BGE 136 II 263 | |||
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24. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Flughafen Zürich AG (unique zurich airport) und Mitb. gegen C. und Mitb. sowie Eidg. Schätzungskommission, Kreis 10 (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
1C_284/2009 / 1C_288/2009 / 1C_290/2009 vom 8. Juni 2010 | |
Regeste |
Entschädigungsansprüche für übermässige Lärmbelastung durch Flugverkehr; Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit; umweltschutzrechtliche Ansprüche der von übermässigen Fluglärm-Immissionen betroffenen Grundeigentümer. |
Unabhängig von der Vorhersehbarkeit der übermässigen Fluglärmbelastungen stehen den Betroffenen Ansprüche auf umweltschutzrechtliche Schallschutzvorkehren zu Lasten des Verursachers zu. Notwendigkeit der koordinierten Anwendung von Enteignungs-, Umwelt- und Raumplanungsrecht (E. 8). | |
Sachverhalt | |
A. Am 22. Mai 2000 kündigte Deutschland die schweizerisch-deutsche Vereinbarung von 1984 über die An- und Abflüge zum bzw. vom Flughafen Zürich über deutsches Hoheitsgebiet (AS 1984 1346). Im Herbst 2001 einigten sich die Parteien auf einen Staatsvertrag, mit dessen Umsetzung - voranwendungs- und schrittweise - sogleich zu beginnen war. So wurde am 19. Oktober 2001 ein neues, den deutschen Luftraum entlastendes Nachtflugregime eingeführt; die Landungen, die bis dahin von Norden erfolgt waren, wurden auf die Piste 28 verlegt, mit Anflug aus Osten. Weitere Ostanflüge wurden eingeführt, als am 27. Oktober 2002 die neue staatsvertragliche Wochenend- und Feiertagsregelung zu greifen begann. Gegen den bloss vorläufig angewandten, aber noch nicht ratifizierten Staatsvertrag erwuchs im schweizerischen Parlament Widerstand; am 18. März 2003 scheiterte er dort endgültig. Die Beschränkungen des Staatsvertrags entfielen jedoch nicht, da sie von Seiten Deutschlands in einer einseitigen Durchführungsverordnung (DVO) verankert wurden. Die DVO wurde sukzessive verschärft, sodass es zu stets noch mehr Anflügen aus Osten kam, vor allem während der Nachtstunden.
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B. Seit der Einführung der Ostanflüge im Herbst 2001 meldeten eine Vielzahl von Grundeigentümern aus dem betroffenen Gebiet Entschädigungsbegehren bei der Flughafen Zürich AG an. Diese übermittelte die Gesuche an die Eidgenössische Schätzungskommission, Kreis 10 (ESchK), die (...) Enteignungsverfahren einleitete. Auf Antrag der Flughafen Zürich AG beschränkte die ESchK am 2. März 2005 die Verfahren auf die Frage der Unvorhersehbarkeit als eine der Anspruchsvoraussetzungen.
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C. Am 17. Dezember 2007 kam die ESchK zum Schluss, massgeblicher Stichtag für die Unvorhersehbarkeit sei der 1. Januar 1961. Sie wies daher die Begehren all jener ab, die ihr Grundeigentum seit diesem Datum erworben hatten und auch nicht von einem direkten Überflug betroffen sind. (...)
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D. Gegen 17 dieser 29 Entscheide gingen beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer) vom 20. März bis zum 23. Mai 2008 insgesamt 37 Beschwerden mit 1'093 beschwerdeführenden Parteien ein. Alle Beschwerdeführer beantragten die Aufhebung des sie betreffenden Entscheids sowie - ausdrücklich oder sinngemäss - die Feststellung der Unvorhersehbarkeit der Ostanflüge. (...)
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E. Das BVGer vereinigte alle Beschwerdeverfahren in dieser Sache. Am 26. Mai 2009 hiess es die Beschwerden gut, soweit die ESchK die Entschädigungsforderungen wegen Lärmimmissionen abgewiesen hatte. Es ging davon aus, Stichdatum für die Frage der Vorhersehbarkeit sei der 23. Mai 2000, d.h. der Tag nach der Kündigung der Verwaltungsvereinbarung von 1984 durch Deutschland. Es hob insoweit die angefochtenen Entscheide der ESchK (...) auf (...) und wies die Sache an die ESchK zurück mit der Anweisung, für die Frage der Vorhersehbarkeit das Stichdatum 23. Mai 2000 zu berücksichtigen. (...)
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F. Gegen dieses Urteil haben sowohl die Flughafen Zürich AG als auch zahlreiche Gesuchsteller Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht erhoben.
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F.b Die Eheleute Bq. und Mitbeteiligte (Verfahren 1C_288/2009) beantragen, (...) die Vorinstanzen seien anzuweisen, als neues Stichdatum den 18. Oktober 2001, eventualiter den 3. Juli 2001, festzusetzen.
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F.c Die Eheleute Cc. und Mitbeteiligte ([...] Verfahren 1C_290/2009) verlangen, als Stichdatum für die Vorhersehbarkeit der Lärmimmissionen infolge Einführung der Ostanflüge sei der 4. Juli 2001 festzusetzen. (...)
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde der Flughafen Zürich AG gut und weist die übrigen Beschwerden ab.
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(Auszug)
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Aus den Erwägungen: | |
7. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung setzt ein Entschädigungsanspruch für die Unterdrückung nachbarlicher Abwehrrechte gegenüber Lärmeinwirkungen voraus, dass (kumulativ) die drei Bedingungen der Unvorhersehbarkeit der Lärmimmissionen, der Spezialität der Immissionen sowie der Schwere des immissionsbedingten Schadens gegeben sind (vgl. etwa BGE 123 II 481 E. 7 S. 490 ff.; BGE 130 II 394 E. 7.1 S. 402, E. 9.2 S. 410, E. 12 S. 414; je mit Hinweisen).
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7.1 Das Bundesgericht hat den Stichtag für die (Un)Vorhersehbarkeit der Fluglärm-Immissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landesflughäfen auf den 1. Januar 1961 festgesetzt. Ab diesem Datum sei eine markante Zunahme der Zivilluftfahrt und, damit verbunden, eine entsprechende Zunahme des Fluglärms in der Umgebung der Landesflughäfen für jedermann vorauszusehen gewesen. Dies wurde zunächst für den Landesflughafen Genf entschieden (BGE 121 II 317 E. 6b-c S. 334 ff.; bestätigt in BGE 128 II 231 E. 2.2 S. 234, BGE 134 II 329 E. 2.1 S. 331; BGE 129 II 72 E. 2.1 S. 74; 131 II 137 E. 2.1 S. 142). Das Datum 1. Januar 1961 wurde auch für den Landesflughafen Zürich für massgeblich erklärt (BGE 123 II 481 E. 7b S. 491 f.; BGE 134 II 49 E. 7 S. 62, BGE 134 II 145 E. 6 S. 149). Das Begehren des Kantons Zürich und der Flughafen Zürich AG, den Stichtag für den Landesflughafen Zürich vorzuverlegen, wies das Bundesgericht ab (BGE 130 II E. 394 E. 12.1 S. 415).
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Das Bundesgericht hat diese Regel unter ausdrücklicher Berufung auf Art. 1 Abs. 2 ZGB aufgestellt (BGE 121 II 317 E. 6b/bb S. 337). Es hat in der Folge mehrfach betont, dass es sich um eine allgemeingültige Regel handelt, die in allen Verfahren zur Anwendung gelangen müsse, in denen es um die Enteignung von Nachbarrechten wegen des Betriebs eines Landesflughafens gehe. Die Regel sei streng zu beachten und dürfe nicht von Fall zu Fall angepasst oder derogiert werden, etwa aufgrund der örtlichen und persönlichen Verhältnisse des Einzelfalls (BGE 131 II 137 E. 2.3 S. 144; BGE 134 II 49 E. 7 S. 63). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung musste ab dem 1. Januar 1961 jedermann - und nicht nur Flugspezialisten oder Anwohner eines Flugplatzes - um die Belastungen durch Fluglärm in der Umgebung der Landesflughäfen wissen (BGE 131 II 138 E. 2.3 S. 144; BGE 121 II 317 E. 6a S. 333 und E. 6b/bb S. 337).
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Dabei kommt es - wie die ESchK zutreffend dargelegt hat - allein auf die Auswirkungen des Flugbetriebs an, unabhängig davon, auf welche konkreten Ursachen politischer, technischer, wirtschaftlicher, betrieblicher oder anderer Natur Änderungen im Betrieb der Landesflughäfen zurückzuführen sind.
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7.2 Gestützt auf diese Praxis entschied das Bundesgericht, dass auch das sprunghafte Ansteigen der Südabflüge durch die Einführung der "4. Welle" der Swissair im Herbst 1996 nicht zu einer Neufestsetzung des Stichdatums führe. Dies, obwohl sich die Stadt Opfikon bis Mitte der 1990er-Jahre in einer relativ privilegierten Situation befunden hatte: Normalerweise erfolgten alle Abflüge auf Piste 28/10 in Richtung West, und diese Vorzugslage schien auch durch das damalige Betriebsreglement für den Flughafen Zürich und den Lärmzonenplan gewährleistet (vgl. dazu BGE 130 II 394 E. 12.3.1-12.3.3 S. 420 ff.). Im zitierten BGE räumte das Bundesgericht ein, dass das erhebliche Ausmass der fluglärmbedingten Belästigungen und die damit verbundene Entwertung der Liegenschaften erst nach Umstellung des Abflugbetriebs im Herbst 1996 (Einführung der "4. Welle") erkennbar geworden seien. Dieser Umstand wurde bei der Festsetzung des Verjährungsbeginns berücksichtigt (a.a.O., E. 12.3.3 S. 423), führte dagegen nicht zur Verneinung der Vorhersehbarkeit. Vielmehr hielt das Bundesgericht die für die Vorhersehbarkeit der Fluglärm-Immissionen massgebende Schwelle des 1. Januar 1961 auch für die durch den Abflugverkehr betroffenen Grundeigentümer in Opfikon-Glattbrugg für anwendbar (a.a.O., E. 12.1 S. 415; bestätigt in BGE 134 II 49 E. 7 S. 62, BGE 134 II 145 E. 6 S. 149).
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7.3 Nichts anderes gilt für die vorliegend zu beurteilenden Ostanflüge: Zwar waren die konkreten Gründe, die zur Einführung der Ostanflüge im Herbst 2001 führten, für die betroffenen Grundeigentümer unvorhersehbar. Die Auswirkungen hielten sich jedoch im Rahmen dessen, was schon am 1. Januar 1961 vorhersehbar gewesen war.
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Der Flughafen Zürich wurde von Anfang an für den interkontinentalen Flugverkehr konzipiert (vgl. Botschaft vom 13. Februar 1945 über den Ausbau der Zivilflugplätze, BBl 1945 I 155, insb. S. 175) und mit einem kreuzförmigen Pistensystem versehen, das Starts und Landungen in verschiedene Richtungen erlaubt. Grundsätzlich war daher spätestens ab 1961 nicht nur die Zunahme des Luftverkehrswachstums vorhersehbar, sondern es musste auch damit gerechnet werden, dass einmal festgelegte Start- und Landerichtungen wieder abgeändert werden könnten.
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Wie das BVGer festgestellt hat, wurde die Piste 10/28 als Hauptpiste des Flughafens Zürich errichtet und diente noch in den 1960er-Jahren sowohl für Abflüge nach Westen als auch für Anflüge von Osten her. Insofern musste am Stichtag 1. Januar 1961 generell mit einer Zunahme des Fluglärms in der Nähe der Piste 28 und entlang ihrer Achsen gerechnet werden, und zwar sowohl in östlicher als auch in westlicher Richtung. Dies gilt auch dann, wenn die Piste - wie die Beschwerdegegner 9-25 geltend machen - vorwiegend für die Landung von kleineren Flugzeugen benutzt und andere Anflugrouten als heute geflogen wurden.
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Auch nachdem sich in den 1970er-Jahren das Pistenbenützungskonzept durchgesetzt hatte, wonach von Norden gelandet und nach Westen gestartet wurde, erfolgten weiterhin Anflüge aus Osten bei Westwind. Dies belegt, dass Landungen auf der Piste immer möglich waren, auch wenn sie von ihrer Länge und ihrer Topographie weniger geeignet erschien als die beiden anderen Pisten. Zudem wurden im Betriebsreglement 1992 maximal 12 Anflüge aus Osten pro Tag für Turbopropellorflugzeuge im STOL-Verfahren bewilligt.
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Zwar befanden sich die Gemeinden im Osten des Flughafens lange Zeit in einer - im Vergleich zu anderen Zürcher Gemeinden - privilegierten Situation. Eine Intensivierung der Ostanflüge wurde jedoch mehrfach diskutiert (z.B. im Rahmen der 3. Bauetappe und bei der Einführung des VOR/DME-Anflugverfahrens 1989) und hätte schon früher erfolgen können, z.B. zur Umsetzung der in der schweizerisch-deutschen Vereinbarung von 1984 enthaltenen Nachtflugbeschränkungen.
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Die zunehmenden Beschwerden der Bevölkerung wegen Fluglärms sind Folgen des generellen Luftverkehrswachstums und damit eine "normale" luftverkehrsbedingte Entwicklung. Diese Beschwerden führen zu (z.T. gegenläufigen) Forderungen nach der Änderung von An- und Abflugsrouten bzw. Nachtflugbeschränkungen. Ob und inwiefern sich einzelne Gruppen mit ihren Vorstellungen durchsetzen können, ist immer auch eine politische Frage. Umgekehrt besteht ein starkes wirtschaftspolitisches Interesse an der Beibehaltung bzw. Ausweitung von Flugkapazitäten. So stellte die von der Swissair mit der "4. Welle" beschlossene Konzentration der Interkontinentalflüge in Zürich zwar einen unternehmerischen Entscheid dar; dieser wurde jedoch in der Westschweiz als regional- und standortpolitischer Entscheid empfunden und kritisiert.
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Der internationale Flugverkehr ist seiner Natur nach global: Er ist Gegenstand verschiedener mulitlateraler und zahlreicher bilateraler Luftverkehrsabkommen, und hängt von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen und Entscheidungen ab, die dem Einflussbereich der schweizerischen Behörden und der Flughafen Zürich AG weitgehend entzogen sind. Dies gilt in besonderem Masse für die Landesflughäfen Genf und Zürich, die beide nahe an der Landesgrenze liegen.
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8. Wie bereits dargelegt wurde, hat das Bundesgericht das Stichdatum für die Vorhersehbarkeit unter ausdrücklicher Berufung auf Art. 1 Abs. 2 ZGB aufgestellt (BGE 121 II 317 E. 6b/bb S. 337), d.h. es ging vom Bestehen einer Gesetzeslücke aus, die der Richter zu füllen habe. An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten, solange der Gesetzgeber keine andere Regelung trifft. Auf den grundsätzlichen Einwand der Beschwerdeführer des Verfahrens 1C_290/2009, wonach keine genügende gesetzliche Grundlage für einen Entschädigungsausschluss wegen Vorhersehbarkeit der Lärmimmissionen ab dem 1. Januar 1961 bestehe, ist daher nicht weiter einzugehen.
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Dagegen veranlassen die Rügen zu den verfassungsrechtlich verankerten Verursacher- (Art. 74 Abs. 2 BV) und Nachhaltigkeitsprinzipien (Art. 73 BV) das Bundesgericht zu folgenden Bemerkungen:
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Unausgesprochen liegt dieser Rechtsprechung aber auch der Gedanke zugrunde, dass die Ausschüttung von Geld an einzelne Grundeigentümer nicht das geeignete Mittel zur Besserstellung der lärmgeplagten Bevölkerung ist (MARGRIT SCHILLING, Enteignungsrechtliche Folgen des zivilen Luftverkehrs, ZSR 125/2006 I S. 19). Die beschränkten finanziellen Ressourcen sollen in erster Linie zur Lärmbegrenzung an der Quelle oder, wenn dies nicht möglich ist, zum passiven Schallschutz verwendet werden, d.h. für Massnahmen, die der Lärmbekämpfung und damit dem Schutz der Gesundheit dienen und den unmittelbar Betroffenen (insb. auch Mietern) zugutekommen.
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Dies führte bereits im Entscheid BGE 119 Ib 348 E. 6c S. 364 ff. zu einer Neuausrichtung des Enteignungsrechts. Die Schätzungskommissionen wurden verpflichtet, die Enteignungsentschädigung - auch gegen den Willen des Enteigneten - nicht als Geldleistung, sondern (ganz oder teilweise) als Sachleistung in Form von Schallschutzmassnahmen an bestehenden Gebäuden anzuordnen, um die Personen, die in einem den Immissionen ausgesetzten Gebäude wohnen, wirksam in ihrem Wohlbefinden zu schützen.
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8.2 Massnahmen zum Schutz gegen übermässige Einwirkungen des Luftverkehrs bzw. zu ihrer Abgeltung finden sich - ausserhalb des Enteignungsrechts - insbesondere in der Umweltschutzgesetzgebung und im Raumplanungsrecht. Die einschlägigen Bestimmungen dürfen nicht je isoliert, sondern müssen koordiniert angewendet werden (vgl. dazu BGE 130 II 394 E. 8-10 S. 406 ff. mit Hinweisen).
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Der Schutz von Menschen gegen schädliche und lästige Einwirkungen ist vor allem Aufgabe des Bundesgesetzes vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz (Umweltschutzgesetz, USG; SR 814.01) (Art. 1 Abs. 1 USG). Danach werden Luftverunreinigungen, Lärm, Erschütterungen und Strahlen in erster Linie durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (Art 11 Abs. 1 USG). Unabhängig von der bestehenden Umweltbelastung sind Emissionen im Rahmen der Vorsorge so weit zu begrenzen, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist (Vorsorgeprinzip; Art. 11 Abs. 2 USG). Steht fest oder ist zu erwarten, dass die Einwirkungen unter Berücksichtigung der bestehenden Umweltbelastung schädlich oder lästig werden, so müssen verschärfte Emissionsbegrenzungen angeordnet werden (Art. 11 Abs. 3 USG).
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Bei öffentlichen oder konzessionierten, im überwiegenden öffentlichen Interesse liegenden Anlagen, wie Strassen, Flughäfen und Eisenbahnanlagen, besteht zwar die Möglichkeit, Erleichterungen über den Immissionsgrenzwert (und sogar über den Alarmwert) hinaus zu gewähren (vgl. Art. 25 Abs. 3 USG für Neuanlagen; Art. 20 Abs. 1 USG in Verbindung mit Art. 17 und 14 Abs. 2 der Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986 [LSV; SR 814.41] e contrario für bestehende Anlagen; zur wesentlichen Änderung bestehender Anlagen vgl. BGE 124 II 293 E. 17 S. 328). Die vom Lärm betroffenen Gebäude müssen aber grundsätzlich auf Kosten des Eigentümers der lärmigen Anlage durch Schallschutzfenster oder ähnliche bauliche Massnahmen geschützt werden. Bei neuen oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geänderten Anlagen sind derartige Schutzvorkehren ab Überschreiten des massgeblichen Immissionsgrenzwerts zu treffen (Art. 25 Abs. 3 bzw. Art. 20 Abs. 2 USG in Verbindung mit Art. 10, BGE 124 II 11 und 16 Abs. 2 LSV; vgl. BGE 124 II 293 E. 17 S. 328 f.; BGE 126 II 522 E. 39a S. 569 f.).
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Bei Flughäfen, die nach Inkrafttreten des USG errichtet oder (wie der Flughafen Zürich) wesentlich geändert worden sind, erfolgt somit die Abgeltung übermässiger Lärmbelastungen in erster Linie durch die umweltschutzrechtlichen Schallschutzvorkehren (BGE 130 II 394 E. 9.2 S. 411). Diese werden ab Überschreitung des Immissionsgrenzwerts geschuldet, unabhängig von weiteren Voraussetzungen, wie namentlich der Vorhersehbarkeit und der Spezialität der Immissionen und der Schwere des Schadens. Die Kosten dieser Massnahmen gehen zulasten der Flughafen-Eigentümerin und werden durch lärmabhängige Gebühren, die in den Lärmfonds des Zürcher Flughafens ("Airport Zurich Noise Fund"; AZNF) fliessen, auf die Benutzer umgelegt.
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Wesentliche Änderungen des Flugbetriebs - wie die hier streitige Einführung der Ostanflüge seit 2001 - führen nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zwar nicht zur Unvorhersehbarkeit der Fluglärmimmissionen im enteignungsrechtlichen Sinn. Dagegen sind sie als erhebliche Änderung der Flughafenanlage zu qualifizieren, mit der Folge, dass alle Betroffenen bei Immissionsgrenzwertüberschreitungen Schallschutzmassnahmen verlangen können, unabhängig davon, ob sie ihre Liegenschaft vor oder nach dem 1. Januar 1961 erworben bzw. überbaut haben.
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Dieser Nutzungskonflikt ist in erster Linie durch die Überarbeitung der raumplanerischen Grundlagen zu lösen (BGE 127 I 103 E. 7f S. 113 mit Hinweisen). Der komplexe Interessenausgleich für den Flughafen Zürich ist Gegenstand des laufenden Verfahrens für die Erstellung des Objektblatts Zürich des Sachplans Infrastruktur Luftfahrt (SIL). Dieser wird die raumplanerischen und betrieblichen Rahmenbedingungen für den Flughafen Zürich festlegen und als Grundlage für das definitive Betriebsreglement des Flughafens Zürich dienen.
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8.4 Dabei wird nach Lösungen gesucht, die einerseits die Rolle des Flughafens Zürich als grösster und wichtigster Landesflughafen der Schweiz sicherstellen und andererseits dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung genügen (Bericht des Bundesrats vom 10. Dezember 2004 über die Luftfahrtpolitik der Schweiz; BBl 2005 1799 ff.). Ziel dieser Planung muss es insbesondere auch sein, den Flugbetrieb möglichst anwohnerfreundlich auszugestalten (vgl. dazu BRINK/ROMETSCH/WIRTH/SCHIERZ, Der Einfluss von abendlichem und morgendlichem Fluglärm auf Belästigung, Befindlichkeit und Schlafqualität von Flughafenanwohnern, 2007, S. 162 ff.). Soweit hierzu Beschränkungen des Flugverkehrs angeordnet werden, treffen diese (wie auch die damit einhergehenden Kosten) zwangsläufig die Flughafeneigentümerin und die Benutzer des Flughafens als Verursacher des Fluglärms.
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Sofern dicht besiedelte Wohngebiete vor Fluglärm nicht verschont werden können, müssen die betroffenen Anwohner zumindest durch bauliche Massnahmen von schädlichem Lärm abgeschirmt werden. Dies ist nach dem oben (E. 8.2) Gesagten jedenfalls dann geboten, wenn die Immissionsgrenzwerte gemäss Anh. 5 LSV überschritten werden. In besonders gelagerten Konstellationen (z.B. frühmorgendliche Anflugwellen, welche die Anwohner in ihrem Schlaf beeinträchtigen) werden die zuständigen Behörden prüfen müssen, ob es hinsichtlich bestehender Bauten auf stark belasteten Grundstücken aufgrund einer einzelfallbezogenen Betrachtung zudem geboten ist, passive Schallschutzmassnahmen anzuordnen, obwohl der Mittelungspegel für den Tag (6.00 bis 22.00 Uhr) gemäss Anh. 5 LSV eingehalten wird (vgl. BGE 126 II 522 E. 43 b S. 577 f. und E. 45 a/bb S. 587).
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