BGE 145 II 322 | |||
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30. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Migrationsamt und Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt (Beschwerde in öffentlich- rechtlichen Angelegenheiten) |
2C_124/2018 vom 17. Mai 2019 | |
Regeste |
Erlöschen der Niederlassungsbewilligung. | |
Sachverhalt | |
A. A. (Jahrgang 1978) ist mazedonischer Staatsangehöriger. Er ist im Jahr 1991 im Familiennachzug in die Schweiz eingereist und verfügt seit Juni 2001 über eine Niederlassungsbewilligung. Am 22. Februar 1999 ehelichte er die Schweizerin B.; aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor (Jahrgang 2002, 2005 und 2007). Seit dem 31. Oktober 2012 leben die Ehefrau und die Kinder von A. in V., Frankreich. Mit Verfügung vom 4. Mai 2016 stellte das Migrationsamt Basel-Stadt fest, die Niederlassungsbewilligung von A. sei erloschen, eventualiter die Niederlassungsbewilligung werde widerrufen, wies ihn aus der Schweiz weg und setzte eine Ausreisefrist an.
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B. Mit Entscheid vom 18. Mai 2017 wies das Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt den von A. gegen die Verfügung vom 4. Mai 2016 erhobenen Rekurs und sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab. Mit Urteil vom 9. Januar 2018 hiess das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt in teilweiser Gutheissung des Rekurses von A. die Dispositivziffern 2 und 3 des Entscheids des kantonalen Justiz- und Sicherheitsdepartements auf, gewährte ihm für das verwaltungsinterne Rekursverfahren die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung, richtete dem Rechtsvertreter eine Entschädigung aus und wies den Rekurs im Übrigen ab. Des Weiteren wurde A. auch für das Rekursverfahren vor dem kantonalen Appellationsgericht die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gewährt.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 9. Februar 2018 gelangt A. an das Bundesgericht und beantragt, das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 9. Januar 2018 sei aufzuheben und der Kanton Basel-Stadt anzuweisen, seine Niederlassungsbewilligung nicht zu widerrufen und stattdessen weiterzuführen. Von der Erhebung von Gerichtskosten sei abzusehen und dem Beschwerdeführer sei eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen. Mit Verfügung vom 12. Februar 2018 erteilte der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde die aufschiebende Wirkung. Die Angelegenheit wurde am 17. Mai 2019 öffentlich beraten.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
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Aus den Erwägungen: | |
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2.1 Die Vorinstanz hat im angefochtenen Urteil erwogen, die Ehefrau und die drei gemeinsamen Kinder des Beschwerdeführers hätten ihren Wohnsitz Ende 2012 nach V. in Frankreich verlegt. Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau hätten Mitte 2015 das von der Ehefrau und den Kindern bewohnte Haus in V. gekauft. Der Beschwerdeführer arbeite während den Wochentagen in Basel, wo er seit dem 1. September 2016 eine Einzimmerwohnung an der U.strasse gemietet habe, in welcher er gelegentlich oder während der Arbeitswoche übernachte. Auch wenn sich der Beschwerdeführer häufig in der Schweiz aufhalte, sei entscheidend, dass er seinen Lebensmittelpunkt seit geraumer Zeit bei seiner Familie in Frankreich habe und nur zur Geschäftstätigkeit in die Schweiz komme. Diese Geschäftsaufenthalte vermöchten jedoch den Fristenlauf von Art. 61 Abs. 2 Satz 1 AIG nicht zu unterbrechen, weshalb die Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers gemäss Art. 61 Abs. 2 Satz 1 AIG von Gesetzes wegen erloschen sei.
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2.3 Gemäss Art. 61 Abs. 1 lit. a AIG erlischt die Niederlassungsbewilligung insbesondere mit der Abmeldung einer ausländischen Person ins Ausland. Verlässt die ausländische Person die Schweiz ohne Abmeldung, so erlischt die Niederlassungsbewilligung nach sechs Monaten Auslandaufenthalt (Art. 61 Abs. 2 Satz 1 AIG; in der ursprünglichen, am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Fassung [AS 2007 5437]). Mit dieser mit dem alten Recht (Art. 9 Abs. 3 lit. c ANAG [BS 1 121]) übereinstimmenden Regelung (Urteil 2C_81 2011 vom 1. September 2011 E. 2.2) hat der Gesetzgeber für das Erlöschen der Niederlassungsbewilligung auf zwei formelle Kriterien - die Abmeldung oder einen Auslandaufenthalt von mindestens sechs Monaten - abgestellt. Zur Erörterung der Frage, ob es sich beim für das Erlöschen der Niederlassungsbewilligung erforderlichen sechsmonatigen Auslandaufenthalt um einen ununterbrochenen zu handeln hat oder ob dieses Erfordernis auch durch mehrere kürzere Auslandaufenthalte erfüllt werden kann, hat das Bundesgericht im Leitentscheid BGE 120 Ib 369 E. 2c S. 372 erwogen, dass grundsätzlich nur ein ununterbrochener sechsmonatiger Auslandaufenthalt das Erlöschen der Niederlassungsbewilligung gestützt auf Art. 61 Abs. 2 Satz 1 AIG nach sich zieht. Vorbehalten bleiben jedoch Konstellationen, in welchen die Rückkehr in die Schweiz nicht mehr im Sinne des Gesetzgebers erfolgt. Dies ist etwa der Fall, wenn ein ausländischer Staatsangehöriger seinen Wohnsitz oder seinen Lebensmittelpunkt ins Ausland verlegt und nur für relativ kurze Zeitperioden, etwa zu Besuchs- oder Geschäftszwecken, in die Schweiz zurückkehrt, ohne jedoch ununterbrochen sechs Monate im Ausland zu weilen (BGE 120 Ib 369 E. 2c S. 372). Diesfalls ist nicht ersichtlich, inwiefern die nach dem Willen des Gesetzgebers (Art. 62 Abs. 2 Satz 1 AIG) für die Aufrechterhaltung erforderliche minimale physische Präsenz in der Schweiz erfüllt sein sollte, selbst wenn der ausländische Staatsangehörige in der Schweiz noch über eine Wohnung verfügt (BGE 120 Ib 369 E. 2c S. 372). Im Sinne dieser publizierten bundesgerichtlichen Praxis hat denn auch der Verordnungsgeber in Art. 79 Abs. 1 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE; SR 142.201) präzisiert, dass die Frist von sechs Monaten Auslandaufenthalt (im Sinne von Art. 61 Abs. 2 Satz 1 AIG) jedenfalls durch vorübergehende Tourismus-, Besuchs- oder Geschäftsaufenthalte nicht unterbrochen wird.
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Erwägung 3 | |
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3.2 Der Beschwerdeführer hat unbestrittenermassen auch nach dem Wegzug seiner Ehefrau und der gemeinsamen drei Kinder per 31. Oktober 2012 nach V., Frankreich, seine unselbständige Erwerbstätigkeit in der Schweiz beibehalten. Er verfügte zudem über eine Wohnung zunächst an der T.strasse in Basel und seit dem 1. September 2016 über eine neue Einzimmerwohnung an der U.strasse in Basel. Anzeichen dafür, dass die unselbstständige Erwerbstätigkeit und die Wohnungen in Basel nur zwecks Aufrechterhaltung des Anscheins einer minimalen physischen Präsenz auf dem schweizerischen Staatsgebiet beibehalten worden wären, gehen aus dem angefochtenen Urteil oder dem Entscheid des Justiz- und Sicherheitsdepartements des Kantons Basel-Stadt vom 18. Mai 2017 nicht hervor. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Basel kann daher ungeachtet einer Verlegung seines Wohnsitzes ins Ausland nicht als bloss vorübergehend qualifiziert werden und vermochte somit den Ablauf der Sechsmonatsfrist von Art. 62 Abs. 2 Satz 1 AIG jeweils zu unterbrechen (Art. 79 Abs. 1 e contrario VZAE); die Niederlassungsbewilligung ist daher nicht wegen eines sechsmonatigen Auslandsaufenthalts erloschen (Art. 61 Abs. 2 Satz 1 e contrario AIG). Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als begründet. (...)
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