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7. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A.X. und B.X. gegen Kantonales Steueramt Zürich (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
2C_961/2010 / 2C_962/2010 vom 30. Januar 2012 | |
Regeste |
Art. 20 Abs. 1 lit. c DBG; Art. 7 Abs. 1 StHG; § 20 Abs. 1 lit. c StG/ZH; simuliertes Darlehen zwischen Schwestergesellschaften, die vom gleichen Beteiligungsinhaber beherrscht werden? |
Darlehen zwischen Schwestergesellschaften, die vom gleichen Beteiligungsinhaber beherrscht werden (E. 4). |
Simuliertes Darlehen: Indizien (E. 5.1); Unterscheidung zwischen Fällen, in denen die Rückzahlung des Darlehens schon bei der Gewährung des Kredits nicht geplant ist, und solchen, in denen ein fehlender Rückerstattungswille erst im Nachhinein angenommen werden kann (E. 5.2). |
Annahme der Steuerbehörden, die Rückerstattung eines Darlehens sei von allem Anfang an nicht geplant gewesen, und Voraussetzungen, unter denen eine später tatsächlich erfolgte Rückerstattung (nicht) berücksichtigt werden kann (E. 7.1-7.3). |
Weitere Indizien, die in einem konkreten Fall gegen die Annahme eines simulierten Darlehens sprechen (E. 7.4). | |
Sachverhalt | |
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B. Bei der Veranlagung der Eheleute X. für die Staats- und die direkte Bundessteuer 2002 qualifizierte das kantonale Steueramt Zürich am 8. August 2005 die genannten Darlehen als simuliert und rechnete sie in Anwendung der sog. Dreieckstheorie vollumfänglich, d.h. in der Höhe von Fr. 560'000.-, als verdeckte ![]() | 2 |
C. Am 15. Dezember 2010 haben die Ehegatten X. Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht eingereicht. Sie beantragen, die verwaltungsgerichtlichen Urteile zu den Kantons- und Gemeindesteuern (Verfahren 2C_961/2010) sowie zur direkten Bundessteuer 2002 (2C_962/2010) aufzuheben; von der Aufrechnung der Darlehen sei abzusehen. Eventuell sei die Sache zur weiteren Untersuchung und Neuentscheidung an eine der kantonalen Instanzen zurückzuweisen. (...)
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer gut und weist die Sache zu neuer Veranlagung an das Steueramt zurück.
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(Auszug)
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Aus den Erwägungen: | |
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2.2 Als geldwerte Vorteile aus Beteiligungen gelten dementsprechend alle durch Zahlung, Überweisung, Gutschrift, Verrechnung oder auf andere Weise bewirkten in Geld messbaren Leistungen, die der Inhaber gesellschaftlicher Beteiligungsrechte unter irgendeinem Titel aufgrund dieser Beteiligung von der Gesellschaft erhält und welche keine Rückzahlung der bestehenden Kapitalanteile darstellen. Dazu gehören insbesondere sog. verdeckte Gewinnausschüttungen, d.h. Zuwendungen der Gesellschaft, denen keine oder keine genügenden Gegenleistungen des Anteilsinhabers entsprechen und die einem an der Gesellschaft nicht beteiligten Dritten nicht oder nur in wesentlich geringerem Umfang erbracht worden wären. Das ist mit einem ![]() | 8 |
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3.2 Das Bundesgericht hat eine Anzahl von Kriterien entwickelt, bei deren Vorliegen ein Aktionärsdarlehen als geldwerte Leistung zu qualifizieren ist. Das ist u.a. dann der Fall, wenn das gewährte Darlehen durch den Gesellschaftszweck nicht abgedeckt oder im ![]() | 12 |
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4.2 Gemäss der sog. Dreieckstheorie kann einkommenssteuerrechtlich eine geldwerte Leistung an einen der Gesellschaft nahestehenden Dritten u.U. als steuerbare Zuwendung (insbesondere als verdeckte Gewinnausschüttung) an den Aktionär qualifiziert werden ![]() | 15 |
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5.1 Gelegentlich werden die oben in E. 3.2 genannten und zur Beurteilung von Darlehen an Aktionäre im Allgemeinen entwickelten Kriterien ohne weiteres auch bei der hier wesentlichen Frage zur Anwendung gebracht, ob ein solches Darlehen simuliert ist. Diese Frage ist jedoch enger als das allgemeine Problem der Aktionärsdarlehen. Somit genügt es nicht darzulegen, dass das betreffende Darlehen zwischen einander nicht nahestehenden Dritten nicht oder aber ![]() | 17 |
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5.1.3 Ähnlich zu differenzieren ist in Bezug auf die jeweilige Vermögenssituation von Darlehensgeberin und -schuldner: So mag es wohl im Drittvergleich durchaus ungewöhnlich sein, wenn die geleistete Zuwendung im Verhältnis zum Vermögen der Darlehensgeberin eine ausserordentliche Höhe erreicht; das kann in dem Ausmass gegeben sein, dass das Darlehen das einzige erhebliche Aktivum der Gesellschaft darstellt oder das vorhandene Eigenkapital übersteigt (vgl. ASA 72 S. 736 E. 3.1; 53 S. 54 E. 5a und 5d; zit. Urteil 2A.399/1999 E. 3c). All das lässt aber noch nicht den Schluss zu, dass mit einer Rückerstattung des Darlehens nicht zu rechnen wäre. Differenziert zu beurteilen ist allenfalls sogar die Tatsache, dass die Darlehensgeberin gar nicht in der Lage ist, aus ihren eigenen Mitteln ![]() | 20 |
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Erwägung 6 | |
6.1 Vorliegend scheint unbestreitbar, dass die Konditionen der 2002 der Schwestergesellschaft vergebenen Kredite einem Drittvergleich nicht standhielten. Die Fr. 560'000.- wurden der anderen Gesellschaft zinslos, ohne jegliche Leistung von Sicherheiten und teilweise ohne schriftlichen Vertrag zugestanden. Die Borgerin betrieb ein im Aufbau begriffenes Geschäft, dessen unternehmerische Zukunft noch unsicher war. Wohl verfügte die Darlehensschuldnerin ganz zu Beginn ihrer Tätigkeit noch über hinreichend Eigenkapital, zumal die Revisionsstelle an den Werten der Sachübernahmen nichts auszusetzen hatte. Aber unter solch ungewissen Vorzeichen hätte ![]() | 25 |
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Erwägung 7 | |
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7.3.1 Namentlich kann sich das Verwaltungsgericht nicht auf das in ASA 64 S. 641 veröffentlichte Urteil berufen. Dort (vgl. insb. E. 5 einleitend und 5b) hielt das Bundesgericht fest, es müsse auf den Zeitpunkt der Darlehensgewährung abgestellt werden, um zu ![]() | 30 |
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7.4.2 Wenig Beweiskraft kommt weiter dem Umstand zu, dass der zwischen den beiden Gesellschaften erstellte Darlehensvertrag nicht für alle Kredite bestand und mit formellen Mängeln behaftet war (vgl. oben E. 5.1.1). Ebenfalls nicht massgeblich kann hier die ![]() | 34 |
Bedeutender ist, dass die Darlehensgeberin nicht über genügend Vermögen verfügte, um die ausgerichteten Zuwendungen aus ihren eigenen Mitteln zu leisten (vgl. oben E. 5.1.3). Stattdessen war der Beschwerdeführer gezwungen, den Betrag von Fr. 475'000.- (Zins 6,25 %) bei einer Bank aufzunehmen, was in der Höhe von Fr. 150'000.- solidarisch verbürgt wurde; zudem schloss er einen allgemeinen Pfandvertrag mit der Bank ab und ging er eine Todesfallversicherung zur weiteren Absicherung des Kredites ein; schliesslich wurde sogar die Privatliegenschaft der Beschwerdeführer teilweise verpfändet. Daraus lässt sich indessen nichts Schlüssiges zugunsten einer Simulationsabsicht ableiten. Vielmehr ergeben sich daraus sogar zwei Indizien gegen eine solche Simulation: Einerseits beweist der Bankkredit, dass der Beschwerdeführer (bzw. seine Geschäftssituation) im damaligen Zeitpunkt als durchaus kreditwürdig eingestuft wurde, wenn auch nicht für ein zinsloses und ungesichertes Darlehen (vgl. oben E. 6); auf jeden Fall konnte mit diesem Argument eine zukünftige Rückerstattung nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Andererseits ist, wenn schon auf die wirtschaftlichen und nicht nur die zivilrechtlichen Verhältnisse abzustellen ist (vgl. oben E. 2.1), beachtlich, dass der Beschwerdeführer privat für das Darlehen Sicherheit leistete. Das hätte er wohl kaum getan, wenn er von einem endgültigen Verlust der Forderung ausgegangen wäre und die Rückerstattung von allem Anfang an ausgeschlossen hätte.
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7.4.3 Im Wesentlichen beruft sich das Verwaltungsgericht jedoch auf dasjenige Simulationsindiz, das im Allgemeinen am schwersten wiegt: eine fehlende Rückerstattungsfähigkeit der Darlehensschuldnerin (vgl. oben E. 5.1.3), die hier von Anfang an klar vorgelegen habe. Dieses Argument vermag aber deshalb nicht zu überzeugen, weil die finanziellen Schwierigkeiten nicht schon bei der Darlehensgewährung im Oktober 2002 bestanden, sondern erst in den Jahren danach (und selbst dann nur zeitweise): Die Darlehensschuldnerin wies Ende 2003 ein Minuskapital von Fr. 52'871.- aus; Ende 2004 betrug die Überschuldung Fr. 321'773.-. Im Gründungszeitpunkt (d.h. Ende 2002) war das Eigenkapital indessen noch intakt; die Revisionsstelle beanstandete die damals vorgenommenen Bewertungen jedenfalls nicht (vgl. auch schon oben E. 6.1); zudem erklärten die Gesellschaftsgläubiger den Rangrücktritt. Weiter war der ![]() | 36 |
Das Vorgehen der Beschwerdeführer in der Startphase und ihr seitheriges Engagement deuten gesamthaft auf das genaue Gegenteil als eine von Anfang an bestehende Simulation: Sie taten das Zumutbare, um der neuen Gesellschaft zum Erfolg zu verhelfen, damit diese ihren Verpflichtungen nachkommen konnte. Die von den Beteiligungsinhabern vorgenommene Sanierung hielt zwar einem Drittvergleich nicht stand und hätte auch misslingen können (vgl. u.a. den Fall in StR 57/2002 S. 558 als Gegenbeispiel; siehe auch oben E. 5.2.3 zur nachträglichen Totalabschreibung als Konsequenz eines erfolglosen Sanierungsversuchs). Unabhängig vom Ausgang der unternommenen Sanierung kann jedoch in einem Fall wie dem hier zu beurteilenden nicht schon aufgrund beträchtlicher finanzieller Schwierigkeiten des Darlehensschuldners auf einen mangelnden Rückerstattungswillen geschlossen werden, und noch weniger auf eine schon von Anfang an bestehende Simulationsabsicht.
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Einerseits hat sich ergeben, dass die beweispflichtige Veranlagungsbehörde für 2002 eine Simulation annahm, ohne dass sie die Gesamtheit der konkreten Umstände berücksichtigt hätte (vgl. oben E. 5.2.1) oder dass eine fehlende Rückerstattungsabsicht im Zeitpunkt der Darlehensgewährung klar aus den Indizien hervorgegangen wäre (vgl. oben E. 5.2.2). Dennoch wartete sie nicht zu, bis sich die Indizien allenfalls zu einem eindeutigen Beweis verdichtet hätten.
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Andererseits ist dem Verwaltungsgericht entgegenzuhalten, dass es den von den unteren Instanzen auf ungenügender Beweisgrundlage erstellten Sachverhalt übernommen hat, obwohl diese ungenügende Grundlage im Zeitpunkt der hier angefochtenen Urteile schon offensichtlich geworden war. Deshalb vermögen die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen das Bundesgericht nicht zu binden. Die daraus gezogenen Rechtsfolgerungen halten einer Überprüfung ebenfalls nicht stand.
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