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45. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Gemeinde Mels (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
1C_786/2013 vom 8. Oktober 2014 | |
Regeste |
Art. 24c und 37a RPG, Art. 43 RPV; Verweigerung der Ausnahmebewilligung für die Umwandlung einer zonenwidrig gewordenen Sägerei in Ferienwohnungen. |
Eine solche Umwandlung kann auch nicht gestützt auf Art. 43 RPV bewilligt werden, weil Art. 37a RPG als Delegationsnorm nur Zweckänderungen zonenwidrig gewordener Gewerbebauten zulässt, die weiterhin gewerblich genutzt werden (E. 2.2-2.7). |
Das Vermieten von Wohnungen stellt keine gewerbliche Nutzung im Sinne von Art. 37a RPG dar (E. 3). | |
Sachverhalt | |
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B. Am 11. Oktober 1999 reichte A. (Bauherr) bezüglich zwei im Sägereigebäude eingebauten Ferienwohnungen ein nachträgliches Baugesuch ein. Am 22. Februar 2002 teilte das Amt für Raumentwicklung und Geoinformation des Kantons St. Gallen (AREG) dem Bauherrn mit, die ausgeführten Bauarbeiten könnten nicht bewilligt werden. Am 30. März 2002 stellte der Bauherr dem AREG das Gesuch, das ehemalige Sägereigebäude unter Schutz zu stellen und eine Ausnahmebewilligung für die Wohnnutzung zu erteilen. Das AREG verweigerte mit Teilverfügung vom 17. April 2004 die Zustimmung zur verlangten Ausnahmebewilligung. Im Februar 2009 stellte der Bauherr ein neues Baugesuch, in dem er den Antrag wiederholte, das Gebäude unter Schutz zu stellen und die im Erdgeschoss ![]() | 2 |
C. Der Bauherr (Beschwerdeführer) erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den Anträgen, es sei der Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 27. August 2013 aufzuheben; eventuell sei der angefochtene Entscheid insofern aufzuheben, als er die gewerbliche Nutzung der Baute für die Vermietung von Ferienwohnungen verbiete.
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Mit Präsidialverfügung vom 1. November 2013 wurde der Beschwerde auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
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Das Baudepartement, das Verwaltungsgericht und das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Die Gemeinde Mels stellt den Antrag, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
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In seiner Replik hält der Beschwerdeführer an seinen Anträgen fest.
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D. Am 8. Oktober 2014 wurde die Sache in öffentlicher Sitzung beraten.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 2 | |
2.1 Die Vorinstanz führte aus, der Beschwerdeführer verlange, dass die ohne Bewilligung ausgeführten Bauarbeiten und die entsprechende Umnutzung der ehemaligen Sägerei als Ferienhaus nachträglich bewilligt werde. Das Ferienhaus stehe ausserhalb der Bauzone im übrigen Gemeindegebiet. Darin seien gemäss Art. 21 des Baugesetzes des Kantons St. Gallen vom 6. Juni 1972 (sGS 731.1) nur Bauten erlaubt, sofern sie auch in der Landwirtschaftszone zulässig ![]() | 10 |
Diese Beurteilung ist unbestritten und zutreffend (vgl. BGE 127 II 214 E. 3b S. 219 f.; Urteil 1A.238/2003 vom 17. Juni 2004 E. 2.2.1).
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Gemäss Art. 37a RPG regelt der Bundesrat, unter welchen Voraussetzungen Zweckänderungen gewerblich genutzter Bauten und Anlagen zulässig sind, die vor dem 1. Januar 1980 erstellt wurden oder seither als Folge von Änderungen der Nutzungspläne zonenwidrig geworden sind.
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Diese Verordnungskompetenz wurde dem Bundesrat gemäss einem Antrag von Nationalrat Samuel Schmid im Rahmen der Revision des Raumplanungsgesetzes vom 20. März 1998 (in Kraft seit 1. September 2000) erteilt, weil sich der National- und der Ständerat über die konkrete Regelung der erweiterten Besitzstandsgarantie für altrechtliche gewerbliche Bauten nicht einigen konnten (vgl. RUDOLF MUGGLI, in: Kommentar zum Bundesgesetz über die Raumplanung, Heinz Aemisegger und andere [Hrsg.], 2009, N. 1 zu Art. 37a RPG; WALDMANN/HÄNNI, Raumplanungsgesetz, 2006, N. 1 zu Art. 37a RPG). An der Beratung der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes im Nationalrat vom 10. März 1998 führte Nationalrat Durrer als Kommissionssprecher dazu aus, es gehe einzig und allein darum, für die rund 6000 gewerblichen Objekte ausserhalb der Bauzonen die raumplanerischen Voraussetzungen zu schaffen, um erforderliche Umstrukturierungen vornehmen zu können (AB 1998 N 500). Auch Nationalrat Baumberger ging davon aus, es gehe darum, dem Gewerbe strukturelle Anpassungen zu ermöglichen (AB 1998 N 503). Bundesrat Koller führte sinngemäss aus, die Grundsätze "Wohnen bleibt ![]() | 14 |
Als Ausführungsnorm zu Art. 37a RPG hat der Bundesrat Art. 43 der Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 2000 (RPV; SR 700.1) erlassen. Art. 43 Abs. 1 RPV nennt als Voraussetzungen für Zweckänderungen und Erweiterungen von zonenwidrig gewordenen gewerblichen Bauten und Anlagen, dass die Baute oder Anlage rechtmässig erstellt oder geändert worden ist (lit. a), keine wesentlichen neuen Auswirkungen auf Raum und Umwelt entstehen (lit. b) und die neue Nutzung nach keinem anderen Bundeserlass unzulässig ist (lit. c). Gemäss Art. 43 Abs. 3 RPV darf eine Erweiterung der zonenwidrig genutzten Fläche ausserhalb des bestehenden Gebäudevolumens um mehr als 100 m2 nur bewilligt werden, wenn die Erweiterung für die Fortführung des Betriebs erforderlich ist.
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Das Bundesamt für Raumentwicklung führte zu Art. 43 RPV erläuternd aus (Erläuterungen zur Raumplanungsverordnung, in: Neues Raumplanungsrecht, 2001, S. 47):
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"Die eidgenössischen Räte verfolgten mit Art. 37a RPG das Ziel, den sich ausserhalb der Bauzonen befindlichen Gewerbetreibenden jene Umstrukturierungen und Strukturbereinigungen zu ermöglichen, die zwecks Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit erforderlich sind. [...]
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Um nachteilige Auswirkungen auf Raum und Umwelt zu vermeiden, dürften solche [vollständigen] Zweckänderungen aber nur innerhalb des von Absatz 1 abgesteckten Rahmens bewilligt werden. Bewilligungen dürfen daher nicht nach dem Motto "Gewerbe bleibt Gewerbe" erteilt werden. Dies ist angesichts des Umstands, dass die Auswirkungen je nach Art des in Frage stehenden Gewerbes sehr unterschiedlich sein können, auch sachgerecht."
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2.3 Das Bundesgericht ging davon aus, Art. 37a RPG und Art. 43 RPV erlaubten bei gewerblichen Bauten auch vollständige Zweckänderungen (Urteil 1A.186/2004 vom 12. Mai 2005 E. 2.5). Es liess jedoch offen, ob Art. 37a RPG die Umwandlung von Gewerbe- in Wohnraum gestatte (Urteil 1A.186/2004 vom 12. Mai 2005 E. 5.3). Dies wird in der Lehre zum Teil bejaht (PETER KARLEN, Die Ausnahmebewilligung nach Art. 24-24d RPG, System der neuen Regelung, ZBl 2001 S. 291 ff., 302). Das Zürcher Verwaltungsgericht ![]() | 19 |
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2.5 Der Beschwerdeführer bringt zusammengefasst vor, gemäss der zutreffenden Rechtsprechung des Zürcher Verwaltungsgerichts fänden sich im Wortlaut von Art. 37a RPG und Art. 43 RPV keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Bestimmungen nur Umnutzungen von Gewerbe zu Gewerbe zulassen würden. Obwohl das Hauptmotiv für Art. 37a RPG darin bestanden habe, gewerbliche Umstrukturierungen zu erleichtern, beschränke sich die Ausführungsregelung in Art. 43 RPV nicht auf solche und verlange einzig bei Überschreitungen des ![]() | 21 |
2.6 Ein Gesetz ist in erster Linie nach Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zu Grunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode auszulegen. Die Auslegung des Gesetzes ist zwar nicht entscheidend historisch zu orientieren, im Grundsatz aber dennoch auf die Regelungsabsicht des Gesetzgebers und die damit erkennbar getroffenen Wertentscheidungen auszurichten, die es mit Hilfe der herkömmlichen Auslegungselemente zu ermitteln gilt. Dabei geht das Bundesgericht pragmatisch vor und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen (BGE 140 IV 28 E. 4.3.1 S. 34; BGE 128 I 34 E. 3b S. 41 f.). Die Gesetzesmaterialien sind zwar nicht unmittelbar entscheidend, dienen aber als Hilfsmittel, ![]() | 22 |
2.7 Gemäss seinem Wortlaut betrifft Art. 37a RPG Zweckänderungen gewerblich genutzter Bauten und Anlagen. Da diese Delegationsnorm auch vollständige Zweckänderungen zulässt (vgl. E. 2.3 hiervor), schliesst ihr Wortlaut die Umwandlung von Gewerbe- in Wohnraum nicht aus. Neben dem Wortlaut sind jedoch auch die übrigen Auslegungselemente zu berücksichtigen. Das Bundesgericht kam gestützt auf die Materialien in Übereinstimmung mit der Vorinstanz zum Ergebnis, der Gesetzgeber habe mit Art. 37a RPG den bestehenden Gewerbebetrieben ausserhalb der Gewerbezone die nötige Flexibilität für Modernisierungen und Umstrukturierungen einräumen wollen, um deren Konkurrenzfähigkeit zu sichern und eine Fortführung des Betriebs durch die nächste Generation zu ermöglichen; Art. 37a RPG bezwecke somit die Erhaltung von Gewerbebetrieben ausserhalb der Bauzonen (Urteil 1A.186/2004 vom 12. Mai 2005 E. 5.2 mit Hinweisen; vgl. auch Urteil 1A.289/2004 vom 7. Juni 2005 E. 2.4). Diese Auslegung vermag der Beschwerdeführer mit den von ihm angerufenen Voten in der parlamentarischen Debatte nicht zu widerlegen, zumal auch er anerkennt, dass für die Nationalräte Durrer und Brunner die gewerbliche Umnutzung im Vordergrund stand. Dies trifft auch für Nationalrat Schmid zu, der seinen Antrag zur Schaffung von Art. 37a RPG namentlich damit begründete, dass die Betriebe ihre Gebäude mit ihren Werkstätten verändern dürfen sollen (AB 1998 N 501 f.). Im gleichen Sinne führte Nationalrat Dupraz zur Rechtfertigung der Zulassung von vollständigen Nutzungsänderungen für gewerbliche Bauten sinngemäss an, die Wirtschaft entwickle sich rasch, innerhalb der Unternehmen könne es Änderungen geben, weshalb zulässig sein soll, dass die bestehenden Bauten zu anderen gewerblichen Zwecken genutzt werden als den heutigen (AB 1998 N 501).Demnach ergibt sich aus den Materialien, dass der Gesetzgeber gemäss dem von ihm mit Art. 37a RPG bezweckten Schutz von Gewerbebetrieben nur Nutzungsänderungen von gewerblichen Bauten im Blick hatte, die weiterhin gewerblich genutzt werden. Solche Nutzungsänderungen sollten jedoch nicht gemäss dem Grundsatz "Gewerbe bleibt ![]() | 23 |
In systematischer Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass Art. 37a RPG im Zusammenhang mit den Regelungen der erleichterten Ausnahmebewilligungen für Bauten ausserhalb der Bauzone gemäss Art. 24a-d RPG zu verstehen ist (MUGGLI, a.a.O., N. 1. zu Art. 37a RPG; KARLEN, a.a.O., S. 294 und 302). Nach der erweiterten Besitzstandsgarantie gemäss Art. 24c Abs. 2 RPG dürfen rechtmässig erstellte nicht mehr zonenkonforme Wohnbauten ausserhalb der Bauzonen bloss teilweise geändert werden. Würde nun gestützt auf Art. 37a RPG die vollständige Umnutzung von zonenwidrigen Gewerbebauten zu Wohnzwecken zugelassen, führte dies gemäss der zutreffenden Meinung der Vorinstanz zu einer grundlosen Privilegierung von altrechtlichen Gewerbebauten. Ohne sachliche Rechtfertigung würden Gewerbebauten auch gegenüber vormals landwirtschaftlichen Ökonomiebauten privilegiert, denn letztere dürfen - mit Ausnahme unter Schutz gestellter Gebäude (Art. 24d Abs. 2 RPG; Urteil 1C_784/ 2013 vom 23. Juni 2014 E. 8.3) - ausserhalb der Bauzone nicht zu Wohnzwecken umgenutzt werden. Damit sprechen auch ![]() | 24 |
Erwägung 3 | |
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3.2 Der Beschwerdeführer wendet ein, der im Raumplanungsgesetz und in der Raumplanungsverordnung verwendete Begriff des Gewerbes sei bundesrechtlicher Natur, weshalb für dessen Auslegung das Baugesetz des Kantons St. Gallen ohne Belang sei. Die Beratungen von Art. 37a RPG in den Räten hätten gezeigt, dass diese einen wirtschaftlichen und keinen emissionsorientierten Gewerbezweck vor Augen gehabt hätten. Sie hätten der Bevölkerung in der Landwirtschaftszone die Weiterentwicklung und Umwandlung ihrer Gewerbe ermöglichen wollen, um die wirtschaftlichen Lebensgrundlagen zu erhalten, indem das Gewerbe und die Investitionen in gewerbliche Bauten geschützt werden sollten. Die Vorinstanz verkenne diese Zielsetzung, wenn sie annehme, Art. 37a RPG ![]() | 26 |
3.3 Der Gesetzgeber beabsichtigte mit Art. 37a RPG, im ländlichen Raum Gewerbebetriebe zu erhalten, worunter nach dem allgemeinen Sprachgebrauch kleine und mittlere (produzierende) Betriebe verstanden werden (Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 7. Aufl., Berlin 2011). Dass in den Räten von diesem Verständnis ausgegangen wurde, wird durch die von Nationalrat Durrer als Beispiele genannten Zimmereibetriebe, Sägereien und Milchsammelstellen bestätigt (AB 1998 N 500). Demnach fällt das Vermieten von Wohnungen als blosses entgeltliches Überlassen von Räumen ohne gewerbliche, d.h. dem Erwerb dienende berufliche Tätigkeit nicht unter den Begriff des Gewerbes bzw. der Gewerbebetriebe im Sinne von Art. 37a RPG. Darunter ist jedoch der Betrieb eines Hotel-Restaurants zu subsumieren (Urteil 1C_328/2010 vom 7. März 2011 E. 4.3, in: URP 2011 S. 209).
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