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14. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Eidgenössische Steuerverwaltung, Dienst für Informationsaustausch in Steuersachen SEI gegen A. GmbH und Mitb. sowie vice versa (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
2C_411/2016 und andere vom 13. Februar 2017 | |
Regeste |
Art. 28 Abs. 1 und 3 DBA CH-FR; Art. 3 lit. a StAhiG; internationale Steueramtshilfe; voraussichtliche Erheblichkeit von Informationen zur Überprüfung von Verrechnungspreisen innerhalb einer Konzerngruppe. |
Die voraussichtliche Erheblichkeit ist bezüglich Bilanzen und Angaben betreffend die Betriebsstätten und deren Gewinnausscheidung (E. 4.2) sowie die Erfolgsrechnungen (E. 4.3) zu bejahen. Informationen über verbundene Unternehmen, insbesondere die Gewinne der einzelnen Konzerngesellschaften, können sich als relevant erweisen, um Gewinnverschiebungen innerhalb des Konzerns zu überprüfen, die sich wiederum auf die Transferpreispolitik des Konzerns auswirken können. |
Die ersuchten Informationen über Steuerregime, Steuerfaktoren, die angewandten Steuersätze und die Höhe der in der Schweiz entrichteten Steuern weisen einen Zusammenhang zur Untersuchung der französischen Steuerbehörden auf, weshalb die voraussichtliche Erheblichkeit auch diesbezüglich zu bejahen ist (E. 4.4). | |
Sachverhalt | |
1 | |
A.a Die Direction Générale des Finances Publiques von Frankreich (nachfolgend: DGFP) gelangte am 18. Dezember 2013 mit mehreren Amtshilfegesuchen in französischer Sprache an die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV). Sie stützte sich dabei auf Art. 28 des Abkommens vom 9. September 1966 zwischen der Schweiz und Frankreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Vermeidung von Steuerbetrug und Steuerflucht (SR 0.672.934.91; nachfolgend: DBA CH-FR) in der Fassung des Zusatzabkommens vom 27. August 2009 zum DBA CH-FR (AS 2010 5683; nachfolgend: ![]() | 2 |
A.b In den Gesuchen sind als in Frankreich betroffene juristische Personen die B. GmbH und die C. GmbH, jeweils succursale française, und die Gesellschaften E., F. (ehemals I.), G. und H. angegeben. Betroffene juristische Personen in der Schweiz sind die A. GmbH, die B. GmbH, die C. GmbH und die D. GmbH.
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A.c Nach Darstellung der DGFP kontrolliert die französische Finanzverwaltung die finanzielle Situation der französischen Gesellschaften der X.-Gruppe. Im Jahr 2009 seien die Tätigkeiten der Gruppe reorganisiert worden, insbesondere in Frankreich. Der Politikwechsel bei den Verrechnungspreisen der X.-Gruppe habe zu einer Änderung der Aufteilung des Gewinns innerhalb der Gruppe geführt. Die Bestimmungen im französischen Steuerrecht sähen vor, dass Transaktionen zwischen Unternehmen der gleichen Gruppe zu denselben Konditionen getätigt werden müssten, wie wenn sie zwischen unabhängigen Unternehmen getätigt worden wären. Bei länderübergreifenden Transaktionen von Gesellschaften der gleichen Gruppe sei es zudem notwendig, Informationen über diese Gesellschaften und die Gewinnverteilung zu haben. Diese Informationen seien für die französische Steuerverwaltung unabdingbar, damit sie die Höhe der Gewinne bestimmen könne, die aus Tätigkeiten in Frankreich stammten, und um die in Frankreich geschuldeten Steuern festzusetzen.
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A.d Die DGFP ersucht daher je um folgende Auskünfte und Unterlagen:
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a) Ist die im Gesuch genannte schweizerische Gesellschaft den schweizerischen Steuerbehörden bekannt? Falls ja, seit wann? Bitte übermitteln Sie eine Kopie der aktualisierten Statuten für die Periode 2010 bis 2011.
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b) Welcher Natur sind die von dieser Gesellschaft ausgeübten Tätigkeiten? Ist die Tätigkeit in Europa in den Finanzdokumenten und juristischen Unterlagen der schweizerischen Gesellschaft ausgewiesen? Falls ja, übermitteln Sie bitte die Dokumente und Beilagen (Geschäftsberichte, Finanzberichte, ...).
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c) Über welche materiellen und menschlichen Ressourcen verfügt die Gesellschaft, um ihre Tätigkeiten auszuüben (Geschäftsräume, Anzahl Arbeitnehmer, Aktiven)? Bitte geben Sie die Anzahl Arbeitnehmer, ihre Funktionen und Zuständigkeiten, aufgeschlüsselt nach Aufgabe, an. Bitte übermitteln Sie Organigramme der Funktionen für die Jahre 2010 und 2011.
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e/f) Profitiert die Gesellschaft A. GmbH resp. B. GmbH resp. C. GmbH resp. D. GmbH von einem Regime für Prinzipalgesellschaften (so genanntes Regime der internationalen Steueraufteilung)? Profitiert sie von einem Regime für Hilfsgesellschaften? Im einen oder anderen Fall, bitte präzisieren Sie, welcher Teil des Einkommens aus einer festen Einrichtung oder aus ausländischen Quellen stammt und unter diesem Titel in der Schweiz von einer Ausnahme oder einer Besteuerung zum reduzierten Satz profitiert. Haben die schweizerischen Behörden in diesem Sinne ein Abkommen geschlossen? Falls ja, können Sie den französischen Behörden eine Kopie dieser Entscheidung zukommen lassen? Welcher Teil des Ertrages der Jahre 2010 und 2011 wurde zum normalen Satz besteuert? Welcher Teil des Einkommens hat von einer reduzierten Besteuerung oder einer Ausnahme profitiert (präzisieren Sie bitte den Satz, der auf Bundes-, kantonaler und kommunaler Ebene angewendet wurde).
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Das Gesuch betreffend die A. GmbH enthält zudem die folgende Frage:
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e) Präzisieren Sie, wie sich die Gesellschaft während der verifizierten Periode finanzierte. Bitte weisen Sie die Summen, welche von der Gesellschaft C. GmbH und von der Gesellschaft D. GmbH für den französischen Markt überwiesen wurden, separat aus.
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Jenes betreffend die B. GmbH Folgendes:
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d) Gibt es unter den Angestellten der schweizerischen Gesellschaft Personal, welches zuvor bei der französischen Gesellschaft beschäftigt war? Welche Angestellten wurden in Folge der Zentralisation der Risiken in der Schweiz transferiert?
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Im Verfahren betreffend die D. GmbH wird schliesslich um folgende Auskunft ersucht:
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e) Ist es möglich, die auf französischem Staatsgebiet realisierten Resultate zu identifizieren, falls ja, übermitteln Sie die zugehörigen Elemente.
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B.
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B.a Die ESTV forderte daraufhin die betreffenden kantonalen Steuerbehörden und die A. GmbH, die B. GmbH, die C. GmbH sowie die D. GmbH auf, die von ihr bezeichneten Informationen und Unterlagen einzureichen. In der Folge informierte sie die Gesellschaften darüber, dass sie der DGFP Amtshilfe zu leisten gedenke, und teilte diesen den Wortlaut der beabsichtigten Antworten und die Beilagen mit.
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B.c Die dagegen erhobenen Beschwerden der vier Gesellschaften hiess das Bundesverwaltungsgericht mit Urteilen vom 19. April 2016 teilweise gut. Im Verfahren der A. GmbH und der B. GmbH hielt es fest, dass die Antworten 2d) und 2f) gemäss dem Dispositiv der Schlussverfügungen der ESTV der DGFP nicht übermittelt werden dürfen. Im Zusammenhang mit der Frage 2e) sei die Erfolgsrechnung nicht zu übermitteln, bezüglich der B. GmbH sei zudem nur der erste Absatz der Frage 2e) zu übermitteln. Betreffend die C. GmbH und die D. GmbH seien die Antworten 2d) und 2e) resp. 2d) und 2f) in dem Sinn zu modifizieren, dass über die Höhe der Steuer und das Steuerregime keine Auskunft erteilt werden könne. Die Steuererklärungen und die Erfolgsrechnungen seien der DGFP nicht zu übermitteln. Im Übrigen wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden ab.
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C.
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C.a Mit vier separaten Eingaben vom 9. Mai 2016 erhebt die ESTV Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Sie beantragt je die Aufhebung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts und die Bestätigung ihrer Schlussverfügung.
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C.b Ebenfalls mit Eingaben vom 9. Mai 2016 erheben die A. GmbH (nachfolgend: Gesellschaft 1), die B. GmbH (nachfolgend: Gesellschaft 2), die C. GmbH (nachfolgend: Gesellschaft 3) sowie die D. GmbH (nachfolgend: Gesellschaft 4) Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragen die teilweise Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Abänderung der Ziff. 1 des Urteilsdispositivs dahingehend, dass auch die in Ziff. 2.d) resp. 2.e) resp. 2.f) des Entscheiddispositivs der Schlussverfügung der ESTV genannten Informationen nicht an die französischen Steuerbehörde zu übermitteln seien.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerden der ESTV im Wesentlichen gut und bestätigt (im Wesentlichen) deren Schlussverfügungen vom 15. Oktober 2014. Die Beschwerden der Gesellschaften weist es ab.
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(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 2 | |
2.1 Die DGFP legte in den Amtshilfeersuchen dar, eine geänderte Verrechnungspreispolitik der X.-Gruppe im [...] 2009 habe zu einer Änderung der Gewinnverteilung innerhalb der Gruppe geführt. Nach französischem Steuerrecht müssten Transaktionen zwischen Unternehmen der gleichen Gruppe zu denselben Konditionen getätigt werden wie solche unter nicht verbundenen Unternehmen. Bei grenzüberschreitenden Transaktionen von Gesellschaften der gleichen Gruppe sei es ausserdem erforderlich, Informationen über diese Gesellschaften und die Gewinnverteilung zu erhalten. Die Informationen seien unabdingbar zur Bestimmung der Höhe der Gewinne, die aus Tätigkeiten in Frankreich stammten, und zur Festsetzung der in Frankreich geschuldeten Steuern. Die ESTV gab in der Folge mit Schlussverfügungen vom 15. Oktober 2014 den Amtshilfeersuchen statt und verfügte die Übermittlung der ersuchten Informationen. Das Bundesverwaltungsgericht hat die dagegen erhobenen Beschwerden der Gesellschaften teilweise gutgeheissen. Es ist zunächst zum Schluss gelangt, die ESTV sei zu Recht auf die Amtshilfegesuche eingetreten. Weiter bejahte es die voraussichtliche Erheblichkeit der Informationen für die im Gesuch genannten Steuerzwecke, jedoch nicht soweit einerseits die Informationen über das Steuerregime der Gesellschaften, deren Steuerfaktoren, die auf sie angewandten Steuersätze und die Höhe der Steuer, die sie in der Schweiz entrichten müssen, betreffend und andererseits auch nicht hinsichtlich der Erfolgsrechnungen der Gesellschaften. Diese Steuerinformationen und Erfolgsrechnungen nahm es daher von der Übermittlung an die DGFP aus. Da aber die Art der Finanzierung und die Gewinne der einzelnen Gesellschaften unter Umständen zur Feststellung der Gewinnverteilung zwischen verbundenen Gesellschaften relevant sein könnten, seien die ersuchten Bilanzen zu übermitteln. Des Weiteren erachtete die Vorinstanz das Kriterium der materiellen Betroffenheit ![]() | 27 |
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2.3 Die Gesellschaften bringen dagegen vor, die ersuchten Informationen seien nicht voraussichtlich erheblich, weil sie der französischen Steuerbehörde für die Aufklärung der Steuerangelegenheiten der in Frankreich betroffenen Gesellschaften keine Aufschlüsse geben könnten. Es handle sich nicht um einen Steuerzweck, sondern vielmehr um das Sammeln allgemeiner Informationen über die beschwerdeführenden Gesellschaften selbst. Soweit die Höhe der Gewinne eruiert werden solle, die sich aus einer Aktivität in Frankreich ergeben würden, stelle sich die Frage, ob die französische Steuerbehörde das Ersuchen nicht gar zum Anlass nehme, im Sinne einer "fishing expedition" herauszufinden, ob bei den betroffenen Gesellschaften Anknüpfungspunkte für eine Besteuerung in Frankreich auszumachen seien oder die Informationen sonst wie nützlich ![]() | 29 |
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Erwägung 3 | |
3.1 Gemäss Art. 28 Abs. 1 DBA CH-FR tauschen die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten die Informationen aus, die zur Durchführung des Abkommens oder zur Anwendung oder Durchsetzung des innerstaatlichen Rechts betreffend Steuern jeder Art und Bezeichnung, die für Rechnung der Vertragsstaaten oder ihrer politischen Unterabteilungen oder lokalen Körperschaften erhoben werden, voraussichtlich erheblich sind, soweit die diesem Recht entsprechende Besteuerung nicht dem Abkommen widerspricht. Art. 28 Abs. 3 DBA CH-FR sieht Beschränkungen dieser Pflicht zur Leistung von Amtshilfe vor: Die Vertragsstaaten sind nicht verpflichtet, Verwaltungsmassnahmen durchzuführen, die von den Gesetzen und der ![]() | 31 |
Die beiden Absätze entsprechen Art. 26 des OECD-Musterabkommens (nachfolgend: OECD-MA). Die Voraussetzung der "voraussichtlichen Erheblichkeit" der ersuchten Informationen kann daher im Lichte des Musterabkommens und dessen offizieller Kommentierung ausgelegt werden (BGE 142 II 161 E. 2.1 S. 164 f. mit Hinweisen; Urteil 2C_690/2015 vom 15. März 2016 E. 3).
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3.3.1 Dieser Begriff will einen möglichst umfassenden Informationsaustausch gewährleisten. Dabei ist es den Vertragsstaaten klarerweise nicht gestattet, Informationen aufs Geratewohl (fishing expeditions) oder Auskünfte zu verlangen, von denen wenig wahrscheinlich ist, dass sie Licht in die Steuerangelegenheiten einer bestimmten steuerpflichtigen Person bringen würden (BGE 141 II 436 E. 4.4.3 S. 445; vgl. Modèle de Convention fiscale concernant le revenu et la fortune 2014 [Version complète] [nachfolgend: OECD-Kommentar], Ziff. 5 zu Art. 26; vgl. auch DANIEL HOLENSTEIN, in: Internationales Steuerecht, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Zweifel/Beusch/ ![]() | 35 |
3.3.2 Die voraussichtliche Erheblichkeit von geforderten Unterlagen oder Auskünften muss sich bereits aus dem Amtshilfegesuch ergeben. Nach der Edition der verlangten Unterlagen hat die Steuerverwaltung des ersuchten Staates zu prüfen, ob die betreffenden Informationen für die Erhebung der Steuer voraussichtlich erheblich sind. Dem "voraussichtlich" kommt dabei eine doppelte Bedeutung zu: Der ersuchende Staat muss die Erheblichkeit voraussehen und deshalb im Amtshilfeersuchen geltend machen und der ersuchte Staat muss nur solche Unterlagen übermitteln, die voraussichtlich erheblich sind (HOLENSTEIN, a.a.O., N. 146 zu Art. 26 OECD-MA; CHARLOTTE SCHODER, StAhiG, Praxiskommentar zum Bundesgesetz über die internationale Amtshilfe in Steuersachen [Steueramtshilfegesetz, StAhiG], 2014, N. 63). Die Voraussetzung der voraussichtlichen Erheblichkeit ist erfüllt, wenn im Zeitpunkt der Gesuchstellung eine vernünftige Möglichkeit besteht, dass sich die angefragten Angaben als erheblich erweisen werden. Hingegen spielt es keine Rolle, wenn sich - einmal beschafft - herausstellt, dass die Informationen nicht relevant sind. Es liegt nicht am ersuchten Staat, ein Ersuchen oder die Übermittlung von Auskünften zu verweigern, weil er der Meinung ist, es fehle an der Erheblichkeit der Anfrage oder der dieser zugrundeliegenden Überprüfung. Die ersuchte Behörde hat somit nicht zu entscheiden, ob der im Amtshilfegesuch dargestellte Sachverhalt gänzlich der Realität entspricht, sondern muss nur überprüfen, ob die ersuchten Informationen einen Bezug zu diesem Sachverhalt haben (vgl. BGE 142 II 161 E. 2.1 ff. S. 164 ff.; Urteil 2C_690/2015 vom 15. März 2016 E. 3.2). Der ersuchte Staat kann Auskünfte daher nur verweigern, wenn ein Zusammenhang zwischen den verlangten Angaben und der Untersuchung wenig wahrscheinlich erscheint (BGE 141 II 436 E. 4.4.3 S. 445 f. mit ![]() | 36 |
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3.4 Bei der Auslegung und Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens ist auf die sich aus dem Wiener Übereinkommen vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge (VRK; SR 0.111) ![]() | 38 |
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4.1 Informationen zur Überprüfung und Kontrolle der zwischen Konzerngesellschaften vereinbarten Verrechnungspreise können sich, wie gesehen (E. 3.3.3), als wesentlich erweisen. Zu diesem Schluss führen auch die von der OECD erstellten Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen (nachfolgend: OECD-LL; abrufbar unter www.oecd-ilibrary.org/taxation/ oecd-verrechnungspreisleitlinien-fur-multinationale-unternehmen-und-steuerverwaltungen-2010_9789264125483-de [letztmals besucht am 17. November 2016]). Diese sind, wie auch der OECD-Kommentar, für das Bundesgericht nicht verbindlich, sie können aber als Interpretationshilfe herangezogen werden (vgl. auch Urteile 2C_888/2014 ![]() | 40 |
4.2 Die beschwerdeführenden Gesellschaften werden in der Schweiz durch dieselbe Holding gehalten, sind also über eine gemeinsame Muttergesellschaft miteinander verbunden. Die DGFP strebt die Überprüfung der geänderten Verrechnungspreispolitik der X.-Gruppe an. Gemäss dem Amtshilfegesuch haben Transaktionen zwischen verbundenen Gesellschaften nach französischem Steuerrecht zu den gleichen Bedingungen zu erfolgen wie solche unter nicht ![]() | 41 |
Die Gesellschaften verweisen in diesem Zusammenhang auf die detaillierte Transferpreisdokumentationen 2010 und 2011, die sie vor Bundesgericht erstmals einreichen. Dabei handle es sich um Studien, die der X.-Konzern standardmässig erstellen lasse und die den Steuerbehörden je nach lokalen Gegebenheiten entweder spontan zur Verfügung gestellt oder (wie hier) im Rahmen von Steuerprüfungen eingereicht würden. Die französische Steuerbehörde habe in ihrem Amtshilfeersuchen nicht erwähnt, inwieweit diese Dokumentation zweifelhaft sein solle oder ergänzende Informationen notwendig seien, um sie zu überprüfen. Vielmehr habe sie deren Existenz verschwiegen und ihre Anfrage in keiner Weise auf diese gestützt, weshalb diese bisher auch kein Thema gewesen seien. Diese Dokumentationen, anhand derer sich gemäss den Gesellschaften die Verrechnungspreise überprüfen lassen, liegen der DGFP offenbar bereits vor. Ob sie im vorliegenden Verfahren ein zulässiges Novum (vgl. Art. 99 Abs. 1 BGG) darstellen, kann offenbleiben. Die Bilanzen und Betriebsstättengewinnausscheidungen dienen der französischen Steuerbehörde zur Überprüfung der Drittpreiskonformität und erweisen sich als voraussichtlich erhebliche Informationen; hieran ändern die Transferpreisdokumentationen nichts, selbst wenn gewisse relevante Informationen auch aus diesen hervorgehen sollten.
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Der von der ESTV erwähnte Art. 57 des Code général des impôts (CGI) sieht für die Überprüfung der Verrechnungspreise und der Besteuerung von Gewinnen in Konzernen eine allgemeine Regelung vor (vgl. auch Art. 9 DBA CH-FR, dem Art. 57 CGI entspricht). Im Wesentlichen dürfen Gewinne, die ein Unternehmen nicht erzielt hat wegen Bedingungen, die es mit einem anderen Unternehmen vereinbart hat und die von Bedingungen abweichen, die unabhängige Unternehmen miteinander vereinbaren würden, dem (ersten) Unternehmen dennoch zugerechnet und entsprechend besteuert werden. Mit Art. 238 A CGI, auf den die ESTV ebenfalls verweist, besteht sodann eine Bestimmung im französischen Recht, die sich auf länderübergreifende Transaktionen im Zusammenhang mit einem ausländischen Regime der privilegierten Besteuerung bezieht. Danach gilt eine spezifische Regelung mit Beweislastumkehr, wenn die ausländische Gesellschaft privilegiert besteuert wird. Die privilegierte Besteuerung wird dahingehend definiert, dass die Besteuerung im ausländischen Staat weniger als die Hälfte der ordentlichen ![]() | 45 |
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Es ist nicht ersichtlich, inwiefern diese Auskunft für die Überprüfung der Transferpreispolitik in den Jahren 2010 und 2011 relevant sein soll. Damit durfte die Vorinstanz zu Recht von einem zeitlich abgeschlossenen, selbständigen Sachverhalt ausgehen, auf den das geltende DBA CH-FR keine Anwendung findet (vgl. nicht publ. E. 1.2).
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4.6 Zusammengefasst kann an den Beurteilungen der Vorinstanz weitgehend nicht festgehalten werden. Sowohl die Bilanzen, die Angaben über die Jahresergebnisse, die Angaben über die bestehenden Betriebsstätten und deren internationale Gewinnausscheidung bzw. Verlustverteilung (Gesellschaft 3), die Betriebsstättengewinnausscheidungen (Gesellschaften 2 und 3) als auch die Erfolgsrechnungen der Gesellschaften sind der DGFP zu übermitteln. Gleichsam sind die Steuerinformationen zu übermitteln, da auch insofern die voraussichtliche Erheblichkeit mit Bezug auf die Überprüfung der Verrechnungspreise zu bejahen ist. Da ein Zusammenhang zwischen den zu übermittelnden Angaben und dem Steuerzweck gegeben ist und an deren Übermittlung auch ein öffentliches Interesse besteht, ist vorliegend auch dem Verhältnismässigkeitsgebot Genüge getan. ![]() | 48 |
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Gemäss Art. 28 Abs. 1 DBA CH-FR werden Informationen zur Durchführung dieses Abkommens oder zur Anwendung oder Durchsetzung des innerstaatlichen Rechts betreffend Steuern jeder Art und Bezeichnung ausgetauscht (vgl. E. 3.1). Dabei ist (auch) der Informationsbegriff extensiv zu verstehen (vgl. OECD-Kommentar, Ziff. 2 und 5 zu Art. 26; ANDREA OPEL, Neuausrichtung der schweizerischen Abkommenspolitik in Steuersachen: Amtshilfe nach dem OECD-Standard, 2015, S. 350), soll doch ein möglichst umfassender Informationsaustausch gewährleistet werden (vgl. schon E. 3.3.1). Der Wortlaut der Bestimmung schränkt die auszutauschenden Informationen klarerweise nicht auf Steuerpflichtige ein. Im Übrigen ![]() | 51 |
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