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5. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A.X. und B.X. gegen Gemeinderat A. und Steueramt des Kantons Aargau (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
2C_11/2011 vom 2. Dezember 2011 | |
Regeste |
§ 27 Abs. 2 und 4 StG/AG; Art. 8 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 StHG; Art. 2 Abs. 2 BGBB; auf "land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken" erzielte Veräusserungsgewinne. |
Diese Privilegierung ist namentlich dadurch angemessen zu begrenzen, dass der steuerrechtliche Begriff des "land- und forstwirtschaftlichen Grundstückes" im Einklang mit dem Anwendungs- und Schutzbereich sowie den Veräusserungsbeschränkungen des bäuerlichen Bodenrechts konkretisiert werden muss (E. 2.2). |
Für ein unüberbautes und vollumfänglich in einer Bauzone gelegenes Grundstück, das nicht "angemessenen Umschwung" eines Grundstückes mit landwirtschaftlichen Gebäuden und Anlagen bildet, kann die Ausnahmeregelung nicht zur Anwendung kommen (E. 2.2 und 2.3). |
Ist bei einem solchen Grundstück auf den Zeitpunkt der Einzonung in den Baubereich hin ein als steuersystematische Realisierung zu wertender Übergang von landwirtschaftlichem zu üblichem (und steuerlich nicht privilegiertem) Geschäftsvermögen anzunehmen (E. 2.4)? | |
Sachverhalt | |
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B. Am 22. Mai 2008 veranlagte die Steuerkommission A. die Eheleute X. für die Kantons- und Gemeindesteuern 2003 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 443'000.- (wobei sie einen Kapitalgewinn aus der Beendigung der selbständigen Erwerbstätigkeit und der Hofübergabe von Fr. 387'680.- zugrunde legte) und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 478'000.-. Diese Veranlagung bestätigte das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau in den hier wesentlichen Punkten kantonal letztinstanzlich mit Urteil vom 1. November 2010.
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C. Am 3. Januar 2011 haben die Eheleute X. Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht eingereicht. Sie beantragen im Wesentlichen, das verwaltungsgerichtliche Urteil betreffend die Kantons- und Gemeindesteuern 2003 aufzuheben. Weiter seien bestimmte Feststellungen zu treffen. (...)
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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(Auszug)
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Aus den Erwägungen: | |
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2.1 Das aargauische Steuergesetz vom 15. Dezember 1998 (StG/AG; SAR 651.100) folgt im Grundsatz dem dualistischen System der Grundstückgewinnbesteuerung: Gewinne aus der Veräusserung von ![]() | 7 |
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2.1.2 Aufgrund der eben genannten Bestimmungen nehmen die auf "land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken" erzielten Veräusserungsgewinne eine Sonderstellung ein (vgl. Botschaft über die Steuerharmonisierung, BBl 1983 III 36 f. und 162; siehe auch HANS ULRICH MEUTER, Die Besteuerung von Selbständigerwerbenden nach dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer [DBG], unter Berücksichtigung der Land- und Forstwirtschaft, Zürcher Steuerpraxis [ZStP] 2/1993 S. 74 ff., insb. S. 80). Zur Zeit des Bunderatsbeschlusses vom 9. Dezember 1940 über die Erhebung einer direkten Bundessteuer (BdBSt) waren die Landwirte regelmässig nicht eintragungs- bzw. buchführungs- und somit auch nicht kapitalgewinnsteuerpflichtig. Davon ist in der hier massgeblichen Regelung übriggeblieben, dass nur die wieder eingebrachten Abschreibungen der Einkommenssteuer von Bund und Kanton unterliegen, wogegen der eigentliche Wertzuwachsgewinn ausschliesslich der kantonalen bzw. kommunalen Grundstückgewinnsteuer unterliegt und auf Bundesebene nicht besteuert wird (vgl. Art. 16 Abs. 3 DBG). Das stellt eine privilegierte Ausnahmeregelung dar (vgl. MARKUS REICH, in: ![]() | 9 |
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Diesen Gesetzen ist u.a. der Zweck gemeinsam, das Eigentum des landwirtschaftlichen Bodens, der einen volkswirtschaftlich wesentlichen Produktionsfaktor darstellt, zu Gunsten landwirtschaftlicher Betriebe zu erhalten. Dieser Zweck hat die erforderliche Abstimmung wesentlich mitzuprägen, weshalb der steuerrechtliche Begriff des "land- und forstwirtschaftlichen Grundstückes" im Einklang mit dem Anwendungs- und Schutzbereich sowie den ![]() | 12 |
a) Grundstücke und Grundstücksteile mit landwirtschaftlichen Gebäuden und Anlagen, einschliesslich angemessenem Umschwung, die in einer Bauzone liegen und zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe gehören;
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b) Waldgrundstücke, die zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe gehören;
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c) Grundstücke, die teilweise innerhalb einer Bauzone liegen, solange sie nicht entsprechend den Nutzungszonen aufgeteilt sind;
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d) Grundstücke mit gemischter Nutzung, die nicht in einen landwirtschaftlichen und einen nichtlandwirtschaftlichen Teil aufgeteilt sind.
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2.2.2 Gestützt auf diese Grundsätze erwog das Bundesgericht im genannten Urteil 2C_539/2010, dass das in jenem Verfahren angefochtene Urteil sich zu Unrecht allein auf das Raumplanungsgesetz gestützt und befunden hatte, für das strittige Grundstück müsse die Ausnahmeregelung von Art. 12 Abs. 1 StHG (und davon ausgehend ein Steueraufschub gemäss Art. 12 Abs. 3 lit. d StHG) schon deshalb verweigert werden, weil es in einer Bauzone liege. Unbestrittenermassen handelte es sich um ein Grundstück mit landwirtschaftlichen Gebäuden und Anlagen, einschliesslich angemessenem Umschwung, das also gemäss Art. 2 Abs. 2 lit. a BGBB unter zwei zusätzlichen Bedingungen in den Schutzbereich des bäuerlichen Bodenrechts fiel und somit den Begriff des "land- und forstwirtschaftlichen Grundstückes" erfüllte: Einerseits musste das Grundstück landwirtschaftlich genutzt sein (vgl. Art. 6 BGBB; siehe auch YVES DONZALLAZ, Traité de droit agraire suisse, Bd. 1 und 2, 2004 bzw. 2006 [Rz. durchgehend], Rz. 3137), was im konkreten Fall ![]() | 17 |
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Vorliegend geht es unbestrittenermassen um ein unüberbautes und vollumfänglich in einer Bauzone gelegenes Grundstück, das aber nicht "angemessenen Umschwung" eines Grundstückes mit landwirtschaftlichen Gebäuden und Anlagen bildet (vgl. Art. 2 Abs. 2 lit. a und c BGBB sowie oben E. 2.2.1). Im Zusammenhang mit einem solchen kann die privilegierte Ausnahmeregelung nicht gewährt werden, wenn von den drei im Fall 2C_539/2010 festgehaltenen Kriterien ausgegangen wird (vgl. dazu auch DONZALLAZ, a.a.O., Rz. 3134 und 3166). Die fehlende Überbauung schliesst die steuerliche Privilegierung von vornherein aus, ohne dass überhaupt noch zu prüfen wäre, ob das Grundstück landwirtschaftlich genutzt wird und zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe gehört.
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Eine solche Lösung weicht von der in bestimmten Kantonen bestehenden Praxis und der teilweise in der Lehre vertretenen - vorrangigen, u.U. sogar vollumfänglichen - Ausrichtung auf das Kriterium der tatsächlichen Nutzung ab (vgl. in diesem Sinne u.a. DANIELLE YERSIN, La distinction entre l'activité indépendante et la gestion de la fortune privée dans le domaine immobilier, ASA 67 S. 97 ff., insb. S. 109; FERDINAND ZUPPINGER, Grundstückgewinn- und Vermögenssteuer, ASA 61 S. 309 ff., insb. 313; siehe auch VGE/ZH vom 25. Mai 2005, in: StE 2006 B 42.38 Nr. 27 E. 2.2.; RICHNER/FREI/KAUFMANN/MEUTER, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. Aufl. 2006, N. 306 ff. zu § 216 StG/ZH und daran anschliessend KLÖTI-WEBER/BAUR, a.a.O., N. 7a zu § 95 StG/AG).
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Für die im Fall 2C_539/2010 als massgeblich erklärte Lösung sprechen indessen wesentliche Gesichtspunkte: Wie die Vorinstanz zu Recht hervorgehoben hat, ergibt sich die Notwendigkeit einer ![]() | 22 |
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2.4 In steuersystematischer Hinsicht ist jedoch noch kurz auf das in StE 2011 B 42.25 Nr. 2 veröffentlichte Urteil 2C_708/2010 vom 28. Januar 2011 einzugehen, das ebenfalls den Kanton Aargau und dessen dualistisches System (vgl. oben E. 2.1 eingangs) betraf. Das ![]() | 24 |
Auch vorliegend kann allenfalls auf den Zeitpunkt der Einzonung in den Baubereich hin ein solcher Übergang von einem landwirtschaftlichen zu einem "normalen" Geschäftsvermögen angenommen werden. Im Fall 2C_708/2010 beruhte der Systemwechsel darauf, dass die Pflichtigen selber für ihr(e) Grundstück(e) in einem bestimmten Zeitpunkt eine Nutzungsänderung beschlossen und dann auch vollzogen. In einem Fall wie dem hier zu beurteilenden ergäbe sich der Übergang hingegen nicht aus einer kurz vor der streitigen (End-) Abrechnung getroffenen Entscheidung der Pflichtigen, sondern aus den rechtlichen Auswirkungen der gegebenenfalls lange zurückliegenden Umzonung.
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Dieser Unterschied zum Fall 2C_708/2010 würde zwar auch hier nicht zwingend ausschliessen, dass übliches (und steuerlich nicht privilegiertes) Geschäftsvermögen bloss für die Zeitspanne zwischen Umzonung und nachmaliger Privatentnahme angenommen wird. Für die Zeit vor der Umzonung könnte an sich die privilegierte Ausnahmeregelung zum Zuge kommen. Das würde jedoch in einem Fall wie dem vorliegenden bedeuten, dass bei der Überführung ins Privatvermögen im Nachhinein noch für die Zeit bis zur Umzonung die Grundstückgewinnsteuer zu erheben wäre. Das brächte in zahlreichen Fällen kaum hinzunehmende Praktikabilitäts- und Umsetzungsprobleme mit sich, insbesondere angesichts der im bäuerlichen Bereich oft (sehr) langen Haltedauer der Grundstücke und bei lange zurückliegenden Umzonungen. Solche Probleme könnten sich u.a. dann ergeben, wenn für die frühere Grundstückbesteuerung nicht das jetzige Steuergesetz, sondern die bis Ende 2000 geltende und von ![]() | 26 |
Diese Probleme sind in dem hier wesentlichen Gesamtrahmen zu sehen, wonach eine fragwürdige Ausnahmeregelung angemessen eingegrenzt werden muss. Die Notwendigkeit einer solchen Eingrenzung ist nicht nur für das allgemeine Verhältnis zwischen § 27 Abs. 2 und 4 StG/AG von Belang, sondern auch im Zusammenhang mit der vorliegend massgeblichen spezifischen Frage, inwieweit eine steuersystematisch wünschbare, aber unter dem (hier zumindest ebenso bedeutenden) Gesichtspunkt der Koordination verschiedener Rechtsbereiche problematische Differenzierung doch noch berücksichtigt werden kann. In Anbetracht sämtlicher Gesichtspunkte drängt sich eine zwischen zwei Phasen unterscheidende steuerliche Erfassung (mit der Grundstückgewinnsteuer bis zur Umzonung, mit der Einkommenssteuer für den danach entstandenen Wertzuwachs) nur insoweit auf, als sie nicht erst im Nachhinein, z.B. hier im Zeitpunkt der Überführung ins Privatvermögen, zu geschehen hat, sondern schon im Zeitpunkt der Umzonung erfolgt (namentlich auf Verlangen des Pflichtigen). Das war vorliegend nicht der Fall. Deshalb erweist es sich auch in Anbetracht des Urteils 2C_708/2010 als zutreffend, dass die Vorinstanz ihre Beurteilung ausschliesslich auf § 27 Abs. 2 StG/AG gestützt hat.
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2.5 In Anwendung von § 27 Abs. 2 StG/AG ist das Verwaltungsgericht von einem massgeblichen (und durch die Beschwerdeführer nicht bestrittenen) Verkehrswert von Fr. 500'000.- ausgegangen. Davon hat es den für das betreffende Grundstück aufgeschlüsselten Teil des (soweit ersichtlich einzig verfügbaren) Gesamtbuchwertes abgezogen. Die Beschwerdeführer bringen gegen diese Berechnung ebenfalls nichts vor; inwiefern sie eine qualifiziert unzutreffende Sachverhaltsfeststellung (vgl. nicht publ. E. 1.3) darstellen würde, ist nicht erkennbar, so dass sie das Bundesgericht bindet. Auf dieser Grundlage hat die Vorinstanz für die Privatentnahme einen Kapitalgewinn von Fr. 446'243.- festgehalten. Schon daraus ergibt sich ein höheres Einkommen als die von der Veranlagungsbehörde für sämtliche Immobilien erfassten steuerbaren Einkünfte von Fr. 387'680.-. In Anbetracht des Verbots einer reformatio in peius ![]() | 28 |
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