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43. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. gegen SRG SSR idée suisse Schweizerische Radio-und Fernsehgesellschaft (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
2C_190/2009 vom 30. September 2009 | |
Regeste |
Art. 89 Abs. 1 BGG; Art. 86 Abs. 3 und Art. 94 Abs. 1 RTVG; Beschwerdebefugnis eines Mathematikers und Publizisten bei einem UBI-Entscheid, in dem eine Rundfunkrechtswidrigkeit bezüglich der Darstellung der Resultate einer Meinungsumfrage verneint wird ("Unternehmenssteuerreform"). | |
Sachverhalt | |
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A.a Das Schweizer Fernsehen DRS strahlte am 8. Februar 2008 in der "Tagesschau" einen Beitrag zu den auf den 24. Februar 2008 angesetzten Volksabstimmungen über die "Unternehmenssteuerreform" und die Volksinitiative "Gegen Kampfjetlärm in Tourismusgebieten" ("Kampfjetlärminitiative") aus. Dabei standen die neusten Ergebnisse von Meinungsumfragen des Instituts gfs.bern (D.O.) im Mittelpunkt. Auch die Nachrichtensendung "10 vor 10" nahm das Thema der "Unternehmenssteuerreform" auf und wies auf die Resultate der im Auftrag von SRG SSR idée suisse durch das Institut gfs.bern durchgeführten Meinungsumfrage hin.
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A.b Hiergegen wandte sich X. mit 24 Mitunterzeichnern am 13. Mai 2008 an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI). Er machte geltend, die beanstandeten Beiträge verletzten das Sachgerechtigkeitsgebot (Art. 4 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 24. März 2006 über Radio und Fernsehen [RTVG 2006; SR 784.40]): Die gfs-Umfrage sei zu Unrecht als repräsentativ bezeichnet worden; das Publikum habe sich keine eigene sachgerechte ![]() | 3 |
B. Die Unabhängige Beschwerdeinstanz wies die Eingabe am 22. August 2008 mit 7:1 Stimme ab, soweit sie darauf eintrat; gleichzeitig stellte sie fest, "dass die in den Sendungen 'Tagesschau' und '10 vor 10' des Schweizer Fernsehens (SF 1) am 8. Februar 2008 ausgestrahlten Beiträge über die Ergebnisse von Meinungsumfragen zu den bevorstehenden Volksabstimmungen zur 'Unternehmenssteuerreform' und zur 'Kampfjetlärminitiative' keine Bestimmungen über den Inhalt redaktioneller Sendungen verletzt" hätten. Die UBI hielt fest, dass sich "über den Sinn und Unsinn der Veröffentlichung von Meinungsumfragen aufgrund ihrer beschränkten Aussagekraft streiten" lasse. Die in den beanstandeten Beiträgen dargestellten Ergebnisse hätten aber die programmrechtlichen Anforderungen "im Wesentlichen" erfüllt; diese bestünden darin, bei substanziellen Beiträgen über Ergebnisse von Meinungsumfragen das Publikum über den Auftraggeber, das beauftragte Institut, die Umfragemethode (z.B. Anzahl der Befragten, Fragestellung), den Zeitraum der Befragung und den der Umfrage innewohnenden Fehlerbereich explizit zu informieren und die Umfrageergebnisse korrekt wiederzugeben. Am entsprechenden Entscheid (b.584) wirkte der Präsident der UBI, Prof. M.R., mit, hingegen nicht das UBI-Mitglied E.I. (Ausstand). Gleich entschied die Beschwerdeinstanz am selben Tag bezüglich einer ebenfalls von X. und mehr als 20 Mitunterzeichnern eingereichten Eingabe (b.574): Sie wies die entsprechende Beschwerde mit 6:1 Stimme im Wesentlichen aus den gleichen Gründen wie den im Verfahren b.584 dargelegten ab. Bei diesem Entscheid befanden sich sowohl M.R. als auch E.I. im Ausstand.
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C. X. gelangte gegen beide Entscheide an das Bundesgericht. Auf die gegen den Entscheid "Wahlbarometer" (b.574) eingereichte Beschwerde ist dieses am 30. März 2009 nicht eingetreten (Urteil 2C_209/2008). Am 18. März 2009 beantragte X., den Entscheid b.584 der UBI aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen; zudem sei festzustellen, dass er als Mathematiker und Statistikexperte eine enge Beziehung zum Gegenstand der beanstandeten Sendung "gemäss RTVG Art. 94 Abs. 1" habe.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
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(Zusammenfassung)
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Erwägung 1 | |
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1.3 Der Beschwerdeführer verfügt als Mathematikprofessor und Publizist zur Problematik der Ungenauigkeit von ![]() | 10 |
Erwägung 2 | |
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2.2 Das Bundesgericht verzichtet zwar auf das Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses, falls sich die aufgeworfenen Fragen unter gleichen oder ähnlichen Umständen jederzeit wieder stellen können, eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre und die Beantwortung wegen deren grundsätzlicher Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt (BGE 135 I 79 E. 1.1; BGE 131 II 361 ![]() | 12 |
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3.1 In BGE 123 II 115 ff. hielt das Bundesgericht fest, dass der Popularbeschwerdeführer im Sinne von Art. 63 Abs. 1 lit. a RTVG 1991 trotz fehlender schutzwürdiger Interessen in der Sache selber befugt sei, einen Nichteintretensentscheid der UBI mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht anzufechten. Zwar sei in der Rechtsprechung zum Bundesbeschluss vom 7. Oktober 1983 über die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (BB/UBI; AS 1984 153 ff.) davon ausgegangen worden, dass der Popularbeschwerdeführer über kein schutzwürdiges Interesse verfüge, um mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde Verfahrensmängel vor der UBI zu rügen, da ihm im Gegensatz zum beschwerdeführenden Betroffenen im Verfahren der Programmbeschwerde keine ![]() | 14 |
3.2 Diese Praxis ist mit Blick auf die Revision des Radio- und Fernsehgesetzes vom 24. März 2006 zu präzisieren: Nach Art. 86 Abs. 3 RTVG sind - anders als unter dem alten Recht - die Bestimmungen des VwVG (SR 172.021) nunmehr auch auf das Verfahren vor der UBI anwendbar, soweit das Radio- und Fernsehgesetz nichts anderes vorsieht; Art. 3 lit. ebis VwVG ist mit dem neuen Recht aufgehoben worden (vgl. ROLF H. WEBER, Rundfunkrecht, 2008, N. 11 ff. zu Art. 86 RTVG; BBl 2003 1569 Ziff. 1.4.1 und Ziff. 2.1.7.1.1). Dies hat zur Folge, dass auch der Popularbeschwerdeführer von den entsprechenden Verfahrensgarantien profitieren und nunmehr entsprechende Rügen vor Bundesgericht erheben kann. Der Popularbeschwerdeführer hat vor der UBI - mangels einer abweichenden Regelung im RTVG 2006 - heute grundsätzlich die gleiche Rechtsstellung wie der Betroffenenbeschwerdeführer. Da er in der Regel in der Sache selber jedoch nicht legitimiert ist, kann er im Gegensatz zu diesem vor Bundesgericht im Rahmen von Art. 89 BGG nur solche Verfahrensverletzungen geltend machen, deren ![]() | 15 |
Erwägung 3.3 | |
3.3.1 Der Beschwerdeführer macht eine Befangenheit des Präsidenten der UBI im Sinne von Art. 10 VwVG geltend; er ist als Popularbeschwerdeführer hierzu befugt. Aufgrund der vorliegenden Unterlagen ist seine Rüge indessen unbegründet: Die Tatsache, dass die Mitglieder einer milizmässig organisierten Fachbehörde Kontakte zu Personen in ihrem Zuständigkeitsbereich pflegen, lässt den Schluss noch nicht zu, es bestehe im Einzelfall der objektiv begründete Verdacht einer Befangenheit (vgl. BREITENMOSER/SPORI FEDAIL, in: VwVG, Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], 2009, N. 79 ff. zu Art. 10 VwVG).Dasselbe gilt für die Tatsache, dass der Präsident der UBI über - vom Beschwerdeführer inhaltlich bestrittenes - wissenschaftliches Vorwissen hinsichtlich der Markt- bzw. der Meinungsforschung verfügt. Zwar ist D.O. offenbar eines von über 30 Beiratsmitgliedern am Institut, an dem M.R. Medienwissenschaften lehrt, dies lässt ihn aber hinsichtlich der Streitfrage, unter welchen Voraussetzungen Meinungsumfragen in einer konkreten Sendung rundfunkrechtlich sachgerecht dargestellt wurden, nicht bereits als befangen erscheinen. Einzuräumen ist, dass es etwas befremdend anmutet, wenn der Präsident der UBI an der gleichen Sitzung bei einer analogen Fragestellung ohne weitere Erklärung im einen Fall in den Ausstand tritt (b.574), im anderen indessen mitwirkt (b.584); die Gründe hierfür wären - wie der Beschwerdeführer zu Recht geltend macht - zumindest aktenmässig festzuhalten gewesen. Gemäss der Vernehmlassung der UBI war der Ausstand ihres Präsidenten darauf zurückzuführen, dass M.R. in jenem Verfahren konkret als Ersatzmann der Ombudsstelle tätig geworden war, weshalb die Gefahr eines ![]() | 16 |
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4. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird der unterliegende Beschwerdeführer kostenpflichtig (vgl. Art. 65 f. BGG). Bei der Festsetzung der Höhe der Gebühr kann dem Umstand Rechnung getragen werden, dass er erst vor Bundesgericht von den Gründen der ![]() | 18 |
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