BGE 145 II 99 | |||
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8. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. und Mitb. gegen Einfache Gesellschaft Baugesellschaft Parzelle 6505, Einwohnergemeinde Saanen sowie Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
1C_69/2018 vom 3. Dezember 2018 | |
Regeste |
Rechtsmissbrauch bei der Bewilligung von 12 Erstwohnungen in Saanen (Art. 75b BV; Art. 6, 7 und 14 ZWG). | |
Sachverhalt | |
A. K. und L. M. reichten am 23. Juli 2012 ein Baugesuch für den Abbruch von zwei bestehenden Bauten und die Erstellung von drei Häusern (A, B und C) in der Wohnzone von Unterbort, Saanen ein. Jedes Haus soll zwei Dreizimmerwohnungen und zwei Vierzimmerwohnungen umfassen, mit einer Fläche zwischen 70 und 150 m 2. Nebst einer gemeinsamen Einstellhalle sind ein Wellness- und Fitnessbereich und Kellerräume vorgesehen. Am 23. November 2012 bewilligte die Gemeinde Saanen das Bauvorhaben und wies die Einsprachen von A. und weiteren Stockwerkeigentümern der benachbarten Parzelle Nr. 5758 ab. Am 11. März 2014 hiess die Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern (BVE) eine Beschwerde der Einsprecher insoweit gut, als sie die Sache zur Prüfung der Vereinbarkeit mit Art. 75b BV an die Gemeinde zurückwies.
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B. Am 26. Februar 2016 reichte die Bauherrschaft die Projektänderung "Nutzung als Erstwohnung" ein. Die Gemeinde bewilligte das Vorhaben am 26. Juli 2016 unter der Auflage eines im Grundbuch anzumerkenden Zweckentfremdungsverbots zugunsten der Erstwohnungsnutzung und wies die Einsprache der Nachbarn ab. Dagegen erhoben A. und weitere Einsprecher Beschwerde, zunächst bei der BVE und anschliessend beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern. Dieses wies die Beschwerde am 3. Januar 2018 ab, soweit es darauf eintrat.
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C. Dagegen haben A. und Mitbeteiligte am 9. Februar 2018 Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Sie beantragen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und dem Baugesuch sei der Bauabschlag zu erteilen.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
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(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen: | |
3. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts ist von Amtes wegen zu prüfen, ob konkrete Indizien vorliegen, welche die Absicht bzw. die Möglichkeit einer Erstwohnungsnutzung des Bauvorhabens als unrealistisch erscheinen lassen. Die Möglichkeit, die Erstwohnnutzungsbeschränkung nach Art. 14 Abs. 1 lit. b des Zweitwohnungsgesetzes vom 20. März 2015 (ZWG; SR 702) zu sistieren, erhöht das Risiko, dass die Bauherrschaft (trotz der restriktiven gesetzlichen Voraussetzungen) von vornherein auf eine künftige Sistierung setzt. Es würde dem Zweck des ZWG und von Art. 75b BV offensichtlich zuwiderlaufen, die Erstellung von Wohnungen zu bewilligen, die wahrscheinlich nie als Erstwohnungen genutzt werden können (BGE 144 II 49 E. 2.4 in fine S. 54 f.).
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Eine Erstwohnnutzung erscheint zwar nicht ausgeschlossen, kommt aber aufgrund des voraussichtlichen Preises nur für wohlhabende Personen in Betracht - wie auch die Beschwerdegegner einräumen. Für Erstwohnungen im gehobenen bzw. luxuriösen Segment sind die Wohnungen jedoch klein dimensioniert; dies gilt jedenfalls für die Dreizimmerwohnungen der Häuser A und B mit einer Fläche von nur rund 70 m 2.
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Die Wohnungen liegen zudem nicht im Ortszentrum, sondern im Ortsteil Unterbort, rund 140 m oberhalb der Gemeinde Saanen, in dem sich vor allem Zweitwohnungen befinden. Die Distanz zum Ortszentrum (mit Einkaufsmöglichkeiten und Bahnanschluss) beträgt nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts 20 Minuten zu Fuss; zur nächstgelegenen Haltestelle des öffentlichen Verkehrs sind es gut 10 Gehminuten. Die Bewohner sind deshalb für Besorgungen auf ein Auto angewiesen.
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In Saanen besteht kein Mangel an Erstwohnungen, auch nicht im gehobenen/luxuriösen Segment: Nach Schätzung der Gemeinde stehen allein in diesem Segment 10-15 Wohnungen leer (genaue Zahlen fehlen) und sind 13-18 im Bau bzw. bereits bewilligt. Die Wohnbevölkerung Saanens stagniert seit Jahren; ob sie künftig wieder stärker ansteigen wird, bleibt ungewiss.
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Unter diesen Umständen erscheint das Vorhaben der Beschwerdegegner, gleich 12 neue Erstwohnungen des gehobenen/luxuriösen Segments zu vermarkten (bzw. 8 bei Etappierung von Haus C), unrealistisch. Dies gilt jedenfalls, wenn es sich - wie hier - von Zuschnitt und Lage her um typische Ferienwohnungen handelt. Den Beschwerdegegnern ist es denn auch seit Einreichung des Baugesuchs im Jahr 2012 nicht gelungen, auch nur eine einzige Wohnung ab Plan an Ortsansässige zu verkaufen. Dies stellt ein Indiz für die fehlende Nachfrage dar, auch wenn das Rechtsmittelverfahren gewisse Interessenten abgeschreckt haben mag.
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