BGE 143 II 241 | |||
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18. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Kraftwerke Oberhasli AG gegen Schweizerische Greina- Stiftung zur Erhaltung der alpinen Fliessgewässer und Mitb. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
1C_79/2016 vom 5. April 2017 | |
Regeste |
Abgrenzung der Moorlandschaft Nr. 268 "Grimsel" (Art. 78 Abs. 5 BV; Art. 23b NHG). | |
Sachverhalt | |
A. Die Kraftwerke Oberhasli AG (nachfolgend: KWO) betreibt im Oberhasli zahlreiche miteinander verbundene Wasserkraftwerkanlagen. Die ihr seit Anfang des letzten Jahrhunderts erteilten Konzessionen und Bewilligungen fasste der Regierungsrat des Kantons Bern mit Beschluss vom 12. Januar 1962 in der Gesamtkonzession Nr. 16 G 101 für die damals insgesamt sieben Kraftwerke zusammen. Dazu gehören namentlich die Kraftwerkanlagen mit Speicherseen Grimsel und (nördlich der Staumauer Spittellamm beim Hospiz Grimsel) Räterichsboden. Die Landschaft im Norden des Grimselstausees und bis zum Räterichsbodensee wurde vom Bundesrat mit Beschluss vom 25. Februar 2004 definitiv in das Inventar der Moorlandschaften aufgenommen, wobei die südliche Grenze des Perimeters 27 m über dem heutigen Seespiegel bzw. Stauziel des Grimselsees gezogen wurde.
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B. Am 14. Oktober 2005 reichte die KWO ein Baugesuch zur Vergrösserung des Grimselsees sowie zur Sanierung und Erhöhung der Staumauern ein. Mit Gesamtentscheid vom 14. März 2007 erteilte das damalige Wasserwirtschaftsamt die Baubewilligung. Diese wurde auf Beschwerde verschiedener Verbände hin vom Berner Verwaltungsgericht mit Urteil vom 3. April 2008 aufgehoben, weil das Projekt eine Änderung der bestehenden Gesamtkonzession erfordere und deshalb im Konzessionsverfahren zu beurteilen sei. Die dagegen erhobene Beschwerde der KWO wies das Bundesgericht am 20. Februar 2009 ab (Verfahren 1C_207/2008).
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C. Am 17. September 2010 reichte die KWO ein Gesuch um Anpassung und Ergänzung der Gesamtkonzession vom 12. Januar 1962 ein. Sie beabsichtigt, den Stauspiegel des Grimselsees um 23 m anzuheben und dessen Speichervolumen um 75 Mio. m3 zu vergrössern (Projekt "KWO Plus"). Dies soll namentlich eine Mehrproduktion von 240 GWh Winterstrom erlauben. Gegen das Projekt erhoben zahlreiche Verbände und Organisationen sowie mehrere Privatpersonen Einsprache. Mit Beschluss vom 5. September 2012 genehmigte der Grosse Rat des Kantons Bern die beantragte Anpassung und Ergänzung der Konzession unter Bedingungen und Auflagen und wies die Einsprachen ab, soweit er darauf eintrat. Gegen diesen Beschluss wurde kein Referendum ergriffen.
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D. Die Schweizerische Greina-Stiftung zur Erhaltung der alpinen Fliessgewässer (SGS) erhob am 22. März 2013 gegen den Beschluss des Grossen Rates Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern. Gleichentags erhoben auch der WWF Schweiz, Pro Natura - Schweizerischer Bund für Naturschutz, Pro Natura Bern, die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, Aqua Viva - Rheinaubund (heute: Aqua Viva), die Schweizerische Energie-Stiftung, Greenpeace Schweiz und der Grimselverein Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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Am 29. August 2014 führte eine Delegation des Verwaltungsgerichts eine Augenscheins- und Instruktionsverhandlung durch. Mit Urteil vom 22. Dezember 2015 hiess das Verwaltungsgericht die Beschwerden gut, soweit es darauf eintrat. Es hob den Beschluss des Grossen Rats vom 5. September 2012 auf und wies das Gesuch der KWO vom 17. September 2010 um Anpassung und Ergänzung der Gesamtkonzession ab. In seinen Erwägungen hielt das Verwaltungsgericht fest, dass die südliche Perimetergrenze der Moorlandschaft Nr. 268 "Grimsel" rechtswidrig festgelegt worden sei; sie habe entlang des heutigen Stauziels des Grimselsees zu verlaufen. Die beantragte Konzessionsänderung bewirke daher die Überflutung eines Teils der Moorlandschaft, was nicht schutzzielverträglich sei und deswegen nicht bewilligt werden könne. Damit erübrige sich die Prüfung der übrigen geltend gemachten Eingriffe in Schutzgebiete, insbesondere in das BLN-Objekt Nr. 1507 "Berner Hochalpen und Aletsch-Bietschhorn-Gebiet".
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E. Dagegen hat die KWO am 17. Februar 2016 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben. Sie beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung bzw. Prüfung der weiteren von den Beschwerdegegnern erhobenen Rügen an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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F. Das Bundesgericht hat am 5. April 2017 in öffentlicher Sitzung über den Fall beraten und die Beschwerde gutgeheissen.
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(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen: | |
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(...)
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4.1 Das Verwaltungsgericht hielt dieses Vorgehen für unzulässig: Art. 78 Abs. 5 BV enthalte ein absolutes Veränderungsverbot sowohl für Moore als auch für Moorlandschaften von besonderer Schönheit und nationaler Bedeutung; die Verfassungsbestimmung lasse keinen Raum für eine Abwägung mit anderen Interessen im Einzelfall. Zwar habe Art. 23d Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG; SR 451) das verfassungsrechtliche Kriterium der Schutzzieldienlichkeit durch dasjenige der Schutzzielverträglichkeit ersetzt; widerspreche ein Vorhaben dem Schutzziel, sei aber auch nach dieser Gesetzesbestimmung keine Interessenabwägung zulässig. Bei dieser rechtlichen Ausgangslage dürfe auch die Qualifikation und Abgrenzung einer Moorlandschaft nicht von einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung von Nutzungsinteressen abhängig gemacht werden (mit Hinweis auf BGE 127 II 184 E. 5b/aa S. 192 f.; NINA DAJCAR, Natur- und Heimatschutz-Inventare des Bundes, 2010, S. 77 und 103 mit Hinweisen).
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Bewertungszeitpunkt für die Bestandesaufnahme der Moorlandschaften sei der 1. Juni 1983 (BERNHARD WALDMANN, Der Schutz von Mooren und Moorlandschaften, 1997, S. 141). Massgebend auch für die Abgrenzung der Moorlandschaft seien daher die Verhältnisse zurückbezogen auf den 1. Juni 1983. Dies schliesse die Berücksichtigung künftiger Besiedlungen und Nutzungen aus.
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Das Verwaltungsgericht prüfte daher, ob die vom Bundesrat vorgenommene Grenzziehung auch ohne Berücksichtigung der Erweiterungsinteressen vertretbar und damit gesetzeskonform sei. Es verneinte dies, weil das streitbetroffene Gebiet nach den Kriterien von Art. 23b Abs. 1 NHG zwingend zur Moorlandschaft gehöre.
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Bei der Abgrenzung einer Moorlandschaft sei die Berücksichtigung bestehender Nutzungen in Art. 23b Abs. 3 NHG explizit vorgesehen. Das Verwaltungsgericht habe den Begriff der bestehenden Nutzungen zu eng ausgelegt: Dieser umfasse mit Rücksicht auf die Eigentumsgarantie (Art. 26 BV), die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) und den Verhältnismässigkeitsgrundsatz (Art. 5 Abs. 2 und Art. 36 Abs. 3 BV) auch die massvolle Erweiterung bestehender Nutzungen. Der Bundesrat habe deshalb bei der definitiven Inventarisierung die geplante Vergrösserung des Grimselsees miteinbeziehen dürfen.
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Dies sei auch in anderen Fällen geschehen: So habe der Bundesrat die Reduktion des Perimeters der Moorlandschaft Nr. 204 "Göscheneralp" mit Rücksicht auf eine geplante Staumauererhöhung reduziert; die Moorlandschaft Nr. 5 "Pfäffikersee" sei mit Rücksicht auf einen künftigen zweckmässigen Abschluss des angrenzenden Baugebiets reduziert worden (vom Bundesgericht bestätigt in BGE 127 II 184). Der Perimeter der Moorlandschaft Nr. 351 "Frauenwinkel" sei mit Rücksicht auf ein damals geplantes und zwischenzeitlich errichtetes Ausbildungs- und Kongresszentrum verkleinert worden.
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Näheres regeln die Art. 23a-d sowie Art. 25b NHG, die im Anschluss an die Annahme der "Rothenthurm-Initiative" erlassen und auf den 1. Februar 1996 in Kraft gesetzt wurden.
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Art. 23b NHG regelt Begriff und Abgrenzung der Moorlandschaften. Danach ist eine Moorlandschaft eine in besonderem Masse durch Moore geprägte, naturnahe Landschaft, deren moorfreier Teil zu den Mooren in enger ökologischer, visueller, kultureller oder geschichtlicher Beziehung steht (Abs. 1). Eine Moorlandschaft ist von besonderer Schönheit und von nationaler Bedeutung, wenn sie in ihrer Art einmalig ist (Abs. 2 lit. a) oder in einer Gruppe von vergleichbaren Moorlandschaften zu den wertvollsten gehört (lit. b). Der Bundesrat bezeichnet unter Berücksichtigung der bestehenden Besiedlung und Nutzung die schützenswerten Moorlandschaften von besonderer Schönheit und von nationaler Bedeutung und er bestimmt ihre Lage. Er arbeitet dabei eng mit den Kantonen zusammen, welche ihrerseits die betroffenen Grundeigentümer anhören (Abs. 3). Die Objekte sind im Bundesinventar der Moorlandschaften von besonderer Schönheit und von nationaler Bedeutung (Moorlandschaftsinventar) in Anhang 1 der Verordnung vom 1. Mai 1996 über den Schutz der Moorlandschaften von besonderer Schönheit und von nationaler Bedeutung (SR 451.35; nachfolgend: MoorlandschaftsV) aufgeführt. Ihre Umschreibung (Anhang 2 der Verordnung) ist Gegenstand einer gesonderten Publikation (Art. 2 Abs. 1 MoorlandschaftsV).
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Als allgemeines Schutzziel gilt nach Art. 23c Abs. 1 NHG die Erhaltung jener natürlichen und kulturellen Eigenheiten der Moorlandschaften, die ihre besondere Schönheit und nationale Bedeutung ausmachen. Diese Bestimmung wird durch Art. 4 Abs. 1 MoorlandschaftsV ergänzt: Danach ist in allen Objekten die Landschaft vor Veränderungen zu schützen, welche die Schönheit oder die nationale Bedeutung der Moorlandschaft beeinträchtigen (lit. a); die für Moorlandschaften charakteristischen Elemente und Strukturen sind zu erhalten, namentlich die geomorphologischen Elemente, Biotope, Kulturelemente sowie die vorhandenen traditionellen Bauten und Siedlungsmuster (lit. b). Besondere Rücksicht ist auf geschützte Pflanzen- und Tierarten sowie gefährdete und seltene Pflanzen- und Tierarten zu nehmen (lit. c) und es ist die nachhaltige moor- und moorlandschaftstypische Nutzung zu unterstützen (lit. d).
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Art. 23d NHG normiert die Gestaltung und Nutzung der Moorlandschaften. Diese ist zulässig, soweit sie der Erhaltung der für die Moorlandschaften typischen Eigenheiten nicht widerspricht (Abs. 1). Unter dieser Voraussetzung erlaubt Abs. 2 die land- und forstwirtschaftliche Nutzung (lit. a), den Unterhalt und die Erneuerung rechtmässig erstellter Bauten und Anlagen (lit. b), Massnahmen zum Schutz von Menschen vor Naturereignissen (lit. c) und die für die Anwendung der Buchstaben a-c notwendigen Infrastrukturanlagen (lit. d).
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Bundesrat Cotti regte an, im Gesetz selbst Kriterien für die Definition des Verfassungsauftrags festzulegen (a.a.O. 608). Dieser Vorschlag wurde später von der nationalrätlichen Kommission aufgegriffen. Sie liess den heutigen Art. 23b NHG entwerfen, dem in der Folge beide Räte zustimmten (AB 1993 N 2101 f.; AB 1994 S 211 f.). Dieser enthält in den Absätzen 1 und 2 die der Inventarisierung zugrunde zu legenden "wissenschaftlichen" und qualitativen Anforderungen. In Abs. 3 wird dem Bundesrat, durch den Verweis auf die bestehende Besiedlung und Nutzung und die Verpflichtung zur engen Zusammenarbeit mit den Kantonen, ein gewisser Spielraum für eine Interessenabwägung eingeräumt: Die Umgrenzung solle im Dialog mit den Kantonen und den Grundeigentümern erfolgen, unter Berücksichtigung des Verhältnismässigkeitsprinzips; dabei könnten die von den Experten vorgeschlagenen Perimeter reduziert werden, sofern dies nicht dem Schutzziel widerspreche (vgl. AB 1993 N 2066, Votum Mamie; 2069, Votum Rebeaud).
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6.3 Art. 23b Abs. 3 NHG sieht vor, dass der Bundesrat eng mit den Kantonen zusammenarbeitet und (durch diese) die betroffenen Grundeigentümer anhört. Dies bedeutet, dass der Bundesrat bei der Abgrenzung - soweit vertretbar - auch die Vorstellungen und Anliegen der Kantone und der betroffenen Privaten geeignet miteinzubeziehen hat. Er hat somit konkrete Abwägungen bzw. einen gewissen Interessenausgleich vorzunehmen und verfügt dabei über ein Entscheidungsermessen. Dabei hat er auch die bestehende Besiedlung und Nutzung zu berücksichtigen. Dies gilt nicht nur bei der Bezeichnung der schützenswerten Moorlandschaften, d.h. bei der Frage, ob eine Moorlandschaft von besonderer Schönheit und von nationaler Bedeutung ist, sondern auch bei der Abgrenzung des Perimeters, wie der französische Wortlaut der Bestimmung klarer zum Ausdruck bringt als der deutsche (PETER M. KELLER, in: Kommentar NHG, 1997, N. 17 zu Art. 23b NHG).
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Das Geschehen wiederholte sich im Zweitrat (Nationalrat), dessen Kommission zunächst überhaupt erst nach Bereinigung der Perimeterabgrenzungen legiferieren wollte (AB 1993 N 2066 u. 2068, Voten der Berichterstatter Mamie und Baumberger). Da sich die Bereinigung aber trotz verstärkter Umsetzungsbemühungen in die Länge zog und sich einige Kantone weigerten, dazu Hand zu bieten, bevor die Vorgaben und der Schutzumfang auf Gesetzesstufe feststanden (AB 1993 N 2066 u. 2070, Voten Mamie und Bundi), rückte die Kommission von dieser Absicht wieder ab. Stattdessen versuchte der Rat, mit verschiedenen Anträgen auf einen möglichst weitgehenden Einbezug weiterer, auch moorschutzfremder Anliegen hinzuwirken (vgl. z.B. Art. 23d Abs. 2 lit. d NHG: Erstellung von Infrastrukturanlagen). Im Zuge dieser Bestrebungen wurde auch die Verpflichtung zur Berücksichtigung der bestehenden Besiedlung und Nutzung in den Gesetzestext aufgenommen. Dabei bestand weitgehend Einigkeit darüber, dass der Bundesrat diese Begriffe und die Zusammenarbeitsverpflichtung mit den Kantonen bei der definitiven Perimeterabgrenzung weit interpretieren darf und insbesondere auch andere als wissenschaftlich-technische Gesichtspunkte in seine Abwägungen einbeziehen kann (AB 1993 N 2066, 2068 u. 2077, Voten der Berichterstatter Mamie und Baumberger; 2069 f. u. 2078, Votum des Berichterstatters der Minderheit Rebeaud; 2073, Voten Blatter und Jeanprêtre; 2074, Votum Schnider; kritisch zur seit den Beratungen im Ständerat geübten offenen Praxis 2071, Votum Wiederkehr; 2070, Votum Bundi; 2077, Votum Robert).
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7.2 Vor dem Hintergrund dieser für das Verständnis und die Zielsetzung von Art. 23b Abs. 3 NHG bedeutsamen parlamentarischen Willensäusserungen und im Interesse einer möglichst vollständigen Berücksichtigung der Verfassungsrechte und -prinzipien erscheint es zulässig, dass der Bundesrat von einem weiten Begriffsverständnis der "bestehenden Nutzung" ausgegangen ist. Es war ihm daher nicht verwehrt, bei der definitiven Abgrenzung der Perimeter nicht nur vorbestehende, im Zeitpunkt der Inventarisierung bereits realisierte Nutzungen zu berücksichtigen, sondern auch konkrete Vorhaben zur Änderung oder Erweiterung der bestehenden Nutzungen. Soweit in den Urteilen BGE 127 II 184 E. 5b/aa S. 192 f. und BGE 138 II 281 E. 5.6.5 S. 292 ausgeführt wurde, dass eine Interessenabwägung unzulässig sei, bezog sich dies nicht auf die Änderung oder Erweiterung bestehender Nutzungen, sondern auf eine neue Grossanlage (Bau einer kantonalen Autobahn im zweiten Fall) bzw. auf das Veränderungsverbot innerhalb einer inventarisierten Moorlandschaft und die Qualifikation einer Landschaft als besonders schön und national bedeutend (im ersten Fall). Eine vollständige neue Nutzung kann auch nach weitem Verständnis nicht unter den Begriff der bestehenden Besiedlung und Nutzung i.S.v. Art. 23b Abs. 3 NHG fallen und sprengt den Rahmen des bundesrätlichen Spielraums zur Perimeterabgrenzung. Das erstgenannte Urteil fusst aber auf ähnlichen Überlegungen wie die vorstehend dargelegten: Der bundesrätliche Verzicht auf Einbezug eines grossen, noch weitgehend unüberbauten, aber der Bauzone zugeschiedenen Gebiets in den Moorlandschaftsperimeter Nr. 5 "Pfäffikersee" war vom Verwaltungsgericht des Kantons Zürich aufgehoben worden. Das Bundesgericht hiess die dagegen erhobenen Beschwerden im Wesentlichen gut, stützte die Abwägung des Bundesrats, wonach für die Perimeterabgrenzung die Bauzonengrenze massgebend sei und liess damit die Erweiterung einer bestehenden Besiedlung und Nutzung am Rand der Moorlandschaft zu (BGE 127 II 184 E. 5b und c S. 192 ff.).
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7.4 Die Entscheidungsfreiheit, über die der Bundesrat bei der definitiven Abgrenzung von Moorlandschaften verfügt, ist somit weiter als der Spielraum, der den Behörden bei Entscheiden über die Gestaltung und Nutzung innerhalb einer ausgeschiedenen Moorlandschaft nach Art. 23d NHG zusteht (vgl. dazu BGE 138 II 23 E. 3.3 S. 28 f., BGE 138 II 281 E. 6.2 und 6.3 S. 295 ff.). Sie erlaubt dem Bundesrat in diesem Zusammenhang auch, den verfassungsmässigen Rechten der Betroffenen und den Verfassungsprinzipien Rechnung zu tragen (BGE 127 II 184 E. 5b/bb S. 193). Der Bundesrat ist einerseits befugt, eine Moorlandschaft grosszügig abzugrenzen, unter Einbezug von Pufferzonen oder auch bereits überbauten moorfreien Flächen (vgl. Urteil 1C_515/2012 vom 17. September 2013 E. 4, in: URP 2013 S. 707; RDAF 2014 I S. 367 zum Ferienhausgebiet auf der St. Petersinsel). Er kann aber andererseits auch wenig bedeutende Landschaftsteile, selbst solche mit einem gewissen Moorvorkommen, vom Perimeter ausnehmen, wenn es die Interessenlage rechtfertigt (a.M. KELLER, a.a.O., N. 18 zu Art. 23d NHG).
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8. Im Folgenden ist zu prüfen, ob der Bundesrat seinen Ermessens- und Beurteilungsspielraum überschritten hat. Dies ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - nicht schon deshalb der Fall, weil sich der 27 m breite Uferstreifen visuell, ökologisch, kulturell und geschichtlich im Sinne von Art. 23b Abs. 1 NHG nicht vom übrigen Gebiet der Moorlandschaft Grimsel abhebt. Es ist gewiss sinnvoll und anzustreben, dass die Grenzziehung natürlichen, im Gelände sichtbaren Gegebenheiten folgt. Eine Verpflichtung für den Bundesrat, solche Gegebenheiten seiner Interessenabwägung vorgehen zu lassen, besteht aber nicht. Dies gilt umso mehr für die weiteren von der Vorinstanz genannten Abgrenzungsregeln wie künstlich geschaffene, deutlich sichtbare Zäsuren, Kantons- und Gemeindegrenzen oder Höhenkurven. Im Übrigen muss hier die südliche Grenze des Moorlandschaftsperimeters ohnehin künstlich - durch das Stauziel - festgelegt werden, sei es nun auf der Höhe des heutigen oder des projektierten Seespiegels. Zu prüfen ist daher, ob der Bundesrat den umstrittenen Gebietsstreifen unter Berücksichtigung der damals bestehenden Ausbaupläne der KWO und der damit zusammenhängenden öffentlichen und privaten Interessen an der Wasserkraftnutzung aus dem Moorlandschaftsperimeter ausklammern durfte, ohne gegen den verfassungsmässigen und gesetzlich gebotenen Moorlandschaftsschutz zu verstossen.
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"Die Moorlandschaft Grimsel liegt im Herzen des Aar-Massivs an den linken Ufern von Grimselsee und Räterichsbodensee. Am meist steilen Hang haben eiszeitliche Gletscher die Granitfelsen geschliffen und eine Vielzahl von Verebnungen und Hohlformen geschaffen, die alle von Mooren eingenommen werden. Die dazwischen liegenden Felsen bilden grosse abgerundete Kuppeln und Rücken. Grimsel ist damit eine typische Rundhöcker-Moorlandschaft, in welcher die Moore in einem engen Mosaik mit den Felsen abwechseln und aufs engste mit dem Relief und der Geologie der Landschaft verbunden sind. Neben grösseren Mooren existiert eine Unmenge von kleinen und kleinsten Moorflächen, oft weniger als eine Are gross, die in ununterbrochener Reihe den Hang überziehen. Es sind meistens Flachmoore, doch kommen auch Übergangsmoore und kleine Flächen mit Bulten aus Hochmoorvegetation vor. Dazwischen sind unzählige Tümpel mit prächtiger Verlandungsvegetation verstreut. Weil das Gebiet nicht beweidet wird, sind die Moore in einem optimalen und für die Moorlandschaften der Schweizer Alpen einzigartigen Erhaltungszustand. Die Vielfalt an Pflanzengesellschaften der Moore ist hoch, und auf wenigen Quadratmetern wachsen neben Klein- und Grosseggenriedern Torfmoospolster, Quellfluren und nasse Hochstaudenfluren.
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Nicht nur die Moore, auch die übrige alpine Vegetation befindet sich in einem naturnahen Zustand. Alpine Rasen, Hochstaudenfluren, schöne Zwergstrauchbestände mit Wacholder, Alpenrosen, Heidelbeeren und Heidekraut, Grünerlenbestände und Pioniervegetation bilden ein vielfältiges Mosaik. Besonders erwähnenswert ist der lockere Wald aus Arven, Föhren, Lärchen und Birken am Ufer des Grimselsees, der als Urwald bezeichnet werden kann. Der Arvenwald gilt als der schönste des Berner Oberlands und prägt zusammen mit den Rundhöckern und den Mooren ein besonders malerisches Gebiet.
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[...]".
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Dieser Objektbeschreibung lässt sich entnehmen, dass das Nordufer des Grimselsees als typische Rundhöcker-Moorlandschaft geschützt wird, mit seinem charakteristischen Mosaik von Mooren und Felsen und seiner grossen floristischen Vielfalt. Zur besonderen Schönheit des Gebiets trägt auch der Arvenwald am Ufer des Grimselsees bei. Die nationale Bedeutung ergibt sich vor allem aus dem einzigartigen Erhaltungszustand der Moore und der übrigen Vegetation. Dies sind somit die für die Moorlandschaft charakteristischen Elemente, die im Wesentlichen deren besondere Schönheit ausmachen und in den Moorlandschaftsperimeter einbezogen werden müssen.
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- Die Fläche der ursprünglich in Aussicht genommenen Moorlandschaft wird von 2,65 km2 auf rund 2,5 km2 verringert; der Flächenverlust beträgt somit nur 5 %; 95 % der provisorisch bezeichneten Fläche werden definitiv der Moorlandschaft zugeschlagen.
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- Alle Moorbiotope von nationaler und regionaler Bedeutung und zur Hauptsache auch die zahlreichen übrigen Moorvorkommen liegen innerhalb des definitiven Perimeters.
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- Innerhalb des Streifens von 27 m liegen sechs kleine Moorbiotope von lokaler Bedeutung und drei noch kleinere Objekte. Der Mooranteil ist im umstrittenen Bereich mit rund 1,7 % kartierten Mooren besonders tief. Mit der Ausklammerung dieses Bereichs sinkt der durchschnittliche Mooranteil innerhalb des Perimeters somit nicht ab; vielmehr nimmt er leicht zu. Der Mooraspekt der Landschaft bleibt dominant.
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- Die Vegetationsvielfalt bleibt erhalten: Alle zwanzig kartierten Vegetationstypen bleiben bestehen und ihr Prozentanteil an der Moorlandschaft verändert sich kaum: Die grösste Veränderung tritt mit einem Prozentpunkt beim Grünerlengebüsch ein, d.h. einem häufigen Vegetationstyp, der keine seltenen und geschützten Arten aufweist.
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- Die geomorphologischen Elemente bleiben im Wesentlichen erhalten: Die Terrassen (zwischen 1940 und 2060 m.ü.M.) werden durch die Höherlegung des Stauziels nicht berührt; der Anteil an Felsen und Schuttfluren bleibt gleich.
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- Die Moorlandschaft wird sich - wie bisher - gegen Süden visuell bis zum Seespiegel (bzw. dem Einstauband) erstrecken. Insofern bleibt der visuelle Eindruck und der Zusammenhang der Moorlandschaft weitestgehend derselbe, lediglich der Seespiegel wird höher gelegt.
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- Der in der Inventarbeschreibung erwähnte lockere Wald aus Arven, Föhren, Lärchen und Birken reicht bis zum heutigen Ufer des Grimselsees. Im umstrittenen Streifen liegen der gesamte Lärchenbestand (10 Bäume) und ein Teil des Arvenwalds. Die Höherlegung des Seespiegels um 27 m vermindert die Waldfläche um rund 20 % und den Baumbestand um 25 %; dies betrifft nebst den 10 Lärchen rund 50 Arven, die zum Teil mehrere hundert Jahre alt sind. Indessen dehnt sich der Arvenwald langsam aus und bleibt damit längerfristig bestehen. Der Arvenbestand an der Grimsel ist zudem trotz seiner Wirkung als bereicherndes Element weder der grösste, noch der höchstgelegene, noch der einzige in einer Moorlandschaft, was seinen Seltenheitswert etwas relativiert. Ob in ihn eingegriffen werden darf, bestimmt sich nicht primär im Zusammenhang mit der Moorlandschaftsabgrenzung, sondern gestützt auf die BLN-Inventarisierung sowie nach kantonalem Recht, da er als Objekt Nr. 78216 im kantonalen Waldnaturinventar verzeichnet ist und den einschlägigen Schutzvorschriften untersteht.
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Zusammenfassend werden durch die Festlegung der Südgrenze der Moorlandschaft um 27 m über dem 1996 festgesetzten Provisorium keine für die Moorlandschaft "Grimsel" wesentlichen und charakteristischen Werte vom Schutz ausgeklammert; vielmehr erscheint die Perimeterreduktion insgesamt geringfügig. Angesichts des besonders niedrigen Mooranteils kann von einem Randstreifen gesprochen werden. Die Schutzziele werden auch mit dem definitiven Perimeter im Wesentlichen erreicht.
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8.4 Unter diesen Umständen bestand für den Bundesrat keine zwingende Notwendigkeit, die Perimetergrenze auf der Höhe des heutigen Stauziels zu ziehen. Er handelte im Rahmen seines Ermessens- und Beurteilungsspielraums, wenn er die südliche Grenze der Moorlandschaft um 27 m weiter bergwärts festlegte. Das Verwaltungsgericht hatte demnach keinen Anlass, die vertretbare Grenzziehung des Bundesrates zu korrigieren. (...)
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