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38. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen Schweizerischer Verein für technische Inspektionen (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
2C_13/2013 vom 5. September 2013 | |
Regeste |
Produktewarnung und Rückruf eines fehlerhaften Feuerlöschers: Art. 3, 4, 4b, 6, 10 und 11 STEG (aufgehoben); Art. 21 Abs. 1 PrSG; Art. 1 und 4 PrHG; Art. 1 Abs. 1 lit. g, Art. 5 und Anhang 1 Ziff. 3.3.1.b Druckgeräteverordnung; Art. 11 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 sowie Art. 13a Abs. 1 STEV. |
Voraussetzungen für das Inverkehrbringen nach STEG (E. 2). |
Verhältnis von Funktionsfähigkeit und Sicherheit eines Geräts. Fehlende Funktionstauglichkeit kann Sicherheitsmangel im Sinne des STEG darstellen; Bezug zur analogen Fragestellung im Rahmen des PrHG (E. 4.1- 4.5). |
Prüfung der Verhältnismässigkeit der Massnahmen, dabei insbesondere Berücksichtigung des Zeitablaufs (E. 5). | |
Sachverhalt | |
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- Fehlende Konformitätserklärung bei sämtlichen Produkten,
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- Fehlende Angaben zum Herstellungsdatum auf den Geräten.
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Am 3. Februar 2009 informierte der SVTI die X. AG. Diese bestätigte den in Polen festgestellten Produktmangel, wonach bei "A."- Feuerlöschern mit Herstellungszeitraum zwischen Januar 2007 und Oktober 2008 möglicherweise ein Defekt verhindere, dass der Löscher bei Gebrauch funktioniere. Am 4. Februar 2009 reichte die X. AG eine Konformitätserklärung der Y. GmbH und am 5. Februar 2009 eine Konformitätserklärung der A.-Brandschutz GmbH ein. Sie veröffentlichte sodann eine Produktwarnung.
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Mit E-Mail vom 24. Februar 2009 teilte der SVTI der X. AG mit, dass die Produktwarnung nicht genügend sei, da auf den Feuerlöschern ein Herstellungsdatum fehle und dadurch ein Käufer nicht erkennen könne, ob sein Feuerlöscher von der Produktwarnung betroffen sei. Am 4. März 2009 orientierte die X. AG die Marktkontrolle über die veröffentlichte Produktwarnung und bestätigte, dass ![]() | 5 |
Am 26. März 2009 erliess der SVTI folgende Verfügung:
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"4.1 Die X. AG wird verpflichtet, erneut eine Produktwarnung zu veröffentlichen, welche alle 'A.'-Feuerlöscher der Baureihe S. ab Verkaufsdatum Januar 2007 betrifft. Die Produktwarnung muss alle drei Landesteile und Sprachen umfassen.
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4.2 Die X. AG wird verpflichtet, die 'A.'-Feuerlöscher eingehend auf ihre Funktionsfähigkeit überprüfen zu lassen und das Datum der Kontrolle auf den Geräten anzubringen.
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4.3 Die X. AG wird verpflichtet, der Marktkontrolle innerhalb von 30 Tagen eine Liste aller Zwischenhändler mit der Anzahl der in Verkehr gebrachten Geräte seit Januar 2007 zu übergeben.
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4.4 Die X. AG wird verpflichtet, die Kontrollen zu dokumentieren und der Marktkontrolle monatlich Bericht zu erstatten.
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4.5 Die X. AG wird verpflichtet, der Marktkontrolle den tatsächlichen Hersteller der 'A.'-Feuerlöscher mitzuteilen.
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4.6. Die X. AG wird verpflichtet, die unter Ziff. 4.1 bis 4.6 aufgeführten Anordnungen zu befolgen, unter Androhung von Haft oder Busse gemäss Art. 292 StGB im Unterlassungsfalle.
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4.7 Der X. AG wird eine Gebühr in Höhe von Fr. 850.- auferlegt. Die Bezahlung hat binnen 30 Tagen zu erfolgen."
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Die Beschwerde vor Bundesverwaltungsgericht war erfolglos.
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Die X. AG erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, in Aufhebung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts die Verfügung vom 26. März 2009 aufzuheben, eventuell die Sache an den SVTI zurückzuweisen.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde im Sinne der Erwägungen gut.
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(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen: | |
1. Am 1. Juli 2010 ist das Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Produktesicherheit (PrSG; SR 930.11) in Kraft getreten und damit das Bundesgesetz vom 19. März 1976 über die Sicherheit von technischen Einrichtungen und Geräten (STEG; AS 1977 2370) aufgehoben worden. Nach Art. 21 Abs. 1 PrSG dürfen Produkte, welche die Anforderungen nach bisherigem Recht, jedoch nicht die Anforderungen nach neuem Recht erfüllen, noch bis zum 31. Dezember 2011 in Verkehr gebracht werden. Mit Recht hat die Vorinstanz auf den vorliegenden Sachverhalt noch das STEG (in seiner Fassung mit ![]() | 18 |
Erwägung 2 | |
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2.2 Der Vollzug des Gesetzes obliegt, unter dem Vorbehalt der Zuständigkeit des Bundes, den Kantonen und den ermächtigten Fachorganisationen und Institutionen (Art. 6 STEG), die vom Departement bezeichnet werden (Art. 11 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 der Verordnung vom 12. Juni 1995 über die Sicherheit von technischen Einrichtungen und Geräten [STEV; AS 1995 2770; in der Fassung vom 27. März 2002, AS 2002 853]). Das Departement hat für Druckbehälter und Druckgeräte den SVTI damit beauftragt (Art. 3 Abs. 1 ![]() | 20 |
Erwägung 3 | |
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4.4 Die Frage stellt sich analog im Rahmen des Produktehaftpflichtrechts: Dieses bezieht sich auf Schäden, die durch ein "fehlerhaftes Produkt" verursacht worden sind (Art. 1 Abs. 1 des Produktehaftpflichtgesetzes vom 18. Juni 1993 [PrHG; SR 221.112.944]). Ein Produkt ist fehlerhaft, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die man unter Berücksichtigung aller Umstände zu erwarten berechtigt ist (Art. 4 Abs. 1 PrHG). Nach Lehre und Rechtsprechung bezieht ![]() | 26 |
4.5 Produktesicherheits- und Produktehaftpflichtrecht benützen teilweise analoge Begriffe und stellen grundsätzlich auf das gleiche Sicherheitsniveau ab (vgl. Botschaft vom 25. Juni 2008 zum Produktesicherheitsgesetz, BBl 2008 7407, 7427 ff., 7436; THEODOR BÜHLER, Die Produktsicherheit als Bestandteil der schweizerischen Rechtsordnung, 2012, S. 12; EUGÉNIE HOLLIGER-HAGMANN, Produktsicherheitsgesetz mit Achillesferse, Jusletter 8. Mai 2006 Rz. 7). Es rechtfertigt sich daher, die Überlegungen zum ![]() | 27 |
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Erwägung 5 | |
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5.4.3 Infolge der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (Art. 55 Abs. 1 VwVG) musste während der Dauer des vorinstanzlichen Verfahrens die Produktwarnung noch nicht erfolgen. Im Zeitpunkt des angefochtenen Urteils waren seit der Herstellung der beanstandeten Geräte vier bis fünf Jahre vergangen. Die Beschwerdeführerin macht mit Recht geltend, dass nach so langer Dauer eine Produktwarnung mit Rückruf keinen Sinn mehr macht: Gerichtsnotorisch bedürfen Feuerlöscher einer periodischen Revision, damit ihre Funktionstauglichkeit gewährleistet bleibt. Sicherheitsbewusste Besitzer werden ihre in den Jahren 2007 und 2008 gekauften Feuerlöscher inzwischen bereits zur Revision gebracht haben; dabei wäre ein Funktionsmangel entdeckt worden. Besitzer, die nicht derart sicherheitsbewusst sind, dass sie ihre ![]() | 35 |
5.4.4 Grundsätzlich soll ein an sich rechtmässiger Verwaltungsakt nicht infolge blosser Verfahrensdauer vor einer Rechtsmittelinstanz unrechtmässig werden, würde dies doch Anreize schaffen, durch Erhebung auch unbegründeter Rechtsmittel an sich berechtigte Anordnungen zu unterlaufen. Vorliegend kann aber der Beschwerdeführerin nicht vorgeworfen werden, bloss zwecks Zeitgewinn ein Rechtsmittel erhoben zu haben. Sodann war die Dauer des Verfahrens vor der Vorinstanz aussergewöhnlich lange. Unter diesen Umständen ist im vorliegenden Fall die angeordnete Produktwarnung, auch wenn sie im Jahre 2009 wohl noch verhältnismässig gewesen wäre, inzwischen unverhältnismässig geworden. Das betrifft auch die weiteren Punkte der Verfügung, da diese im Konnex mit der angeordneten Produktwarnung stehen.
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