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33. Entscheid vom 25. September 1957 i.S. Fratelli Tenconi. | |
Regeste |
Zwangsliquidation von Eisenbahnunternehmungen. |
Zahlung der daraus entstehenden Kosten (Art. 40 Ziff. 1 VZEG). |
Eine vor Eröffnung der Zwangsliquidation erfolgte Lieferung aus den während des Liquidationsverfahrens erzielten Betriebseinnahmen oder andern Geldmitteln der Masse vorweg zu bezahlen, ist selbst dann nicht zulässig, wenn die gelieferten Gegenstände für die Fortsetzung des Betriebs während des Liquidationsverfahrens notwendig sind und die Bahnorgane dem Gläubiger solche Vorwegzahlung zugesichert haben. | |
Sachverhalt | |
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Als die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichtes am 3. Januar 1957 die Zwangsliquidation des Vermögens der StEB anordnete, war diese Rechnung noch unbezahlt. Auf den Schuldenruf des Masseverwalters hin meldete die Firma Tenconi ihre Forderung an. Gleichzeitig stellte sie das Begehren, der verlangte Betrag sei zu den Betriebskosten zu rechnen und aus den Betriebseinnahmen der Bahn oder aus dem Erneuerungsfonds zu bezahlen; eventuell sei die Forderung als im Sinne von Art. 40 Ziff. 1 VZEG privilegiert zu behandeln. Der Masseverwalter entschied in Anwendung von Art. 26 VZEG, die Forderung sei begründet. Das Begehren, sie aus den Betriebseinnahmen bzw. aus dem Erneuerungsfonds zu bezahlen, hat er dagegen mit Verfügung vom 23. Mai 1957 abgewiesen. Zum Eventualantrag auf Gewährung eines Privilegs gemäss Art. 40 Ziff. 1 VZEG wird in Erw. 4 dieser Verfügung und in dem gemäss Art. 26 VZEG erstellten Verzeichnis der Forderungen und Entscheidungen bemerkt, es werde darüber bei Aufstellung der Rangordnung gemäss Art. 42 VZEG zu befinden sein.
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B.- Gegen die Verfügung vom 23. Mai 1957 führt die Firma Tenconi gestützt auf Art. 22 Abs. 3 VZEG beim Bundesgericht Beschwerde mit dem Antrag, sie sei aufzuheben und der Masseverwalter sei anzuweisen, ihre Forderung von Fr. 15'716.30 aus den Betriebseinnahmen, eventuell zulasten des Erneuerungsfonds der StEB zu bezahlen. Sie macht geltend, die Zwangsliquidation einer Bahnunternehmung unterscheide sich von einem gewöhnlichen Konkurs dadurch, dass der Betrieb während des Liquidationsverfahrens weitergeführt werden müsse. Im Hinblick auf diese gesetzliche Pflicht habe es die Bahnverwaltung, obwohl die Anordnung der Zwangsliquidation ![]() | 3 |
C.- Der Masseverwalter beantragt Abweisung der Beschwerde mit der Begründung, die streitige Forderung könne, da vor Anordnung der Zwangsliquidation entstanden, nicht als "Masseverbindlichkeit" vorweg bezahlt werden. Aus den von der Beschwerdeführerin angerufenen Gesetzesbestimmungen lasse sich kein solcher Schluss ziehen. In tatsächlicher Beziehung führt er aus, die StEB habe die Schwellen auf Grund eines günstigen Angebotes ![]() | 4 |
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: | |
1. Nach Art. 22 Abs. 1 VZEG ist bei Eröffnung der Zwangsliquidation eines Bahnunternehmens dafür zu sorgen, dass dessen Betrieb nicht unterbrochen wird. Den Bahnbetrieb während des Liquidationsverfahrens weiterzuführen, ist nur möglich, wenn der mit dieser Aufgabe betraute Masseverwalter und im Rahmen der an sie delegierten Kompetenzen auch die vom Masseverwalter eingesetzte Betriebsleitung befugt sind, zur Beschaffung der für die Fortsetzung des Betriebes notwendigen Dienst- und Sachleistungen Verbindlichkeiten einzugehen, für welche die Liquidationsmasse in der Weise haftet, dass die betreffenden Gläubiger (Arbeitnehmer, Lieferanten) verlangen können, daraus vorweg befriedigt zu werden. Art. 40 Ziff. 1 VZEG, wonach aus dem Steigerungserlös und dem sonstigen Vermögen der Unternehmung in erster Linie die Liquidationskosten "mit Einrechnung eines allfälligen Verlustes auf dem Betriebe während der Liquidation" zu bezahlen sind, setzt diese Befugnis voraus. Indem die genannte Bestimmung nicht schlechthin die Betriebskosten, sondern einen allfälligen Betriebsverlust, d.h. einen allfälligen Überschuss der Betriebskosten über die Betriebseinnahmen, den aus dem Verwertungsergebnis vorab zu deckenden Liquidationskosten gleichstellt, setzt sie ausserdem voraus, dass die Betriebskosten soweit möglich fortlaufend aus den Betriebseinnahmen zu bezahlen sind, wie dies zu einer geordneten Betriebsführung gehört. Darüber hinaus muss ![]() | 5 |
2. Die Forderung der Beschwerdeführerin beruht nicht auf einem Auftrag, den ihr der Masseverwalter im Interesse der Aufrechterhaltung des Betriebes während des Liquidationsverfahrens erteilt hätte. Sie stützt sich vielmehr auf einen Vertrag, den die Beschwerdeführerin vor Eröffnung der Zwangsliquidation mit der Verwaltung der StEB abgeschlossen und erfüllt hat. Die Voraussetzungen, unter denen nach dem Gesagten die sofortige Bezahlung aus den Betriebseinnahmen und den übrigen Geldmitteln der Masse zulässig ist, sind also bei der Forderung der Beschwerdeführerin nicht erfüllt. Ob die von ihr reparierten Eisenschwellen für die Fortsetzung des Betriebes während des Liquidationsverfahrens notwendig seien oder nicht, kann dahingestellt bleiben. Auch wenn es sich so verhielte, was der Masseverwalter bestreitet, könnte die streitige Forderung nicht den bei diesem Weiterbetrieb begründeten Forderungen gleichgestellt werden. Der entscheidende ![]() | 6 |
3. Die Berufung auf Art. 419 ff. OR kann der Beschwerdeführerin nicht helfen. Das Verhältnis zwischen ![]() | 7 |
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5. Schliesslich vermöchte auch Art. 2 ZGB den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Vorauszahlung nicht zu stützen, selbst wenn es zuträfe, dass der Bahnmeister und der Betriebsdirektor der StEB ihr vor der Ablieferung der Eisenschwellen Zahlung aus den Betriebseinnahmen auch für den Fall zugesichert haben, dass es zur Zwangsliquidation kommen sollte, was der Masseverwalter bestreitet. Eine solche Zusicherung wäre für den Masseverwalter nicht verbindlich und könnte nichts daran ändern, dass die Beschwerdeführerin sich die gleiche Behandlung ![]() | 9 |
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Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
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