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Informationen zum Dokument  BGE 83 III 27  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
1. Wenn wie hier Rechte an beweglichen Sachen streitig sind, rich ...
2. Da das Beschwerdeverfahren in Schuldbetreibungs- und Konkurssa ...
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
8. Entscheid vom 25. Januar 1957 i.S. Pehrsson.
 
 
Regeste
 
Widerspruchsverfahren, Parteirollenverteilung. Unter welchen Voraussetzungen ist im Widerspruchsverfahren über Rechte an beweglichen Sachen die Klagefrist gemäss Art. 107 SchKG dem Drittansprecher anzusetzen? Für wen übt der für den betriebenen Nachlass bestellte Erbschaftsverwalter den Gewahrsam aus? Parteirollenverteilung und Beweislast.  
 
Sachverhalt
 
BGE 83 III, 27 (27)In der Betreibung, welche die Geschwister Voss gegen den Nachlass des Friedrich Hille führen, beansprucht Elfriede Pehrsson das Eigentum an den gepfändeten Wertschriften, weil es sich dabei um Bestandteile des Vermögens handle, das die vorverstorbene Ehefrau des Friedrich Hille diesem als Vorerben und ihr als Nacherbin zugewendet hatte. Nachdem die Gläubigerinnen und der für den Nachlass Friedrich Hilles als Erbschaftsverwalter bestellte Notar Müller diese Ansprache bestritten hatten, setzte das Betreibungsamt Schanfigg am 8. August 1956 der Frau Pehrsson gemäss Art. 107 SchKG Frist zur Klage gegen die Bestreitenden auf Anerkennung ihres Eigentums. Die kantonale Aufsichtsbehörde hat die Beschwerde der Frau Pehrsson gegen diese Fristansetzungen am 10. Dezember 1956 abgewiesen. Mit ihrem Rekurs an das Bundesgericht BGE 83 III, 27 (28)erneuert Frau Pehrsson den Antrag, die Fristansetzungen gemäss Art. 107 seien durch solche gemäss Art. 109 SchKG zu ersetzen, weil der Erbschaftsverwalter den Gewahrsam am Nachlass für die daran beteiligten Personen und damit insbesondere auch für sie als Nacherbin der Frau Hille ausübe. Für das Verfahren vor Bundesgericht ersucht sie um Bewilligung des "Armenrechts mit Rechtsvertretung".
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Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
 
1. Wenn wie hier Rechte an beweglichen Sachen streitig sind, richtet sich die Verteilung der Parteirollen im Widerspruchsprozess ausschliesslich nach dem Gewahrsam, und bei Beurteilung der Frage, in wessen Gewahrsam sich eine solche Sache befindet, ist allein massgebend, wer darüber die tatsächliche Verfügungsgewalt hat (BGE 54 III 148;BGE 71 III 6). Dem Drittansprecher ist die Klagefrist gemäss Art. 106/107 SchKG dann und nur dann anzusetzen, wenn diese Verfügungsgewalt ausschliesslich beim Schuldner liegt oder wenn sich der in Frage stehende Gegenstand in den Händen eines Dritten befindet, der das streitige Recht nicht selber beansprucht, sondern den Gewahrsam (soweit es sich nicht um die Wahrung seiner allfälligen Rechte als Pfandgläubiger, Depositar usw. handelt) ausschliesslich für den Schuldner ausübt (BGE 73 III 65ff. und dort zit. Entscheide,BGE 76 III 8/9, BGE 80 III 140). In den übrigen Fällen ist Art. 109 SchKG anwendbar.
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Notar Müller, der die streitigen Wertpapiere in Händen hat, ist nach der eigenen Darstellung der Rekurrentin für den Nachlass des Friedrich Hille, nicht etwa für denjenigen der vorverstorbenen Frau Hille als Erbschaftsverwalter eingesetzt worden. In dieser Eigenschaft handelt er dem Grundsatze nach nur für die Erben des Friedrich Hille, zu denen die Rekurrentin als Schwester und Nacherbin der Frau Hille nicht gehört. Dass er den Gewahrsam an gewissen im Nachlass befindlichen Gegenständen für die Rekurrentin ausübe, sei es für sie allein oder für sie und BGE 83 III, 27 (29)weitere Personen, namentlich die Erben, könnte nur angenommen werden, wenn er selber den Standpunkt einnähme, dass er die fraglichen Gegenstände bloss für die Rekurrentin oder doch auch für sie verwahre. Nur in diesem Falle liesse sich sagen, dass die Rekurrentin durch seine Vermittlung über die betreffenden Gegenstände Verfügungsgewalt besitze. So verhält es sich aber eben nicht. Der Erbschaftsverwalter lässt nicht gelten, dass die gepfändeten Wertschriften aus dem der Rekurrentin als Nacherbin zukommenden Nachlass der Frau Hille stammen, sondern betrachtet sie als Bestandteile des eigenen Vermögens von Friedrich Hille und nimmt demgemäss den Standpunkt ein, dass er den Gewahrsam daran ausschliesslich für dessen gesetzliche Erben ausübe. Diese Stellungnahme hat das Betreibungsamt hinzunehmen, ohne zu prüfen, ob sie berechtigt sei oder nicht, da sich die Gewahrsamsfrage, wie gesagt, einzig nach den tatsächlichen Gewaltverhältnissen beurteilt. Wenn die Rekurrentin geltend macht, sie sei als Inhaberin des mittelbaren Gewahrsams anzuerkennen, weil die gepfändeten Wertpapiere als Teile des von Frau Hille hinterlassenen Vermögens ihr Eigentum seien, so verkennt sie vollständig, was das Wesen des Gewahrsams ausmacht. Selbst wenn angenommen würde, dass die Rekurrentin die wirkliche Eigentümerin sei, hätte sie deswegen angesichts der Haltung des Erbschaftsverwalters keinerlei Verfügungsgewalt über die streitigen Wertpapiere. Im übrigen mutet die Rekurrentin mit ihrer Argumentation den Betreibungsbehörden zu, gerade über die Frage zu entscheiden, die Gegenstand des Widerspruchsverfahrens zu bilden hat. Hiezu sind diese Behörden nicht berufen. Ist demnach davon auszugehen, dass der Erbschaftsverwalter den Gewahrsam an den gepfändeten Wertpapieren ausschliesslich für die Erben des Friedrich Hille ausübe, die materiell Schuldner der gegen den unverteilten Nachlass in Betreibung gesetzten Forderung sind, so ist die Klagefrist zu Recht gemäss Art. 107 SchKG der Rekurrentin angesetzt worden.
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BGE 83 III, 27 (30)Auf die Beweislast im Widerspruchsprozess hat die Parteirollenverteilung entgegen der Ansicht der Rekurrentin keinen Einfluss (FAVRE, Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, S. 186; FRITZSCHE, Schuldbetreibung, Konkurs und Sanierung, I S. 203).
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2. Da das Beschwerdeverfahren in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, vom Falle des Art. 70 GebT abgesehen, gemäss Art. 69 GebT in allen Instanzen gebührenfrei ist, kommt in diesem Verfahren die Gewährung des Armenrechts für die Gerichtskosten von vornherein nicht in Frage. Das Bundesrecht sieht aber für dieses Verfahren auch die Bestellung eines Armenanwalts nicht vor, so wenig wie es die Befreiung eines bedürftigen Schuldners oder Gläubigers von der Pflicht kennt, die Betreibungskosten zu tragen bzw. vorzuschiessen (BGE 55 I 366; Entscheid der Staatsrechtlichen Kammer vom 14. Juli 1954 i.S. Foletti). Insbesondere bietet Art. 152 OG, der bestimmt, unter welchen Voraussetzungen das Bundesgericht einer bedürftigen Partei die unentgeltliche Rechtspflege gewährt, keine Grundlage für die Ernennung eines Armenanwalts im Rekursverfahren gemäss Art. 78 ff. OG. Art. 152 Abs. 2 OG, wo von der Beiordnung eines Armenanwalts die Rede ist, steht in unmittelbarem Zusammenhang mit Art. 152 Abs. 1, der die Befreiung von der Zahlung der Gerichtskosten und der Sicherstellung der Parteientschädigung behandelt, und kommt daher nur zur Anwendung, wo diese Befreiung besonders gewährt werden muss, nicht auch dort, wo das Verfahren ohnehin kostenlos ist und die Sicherstellung der Parteientschädigung schon deshalb nicht verlangt werden kann, weil im betreffenden Verfahren die Zusprechung einer solchen Entschädigung von vornherein ausgeschlossen ist, wie es für das betreibungsrechtliche Beschwerde- und Rekursverfahren zutrifft (BGE 76 III 83Erw. 1). Der gleiche Schluss ergibt sich auch daraus, dass Art. 152 Abs. 2 OG die Ausrichtung eines Honorars aus der Bundesgerichtskasse nur für den Fall des Unterliegens oder der Uneinbringlichkeit der Parteientschädigung vorsieht.
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BGE 83 III, 27 (31)Ein für das Rekursverfahren gemäss Art. 78 ff. OG bestellter Armenanwalt erhielte also zwar im Falle des Unterliegens ein Honorar aus der Gerichtskasse, müsste aber im Falle des Obsiegens leer ausgehen, weil eine Parteientschädigung, die seine Honoraransprüche decken oder sich im Sinne von Art. 152 Abs. 2 OG als uneinbringlich erweisen könnte, in diesem Verfahren überhaupt nicht zugesprochen werden kann. Dieses Ergebnis wäre widersinnig, was bestätigt, dass die eben erwähnte Bestimmung im Rekursverfahren gemäss Art. 78 ff. OG nicht gelten kann. Man wüsste im übrigen auch nicht, wie ein für dieses Verfahren ernannter Armenanwalt zu honorieren wäre, da der auf Grund von Art. 160 OG erlassene Tarif (AS 1950 I 52 ff.), in dessen Rahmen das Armenanwaltshonorar gemäss Art. 152 Abs. 2 OG festzusetzen ist, für die Rekurse an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer keinen Ansatz enthält. Das Gesuch der Rekurrentin muss daher abgelehnt werden.
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Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
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Der Rekurs und das Gesuch um Bestellung eines Armenanwalts werden abgewiesen.
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