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15. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A.C. und B.C. gegen Gemeinde U. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
2C_583/2014 vom 9. Februar 2015 | |
Regeste |
Art. 12 Abs. 3 StHG; steuerliche Behandlung des realisierten Grundstückgewinns im Fall einer Aufschubkette (hier: Ersatzbeschaffung selbstgenutzten Wohneigentums mit anschliessendem Eigentumswechsel infolge Erbvorbezugs unter Nutzniessungsvorbehalt). | |
Sachverhalt | |
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B. Am 12. April 2010 veranlagte die Kommission für Grundsteuern der Gemeinde U./ZH die Grundstückgewinnsteuer. Bei Anlagekosten von Fr. 1'547'494.- und einem Erlös von Fr. 2'015'000.- ergab sich ein steuerbarer Grundstückgewinn von Fr. 467'506.- bzw. eine Grundstückgewinnsteuer von Fr. 167'580.-. Die Kommission schloss auf das Vorliegen einer steueraufschiebenden Ersatzbeschaffung. Da sich die Reinvestition in die beiden Stockwerkeinheiten und die fünf Einstellhallenplätze auf rund 3,7 Mio. Franken belief, konnte die ![]() | 2 |
C. Die Eheleute C. übertrugen am 12. Dezember 2011 die beiden neuen Stockwerkeinheiten und die Einstellhallenplätze auf ihre gemeinsame Tochter. Das Rechtsgeschäft erfolgte als Vorbezug (Abtretung auf Rechnung künftiger Erbschaft), wobei die Eltern sich die lebenslange Nutzniessung vorbehielten. Daraufhin widerrief die kommunale Kommission am 17. September 2012 den von ihr am 12. April 2010 ausgesprochenen Steueraufschub und auferlegte sie den Eheleuten C. die Grundstückgewinnsteuer von Fr. 167'580.- zur Bezahlung (zuzüglich Zins ab 9. Mai 2007).
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D. Die dagegen erhobenen kantonalen Rechtsmittel blieben erfolglos. Gegen den zuletzt ergangenen Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 16. April 2014 erheben die Eheleute C. (nachfolgend: die Steuerpflichtigen) beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei die Grundstückgewinnsteuerveranlagung aufzuheben und es sei festzustellen, dass der Steueraufschub nicht zu widerrufen sei. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
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(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 2 | |
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Erwägung 2.2 | |
2.2.1 Ein Grundstückgewinn im Sinne von Art. 12 StHG ergibt sich, soweit der bei Veräusserung eines Grundstücks erzielte Erlös die Anlagekosten (Erwerbspreis oder Ersatzwert zuzüglich Aufwendungen) übersteigt. Die Rechtsbegriffe "Erlös", "Anlagekosten" und "Ersatzwert" führt Art. 12 StHG nicht näher aus. Insofern überlässt der Bund den Kantonen bei der Umschreibung des steuerbaren Gewinns einen wenn auch beschränkten Spielraum (BGE 131 II 722 ![]() | 7 |
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- Eigentumswechsel durch Erbgang (Erbfolge, Erbteilung, Vermächtnis), Erbvorbezug oder Schenkung (Art. 12 Abs. 3 lit. a StHG bzw. § 216 Abs. 3 lit. i StG/ZH);
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- Veräusserung einer dauernd und ausschliesslich selbstgenutzten Wohnliegenschaft (Einfamilienhaus oder Eigentumswohnung), soweit der dabei erzielte Erlös innert angemessener Frist zum Erwerb oder zum Bau einer gleichgenutzten Ersatzliegenschaft in der Schweiz verwendet wird (Art. 12 Abs. 3 lit. e StHG bzw. § 216 Abs. 3 lit. a StG/ZH, wobei dort von den Ersatzliegenschaften "im Kanton" die Rede ist).
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- die Steueraufschubtatbestände als solche; der Positivkatalog von Art. 12 Abs. 3 StHG ist abschliessend gehalten, weshalb die Tatbestände bundesrechtlicher Natur sind und den Kantonen kein Spielraum verbleibt (Urteil 2C_497/2011 vom 15. März 2012 E. 4.3, nicht publ. in: BGE 138 II 105 E. 4.3, aber in: RDAF 2012 II 252; BGE 130 II 202 E. 3.2 S. 206 ff.);
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- der Begriff der Ersatzinvestition (BGE 137 II 419 E. 3.2 S. 423; BGE 130 II 202 E. 3.2 S. 206 f.);
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- der Begriff des dauernd und ausschliesslich selbstgenutzten Wohneigentums ("ayant durablement et exclusivement servi au propre usage de l'aliénateur"); darunter fällt einzig der Hauptwohnsitz, während ein sekundäres Domizil (so etwa ein Ferienhaus oder eine Ferienwohnung, ein Objekt für die Dauer auswärtigen Wochenaufenthalts) den Tatbestand nicht erfüllt (BGE 138 II 105 E. 6.3.1 S. 108 ff.);
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- der Begriff des selbst bewirtschafteten Ersatzgrundstücks im Sinne von Art. 12 Abs. 3 lit. d StHG (Urteil 2C_308/2009 vom 14. Oktober 2009 E. 1.3 und 2.5);
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- die Vorgehensweise, welche bei bloss teilweiser Reinvestition des Erlöses in ein Ersatzobjekt zu beachten ist; nach der absoluten Methode bleibt ein nicht reinvestierter Gewinnanteil vom Aufschubprivileg ausgenommen und gelangt er damit sofort zur Besteuerung (BGE 137 II 419 E. 2.2.1 S. 422; BGE 130 II 202 E. 3.2 S. 206 f.);
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- im interkantonalen Verhältnis die Anwendung der Einheitsmethode (Erfassung des gesamten latenten Steuersubstrats am Ort der letztveräusserten Ersatzliegenschaft), was für die Zerlegungsmethode (Erfassung je nach den tatsächlichen Anteilen im Wegzugskanton und im Zuzugskanton) keinen Platz lässt (Urteil 2C_337/2012 vom 19. Dezember 2012 E. 2.4, in: RDAF 2013 II 350, StE 2013 B 42.38 Nr. 36, StR 68/2013 S. 368).
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Erwägung 3.2 | |
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Unter dem Titel "Steuerfolgen bei Veräusserung des Ersatzgrundstücks - innerkantonales Ersatzgrundstück - Veräusserung innert fünf Jahren" trägt Ziff. 20 des Rundschreibens folgenden Wortlaut:
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"Wird ein innerkantonales Grundstück innert fünf Jahren seit der Handänderung am ursprünglichen Grundstück definitiv zweckentfremdet oder veräussert, ohne dass erneut eine Ersatzbeschaffung stattfindet, kommt die Wegzugsgemeinde (...) auf ihren Entscheid über den Steueraufschub zurück und veranlagt die aufgeschobene Grundstückgewinnsteuer im Nachsteuerverfahren, samt Zins ab dem 91. Tag nach der Handänderung am ursprünglichen Grundstück (...)."
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Diesfalls wird angenommen, die steuerpflichtige Person habe von Anbeginn weg keine Absicht gehabt, eine Ersatzbeschaffung im Sinne des Steuergesetzes vorzunehmen. Dies soll dadurch zum Ausdruck kommen, dass die steuerpflichtige Person den Tatbeweis für die dauernde Selbstnutzung des Ersatzgrundstücks schuldig geblieben ist.
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3.2.2 Im Unterschied dazu gilt der Tatbeweis als erbracht, soweit die Selbstnutzung während mindestens fünf Jahren angedauert hat. Wird das Ersatzgrundstück anschliessend ohne weitere Ersatzbeschaffung veräussert, ist der auf beiden Grundstücken angefallene Gewinn gesamthaft zu besteuern. Wiederum anders verhält es sich, soweit die funktionsgemässe Nutzung (Selbstnutzung zu Wohnzwecken) ohne mitlaufende Handänderung aufgegeben wird. In solchen Fällen unterbleibt eine Nachbesteuerung (dazu RICHNER/FREI/KAUFMANN/MEUTER, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. Aufl. 2013, N. 290, 294 und 296 zu § 216 StG/ZH; FELIX RICHNER, ![]() | 26 |
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Erwägung 3.3 | |
3.3.1 Die Steuerpflichtigen erklären, für eine nachträgliche Besteuerung aufgrund einer Nutzungsänderung fehle es an einer gesetzlichen Grundlage. Im Unternehmenssteuerrecht falle bei nachträglicher Nutzungsänderung des Ersatzobjekts - unter Vorbehalt einer Steuerumgehung - keine nachträgliche Besteuerung an. Dasselbe müsse im Recht der Grundstückgewinnsteuer gelten. Es sei auch nicht ersichtlich, weshalb für Nutzungsänderungen etwas anderes gelten sollte als für Kaskadenersatzbeschaffungen. Die von der Vorinstanz praktizierte Fünfjahresfrist sei harmonisierungswidrig, zumal gar keine Nutzungsänderung vorliege. Da die Nachbesteuerung ![]() | 28 |
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Erwägung 4 | |
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Erwägung 4.2 | |
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4.2.2 Bei dieser Konzeption entsteht die Grundstückgewinnsteuerforderung erst mit der letzten, nicht mehr zu einem (weiteren) Steueraufschub berechtigenden Handänderung. Entfällt der Grund für den Steueraufschub, kommt es zur Besteuerung, und bildet der "gesamte Gewinn" das Steuerobjekt (MICHAEL BEUSCH, Der Untergang der Steuerforderung, 2012, S. 83). Realisiert und besteuert wird damit - auch - das latente Steuersubstrat erst bei Dahinfallen des Steueraufschubs, wobei die dannzumal geltenden Modalitäten (Steuertarif, Steuerbemessungsgrundlage etc.) anwendbar sind (zum Ganzen Urteil 2C_337/2012 vom 19. Dezember 2012 E. 2.4, in: RDAF 2013 II S. 350, StE 2013 B 42.38 Nr. 36, StR 68/2013 S. 368; ZWAHLEN, a.a.O., N. 61 zu Art. 12 StHG; KLÖTI-WEBER/BAUR, in: Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, Klöti-Weber/Siegrist/Weber [Hrsg.], 3. Aufl. 2009, Bd. 2, N. 1 zu § 97 StG/AG und N. 1 zu § 98 StG/AG; ![]() | 32 |
Erwägung 4.3 | |
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- falls innerhalb von fünf Jahren, gerechnet ab dem Eintritt der Voraussetzungen des Steueraufschubs,
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- entweder eine Veräusserung oder eine Zweckentfremdung/Nutzungsänderung erfolgt (vorne E. 3.2.2).
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Der so umrissene Auflösungsgrund beruht auf einem zeitlichen und einem funktionsbezogenen Element. In Auslegung von Art. 12 Abs. 3 StHG ist zu prüfen, ob die kantonale Lesart vor dem Bundesrecht standhält.
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Erwägung 4.4 | |
4.4.1 Aus den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG) und aus den Akten (Art. 105 Abs. 2 BGG) geht hervor, dass die Steuerpflichtigen das Ursprungsobjekt am 19. April 2002 erwarben und am 9. Mai 2007 gewinnbringend veräusserten. Am 15. Dezember 2003 kauften sie ein ![]() | 38 |
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Erwägung 4.5 | |
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4.5.3 Was allgemein die Staffelung der fünf Tatbestandsgruppen bzw. die Frage betrifft, ob ein Tatbestand durch einen andern abgelöst werden kann, ohne dass ein Unterbruch im Steueraufschub eintritt, enthält das Harmonisierungsrecht keine ausdrücklichen Anordnungen. Dies muss nicht zwangsläufig für einen kantonalen Gestaltungsspielraum sprechen. Gegenteils gilt es zu bedenken, dass das ![]() | 44 |
4.5.4 Das harmonisierungsrechtliche Konzept steht einer ununterbrochenen Abfolge verschiedenartiger Aufschubtatbestände jedenfalls nicht von vornherein entgegen. Denkbar ist etwa, dass eine Person Wohneigentum unterhält und zunächst ein Ersatzobjekt erwirbt (lit. e), bald darauf verstirbt, wobei das Eigentum auf einen Erben übergeht (lit. a), dessen Ehe später geschieden wird, worauf das Wohneigentum in Abgeltung güterrechtlicher Ansprüche auf die Ehefrau übergeht (lit. b). Die Liste liesse sich verlängern. Dem klassischen Erbgang und der güterrechtlichen Auseinandersetzung wohnt zwar eine unwillkürliche Komponente inne, indem der Tatbestand weitgehend unfreiwillig ausgelöst wird. Darin besteht der wesentliche Unterschied zur vorliegenden Konstellation. Hier haben sich die Eltern aus freien Stücken entschlossen, lebzeitig ihre beiden Stockwerkeinheiten und die Einstellhallenplätze als Vorempfang (auf Rechnung künftiger Erbschaft; Art. 475, Art. 527 Ziff. 1 und Art. 626 ZGB) und unter Nutzniessungsvorbehalt (Art. 245 OR per analogiam in Verbindung mit Art. 7 ZGB und Art. 745 ff. ZGB) auf die gemeinsame Tochter zu übertragen. Bei wirtschaftlicher Betrachtung führt der Nutzniessungsvorbehalt zu keinem wesentlich anderen Ergebnis, als wenn das Eigentum erst im Todesfall übergegangen wäre. Entscheidend ist jedoch, dass Art. 12 Abs. 3 lit. a StHG ausdrücklich erbrechtliche Vorgänge unter Lebenden ![]() | 45 |
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