BGE 133 II 331 | |||
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29. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes i.S. X. gegen Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
6A.106/2006 vom 14. Juni 2007 | |
Regeste |
Entzug des schweizerischen Führerausweises wegen Verletzung von Verkehrsregeln im Ausland; gesetzliche Grundlage (Art. 164 und 182 BV; Art. 16 ff., 57 und 106 SVG; Art. 34 VZV; Europäisches Übereinkommen über die internationalen Wirkungen des Entzuges des Führerausweises für Motorfahrzeuge). |
Er kann nicht auf das Territorialitätsprinzip und auch nicht auf das Auswirkungsprinzip gestützt werden (E. 6.1 und 6.2). Das formelle Gesetz (SVG) enthält weder nach seinem Wortlaut noch gemäss seinem Sinn und Zweck eine ausreichend klare Grundlage (E. 6.3 und 6.4). Es enthält insbesondere keine hinreichend deutlichen Anhaltspunkte für die Qualifizierung des Warnungsentzugs als eine um der Verkehrssicherheit willen angeordnete Massnahme mit präventivem und erzieherischem Charakter (E. 6.4.2). |
Art. 34 VZV (Art. 30 Abs. 4 aVZV) reicht aus verfassungsrechtlichen Gründen als Grundlage nicht aus (E. 7). |
Das Europäische Übereinkommen über die internationalen Wirkungen des Entzuges des Führerausweises für Motorfahrzeuge bildet keine hinreichende Grundlage für die Anordnung eines Warnungsentzugs wegen einer Auslandtat, die im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei begangen wurde (E. 8). |
Hingegen kann ein Führerausweisentzug wegen fehlender Fahreignung (Sicherungsentzug) in Anbetracht seines sich aus dem formellen Gesetz (Art. 16d SVG) klar ergebenden Zwecks auch wegen Sachverhalten angeordnet werden, die sich im Ausland zutragen (E. 9.1). Entsprechendes gilt für den Entzug des Führerausweises wegen Wegfalls der gesetzlichen Voraussetzungen sowie wegen Missachtung von Beschränkungen und Auflagen (E. 9.2). | |
Sachverhalt | |
A. X., wohnhaft im Kanton St. Gallen, fuhr am Sonntag, 24. Juli 2005, um 16.14 Uhr, mit seinem Personenwagen in der Bundesrepublik Deutschland auf der Bundesautobahn BAB 5 auf dem Gebiet der Gemeinde Neuenburg in Fahrtrichtung Basel. Er überschritt die signalisierte Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h um rechtlich relevante 41 km/h.
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B. Das Regierungspräsidium Karlsruhe verurteilte X. mit Bussgeldentscheidung vom 4. Oktober 2005 wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit (§ 24 D-StVG), begangen durch Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ausserhalb geschlossener Ortschaften um 41 km/h, zu einer Busse in der Höhe von EUR 100.-. Ausserdem ordnete es ein Fahrverbot (§ 25 D-StVG) für die Dauer von einem Monat für den Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland an. Zudem wurde die Verkehrsordnungswidrigkeit im Verkehrszentralregister nach dem Punktesystem mit drei Punkten bewertet.
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Dieser Entscheid ist in Rechtskraft erwachsen.
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X. reichte am 5. Januar 2006 seinen schweizerischen Führerausweis dem Regierungspräsidium Karlsruhe ein und erhielt diesen mit Sendung vom 9. Januar 2006 mit dem Vermerk (auf einem abziehbaren Klebezettel) zurück, dass das Fahrverbot für den Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland vom 7. Januar bis zum 6. Februar 2006 dauert.
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Am 13. Januar 2006 erlangte das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons St. Gallen Kenntnis vom Fahrverbot und eröffnete in der Folge gegen X. ein Administrativmassnahmeverfahren.
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C. Das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt entzog X. mit Verfügung vom 14. März 2006 den Führerausweis wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h um 41 km/h in Anwendung von Art. 32 Abs. 2 SVG und Art. 4a Abs. 1 lit. d VRV in Verbindung mit Art. 16c Abs. 1 lit. a und Abs. 2 lit. a SVG für die Dauer von drei Monaten.
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7 | |
E. X. führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der Entscheid der Verwaltungsrekurskommission und die Verfügung des Strassenverkehrsamtes seien aufzuheben und es sei ihm der Führerausweis für die Dauer eines Monats zu entziehen.
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Die Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen und das Bundesamt für Strassen beantragen unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid die Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht heisst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut.
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 3 | |
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Gemäss Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG begeht eine schwere Widerhandlung, wer durch grobe Verletzung von Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts, auf welche sich die Vorinstanz berief, stellt die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf einer schweizerischen Autobahn um mehr als 35 km/h auch bei günstigen objektiven und subjektiven Umständen eine schwere Widerhandlung im Sinne dieser Bestimmung dar (BGE 132 II 234 E. 3 mit Hinweisen). Eine solche Widerhandlung hat gemäss Art. 16c Abs. 2 lit. a SVG einen Führerausweisentzug von mindestens drei Monaten zur Folge. Diese Mindestentzugsdauer darf nicht unterschritten werden (Art. 16 Abs. 3 Satz 2 SVG).
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Erwägung 4 | |
4.1 Der Führerausweis wird von den Verwaltungsbehörden des Wohnsitzkantons des Fahrzeugführers erteilt und entzogen (Art. 22 Abs. 1 Satz 1 und 2 SVG). Das Gesetz sieht mehrere Arten von Führerausweisentzügen vor: Den Entzug wegen Fehlens oder Wegfalls der gesetzlichen Voraussetzungen und wegen Missachtung der mit der Erteilung im Einzelfall verbundenen Beschränkungen und Auflagen (Art. 16 Abs. 1 SVG); den Entzug wegen fehlender Fahreignung (Art. 16d SVG; Art. 17 Abs. 1bis und Abs. 2 aSVG, sog. "Sicherungsentzug"); den Entzug wegen Widerhandlungen gegen Strassenverkehrsvorschriften (Art. 16 Abs. 2 und Art. 16a-16c SVG; Art. 16 Abs. 2 und 3 aSVG). Der letztgenannte Führerausweisentzug wird als "Warnungsentzug" bezeichnet.
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In der Lehre wird hingegen überwiegend die Auffassung vertreten, dass der Warnungsentzug eine repressive Massnahme beziehungsweise der Sache nach eine Strafe ist (siehe die Hinweise in BGE 121 II 22 E. 3a und BGE 120 Ib 504 E. 4b).
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4.3 Die Administrativmassnahmen im Strassenverkehr sind im Rahmen der Teilrevision des Strassenverkehrsgesetzes gemäss Bundesgesetz vom 14. Dezember 2001, in Kraft seit 1. Januar 2005, sowohl gegenüber Ersttätern als auch insbesondere gegenüber rückfälligen Tätern teilweise massiv verschärft worden. Das Gesetz sieht neu in detaillierten Vorschriften eine Vielzahl von Mindestentzugsdauern vor (Art. 16a-16c SVG), die nicht unterschritten werden dürfen (Art. 16 Abs. 3 Satz 2 SVG). Demgegenüber sah das alte, bis Ende 2004 geltende Recht neben der allgemeinen Mindestentzugsdauer von einem Monat nur wenige Mindestentzugsdauern vor, die vor allem das Fahren in angetrunkenem Zustand betrafen (siehe Art. 17 aSVG). Die Verschärfung der Sanktionen führt beispielsweise dazu, dass die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf einer schweizerischen Autobahn um mehr als 35 km/h selbst bei objektiv und subjektiv günstigen Verhältnissen als schwere Widerhandlung im Sinne von Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG zwingend einen Führerausweisentzug von mindestens drei Monaten (siehe Art. 16c Abs. 2 lit. a SVG; BGE 132 II 234 E. 3) und, wenn in den vorangegangenen fünf Jahren der Ausweis einmal wegen einer schweren Widerhandlung entzogen war, gemäss Art. 16c Abs. 2 lit. c SVG zwingend einen Führerausweisentzug von mindestens zwölf Monaten zur Folge hat (zum Ausmass der Verschärfungen siehe eingehend RENÉ SCHAFFHAUSER, Die neuen Administrativmassnahmen des Strassenverkehrsgesetzes, in: Jahrbuch zum Strassenverkehrsrecht 2003, S. 161 ff., 202 ff.). Nach dem alten Recht betrug die Mindestentzugsdauer bei einer solchen Widerhandlung einen Monat (Art. 16 Abs. 3 lit. a und Art. 17 Abs. 1 lit. a aSVG). Die Mindestentzugsdauer betrug nach dem alten Recht mindestens sechs Monate, wenn dem Führer der Ausweis wegen einer Widerhandlung entzogen werden musste, die er innert zwei Jahren seit Ablauf des letzten Entzuges begangen hatte (siehe Art. 17 Abs. 1 lit. c zweite Hälfte aSVG).
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Durch die Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches gemäss Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002, in Kraft seit 1. Januar 2007, sind unter anderem die Bestimmungen betreffend die Strafen wesentlich geändert worden. Der bedingte Vollzug von Freiheitsstrafen ist in weiterem Umfang als bis anhin und neu ist auch der bedingte Vollzug von Geldstrafen möglich.
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Der Warnungsentzug wird damit mehr noch als bis anhin für den Fahrzeuglenker die einzig unmittelbar spürbare Reaktion des Staates auf ein Fehlverhalten im Strassenverkehr und vom Betroffenen als eigentliche Strafe empfunden.
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Erwägung 5 | |
5.1 Das Strassenverkehrsgesetz (SVG) enthält auch in seiner teilrevidierten Fassung unverändert nur eine einzige Bestimmung betreffend Widerhandlungen im Ausland. Wer im Ausland eine Verletzung von Verkehrsregeln oder eine andere bundesrechtlich mit Freiheitsstrafe bedrohte Widerhandlung im Strassenverkehr begeht und am Tatort strafbar ist, wird auf Ersuchen der zuständigen ausländischen Behörde in der Schweiz verfolgt, sofern er in der Schweiz wohnt und sich hier aufhält und sich der ausländischen Strafgewalt nicht unterzieht (Art. 101 Abs. 1 SVG). Der Richter wendet die schweizerischen Strafbestimmungen an, verhängt jedoch keine Freiheitsstrafe, wenn das Recht des Begehungsortes keine solche androht (Art. 101 Abs. 2 SVG). Die Bestimmung betrifft allein die strafrechtliche Beurteilung von Auslandtaten.
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Das SVG enthält hingegen auch in seiner teilrevidierten Fassung keine Bestimmung betreffend die administrativrechtliche Beurteilung von Strassenverkehrsdelikten im Ausland. Es enthält keine Norm, die ausdrücklich bestimmt, ob und unter welchen Voraussetzungen wegen einer Auslandtat ein Warnungsentzug (oder eine Verwarnung) angeordnet werden kann und nach welchen Kriterien gegebenenfalls die Entzugsdauer zu bemessen ist.
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Allerdings ist eine Bestimmung betreffend die administrativrechtliche Beurteilung von Auslandtaten in der Verordnung vom 27. Oktober 1976 über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr enthalten (Art. 34 VZV [SR 741.51]; Art. 30 Abs. 4 aVZV).
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In BGE 102 Ib 59 (betreffend eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Fürstentum Liechtenstein) hat das Bundesgericht zur Begründung auch auf Art. 101 SVG hingewiesen, wonach unter den darin genannten Voraussetzungen eine Auslandtat von den schweizerischen Behörden nach dem schweizerischen Recht strafrechtlich verfolgt werden kann. Es hat zudem erwogen, dass bei der administrativrechtlichen Beurteilung von Auslandtaten allerdings unter anderem den Besonderheiten der ausländischen Verkehrsregeln und dem allgemeinen Verkehrsverhalten im Ausland gebührend Rechnung zu tragen ist. Solche Besonderheiten waren indessen im konkreten Fall nicht gegeben, so dass das verkehrswidrige Verhalten des Beschwerdeführers und die damit verbundene Verkehrsgefährdung im Fürstentum Liechtenstein Anlass zu einer Administrativmassnahme in der Schweiz bilden konnte, soweit die Voraussetzungen von Art. 16 SVG (damalige Fassung) erfüllt waren.
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In BGE 108 Ib 69 (betreffend eine Trunkenheitsfahrt in Schweden) hat das Bundesgericht diese Rechtsprechung bestätigt. Dem in der Lehre erhobenen Einwand, dass für Administrativmassnahmen im Strassenverkehr grundsätzlich wie im Strafrecht das Territorialitätsprinzip gelte, hielt es entgegen, dass die Grundsätze des Strafrechts nicht vorbehaltlos auf Massnahmen des Verwaltungsrechts übertragen werden können.
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In BGE 109 Ib 304 (betreffend einen auf einer deutschen Autobahn durch einen Schikanestopp verursachten Verkehrsunfall) hat das Bundesgericht erkannt, dass der Warnungsentzug wegen einer Auslandtat auch zulässig ist, wenn die ausländische Behörde gegenüber dem fehlbaren Fahrzeuglenker für ihr Staatsgebiet ein Fahrverbot beziehungsweise eine Entziehung der Fahrerlaubnis verfügt hat. Die ausländische Sanktion könne angesichts ihres auf das Staatsgebiet des Begehungsorts beschränkten Geltungsbereichs die Verkehrssicherheit in der Schweiz nicht schützen.
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In BGE 123 II 97 (betreffend eine Trunkenheitsfahrt in Österreich) hat das Bundesgericht diese Rechtsprechung bestätigt. Die Kumulation von ausländischer Aberkennung der Fahrberechtigung und schweizerischem Führerausweisentzug verstosse nicht gegen den Grundsatz "ne bis in idem", da die Aberkennung der Fahrberechtigung gegenüber einem nicht im ausländischen Tatortstaat wohnhaften Täter nur eine beschränkte Wirkung habe und im Grunde nur eine zusätzliche Parallelmassnahme im Wohnsitzstaat die beabsichtigte Warnungswirkung im vollen Umfang entfalten und damit die Verkehrssicherheit in der Schweiz garantieren könne.
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In BGE 123 II 464 (betreffend die Überschreitung der signalisierten Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h auf einer deutschen Autobahn um 33 km/h) hat das Bundesgericht entschieden, der Führerausweis könne wegen einer Auslandtat auch entzogen werden, wenn die ausländische Behörde auf die Anordnung eines Fahrverbots beziehungsweise die Entziehung der Fahrerlaubnis verzichtet hat. Es würde Sinn und Zweck des Warnungsentzugs diametral zuwiderlaufen, wenn die schweizerische Behörde einen Warnungsentzug wegen einer Auslandtat nicht anordnen könnte, nur weil die ausländische Behörde - aus welchen Gründen auch immer - auf die Aberkennung der Fahrberechtigung verzichtet habe. Art. 30 Abs. 4 VZV (damalige Fassung) stehe dem nicht entgegen; der Verordnungsgeber habe offensichtlich übersehen, dass ausnahmsweise ein Tätigwerden der Wohnsitzbehörde auch erforderlich sein könne, wenn die ausländische Behörde auf die Aberkennung der Fahrberechtigung verzichtet habe.
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In BGE 128 II 133 (betreffend die Überschreitung der signalisierten Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h auf einer deutschen Autobahn um 78 km/h) hat das Bundesgericht diese Praxis aufgegeben. Ein Warnungsentzug wegen einer Auslandtat kommt gemäss diesem Entscheid nur noch in Betracht, wenn im Tatortstaat die Fahrberechtigung aberkannt worden ist. Diese Einschränkung gilt nicht für den Sicherungsentzug. Verfügt der Tatortstaat eine andere Administrativmassnahme, so hat die schweizerische Behörde zu prüfen, ob eine Verwarnung auszusprechen ist. Der schweizerische Nachvollzug einer vom Ausland verfügten Massnahme wird also durch die Art der ausländischen Massnahme begrenzt.
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In BGE 129 II 168 (betreffend eine Trunkenheitsfahrt in Österreich) hat das Bundesgericht diese Rechtsprechung bestätigt. Es hat erkannt, daraus folge aber nicht, dass im Falle der Aberkennung der ausländischen Fahrberechtigung die Dauer des schweizerischen Führerausweisentzugs wegen der Auslandtat die Dauer des ausländischen Fahrverbots nicht überschreiten dürfe. Beim Entzug des Führerausweises habe die schweizerische Behörde ausschliesslich schweizerisches Recht anzuwenden. Dieses enthalte jedoch keine Norm, welche es erlaube, bei Auslandtaten von der allgemeinen gesetzlichen Ordnung abzuweichen. Beim Nachvollzug seien somit die schweizerischen Bestimmungen über die Mindestentzugsdauer zu beachten. Im Übrigen bestimme Art. 16 Abs. 3 SVG in der revidierten Fassung gemäss Bundesgesetz vom 14. Dezember 2001 ausdrücklich, dass die gesetzliche Mindestentzugsdauer nicht unterschritten werden darf. Würde beim Nachvollzug einer im Tatortstaat verfügten Massnahme die gesetzliche Mindestentzugsdauer nicht beachtet, widerspräche dies dem klaren Willen des Gesetzgebers.
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Erwägung 6 | |
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Das schweizerische öffentliche Recht kann allerdings gemäss dem sog. Auswirkungsprinzip als eine spezielle Ausprägung des Territorialitätsprinzips unter Umständen auch ohne eine diesbezügliche Norm auf Sachverhalte Anwendung finden, die sich zwar im Ausland zutragen, aber in einem ausreichenden Mass auf dem Territorium der Schweiz auswirken (vgl. BGE 93 II 192 E. 3 S. 196; PIERRE MOOR, Droit administratif, Bd. I, Les fondements généraux, 2. Aufl., 1994, S. 158 s.; THOMAS MERKLI, Das Territorialitätsprinzip und seine Ausnahmen, in: XIII. Treffen der obersten Verwaltungsgerichtshöfe Österreichs, Deutschlands, des Fürstentums Liechtenstein und der Schweiz, Vaduz 2002, Landesbericht der Schweiz, S. 8 ff., 20, mit Hinweisen). Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, kann schweizerisches öffentliches Recht auf Sachverhalte, die sich im Ausland zutragen, nur Anwendung finden, wenn sich dies aus einer Norm hinreichend klar ergibt. Welche Anforderungen an diese Norm zu stellen sind, hängt unter anderem vom Gegenstand der Bestimmungen (hier: Warnungsentzug) ab, die auch auf Sachverhalte im Ausland Anwendung finden sollen. Der räumliche Anwendungsbereich von gesetzlichen Bestimmungen des öffentlichen Rechts beurteilt sich auch nach ihrem Sinn und Zweck, es sei denn, aus einer Norm des höherrangigen Rechts, etwa des Verfassungs- oder des Völkerrechts, ergebe sich, dass die gesetzlichen Bestimmungen nicht ausserhalb des Territoriums des Gemeinwesens, das sie erlassen hat, Anwendung finden können.
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Ein solches durch die Auslandtat allenfalls indiziertes Risiko von künftigen Widerhandlungen in der Schweiz durch einen zum Führen eines Motorfahrzeugs geeigneten Führer stellt indessen keine ausreichende Auswirkung auf dem Territorium der Schweiz dar und begründet daher gemäss dem genannten Prinzip keinen Anknüpfungspunkt für die Anwendung der Bestimmungen des schweizerischen Rechts betreffend den Warnungsentzug auf Auslandtaten.
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Erwägung 6.4 | |
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Zwar ist in Art. 16 aSVG und in Art. 16 ff. SVG uneingeschränkt von Verkehrsregelverletzungen beziehungsweise von Widerhandlungen die Rede. Daraus folgt aber nicht, dass diese Bestimmungen betreffend den Warnungsentzug auch Verkehrsregelverletzungen und Widerhandlungen im Ausland erfassen. Das SVG schützt die Verkehrssicherheit in der Schweiz, nicht auch diejenige im Ausland. Daher beziehen sich auch Art. 16 aSVG und Art. 16 ff. SVG allein auf Verkehrsregelverletzungen beziehungsweise Widerhandlungen im Inland.
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Der Führerausweis wird von der Verwaltungsbehörde des Kantons entzogen, in welchem der Führer seinen Wohnsitz hat (Art. 22 Abs. 1 SVG alte und neue Fassung). Daraus ergibt sich nicht, dass dem Inhaber eines schweizerischen Führerausweises, wenn und weil er Wohnsitz in der Schweiz hat, der Führerausweis auch wegen einer Auslandtat entzogen werden kann. Art. 22 SVG regelt nicht den räumlichen Anwendungsbereich des SVG, sondern bezeichnet die zuständige Behörde für den Fall, dass das SVG anwendbar ist.
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An der Rechtsprechung, wonach sich die Zulässigkeit des Warnungsentzugs bei einer Auslandtat aus Art. 16 und Art. 22 SVG ergibt, kann daher nicht mehr festgehalten werden. Die genannten Bestimmungen enthalten keine ausreichende Grundlage für die Anordnung von Warnungsentzügen bei Auslandtaten (anderer Auffassung offenbar ANDRÉ GRISEL, Traité de droit administratif, Bd. I, 1984, p. 159; MICHEL PERRIN, Délivrance et retrait du permis de conduire, thèse Fribourg 1982, p. 207; PHILIPPE VAUTIER, Mesures administratives en matière de circulation routière en Suisse à raison d'infractions commises à l'étranger, pratique vaudoise, in: Infractions aux règles de la circulation et accidents survenus à l'étranger, problèmes juridiques, Touring Club Suisse, 1992, p. 19 s.).
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6.4.2 Die Rechtsprechung zum Warnungsentzug bei Auslandtaten stützt sich materiell auf die Qualifizierung des Warnungsentzugs als eine um der Verkehrssicherheit willen angeordnete Verwaltungsmassnahme mit präventivem und erzieherischem Charakter. In Anbetracht dieses Zwecks des Warnungsentzugs spiele es keine Rolle, ob die Tat in der Schweiz oder im Ausland begangen werde, da auch eine Auslandtat Anlass zur Annahme biete, dass der Inhaber eines schweizerischen Führerausweises mit Wohnsitz in der Schweiz künftig auch Widerhandlungen in der Schweiz begehen und dadurch die schweizerische Verkehrssicherheit, deren Schutz das SVG bezweckt, gefährden könnte. Zu prüfen ist daher im Folgenden, ob sich dem formellen Gesetz (SVG) hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass der Warnungsentzug im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung eine um der Verkehrssicherheit willen angeordnete Massnahme mit präventivem und erzieherischem Charakter ist.
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Nach Art. 16 Abs. 2 aSVG kann der Führerausweis entzogen werden, wenn der Führer Verkehrsregeln verletzt und dadurch den Verkehr gefährdet oder andere belästigt hat. In leichten Fällen kann eine Verwarnung ausgesprochen werden. Art. 16 Abs. 3 aSVG listet die Fälle auf, in denen der Führerausweis entzogen werden muss; dies unter anderem, wenn der Führer den Verkehr in schwerer Weise gefährdet hat. Gemäss Art. 16 Abs. 2 SVG wird nach Widerhandlungen gegen die Strassenverkehrsvorschriften, bei denen das Verfahren nach dem Ordnungsbussengesetz ausgeschlossen ist, der Führerausweis entzogen oder eine Verwarnung ausgesprochen. Art. 16a-16c SVG bezeichnen die Fälle, die als leichte, mittelschwere beziehungsweise schwere Widerhandlung zu qualifizieren sind, und bestimmen die Mindestentzugsdauern bei erstmaliger Widerhandlung sowie - in zahlreichen Variationen - bei erneuter Widerhandlung innerhalb bestimmter Zeiträume.
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Diesen Bestimmungen kann auch auf dem Wege der Auslegung nicht deutlich entnommen werden, dass der Warnungsentzug eine Massnahme mit präventivem und erzieherischem Charakter sei. Der Warnungsentzug setzt, wie die Strafe, die schuldhafte Verletzung von Verkehrsregeln voraus, durch welche der Verkehr beziehungsweise die Sicherheit anderer irgendwie gefährdet worden ist. Seine Dauer bemisst sich im Wesentlichen nach denselben Umständen wie eine Strafe, indem gemäss Art 16 Abs. 3 SVG die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind, namentlich die Gefährdung der Verkehrssicherheit, das Verschulden, der Leumund als Motorfahrzeugführer sowie die berufliche Notwendigkeit, ein Motorfahrzeug zu führen. Die "Gefährdung des Verkehrs" bzw. die "Gefahr für die Sicherheit anderer", von welcher im Gesetz (Art. 16 aSVG, Art. 16 ff. SVG) mehrfach die Rede ist, meint nicht eine Gefährdung in der Zukunft, sondern - wie etwa in Art. 90 Ziff. 2 SVG - die Gefährdung, die der Fahrzeugführer durch die konkrete Widerhandlung hervorgerufen oder in Kauf genommen hat. Die vom Fahrzeuglenker allenfalls ausgehende Gefahr von Widerhandlungen in der Zukunft ist weder ein Grund für die Anordnung des Warnungsentzugs noch ein Kriterium für die Bemessung der Dauer. Der Warnungsentzug wird - im Unterschied zum Sicherungsentzug - nicht deshalb angeordnet, weil zu befürchten ist, dass der Fahrzeugführer in der Zukunft ein Strassenverkehrsdelikt begehen und dadurch die Verkehrssicherheit gefährden könnte, sondern er wird - wie die Strafe - angeordnet, weil der Fahrzeugführer ein solches Delikt begangen und dadurch die Verkehrssicherheit gefährdet hat. Allerdings erhofft man sich vom Warnungsentzug - wie von der Strafe -, dass sich der Betroffene dadurch beeindrucken lässt und keine Verkehrsregelverletzungen mehr begehen wird. In diesem Sinne dient der Warnungsentzug wegen Verletzung von Verkehrsvorschriften - wie es in der früheren Fassung der Verkehrszulassungsverordnung noch ausdrücklich festgehalten war (Art. 30 Abs. 2 aVZV) - der Besserung des Führers und der Bekämpfung von Rückfällen.
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Das formelle Gesetz (SVG) enthält somit keine hinreichend deutlichen Anhaltspunkte für die Qualifizierung des Warnungsentzugs als eine um der Verkehrssicherheit willen angeordnete Massnahme mit präventivem und erzieherischem Charakter. Daher kann abweichend von der bisherigen Rechtsprechung nicht mehr unter Berufung auf eine derartige Charakterisierung ein Warnungsentzug wegen einer Auslandtat mit der Begründung angeordnet werden, dass es keine Rolle spiele, ob die Tat in der Schweiz oder im Ausland begangen werde.
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Erwägung 7 | |
7.1 Die Verordnung über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (VZV) vom 27. Oktober 1976 enthält eine Bestimmung betreffend die administrativrechtliche Beurteilung von Auslandtaten. Sie sah in ihrer ursprünglichen Fassung vor, dass bei Aberkennung schweizerischer Führerausweise durch ausländische Behörden der für den Ausweisentzug zuständige Kanton zu prüfen hat, ob eine Massnahme gegenüber dem Fehlbaren zu ergreifen ist (Art. 30 Abs. 4 aVZV). Sie bestimmt in ihrer durch Verordnung vom 28. April 2004 teilrevidierten Fassung, in Kraft seit 1. Januar 2005, in Art. 34 ("Widerhandlungen im Ausland") Folgendes: "Wenn im Ausland die Fahrberechtigung aberkannt wurde, prüft die Entzugsbehörde, ob ergänzend der Entzug des Lernfahr- oder des Führerausweises zu verfügen ist. Bei einer anderen Massnahme im Ausland ist zu prüfen, ob eine Verwarnung zu verfügen ist". Aus Art. 30 Abs. 4 aVZV bzw. Art. 34 VZV ergibt sich somit, dass bei einer Auslandtat im Falle der Aberkennung der Fahrberechtigung im Tatortstaat die Anordnung eines Führerausweisentzugs in der Schweiz zu prüfen ist. Aus der Verordnungsbestimmung geht aber nicht hervor, was die schweizerische Entzugsbehörde im Einzelnen zu klären hat.
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Zu prüfen ist im Folgenden, ob diese Verordnungsbestimmung als Grundlage für die Anordnung von Warnungsentzügen wegen Auslandtaten ausreicht.
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7.2 Alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen sind in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen (Art. 164 Abs. 1 Satz 1 BV). Zu den wichtigen Bestimmungen gehören gemäss Art. 164 Abs. 1 Satz 2 BV insbesondere die grundlegenden Bestimmungen über die in Art. 164 Abs. 1 Satz 2 lit. a-g BV ausdrücklich genannten Bereiche. Rechtsetzungsbefugnisse können durch Bundesgesetz übertragen werden, soweit dies nicht durch die Bundesverfassung ausgeschlossen wird (Art. 164 Abs. 2 BV). Der Bundesrat erlässt rechtsetzende Bestimmungen in der Form der Verordnung, soweit er durch Verfassung oder Gesetz dazu ermächtigt ist (Art. 182 Abs. 1 BV). Er sorgt für den Vollzug der Gesetzgebung, der Beschlüsse der Bundesversammlung und der Urteile der richterlichen Behörden des Bundes (Art. 182 Abs. 2 BV). Gemäss Art. 57 SVG ("Ergänzung der Verkehrsregeln") kann der Bundesrat ergänzende Verkehrsvorschriften erlassen und für besondere Verhältnisse Ausnahmen von den Verkehrsregeln vorsehen, namentlich für das Militär und den Zivilschutz (Abs. 1 Satz 1). Art. 57 SVG bezeichnet weitere Bereiche, in denen der Bundesrat ergänzende Vorschriften erlassen kann. Er kann etwa gemäss Art. 57 Abs. 5 SVG vorschreiben, dass Insassen von Motorwagen Rückhaltevorrichtungen (Sicherheitsgurte und dergleichen) benützen und dass Führer und Mitfahrer von Zweirädern mit motorischem Antrieb Schutzhelme tragen. Art. 106 SVG ("Ausführung des Gesetzes") bestimmt in Abs. 1 Satz 1, dass der Bundesrat die zum Vollzug dieses Gesetzes notwendigen Vorschriften erlässt und die zur Durchführung zuständigen eidgenössischen Behörden bezeichnet.
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51 | |
Der Warnungsentzug des Führerausweises stellt einen erheblichen Eingriff in die Rechte und Freiheiten der Privaten dar. Von Bestimmungen, welche den Warnungsentzug wegen Auslandtaten vorsehen und regeln, ist ein grosser Personenkreis betroffen. Dies gilt in der heutigen Zeit angesichts der erheblichen Zunahme der grenzüberschreitenden Mobilität in einem höheren Masse als früher. Bestimmungen, welche den Warnungsentzug wegen einer Auslandtat vorsehen, werden von den Betroffenen nicht leicht akzeptiert, zumal die Auslandtat bereits im Tatortstaat mit Sanktionen geahndet und durch die Auslandtat die Verkehrssicherheit in der Schweiz nicht gefährdet worden ist. Bestimmungen, welche die Anordnung des Warnungsentzugs wegen einer Auslandtat vorsehen und regeln, sind daher wichtige Bestimmungen im Sinne von Art. 164 Abs. 1 Satz 1 BV und somit in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen.
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7.2.2 Ob wichtige Bestimmungen im Sinne von Art. 164 Abs. 1 Satz 1 BV stets im Bundesgesetz zu erlassen sind oder ob deren Erlass gestützt auf Art. 162 Abs. 2 BV ("Rechtsetzungsbefugnisse") durch eine Delegationsnorm im Bundesgesetz an den Verordnungsgeber übertragen werden kann, ist unklar (ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER/FELIX UHLMANN, a.a.O., Rz. 412). Nach der Ansicht mancher Autoren ist eine Delegation ausgeschlossen (PIERRE TSCHANNEN, a.a.O., § 45 Rz. 28 mit Hinweisen). Wie es sich damit im Einzelnen verhält, muss hier nicht entschieden werden. Zur Übertragung der Rechtsetzungsbefugnisse an den Verordnungsgeber bedürfte es jedenfalls einer besonderen Delegationsnorm im Bundesgesetz, welche den Gegenstand der Regelung bezeichnet.
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Das SVG enthält keine besondere Delegationsnorm, welche den Bundesrat zum Erlass von Bestimmungen betreffend den Warnungsentzug wegen Auslandtaten ermächtigt. Solche Bestimmungen sind offensichtlich weder ergänzende Verkehrsvorschriften/Verkehrsregeln im Sinne von Art. 57 SVG noch Ausführungs- und Vollzugsbestimmungen gemäss Art. 106 SVG (siehe dazu BGE 103 IV 192 E. 2). Ausführungs- und Vollzugsverordnungen kommt die Funktion zu, die Bestimmungen des formellen Gesetzes zu konkretisieren und allfällige untergeordnete Lücken zu füllen, soweit dies für den Vollzug des Gesetzes erforderlich ist. Die Ausführungsbestimmungen müssen sich jedoch an den gesetzlichen Rahmen halten und dürfen insbesondere keine Vorschriften enthalten, welche die Rechte der Privaten zusätzlich beschränken oder den Privaten neue Pflichten auferlegen, selbst wenn solche Vorschriften mit dem Zweck des formellen Gesetzes vereinbar wären (BGE 126 II 283 E. 3b mit Hinweisen).
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Zwar ist der Warnungsentzug des Führerausweises als solcher im SVG geregelt. Die diesbezüglichen Bestimmungen erfassen indessen nur Inlandtaten. Durch Bestimmungen, wonach ein Warnungsentzug auch wegen Auslandtaten angeordnet werden kann, werden die Normen des SVG nicht nur konkretisiert und nicht bloss untergeordnete Lücken ausgefüllt, sondern vielmehr der Anwendungsbereich des Bundesgesetzes auf gänzlich andere Sachverhalte ausgeweitet.
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Erwägung 8 | |
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Dieses Übereinkommen des Europarates gilt zurzeit in zwölf Staaten, darunter Italien und das Fürstentum Liechtenstein. Es gilt nicht beispielsweise in Österreich und Frankreich sowie in Deutschland, wo die inkriminierte Verkehrsregelverletzung begangen wurde. Gleichwohl rechtfertigt es sich, im vorliegenden Verfahren zu prüfen, ob das Übereinkommen eine ausreichende Grundlage für einen Warnungsentzug gemäss Art. 16 ff. SVG nach einer Auslandtat im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei enthält.
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8.2 In der Botschaft des Bundesrates zur Genehmigung des Übereinkommens (BBl 1977 II 1523 ff.) wird klargestellt, dass die von der Schweiz auf diesem Gebiet geübte Praxis den Grundsätzen des Übereinkommens entspreche, so dass keine Anpassung unserer Rechtsordnung erforderlich sei (S. 1530). Art. 3 des Übereinkommens sei von grundlegender Bedeutung, denn er lasse dem einzelnen Staat die volle Entscheidungs- und Handlungsfreiheit und beeinträchtige seine Souveränität nicht (S. 1531). Die Botschaft verweist in diesem Zusammenhang auf Art. 30 Abs. 4 VZV (damalige Fassung), der auf dem gleichen Grundsatz beruhe. Danach habe bei Aberkennungen schweizerischer Führerausweise durch ausländische Behörden der für den Ausweisentzug zuständige Kanton zu prüfen, ob gegenüber dem Fehlbaren eine Massnahme zu ergreifen sei (S. 1531).
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Aus diesen Ausführungen in der Botschaft ergibt sich, dass der Bundesrat und mit ihm das Parlament in Anbetracht der von der Schweiz geübten Praxis sowie von Art. 30 Abs. 4 VZV (damalige Fassung) davon ausgingen, dass gemäss der bereits geltenden schweizerischen Rechtsordnung, die daher keiner Anpassung bedürfe, Warnungsentzüge auch wegen Auslandtaten zulässig sind. Durch die Ratifizierung des Übereinkommens wurde mithin insoweit nicht neues Recht geschaffen. Art. 3 des Übereinkommens bestimmt denn auch unmissverständlich, dass die Vertragspartei, der eine solche Entscheidung (betreffend Entzug im Tatortstaat) mitgeteilt worden ist, nach Massgabe ihres Rechts den Entzug anordnen kann. Daraus folgt auch, dass die Schweiz insoweit durch den Beitritt zum Übereinkommen nicht die völkerrechtliche Verpflichtung eingegangen ist, im Falle der Mitteilung eines Entzugs der Fahrberechtigung durch den Tatortstaat einen Warnungsentzug wegen der Auslandtat anzuordnen. Massgebend ist allein das innerstaatliche Recht. Wenn dieses - entgegen den Vorstellungen des Gesetzgebers bei der Genehmigung des Übereinkommens - keine ausreichende Grundlage für Warnungsentzüge bei Auslandtaten enthält, weil unter anderem - der in der Botschaft genannte - Art. 30 Abs. 4 VZV (damalige Fassung) hiefür nicht genügt, dann fällt ungeachtet des Übereinkommens ein Warnungsentzug wegen der Auslandtat ausser Betracht. Das Übereinkommen tritt insoweit nicht gleichsam an die Stelle des allein massgebenden innerstaatlichen Rechts.
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Erwägung 9 | |
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Aus diesen Gesetzesbestimmungen ergibt sich klar, dass der Sicherungsentzug wegen fehlender Fahreignung zum Zwecke angeordnet wird, die zu befürchtende Gefährdung der Verkehrssicherheit in der Schweiz durch einen ungeeigneten Fahrzeugführer in der Zukunft zu verhindern. Der Sicherungsentzug wird nicht nach Massgabe des Verschuldens und der durch die Verkehrsregelverletzung hervorgerufenen Gefahr auf eine bestimmte Dauer bemessen, sondern er wird mangels Fahreignung auf unbestimmte Zeit angeordnet.
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Der Sicherungsentzug setzt nicht eine schuldhafte Widerhandlung im Strassenverkehr voraus. Das Fehlen der Fahreignung kann sich auch aus anderen Umständen ergeben. Es spielt keine Rolle, ob die relevanten Umstände in der Schweiz oder im Ausland eingetreten sind. Zur Begründung der fehlenden Fahreignung können auch Strassenverkehrsdelikte im Ausland berücksichtigt werden. Denn der für die Anordnung des Sicherungsentzugs durch die zuständige schweizerische Behörde (Art. 22 Abs. 1 SVG) massgebende Sachverhalt ist die aus den gesamten Umständen resultierende fehlende Fahreignung des Inhabers eines schweizerischen Führerausweises, der in der Schweiz wohnt. Dieser massgebende Sachverhalt tritt in der Schweiz ein, und daher ist das schweizerische Recht anwendbar. Im Übrigen ist bei Fehlen der Fahreignung das Risiko von künftigen Widerhandlungen deutlich grösser und konkreter als bei Verkehrsregelverletzungen durch einen zum Führen eines Motorfahrzeuges geeigneten Fahrzeuglenker.
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