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Informationen zum Dokument  BGE 147 II 125  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
8. Ist ein Objekt schutzwürdig im Sinne von §§ ...
Erwägung 9
Erwägung 10
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10. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Stadt Zürich und Genossenschaft A. gegen Zürcher Heimatschutz ZVH (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
 
 
1C_128/2019 / 1C_134/2019 vom 25. August 2020
 
 
Regeste
 
§§ 205 und 207 PBG/ZH; Inventarentlassung; Abwägung zwischen Schutzinteressen und entgegenstehenden (öffentlichen) Interessen bei einem denkmalpflegerisch hochrangigen Schutzobjekt.  
Es ist ein anerkanntes öffentliches Interesse, das Bedürfnis der Bevölkerung an einem genügenden Angebot von preisgünstigen Mietwohnungen zu befriedigen. Bei den von den Beschwerdeführerinnen geltend gemachten Sanierungskosten handelt es sich mehrheitlich um angestauten Renovationsbedarf. Rentabilitätsüberlegungen stehen einer Unterschutzstellung vorliegend nicht entgegen. Die deutliche Erhöhung des Mietzinses stellt kein taugliches Argument dar, um den Abriss des Schutzobjekts zu rechtfertigen (E. 10).  
Insgesamt erweist sich das sehr erhebliche öffentliche Interesse am Erhalt der Gründersiedlung des Friesenbergquartiers und an deren Unterschutzstellung als gewichtiger als das Interesse der inneren Verdichtung. Ökologischen Überlegungen sowie dem Anliegen, günstigen Wohnraum zu schaffen, kommt vorliegend keine ausschlaggebende Bedeutung zu, da die Auswirkungen dieser Aspekte nicht klar sind (E. 12).  
 
Sachverhalt
 
BGE 147 II 125 (127)A. Die Genossenschaft A. ist eine gemeinnützige Wohnbaugenossenschaft. Sie ist Eigentümerin oder Baurechtsinhaberin grosser, im Friesenbergquartier in der Stadt Zürich gelegener Grundstücke, die sie zwischen 1925 und 2014 in 24 Bauetappen mit insgesamt 2'274 Wohneinheiten überbaut hat. Diese bilden zusammen die Wohnsiedlung Friesenberg. Die erste Bauetappe ("Pappelstrasse") wurde zwischen 1924 und 1926, die zweite ("Schweighof Nord") im Jahr 1926 erstellt. Zusammen werden sie auch als "Gründersiedlung" bezeichnet und umfassen 144 Wohneinheiten. Beide Überbauungen liegen in der Wohnzone W2b mit einer zulässigen Ausnutzung von 45 %. Sie gelten als bauhistorisch bedeutsam und sind inventarisiert, ebenso die dazugehörigen, teils grossen Gärten.
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Die Genossenschaft A. beabsichtigt, die beiden Siedlungen Pappelstrasse und Schweighof Nord abzureissen und durch eine neue, verdichtete Überbauung mit ca. 90 zusätzlichen Wohneinheiten zu ersetzen.
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B. Nach verschiedenen Abklärungen beschloss die Stadt Zürich am 16. Dezember 2016, die erste und zweite Bauetappe der Siedlung Friesenberg und dem ehemaligen Genossenschaftshaus nicht unter Denkmalschutz zu stellen und aus dem Inventar der Schutzobjekte von kommunaler Bedeutung zu entlassen. Die inventarisierten Gärten der Wohnsiedlung wurden ebenfalls nicht unter Denkmalschutz gestellt und aus dem kommunalen Inventar der schützenswerten Gärten und Anlagen der Stadt Zürich entlassen. Dagegen stellte sie - im gleichen Entscheid - mehrere andere Bauetappen der Wohnsiedlung Friesenberg unter Schutz.
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Der Zürcher Heimatschutz (ZVH) hat gegen diesen Entscheid beim Baurekursgericht des Kantons Zürich (BRG) rekurriert. Dieses Rechtsmittel wurde am 12. Januar 2018 mit Mehrheitsentscheid abgewiesen. Eine vom ZVH dagegen erhobene Beschwerde hat das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 17. Januar 2019 gutgeheissen. Es hat die vorinstanzlichen Entscheide aufgehoben und die Sache an die Stadt Zürich zurückgewiesen und diese eingeladen, den Schutzumfang der verschiedenen Liegenschaften der beiden Bauetappen festzusetzen. BGE 147 II 125 (127)
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BGE 147 II 125 (128)C. Gegen dieses Urteil haben sowohl die Stadt Zürich als auch die Genossenschaft A. am 1. März 2019 in getrennten Rechtsschriften beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben. Beide beantragen im Wesentlichen die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und den Verzicht auf die Unterschutzstellung. (...) Für den Fall der Abweisung der Beschwerde in der Sache beantragen beide Beschwerdeführerinnen, es seien jedenfalls die Gerichtsgebühren des Verwaltungsgerichts sowie des BRG herabzusetzen. (...)
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D. (...)
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E. Am 26. Juni 2020 führte eine Delegation des Bundesgerichts einen Augenschein in der ersten und zweiten Bauetappe der Siedlung Friesenberg durch. (...)
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerden teilweise gut und ändert das Dispositiv des angefochtenen Entscheids dahingehend ab, dass die Gerichtsgebühr des Verwaltungsgericht auf Fr. 10'000.- und diejenige des Baurekursgerichts ebenfalls auf Fr. 10'000.- festgesetzt wird. Im Übrigen weist es die Beschwerden ab.
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(Auszug)
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Aus den Erwägungen:
 
8. Ist ein Objekt schutzwürdig im Sinne von §§ 205 und 207 Planungs- und Baugesetzes des Kantons Zürich vom 7. September 1975 (PBG/ZH; OS 700.1), bedeutet das noch nicht zwingend, dass Schutzmassnahmen angeordnet werden müssen. Davon ist auch die Vorinstanz ausgegangen. Vielmehr ist im Lichte der festgestellten Heimatschutzanliegen eine Abwägung zwischen den Schutzinteressen und entgegenstehenden öffentlichen oder privaten Interessen vorzunehmen, was sich bereits aus dem verfassungsmässigen Verhältnismässigkeitsgrundsatz ergibt (vgl. auch BGE 135 II 209 E. 2.1 S. 213; Urteile 1C_616/2015 vom 8. Dezember 2016 E. 3; 1C_130/2014 vom 6. Januar 2015 E. 3). Insoweit sind sich die Parteien einig. Die Beschwerdeführerinnen sind allerdings der Auffassung, die Vorinstanz habe die Anliegen der Verdichtung, der Schaffung von günstigem Wohnraum sowie ökologische Aspekte zu wenig gewichtet; sie machen sodann geltend, die Verpflichtung der Stadt, die Gründersiedlung unter Schutz zu stellen, bzw. das damit einhergehende Verbot, diese abzureissen und durch Neubauten zu ersetzen, stelle einen schwerwiegenden Eingriff in die Rechtsstellung der Genossenschaft A. dar. BGE 147 II 125 (128)
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BGE 147 II 125 (129)Nachfolgend werden die erwähnten Interessen analysiert und gewichtet und schliesslich dem Anliegen des Erhalts der Überbauungen gegenüber gestellt.
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Erwägung 9
 
9.1 Die Beschwerdeführerinnen machen in erster Linie geltend, die Vorinstanz habe das raumplanungsrechtliche Anliegen der inneren Verdichtung zu wenig berücksichtigt. Die Stadt Zürich verweist in diesem Zusammenhang namentlich auf den kantonalen Richtplan vom 22. Oktober 2018, der die Erhöhung der Dichte in bestehenden Bauzonen, beispielsweise durch Aufzonung an gut erschlossenen Lagen, ausdrücklich vorsieht (Kapitel 1.2 und 2.2.3). Langfristig sei vorgesehen, in der Stadt Zürich Raum für 80'000 zusätzliche Bewohnerinnen und Bewohner zu schaffen. Das Friesenbergquartier weise aufgrund seiner lockeren Bauweise ein hohes Verdichtungspotential auf; dies gelte namentlich für die ersten beiden Bauetappen der Friesenbergsiedlung. Innerhalb des Quartiers handle es sich dabei um die Areale mit der geringsten baulichen Dichte und es wäre möglich, eine viel höhere Zahl von Wohneinheiten zu bauen. Zudem sei das Gebiet mit dem öffentlichen Verkehr besonders gut erschlossen.
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9.2 Namentlich seit der Revision des Raumplanungsgesetzes vom 15. Juni 2012 (in Kraft seit 1. Mai 2014) gehört es zu den erklärten Zielen und Grundsätzen der Raumplanung, den Boden haushälterisch zu nutzen und die Siedlungsentwicklung namentlich durch bessere Ausnützung und Verdichtung der bestehenden Siedlungsflächen nach innen zu lenken (Art. 1 Abs. 1 und 2 lit. abis und Art. 3 Abs. 3 lit. abis RPG [SR 700]). Das revidierte RPG verpflichtet die Kantone zudem, binnen fünf Jahren ihre kantonalen Richtpläne anzupassen, insbesondere um eine hochwertige Siedlungsentwicklung nach innen zu bewirken und die Siedlungserneuerung zu stärken (Art. 8a Abs. 1 lit. c und e RPG). Das Bundesgericht hat in seiner jüngeren Rechtsprechung dem Anliegen der inneren Verdichtung vorab im Zusammenhang mit Fragen des Bauens an lärmbelasteten Standorten Gewicht eingeräumt und bei der Abwägung der verschiedenen, einander entgegenstehenden Interessen berücksichtigt ( BGE 145 II 189 E. 8.1 S. 195; BGE 142 II 100 E. 4.6 S. 111).
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9.3 Die Vorinstanz hat befunden, der haushälterische Umgang mit dem Boden und die Verdichtung seien an sich gewichtige öffentliche Interessen. Allerdings könnten durch den Abbruch schutzwürdiger Liegenschaften regelmässig höhere Ausnutzungen erzielt werden, BGE 147 II 125 (129) BGE 147 II 125 (130) weshalb das Interesse der Verdichtung bei der Interessenabwägung keine erhebliche Rolle spielen könne. Die Vorinstanz hat somit dieses Anliegen der Beschwerdeführerinnen berücksichtigt und deren Gehörsanspruch daher nicht verletzt, auch wenn sie ihm einen geringeren Stellenwert eingeräumt hat. Immerhin kann die Argumentation der Vorinstanz missverständlich erscheinen. Ihr könnte nicht gefolgt werden, wenn damit gesagt werden sollte, dass es generell unzulässig wäre, bei der Suche nach Möglichkeiten für eine Siedlungsentwicklung nach innen und eine bauliche Verdichtung auch den Abbruch denkmalpflegerisch interessanter Objekte in Betracht zu ziehen. Gerade in Fällen wie dem vorliegenden, wo es um die Unterschutzstellung eines grösseren Areals geht und zudem ein erhebliches Verdichtungspotential besteht, dürfen solche Möglichkeiten nicht vorweg ausser Betracht fallen. Allerdings trifft es auch zu, dass ältere Siedlungen regelmässig eine geringere Nutzungsdichte aufweisen als Neubauten. Insofern könnte das Argument der Verdichtung fast immer zu Ungunsten des Denkmalschutzes angefügt werden, was - bei hoher Gewichtung dieses Elements - einer sachgerechten Interessenabwägung widerspräche.
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Die Stadt Zürich beruft sich im vorliegenden Zusammenhang auf den kantonalen Richtplan. Wie sie zu Recht geltend macht, sieht dieser eine bauliche Verdichtung der bestehenden Bauzonen ausdrücklich vor. Allerdings misst der Richtplan auch dem Ortsbildschutz ein erhebliches Gewicht bei und weist darauf hin, dass die Umsetzung des Ziels der Siedlungsentwicklung nach innen in überkommunal geschützten Ortsbildern besonders hohe Anforderungen stellt. Die Nutzung der vorhandenen Potenziale ist gemäss Richtplan sowohl in qualitativer als auch quantitativer Hinsicht auf die Schutzziele abzustimmen (Kapitel 2.4.1). Die kantonalen und kommunalen Behörden tragen bei ihrer planerischen Tätigkeit namentlich auch dem Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (ISOS) Rechnung (Kapitel 2.4.3). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Anliegen der inneren Verdichtung bei der nachfolgenden Interessenabwägung zu berücksichtigen und ihm dabei durchaus ein gewisses Gewicht beizumessen ist, dieses aber stark von der Bedeutung des betroffenen Schutzobjekts abhängt.
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Erwägung 10
 
Das Verwaltungsgericht hat dagegen befunden, es sei "nicht ersichtlich, dass beim Weiterbestand der Siedlung vergleichsweise hohe Sanierungskosten entstehen würden". Der Beschwerdegegner seinerseits bestreitet die Vorbringen der Beschwerdeführerinnen zu den künftigen Mietzinsen und erachtet es als nicht nachgewiesen, dass besonders hohe Renovationskosten anfallen würden. Das Bundesamt für Kultur (BAK) schliesslich weist darauf hin, im Dokument "Mietzinsvergleich Genossenschaft A." würden bei Ersatzneubauten höhere Mieten ausgewiesen als bei sanierten Siedlungen.
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Wie sich am Augenschein bestätigt hat, befinden sich die Wohnungen äusserlich in einem guten Zustand. Der Sanierungsbedarf betrifft - neben der besseren Isolation - vorab die Leitungen und die Kanalisation (vgl. nicht publ. E. 3.2). Es liegt allerdings in der Natur der Sache, dass diese Anlagen nach Ablauf ihrer Lebensdauer ersetzt werden müssen. Bei den hohen Sanierungskosten, welche die Beschwerdeführerinnen geltend machen, handelt es sich somit mehrheitlich um angestauten Renovationsbedarf. Hätte die Genossenschaft A. diese Erneuerungsarbeiten bereits früher vorgenommen, wären die zu erwartenden Sanierungskosten geringer und die heutigen Mietzinse höher. Insofern stellt die zu erwartende, deutliche Erhöhung des Mietzinses kein taugliches Argument dar, um den Abriss des Schutzobjekts zu rechtfertigen. BGE 147 II 125 (132)
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Es gilt ausserdem anzufügen, dass die Vorinstanz die Sache an die Stadt Zürich zurückgewiesen hat mit dem Hinweis, dass der festzulegende Schutzumfang der betroffenen Objekte nicht einschneidender sein darf als notwendig. Sie hat nicht die integrale Unterschutzstellung jedes Hauses der Gründersiedlung beschlossen. Es ist also nicht von Vornherein ausgeschlossen, dass einzelne Objekte nicht unter Schutz gestellt werden könnten. BGE 147 II 125 (133) BGE 147 II 125 (134)
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