![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
7. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Teva Pharma AG gegen Swissmedic, Schweizerisches Heilmittelinstitut (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
2C_453/2014 vom 9. Januar 2015 | |
Regeste |
Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 lit. a HMG i.V.m. Art. 17 VAM sowie Art. 12-14 VAZV; Art. 12 Abs. 1 HMG i.V.m. Art. 14 Abs. 1 lit. a VAZV; Zweitanmeldung von Generika. |
Keine Zweitanmeldung für ein Generikum, das nur in Kombination mit einem Medikament eingesetzt werden darf, dessen Erstanmelderschutz noch besteht (E. 3). |
Für die Zweitzulassung eines Generikums reicht die therapeutische Äquivalenz mit dem Originalpräparat aus (E. 4). | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
B. Am 21. April 2009 stellte die Teva Pharma AG beim Schweizerischen Heilmittelinstitut Swissmedic ein Gesuch, das Generikum Ribavirin-Teva, Filmtabletten (200 und 400 mg), zu den Originalmedikamenten Rebetol, 200 mg, Kapseln, und Copegus, 200 mg und 400 mg, Filmtabletten, zuzulassen. Mit Verfügung vom 2. Juni 2010 wies Swissmedic das Gesuch ab. Den Beilagen zur Verfügung ist zu entnehmen, dass in qualitativer Hinsicht (Quality Review) das Präparat Ribavirin-Teva, Filmtabletten, in den Dosierungsstärken 200 mg und 400 mg zugelassen werden könnte. In klinischer Hinsicht (Clinical Review) weise die eingereichte Studie die Bioäquivalenz zum Referenzpräparat Rebetol 200 mg nach. Aus dieser Perspektive könnte dem Gesuch für Ribavirin-Teva als Generikum zu Rebetol 200 mg Kapseln in der Dosierungsstärke von 200 mg ebenfalls entsprochen werden. Zu den Aspekten der "Regulatory Review" führte Swissmedic indessen aus:
| 2 |
- Die Zulassungen für Rebetol und Copegus hätten sich für die Kombinationsbehandlungen auf Dokumente für Peginterferon alfa-2b bzw. Peginterferon alfa-2a gestützt, welche ihrerseits noch unter Erstanmelderschutz stünden. Einem Zweitanmeldungsgesuch für ein Ribavirin-Präparat stünden in diesem Umfang (d.h. für die Kombinationstherapie mit Peginterferon) die Erstanmelderschutzfristen der pegylierten Interferon-Präparate entgegen.
| 3 |
- Eine Zulassung des Präparats Ribavirin-Teva beschränkt auf die Kombinationspartner Interferon alfa-2b und alfa-2a sei nicht möglich, da für die Behandlung von chronischer Hepatitis C pegylierte Interferone deutlich wirksamer seien und aufgrund der gegenüber nicht-pegylierten Interferonen verlängerten Halbwertszeit die Applikation weniger häufig erfolgen müsse. Beides stelle einen klaren ![]() | 4 |
- Schliesslich könne ein Generikum nur für ein einziges Originalpräparat zugelassen werden, aber nicht gleichzeitig für mehrere unterschiedliche. Rebetol und Copegus seien unterschiedliche Präparate. Das Generikum Ribavirin-Teva könnte daher nur als Generikum zu Rebetol zugelassen werden, nicht zu Copegus.
| 5 |
C.
| 6 |
C.a Am 1. Juli 2010 erhob die Teva Pharma AG hiergegen Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht; sie beantragte, die angefochtene Verfügung aufzuheben (Antrag 1), das Gesuch vom 21. April 2009 um Zulassung von Ribavirin-Teva als Generikum zu Rebetol und Copegus gutzuheissen, auf jeden Fall aber einen positiven Vorbescheid zu erlassen (Antrag 2); eventuell, sofern vor dem Ablauf des Erstanmelderschutzes kein Entscheid in der Sache ergehen sollte, sei festzustellen, dass Swissmedic verpflichtet gewesen wäre, das Gesuch gutzuheissen oder jedenfalls einen positiven Vorbescheid zu treffen (Antrag 3). (Sub)eventuell sei festzustellen, dass Swissmedic verpflichtet gewesen wäre, Ribavirin-Teva als Generikum zu Rebetol zuzulassen (Antrag 3.1). (Subsub)eventuell sei festzustellen, dass Swissmedic verpflichtet gewesen wäre, Ribavirin-Teva unter der Auflage zuzulassen, dass in den Arzneimittelinformationen kein Hinweis auf die Anwendung als Teil eines Kombinations-Dosierungsschemas mit einem pegylierten Interferon alfa-2a und -2b erfolge (Antrag 3.2).
| 7 |
C.b Mit Urteil vom 31. März 2014 (C-4776/2010) erwog das Bundesverwaltungsgericht, infolge zwischenzeitlichen Ablaufs der Schutzdauer für Peginterferon alfa-2b bestehe an sich bezüglich Vorliegens eines Erstanmelderschutzes kein aktuelles und praktisches Rechtsschutzinteresse mehr, doch sei nach wie vor ein öffentliches Interesse an einer Beantwortung der entsprechenden Grundsatzfrage zu bejahen. Ein schutzwürdiges Interesse an der Beurteilung der Frage, ob Ribavirin-Teva als Generikum in Kombination mit nicht ![]() | 8 |
D. Die Teva Pharma AG erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, in Aufhebung des angefochtenen Urteils sei das Gesuch vom 21. April 2009 um Zulassung von Ribavirin-Teva, Filmtabletten 200/400 mg, als Generikum zu Rebetol, Kapseln 200 mg, gutzuheissen. Eventuell sei das Gesuch gutzuheissen, wenn die Arzneimittelinformationen keine Hinweise auf die Anwendung als Teil eines Kombinations-Dosierungsschemas mit PegIntron bzw. dem pegylierten Interferon alfa-2b enthalten, oder subeventuell, einen negativen Disclaimer aufweisen, wonach Ribavirin-Teva nicht als Teil eines Kombinations-Dosierungsschemas mit PegIntron bzw. dem pegylierten Interferon alfa-2b zugelassen ist.
| 9 |
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut, hebt das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts auf, soweit damit die Zulassung von Ribavirin-Teva in Kombination mit nicht-pegyliertem Interferon verweigert wurde, und weist die Sache zur Fortführung des Verfahrens im Sinne der Erwägungen an Swissmedic zurück. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
| 10 |
(Zusammenfassung)
| 11 |
Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 1 | |
12 | |
1.2 Swissmedic beantragt, auf die Beschwerde nicht einzutreten: Die Beschwerdeführerin habe ein Gesuch um Zulassung ihres Produkts als Generikum zu Rebetol und Copegus gestellt; nur dieses bilde den Streitgegenstand. Wenn die Beschwerdeführerin jetzt eine Zulassung nur als Generikum zu Rebetol (aber nicht mehr zu Copegus) beantrage, verändere sie in unzulässiger Weise den Streitgegenstand. Der Einwand ist unbegründet: Einerseits hatte die Beschwerdeführerin bereits vor der Swissmedic mit ihrer Eingabe vom 9. Oktober 2009 und dann auch vor Bundesverwaltungsgericht den Eventualantrag auf Zulassung als Generikum (nur) zu Rebetol ![]() | 13 |
14 | |
1.4 Nicht Streitthema bildet hingegen das von der Beschwerdeführerin am 14. September 2011 neu eingereichte Zulassungsgesuch und ![]() | 15 |
Erwägung 2 | |
16 | |
17 | |
"Wird ein Gesuch um Zulassung eines Arzneimittels gestellt, das im Wesentlichen gleich ist wie ein bereits zugelassenes Arzneimittel (Originalpräparat) und für die gleiche Anwendung vorgesehen ist, so kann sich das Gesuch auf die Ergebnisse von dessen pharmakologischen, toxikologischen und klinischen Prüfungen abstützen, sofern:
| 18 |
a. die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller für das Originalpräparat schriftlich zustimmt; oder
| 19 |
b. die Schutzdauer für das Originalpräparat abgelaufen ist."
| 20 |
Unter diesen Voraussetzungen kann ein Gesuchsteller (Zweitanmelder) ein vereinfachtes Zulassungsverfahren (Art. 14 Abs. 1 lit. a HMG) durchführen unter Verwendung der für das Originalpräparat eingereichten Dokumentation (Art. 17 VAM; ![]() | 21 |
2.3 Der Sinn des in Art. 12 HMG geregelten Erstanmelderschutzes besteht darin, vertrauliche Daten, die ein Erstanmelder im Rahmen der Zulassung vorzulegen hat und die oft unter erheblichen Investitionen erstellt worden sind, vor unlauterer gewerblicher Verwendung zu schützen (vgl. Art. 39 Abs. 3 des Abkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum [TRIPS; Anhang 1C zum Abkommen vom 15. April 1994 zur Errichtung der Welthandelsorganisation; SR 0.632.20]; Botschaft vom 1. März 1999 zu einem Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte, BBl 1999 III 3500 zu Art. 12; KOHLER/PFISTER, Erstanmelderschutz für Arzneimittel in der Schweiz, sic! 5/2008 S. 396 f.). Der Schutz soll so lange währen, bis ein Zweitanmelder sich zulässigerweise auf die Daten stützen darf, sei es aufgrund einer finanziellen Gegenleistung im Einvernehmen mit dem Erstanmelder, sei es nach Ablauf einer gewissen Zeitdauer (BBl 1999 III 3472 Ziff. 133.114; Urteil des Bundesgerichts 2C_318/2008 vom 17. September 2008 E. 5.2.1). Besteht ein Erstanmelderschutz, so sind die für die Zulassung eingereichten Prüfunterlagen vor der Verwendung durch Dritte geschützt: Ein Gesuch um Zulassung eines Generikums kann sich während der Schutzdauer ohne Zustimmung des Erstanmelders nicht auf diese Unterlagen abstützen (BBl 1999 III 3499 f. zu Art. 12; Urteil des Bundesgerichts 2C_31/2008 vom 14. Januar 2008 E. 5.2.2). Die Dauer des Erstanmelderschutzes ist ein Kompromiss zwischen dem Anliegen, die Investitionen des Erstanmelders zu schützen und damit Anreize für die Entwicklung neuer Arzneimittel zu schaffen (vgl. Art. 1 Abs. 3 lit. b HMG), und dem Anliegen, im Interesse einer Kostenbegrenzung im Gesundheitswesen die kostengünstigeren Generika verwenden zu können (vgl. Art. 52 Abs. 1 lit. b und Art. 52a des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung [KVG; 832.10]; Art. 65c der Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung [KVV; SR 832.102]; Art. 4a Abs. 1 lit. c der Verordnung des EDI vom 29. September 1995 über Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung [Krankenpflege-Leistungsverordnung, KLV; SR 832.112.31]; ![]() | 22 |
23 | |
24 | |
Erwägung 3.2 | |
25 | |
3.2.2 Die Beschwerdeführerin macht geltend, nach Gesetz sei der Erstanmelderschutz auf Arzneimittel beschränkt, die im Wesentlichen gleich seien. Ribavirin und das pegylierte Interferon alfa-2b seien ![]() | 26 |
Erwägung 3.3 | |
27 | |
3.3.2 Generika sind Arzneimittel, welche im Wesentlichen gleich sind wie ein Originalpräparat und mit diesem aufgrund identischer Wirkstoffe sowie ihrer Darreichungsform und Dosierung ausgetauscht werden können (Art. 64a Abs. 2 KVV; MOSIMANN/SCHOTT, a.a.O., N. 23 vor Art. 8-17 HMG, unter Bezugnahme auf Art. 10 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel, ABl. L 311 vom 28. November 2001, S. 67 ff. geändert durch die Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004). Dementsprechend erstreckt sich die in Art. 12 Abs. 1 HMG verlangte wesentliche Gleichheit nicht nur auf den Wirkstoff, sondern auch auf Darreichungsform, Applikationsweg, Dosierung und Indikation (MOSIMANN/SCHOTT, a.a.O., N. 10 zu Art. 12 HMG). Darf nun ein Präparat ausschliesslich in Kombination mit einem anderen Präparat verwendet werden, ![]() | 28 |
29 | |
30 | |
![]() | 31 |
Erwägung 4.2 | |
32 | |
33 | |
Erwägung 4.3 | |
34 | |
4.3.2 Unbestrittenermassen ist Rebetol in Kombination sowohl mit nicht-pegyliertem Interferon als auch mit pegyliertem Interferon zugelassen. Würde die Kombination mit nicht-pegyliertem Interferon die gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, namentlich diejenige der therapeutischen Wirksamkeit bzw. eines vertretbaren Nutzen-Risiko-Verhältnisses (Art. 10 Abs. 1 lit. a HMG), so wäre die Zulassung zu widerrufen oder nicht zu erneuern (Art. 16 Abs. 3 und ![]() | 35 |
36 | |
4.4 In Bezug auf die Nichtzulassung der Kombination mit nicht-pegyliertem Interferon ist daher der angefochtene Entscheid aufzuheben. Die Beschwerdeführerin beantragt die (vereinfachte) Zulassung unter der Auflage, dass die Arzneimittelinformation keinen Hinweis oder einen negativen "Disclaimer" in Bezug auf die Anwendung in Kombination mit pegyliertem Interferon enthalte. Diese Auflage würde dem Umstand Rechnung tragen, dass während der Dauer des Erstanmelderschutzes für das pegylierte Interferon die vereinfachte Zulassung für diese damit verbundene Kombination nicht zulässig ist (E. 3). Nachdem inzwischen auch dafür der Erstanmelderschutz nicht mehr besteht, erübrigt sich heute ein derartiger Hinweis. Die Sache ist daher an Swissmedic zurückzuweisen, damit sie die vereinfachte Zulassung mit einer den geänderten Umständen Rechnung tragenden Arzneimittelinformation erteilt.
| 37 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |