BGE 144 II 427 | |||
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37. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Steuerverwaltung des Kantons Graubünden (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
2C_505/2017 vom 21. November 2018 | |
Regeste |
Direkte Bundessteuer/Kantons- und Gemeindesteuern; Verfahrens- und Materiellrechtliches in Zusammenhang mit Aufrechnungen beim steuerbaren Einkommen. |
ASU-Untersuchungsverfahren gemäss Art. 190 ff. DBG und Art. 19-50 VStrR: Merkmale und Ablauf (E. 2.1 und 2.2); unvermeidliche, mit Art. 6 EMRK vereinbare Vermischung zwischen dem Straf- und dem Veranlagungsverfahren (E. 2.3). |
Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV): Akteneinsicht; Konfrontationseinvernahme; Fragen an Belastungszeugen; Beweisabnahme (E. 3). |
II. DIREKTE BUNDESSTEUER |
Geldwerte Leistung: Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung durch die Vorinstanz (E. 5); aufgerechnetes steuerbares Einkommen in Anwendung von Art. 20 Abs. 1 lit. c DBG aufgrund des bloss treuhänderischen Erwerbs einer nur beschränkt werthaltigen Beteiligung (E. 6.1 und 6.2); vermeintliche Zinsen auf einem fiktiven Darlehen als geschäftsmässig nicht begründeter Aufwand (E. 6.3); keine Verrechnung mit einer behaupteten verdeckten Kapitaleinlage (E. 6.4); Ausmass des Abschreibungsbedarfs auf einem tatsächlich gewährten, aber nur teilweise werthaltigen Darlehen (E. 6.5). |
Realisationszeitpunkt von steuerbarem Einkommen gemäss der sog. Soll-Methode (E. 7). |
Als Einkommen steuerbarer Vermögenszufluss oder Darlehensrückzahlung? Beweislastverteilung (E. 8.2 und 8.3); Einkommensaufrechnung, wenn der steuermindernd geltend gemachten Rückerstattung von Drittkapital eine Fremdfinanzierung zugrunde liegen soll, die als unwahrscheinlich einzustufen ist und sich nach einer Verletzung der gesetzlichen Mitwirkungspflichten nicht belegen lässt (E. 8.4). |
III. KANTONS- UND GEMEINDESTEUERN |
Durch das kantonale Recht vorgesehene Verlängerung der absoluten Verjährungsfrist von 10 auf 15 Jahre: zulässige sog. uneigentliche Rückwirkung (E. 9.2.1); keine Einzelfallgesetzgebung (E. 9.2.2). | |
Sachverhalt | |
A. Mit vom 1./2. Juni 2015 datierten Verfügungen veranlagte die Steuerverwaltung des Kantons Graubünden A. für die direkte Bundessteuer sowie die Kantons- und Gemeindesteuern der Steuerperioden 2003 und 2004. Das steuerbare Einkommen für 2003 wurde bei der direkten Bundessteuer auf 24'868'700 Franken, der Kantonssteuer auf 24'866'300 Franken und der Gemeindesteuer auf 24'866'300 Franken festgelegt, das Vermögen bei der Kantonssteuer auf 27'191'000 Franken und der Gemeindesteuer auf 25'405'200 Franken. Für 2004 wurde das Einkommen aller Steuern auf Null veranlagt, während sich das veranlagte Vermögen bei der Kantonssteuer auf 28'612'400 Franken und der Gemeindesteuer auf 26'973'300 Franken belief.
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Dabei wurden für 2003 beim Einkommen die folgenden Beträge aufgerechnet:
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Verdeckte Gewinnausschüttung B. Fr. 22'500'000
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Korrektur Zinsaufwand Darlehen C. Fr. 275'043
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Zusammenarbeitsvertrag Dr. D. Fr. 475'000
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Überweisung E. Fr. 1'500'000
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Die Aufrechnungen beim Vermögen betrugen 27'393'563 Franken (Steuerperiode 2003) und 33'616'069 Franken (Steuerperiode 2004).
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Diese Veranlagungen erfolgten, nachdem im Juni 2007 die kantonale Steuerverwaltung die Abteilung Strafsachen und Untersuchungen (nachfolgend: ASU) der Eidgenössischen Steuerverwaltung hinsichtlich eines Darlehens der liechtensteinischen C. Anstalt an A. über 22'500'000 Franken informiert hatte, zu dem kein schriftlicher Vertrag vorlag. Nach Durchführung einer besonderen Steueruntersuchung war die ASU dann in einem Bericht vom 9. Mai 2014 zum Schluss gekommen, dass A. in den Jahren 2003 bis 2008 in grossem Umfange steuerbare Einkünfte und Vermögen nicht deklariert hatte.
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Einsprachen gegen die Veranlagungen wies die kantonale Steuerverwaltung am 22. Oktober 2015 ab.
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B. A. erhob gegen die Einspracheentscheide am 30. November 2015 Beschwerden an das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden. Dabei machte er in prozessualer Hinsicht namentlich geltend, dass das Veranlagungsverfahren bis zu einem rechtskräftigen Entscheid in dem von der ASU beantragten Steuerstrafverfahren zu sistieren sei; eventuell seien die Verfahrensakten von Veranlagungs- und Steuerstrafverfahren zu trennen. Materiellrechtlich verlangte er, die Einspracheentscheide aufzuheben und von Aufrechnungen abzusehen.
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Mit Urteil vom 4. April 2017 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer ab, hiess jedoch diejenige gegen die Kantons- und Gemeindesteuern teilweise gut. Es änderte die Einspracheentscheide dahin ab, dass das steuerbare Vermögen für die Periode 2003 neu auf 13'171'050 Franken (Kanton) bzw. 9'985'277 Franken (Stadt F., satzbestimmend 13'171'050 Franken) bzw. dasjenige der Periode 2004 auf 14'132'410 Franken (Kanton) bzw. 11'225'466 Franken (Stadt F., satzbestimmend 14'132'410 Franken) festgelegt wurde.
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C. A. hat am 22. Mai 2017 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht erhoben. Er beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 4. April 2017 aufzuheben und von einer Aufrechnung betreffend die direkte Bundessteuer für 2003 in der Höhe von 24'750'043 Franken abzusehen. Desgleichen sei betreffend die Kantons- und Gemeindesteuern von den im Umfang von 24'750'043 Franken bei der Einkommenssteuer getätigten und von den bei den Vermögenssteuern vorgenommenen Aufrechnungen für 13'171'050 Franken im Jahr 2003 und 14'132'410 Franken im Jahr 2004 Abstand zu nehmen. Eventualiter beantragt er, die Sache mit der Anweisung zurückzuweisen, das Veranlagungsverfahren bis zum rechtskräftigen Entscheid im Steuerstrafverfahren zu sistieren. Subeventualiter seien die Verfahrensakten zu trennen.
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Die Kantonale Steuerverwaltung beantragt in ihrer Vernehmlassung vom 3. Juli 2017, die Begehren abzuweisen. Das Verwaltungsgericht stellt Antrag auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei, ohne weitere Ausführungen zu machen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung beantragt in ihrer Vernehmlassung vom 13. Oktober 2017 die Abweisung der Beschwerde.
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Der Beschwerdeführer erstattete am 24. Januar 2018 eine Replik, welche er am 28. Juni 2018 ergänzte, nachdem das Bundesgericht die zuvor versehentlich unterbliebene Zustellung der Vernehmlassung der Eidgenössischen Steuerverwaltung nachgeholt hatte.
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D. Der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung hat der Beschwerde mit Verfügung vom 23. Juni 2017 die aufschiebende Wirkung beigelegt.
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Aus den Erwägungen: | |
I. Prozessuale Rügen
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Erwägung 2 | |
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2.1.3 Das ASU-Verfahren wird mit einem Bericht der Eidgenössischen Steuerverwaltung abgeschlossen (Art. 193 DBG). Dieser Bericht hält die Einstellung der Untersuchung fest, wenn keine Widerhandlung vorliegt (Art. 193 Abs. 2 DBG). Wenn die Eidgenössische Steuerverwaltung aber zum Ergebnis gelangt, dass eine Steuerwiderhandlung zu ahnden ist, so verlangt sie von der kantonalen Verwaltung im Falle einer Steuerhinterziehung die Durchführung eines Hinterziehungsverfahrens (Art. 194 Abs. 1 DBG). Bei einem Steuervergehen wird Anzeige bei der kantonalen Strafverfolgungsbehörde erstattet (Art. 194 Abs. 2 DBG).
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Eine unzulässige Vermischung könnte je nachdem dann vorliegen, wenn der Beschwerdeführer im fortgeführten Veranlagungsverfahren unter Androhung von Strafe zur Mitwirkung bei der Sachverhaltsermittlung angehalten worden wäre, was dem Grundsatz widersprochen hätte, sich in einem Strafverfahren nicht selbst belasten und zu seiner eigenen Verurteilung beitragen zu müssen (BGE 142 IV 207 E. 8.3 S. 214 f. mit Hinweisen).
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Im hier zu beurteilenden Veranlagungsverfahren wurde der Beschwerdeführer jedoch zu keinem Zeitpunkt unter Strafandrohung veranlasst, Aussagen zu machen oder bestimmte Akten einzureichen, welche später im Strafverfahren verwendet werden könnten. Ebenso wenig wurde in Aussicht genommen, eine Ermessensveranlagung vorzunehmen, wenn der Steuerpflichtige nicht bestimmte Belege beibringe. Es kann somit zum Vornherein nicht gesagt werden, es liege ein Verstoss gegen das strafprozessuale und durch Art. 6 EMRK geschützte Verbot des Selbstbelastungszwangs vor.
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Hier stellt sich die Frage aber anders, geht es doch nicht um eine allfällige spätere strafrechtliche Beurteilung, sondern ausschliesslich um das steuerrechtliche Verfahren. Das Veranlagungsverfahren ist ein Fiskalverfahren, das weder als straf- noch als zivilrechtliche Streitigkeit im Sinne von Art. 6 EMRK gilt. Gegen diese Bestimmung verstösst es auch nicht, wenn Sachverhaltsermittlungen durch strafprozessual zulässige Zwangsmassnahmen im Veranlagungsverfahren Verwendung finden.
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Richtig ist zwar, dass die Verfahrensvorschriften des Veranlagungsverfahrens selber keine Zwangsmassnahmen in Form von Hausdurchsuchung und Ähnlichem vorsehen. Im Veranlagungsverfahren trägt grundsätzlich die Steuerbehörde die Beweislast für steuerbegründende und -erhöhende, die steuerpflichtige Person jene für die steueraufhebenden und -mindernden Tatsachen (BGE 140 II 248 E. 3.5 S. 252), wobei sich Modifikationen aus der mitwirkungsorientierten Beweislastverteilung ergeben können (Urteil 2C_16/2015 vom 6. August 2015 E. 2.5.4, in: ASA 84 S. 254).
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Im Veranlagungsverfahren bestehen somit Mitwirkungspflichten, die bei Auslandsachverhalten erhöht sein können (vgl. dazu Urteil 2C_16/ 2015 vom 6. August 2015 E. 2.5.2, in: ASA 84 S. 254), und deren Verweigerung Auswirkungen auf die Beweislast haben kann (vgl. dazu auch unten E. 8.3.1, 8.4.1 u. 8.4.2). Wird der Steuerpflichtige aber nicht zur Mitwirkung gezwungen und trägt er bloss die Folgen davon, dass ein ihm obliegender Beweis nicht erbracht ist, so entspricht dies der Rechtslage, wie sie sich aus der materiellen Anwendung der Steuernormen ergibt. Ein Zwang zur Selbstbelastung liegt darin nicht.
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3.1 Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) umfasst als Mitwirkungsrecht all jene Befugnisse, die einem Betroffenen einzuräumen sind, damit er seinen Standpunkt wirksam zur Geltung bringen kann (BGE 135 II 286 E. 5.1 S. 293). Daraus folgt das Recht auf Einsicht in die Akten (BGE 132 II 485 E. 3.1 S. 494), sich vor Erlass eines in seine Rechtsstellung eingreifenden Entscheids zur Sache zu äussern sowie der Anspruch auf Abnahme der rechtzeitig und formrichtig angebotenen rechtserheblichen Beweismittel (BGE 140 I 99 E. 3.4 S. 102 f., mit Hinweisen).
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3.1.1 Das Akteneinsichtsrecht bezieht sich auf sämtliche Akten eines Verfahrens, die für dieses erstellt oder beigezogen wurden, ohne dass ein besonderes Interesse geltend gemacht werden müsste (BGE 129 I 249 E. 3 S. 253 f.) und unabhängig davon, ob aus Sicht der Behörde die fraglichen Akten für den Ausgang des Verfahrens bedeutsam sind (BGE 132 V 387 E. 3.2 S. 389).
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Der Anspruch gilt nicht absolut; er kann aus überwiegenden Interessen durch Abdeckung und nötigenfalls Aussonderung eingeschränkt werden; auf solchermassen geheim gehaltene Akten darf nur insoweit abgestellt werden, als deren wesentlicher Inhalt unter Wahrung der Äusserungsmöglichkeit bekannt gegeben wird (BGE 115 Ia 293 E. 5c S. 304; Art. 114 Abs. 2 und 3 DBG).
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3.1.2 In Strafverfahren ist als Konkretisierung des rechtlichen Gehörs durch Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK und Art. 32 Abs. 2 BV gewährleistet, dass eine belastende Aussage grundsätzlich nur verwertbar ist, wenn der Beschuldigte wenigstens einmal während des Verfahrens angemessene und hinreichende Gelegenheit hatte, die Aussage in Zweifel zu ziehen und Fragen an den Belastungszeugen zu stellen (BGE 131 I 476 E. 2.2 S. 480 ff.; BGE 129 I 151 E. 3.1 S. 153 f.).
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3.2.1 Die ASU hat sämtliche Akten, die sie für bedeutsam erachtete, auf CD-Rom gespeichert und sie so dem Beschwerdeführer zugänglich gemacht. Nicht gespeichert hat sie Akten, welchen sie keine Relevanz beimass. Daraus kann das Problem entstehen, dass dem Steuerpflichtigen Unterlagen vorenthalten bleiben, die er anders einschätzt und auf die er sich - würde er sie sehen - für seinen Rechtsstandpunkt berufen würde. Das wäre z.B. dann der Fall, wenn sich in den fraglichen Akten entlastende Unterlagen finden würden, welche aber im ASU-Bericht nicht erwähnt wären.
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Wie es festgehalten hat, wurden Beschlagnahmeprotokolle erstellt und darin sämtliche Ordner sowie Dokumentenmappen verzeichnet. Dem Beschwerdeführer wurden die Untersuchungsberichte (ihn sowie die G. AG betreffend) samt Aktenverzeichnissen und einer CD- Rom mit den wesentlichen Unterlagen eröffnet. Gleichzeitig wurde er auf sein Akteneinsichtsrecht hingewiesen.
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Gemäss der Vorinstanz nahm der Beschwerdeführer das Einsichtsrecht tatsächlich wahr; gewünschte Unterlagen wurden ihm teilweise elektronisch übermittelt. Dass er umfassende Einsicht gehabt habe, bestätige er gerade mit seiner Beanstandung, gewisse Akten habe die ASU aufbereitet, paginiert und mittels CD-Rom zugänglich gemacht, während andere eingelagert seien, wo sie nur mit erheblichem Aufwand für sämtliche Beteiligten einsehbar seien.
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3.3.1 Dazu hält die EStV in ihrer Vernehmlassung fest, es handle sich um wenige Unterlagen, welche die persönliche steuerliche Situation von D. beträfen, dem Steuergeheimnis unterlägen und keinen Bezug zur Steuersituation des Beschwerdeführers hätten. Die EStV macht damit eine Situation geltend, die eine Beschränkung des Akteneinsichtsrechts erlaubt.
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Erwägung 5 | |
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5.1.2 Mit Kaufvertrag vom 29. Oktober 2003 erwarb die L. AG von der Erbengemeinschaft Q.S. und von R.S. 100 % der Aktien der B. AG sowie 33,7 % der Aktien an der M. AG; die weiteren 66,3 % der Aktien befanden sich im Eigentum der B. AG. Die L. AG bezahlteeinen Kaufpreis von 44'518'000 Franken, welcher durch Übergabe von zwei kreditfinanzierten Bankchecks der Bank T. geleistet wurde; Kreditschuldnerin war die L. AG, deren Konto mit Buchungs- und Valutadatum vom 28. Oktober 2003 mit 44'518'020 Franken belastet worden war, allerdings wurde das Valutadatum am 7. November 2003 auf den 31. Oktober 2003 abgeändert.
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5.2 Sachverhaltlich unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer und D. von der Erbengemeinschaft für 44,5 Mio. Franken die B. AG erwarben, welche über ein ausgewiesenes Eigenkapital von 1,7 Mio. Franken verfügte, aber auf ihrer Immobilienbeteiligung substantielle stille Reserven hatte. Diese konnten durch Aufnahme von grundpfandgesicherten Darlehen "mobilisiert" werden; aus ihnen wurde der Kauf finanziert. Die damit einhergehenden Geldflüsse stehen als solche ebenfalls ausser Streit.
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Die Vorinstanz hat nicht verkannt, dass die Vereinbarung vom 28. Oktober 2003, in welcher eine treuhänderische Übertragung der U.-Beteiligung vorgesehen war, als Entwurf bezeichnet ist. Sie hat aber berücksichtigt, dass der Entwurf nur einen Tag vor Umsetzung erstellt wurde, die Put-/Call-Option in diesem Entwurf bereits im Sinne einer Gesamtkonzeption vorgesehen war und somit nicht als eine davon abweichende Variante des Vorgehens erscheint, und ausserdem geplant war, dass der Entwurf die vertrauliche Grundlage bilden und nicht nach aussen in Erscheinung treten sollte.
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In Bezug auf die Put-/Call-Option Vereinbarung vom 28. Oktober 2003 zwischen der L. AG und der I. Ltd. hat das Verwaltungsgericht festgehalten, dass die Vereinbarung keine Absicherungsfunktion für die B. AG hatte und am 12. Februar 2007 auch aufgehoben wurde, ohne dass sie ausgeübt worden wäre. Weiter wurde die Beteiligung von der B. AG an die I. Ltd. veräussert, wobei diese keinen Kaufpreis bezahlen musste, was zusätzlich zeigte, dass der genannten Option für die B. AG keine Sicherungsfunktion zukam.
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Die Vorinstanz hat zusätzlich auf zahlreiche weitere Aspekte verwiesen, unter anderem darauf, dass der "Kaufpreis" für die U.-Beteiligung sich nicht an ihrem Wert orientierte, sondern am Kaufpreis der B.-Gruppe. Die Put-/Call-Option ermöglichte auch gar keine Absicherung, da nicht die B. AG Vertragspartei war, sondern vielmehr die L. AG gegenüber der I. Ltd. Das bestätigte sich im Jahre 2007, indem die Übertragung an die I. Ltd ohne Gegenleistung erfolgte. Aus Sicht der B. AG wäre ein Optionskonstrukt ökonomisch ohne Sinn (denn ohne Aussicht auf Rendite) gewesen, weil die I. Ltd. die Option bei positiver Entwicklung zum gleichen Preis hätte zurückverlangen können.
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Ferner hat das Verwaltungsgericht hervorgehoben, dass in den Jahresabschlüssen 2003/2004 und 2004/2005 kein Hinweis auf ein Recht auf Veräusserung zum vollen Kaufpreis von 45 Mio. Franken enthalten war, was zu erwarten gewesen wäre, wenn ein solches bestanden hätte. Ebenso wurden keinerlei Vorkehren/Abklärungen über die Bonität der Offshore-Gesellschaft I. Ltd. getroffen, was bei einem in Frage stehenden Ausübungspreis in dieser Grössenordnung jeglichem Drittvergleich widersprach.
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Das stützt sich u.a. auf Folgendes: D. bezahlte am 7. Juni 2001 für 3'000 U.-Aktien einen Preis von 1,5 Mio. USD und für ein zweites Paket von 1'000 Aktien am 15. April 2002 217'576 USD. Damit wäre aber der Aktienpreis für die U.-Beteiligung 56-mal höher gewesen als der Durchschnittspreis und 111-mal höher als der Preis der zeitnäheren Transaktion vom 15. April 2002, obwohl die U. Corporation im Zeitpunkt des Erwerbs durch die B. AG über kein marktfähiges Produkt verfügte und in den Jahren 2001 bis 2009 auch keine namhaften Umsätze erzielte.
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Erwägung 6 | |
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Der Tatbestand der geldwerten Leistung charakterisiert sich dadurch, dass die leistende Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft für ihre Leistung keine oder keine gleichwertige Gegenleistung erhält, der Beteiligungsinhaber der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft direkt oder indirekt (z.B. über eine ihm nahestehende Person oder Unternehmung) einen Vorteil erlangt, die Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft diesen Vorteil einer nicht nahestehenden, also fernstehenden Person unter gleichen Bedingungen nicht zugestanden hätte, weshalb die Leistung insofern ungewöhnlich ist (Kriterium des Drittvergleichs), und der Charakter dieser Leistung für die Organe der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft erkennbar war (BGE 140 II 88 E. 4.1 S. 91 f.; BGE 138 II 57 E. 2.2 S. 59 f.; BGE 131 II 593 E. 5.1 S. 607; BGE 119 Ib 116 E. 2 S. 119, BGE 119 Ib 431 E. 2b S. 435).
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Da gegen die Zahlung von der B. AG an die V. Ltd. lediglich das treuhänderische Eigentum übertragen wurde, liegt keine adäquate Gegenleistung vor. Die Zahlung von 45 Mio. Franken stellt damit eine geldwerte Leistung aus der B. AG dar. Sie wurde über die I. Ltd. und von dort aufgrund fingierter Darlehen zur Hälfte an den Beschwerdeführer weitergeleitet.
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Der Zufluss dieser Leistung ohne Gegenleistung beruht auf dem Beteiligungsverhältnis, nämlich darauf, dass der Beschwerdeführer Alleinaktionär an der K. Holding AG ist, welche zusammen mit der H. Inc. (D.) die am 23. September 2003 zum Erwerb der B.-Gruppe gegründete L. AG hält, welche ihrerseits Muttergesellschaft der B. AG ist.
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Dass die erhaltene und dem Beschwerdeführer zur Hälfte zugeflossene Leistung von 45 Mio. Franken ohne adäquate Gegenleistung geblieben war, war ohne weiteres auch für die Organe der leistenden Gesellschaft erkennbar. Somit sind die Voraussetzungen der geldwerten Leistung allesamt erfüllt und ist diese beim Beschwerdeführer als Ertrag aus beweglichem Vermögen aufzurechnen.
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Es geht um eine geldwerte Leistung, die auf einer hochkomplexen Vorgehensweise mit mehreren zwischengeschalteten Gesellschaften und fiktiven Verträgen beruht. In einem solchen Fall kann nicht von einer unmittelbaren Kompensation der Ausschüttung mit der Kapitaleinlage gesprochen werden. Die verdeckte Gewinnausschüttung ist zwar mit der Darlehensgewährung insofern verbunden, als das eine Geschäft ohne das andere nicht abgeschlossen worden wäre. Es ging dem Beschwerdeführer aber darum, die B.-Gruppe mit Mitteln aus dieser selbst zu erwerben. Um das zu verschleiern, wurden die genannten Geschäfte abgeschlossen, sogar am gleichen Tag.
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Daraus ist hier aber nicht zu schliessen, dass wenn der Mittelfluss über diverse Gesellschaften/Anstalten als reiner Durchlauf betrachtet werde, so müsse das auch für das vom Beschwerdeführer an die K. Holding AG gewährte Darlehen gelten. Vielmehr kann es sich durchaus um fingierte Geldflüsse über eigens gegründete/erworbene Gesellschaften handeln, dann aber bei dem die Transaktionen beherrschenden Beschwerdeführer, der den Mittelfluss steuerte, um ein echtes Darlehen. Wie von der Vorinstanz festgestellt, waren die Darlehen, welche der Beschwerdeführer der K. Holding AG und diese an die L. AG gewährte, nicht simuliert. Wesentlich ist, dass der Beschwerdeführer und D. sich für den Kauf der B. AG aus deren Immobilienbestand bedienten. Die B. AG wurde entreichert, und das Geld floss zur Hälfte an den Beschwerdeführer.
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Unter den gegebenen Umständen hat das Verwaltungsgericht zu Recht erwogen, dass der Entreicherung der B. AG im Zusammenhang mit dem Erwerb der U.-Beteiligung kein sachlich zusammenhängendes Gegengeschäft gegenübersteht, welches die verdeckte Gewinnausschüttung kompensiert hätte.
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Im Rahmen der Vermögenssteuer ist die Vorinstanz zu der Auffassung gelangt, dass die Darlehensforderung im Geschäftsvermögen des Beschwerdeführers gegenüber der K. Holding AG in Höhe von 22,5 Mio. Franken nicht vollumfänglich werthaltig war, sondern - gestützt auf eine Bewertung des Nettovermögens der K. Holding AG - lediglich im Umfang von 8'602'798 Franken.
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Daraus kann übernommen werden, dass in jenem Zeitpunkt auch ein entsprechender, hier massgeblicher Abschreibungsbedarf bestand, der handelsrechtlich zwingend und somit steuerrechtlich durch Bilanzberichtigung - im Unterschied zu einer blossen Bilanzänderung - zu berücksichtigen ist (PETER LOCHER, Kommentar zum DBG, Bd. II, 2004, N. 15 zu Art. 58 DBG, Bd. I, 2001, N. 177 zu Art. 18 DBG; MARKUS BERGER, Probleme der Bilanzberichtigung, ASA 70 S. 548), solange die Veranlagung noch nicht rechtskräftig geworden ist (BGE 141 II 83 E. 3.3 S. 86; Urteil 2C_24/2014 vom 29. Januar 2015 E. 2.2, in: StE 2015 B 72.11 Nr. 24; LOCHER, a.a.O., N. 21 zu Art. 58 und N. 177 zu Art. 18 DBG; BERGER, a.a.O., S. 553 ff.).
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7.1 In den Büchern der X. wurden die beiden Zahlungen nicht ertragswirksam, sondern als Erhöhung der Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der C. Anstalt verbucht. Die Steuerbehörde hat diese Zahlungen für die Periode 2003 nach der Soll-Methode aufgerechnet. Vor Bundesgericht macht der Beschwerdeführer dagegen geltend, erst nach Vorliegen der Abrechnung der depotführenden Banken habe der Forderungsbetrag der Höhe nach beziffert werden können. Das sei erst gegen Ende Januar 2004 der Fall gewesen.
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Erwägung 8 | |
8.1 Der Aufrechnung von 1,5 Mio. Franken aus der Baugesellschaft E. liegt zugrunde: Der Beschwerdeführer und Y. sind Gesellschafter einer einfachen Gesellschaft, welche in Z. Wohnprojekte realisierte. Am 23. Oktober 2003 stellte der Architekt J. der Baugesellschaft eine Zwischenabrechnung mit einem Restbetrag von 1,5 Mio. Franken zu. Y. veranlasste am 24. Oktober 2003 eine Zahlung in dieser Höhe; ebenfalls am 24. Oktober 2003 stellte J. einen Vergütungsauftrag von 1,5 Mio. Franken zu Gunsten des Beschwerdeführers aus, welche in der Buchhaltung der X. als Gutschrift auf dem Bankkonto unter gleichzeitiger Erhöhung der Darlehensschuld bei der C. Anstalt verbucht wurde.
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8.3.2 Das Verwaltungsgericht hat sich für die Aufrechnung im Betrag von 1,5 Mio. Franken auch auf die Einlassung von J. im Schreiben vom 2. März 2009 gestützt. Es hat diese Einlassung dahin interpretiert, dass es sich um eine "Entschädigung bzw. um ein Honorar für den Beschwerdeführer für die Übernahme der gesamten Projektabwicklung betreffend Kurhaus E." handle.
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Das Schreiben ist jedoch weder für die eine noch die andere Auffassung schlüssig. Es erweist sich als unklar, was mit den hier massgeblichen Formulierungen gemeint ist. Das Verwaltungsgericht hätte daher nicht einerseits eine Einvernahme von J. verweigern (vgl. oben E. 3.4, insb. 3.4.2) und zugleich unter anderem gestützt auf dessen Darstellung annehmen dürfen, es habe sich nicht um eine Darlehensrückzahlung handeln können.
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In ihrer Vernehmlassung an das Bundesgericht macht die kantonale Steuerverwaltung geltend, mit Auflage vom 20. Januar 2015 die komplette Buchhaltung der C. Anstalt für die Steuerjahre 2003 und 2004 einverlangt zu haben. Daraus hätte sich ergeben können, ob im Zeitraum zwischen der Gründung der C. Anstalt (23. September 2003) bis maximal 23. Oktober 2003 ein Dritter der C. Anstalt ein Darlehen zur Verfügung stellte, dessen Rückzahlung J. am 24. Oktober 2003 in Auftrag gab.
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Unter Verletzung der gesetzlich vorgesehenen Mitwirkungspflicht ist die Buchhaltung jedoch nicht eingereicht worden. So kann ohne weiteres und rechtsgenügend darauf abgestellt werden, dass eine Vorfinanzierung durch die C. Anstalt derart knapp vor der angeblichen Rückzahlung keinen Sinn gemacht hätte und dementsprechend als wenig wahrscheinlich verworfen werden muss.
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8.4.2 Entfällt die Variante der geltend gemachten Fremdfinanzierung, so bleibt für die Darlehensthese nur, dass der Beschwerdeführer selber den Kredit gewährt hätte. Für diese These lässt sich immerhin anführen, dass der Beschwerdeführer mit seiner Rechnung vom 24. Oktober 2003 eine "Darlehensrückzahlung" verlangte. Aber es gibt keinen Darlehensvertrag (vgl. dazu schon oben Sachverhalt Bst. A. u. E. 6.2.1), was die vorgebrachte These u.a. in Anbetracht der hier massgeblichen Beträge als unwahrscheinlich erscheinen lässt. Weiter hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass sich weder in der Buchhaltung der X. noch in seinem Privatvermögen eine Darlehensforderung gegenüber J. finde. Auch hätten, wenn der Beschwerdeführer tatsächlich der Baugesellschaft Kosten vorfinanziert hätte, diese ihren Niederschlag sowohl in der Buchhaltung der Baugesellschaft wie in seiner eigenen finden müssen.
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Damit hat aber das Verwaltungsgericht zum Schluss kommen können, dass eine andere Erklärung als ein Reinvermögenszugang nicht erkennbar ist und die Aufrechnung zu Recht erfolgte. Auf das Schriftstück, das das Verwaltungsgericht J. zugeschrieben und nach dem Gesagten nicht korrekt interpretiert hat (vgl. oben E. 8.3.2), sowie auf eine allfällige Zeugenaussage von J. kann unter diesen Umständen nichts ankommen.
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III. Kantons- und Gemeindesteuern
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9.2.1 Der Auffassung des Beschwerdeführers kann nicht beigepflichtet werden. Die Verjährung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zwar ein Institut des materiellen Rechts (Urteil 2C_137/ 2011 vom 30. April 2012 E. 2.2, in: StE 2012 B 92.9 Nr. 9, nicht publ. in: BGE 138 II 169; BGE 126 II 1 E. 2a S. 2 f.). Doch liegt keine echte Rückwirkung vor, die verfassungsrechtlich nur unter engen Bedingungen zulässig ist (BGE 138 I 189 E. 3.4 S. 193 f.), sondern eine sog. unechte: Mit der Steuerperiode und der Verwirklichung des materiellen Steuertatbestandes entsteht zwischen dem Steuerpflichtigen und dem Gemeinwesen ein Steuerschuldverhältnis, das andauert, bis die Verjährung eintritt. Wenn daher vor Ablauf der altrechtlichen Verjährung eine neue Regelung erlassen wird, welche übergangsrechtlich die Anwendung des neuen Rechts vorsieht, so knüpft diese an ein andauerndes Steuerschuldverhältnis an. Eine solche unechte Rückwirkung ist zulässig, sofern nicht wohlerworbene Rechte entgegenstehen (BGE, a.a.O.).
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Im Zusammenhang mit neuen Verjährungsregeln für die Erhebung von Nachsteuern hat das Bundesgericht wiederholt in diesem Sinne entschieden (Urteile 2P.432/1996 vom 22. Mai 1997 E. 7, in: RDAF 1998 II S. 179; 2P.92/2001 vom 10. Dezember 2001 E. 2). Ein Unterschied zur Steuerveranlagung selber ist nicht erkennbar, handelt es sich bei der Nachsteuer doch um keine vom ursprünglichen Steueranspruch verschiedene Forderung (BGE 98 Ia 22 E. 2). Der Gesetzgeber konnte damit sehr wohl die Verjährungsfrist vor deren Ablauf verlängern und übergangsrechtlich vorsehen, dass die neue, nunmehr 15-jährige Verjährungsfrist auf die hängigen Fälle anwendbar ist.
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Die Neuregelung ist selbstverständlich auf sämtliche Steuerrechtsverhältnisse anwendbar, womit ein generell-abstrakter Erlass vorliegt, gegen welchen verfassungsrechtlich nichts einzuwenden ist (BGE 125 I 369 E. 3b S. 374 f.; ebenso Urteil 6B_896/2014 vom 16. Dezember 2015 E. 4.10, in: Pra 2016 Nr. 34 S. 302). Es mag sein und dürfte zutreffen, dass der Bündner Gesetzgeber aufgrund des Falles des Beschwerdeführers tätig geworden ist. Das ändert aber nichts an der Qualifizierung des Erlasses als generell-abstrakt und seiner verfassungsrechtlichen Zulässigkeit.
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