vorgesehenen Immissionsgrenzwerte stattfinden.
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Die Berechnungen des BAFU lassen demzufolge einerseits eine grosszügigere Nutzung der Anlage zu als die vom Verwaltungsgericht errechnete. Andererseits lässt das BAFU unter der Woche und samstags von 20.00-22.00 Uhr bei Ligaspielen keine Zuschauerrampe zu. Nach Auffassung des BAFU kommt Art. 11 Abs. 3 USG (die verschärfte Emissionsbegrenzung) als Grundlage für die vom Verwaltungsgericht verfügten Einschränkungen nicht in Frage. Indessen seien strengere Betriebszeiten im Rahmen des Vorsorgeprinzips gestützt auf Art. 11 Abs. 2 USG i.V.m. Art. 8 Abs. 1 LSV allenfalls zu rechtfertigen. Da eine Prüfung unter diesem Aspekt bis anhin nicht stattgefunden hat, lässt das BAFU diese Frage offen.
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4.2 Weiter erscheint die Interpretation von § 5 Abs. 4 der 18. BImSchV, wie sie das BAFU vorgenommen hat, missverständlich. Gemäss der zitierten Norm soll die zuständige Behörde bei Sportanlagen, die vor Inkrafttreten dieser Verordnung baurechtlich genehmigt oder - soweit eine Baugenehmigung nicht erforderlich war - errichtet waren, von einer Festsetzung von Betriebszeiten absehen, wenn die Immissionsrichtwerte an den in § 2 Abs. 2 genannten Immissionsorten jeweils um weniger als 5 dB(A) überschritten werden; dies gilt nicht an den in § 2 Abs. 2 Nr. 5 genannten Immissionsorten. Indes bedeutet dies nichts anderes, als dass bei einer Lärmüberschreitung von mehr als 5 dB(A) Betriebszeiten festgelegt werden sollen, welche den Immissionen Rechnung tragen. Gemäss deutscher Praxis bezieht sich die Privilegierung von Altanlagen nur auf die Festsetzung von Betriebszeiten und beinhaltet keine generelle Erhöhung der Richtwerte, so dass alle anderen (technischen, baulichen, organisatorischen) Massnahmen, die der Einhaltung der Immissionsrichtwerte dienen, angeordnet werden können (KETTELER, a.a.O., S. 1074 mit Hinweisen). Grundsätzlich gelten demnach im deutschen Recht bei Altanlagen dieselben Richtwerte wie bei neu erstellten Anlagen. Die Feststellung des BAFU ist dennoch nicht schlechthin falsch, wenn es davon ausgeht, bei Altanlagen gälten um ![]() | 29 |
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Das BAFU hat nach Parallelen gesucht und einen gangbaren Weg aufgezeigt. Insbesondere scheint die von ihm vorgenommene tabellarische Umdeutung der deutschen Lärmzuteilung je nach besonderer Wohnsituation auf die schweizerischen Empfindlichkeitsstufen als praktikabel. Indes geht aus seiner Stellungnahme nicht mit hinreichender Deutlichkeit hervor, in welcher Hinsicht die Lärmmessungen des vom Gericht beauftragten Experten fehlerhaft sein sollen. Ebenso wenig zeigt das angefochtene Urteil auf, inwiefern die deutschen Richtwerte an die schweizerischen Planungs-, resp. Immissionsgrenzwerte angepasst wurden. Auch das Gutachten der EMPA hilft nicht weiter, wenn dort festgestellt wird, die Richtwerte ![]() | 31 |
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Die privaten Beschwerdeführer dringen demgegenüber mit ihren Anliegen nicht durch, auch wenn sie in ihrem Subeventualantrag um Rückweisung an das Verwaltungsgericht ersuchen. Sie bezwecken damit strengere Vorgaben, welche aufgrund der Berechnungen des BAFU und der gesamten Interessenabwägung nicht zu erwarten sind.
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