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27. Entscheid vom 9. September 1958 i.S. M. in Nachlassliquidation. | |
Regeste |
Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung. | |
Sachverhalt | |
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Am 11. Dezember 1957 stellte die Bank beim Betreibungsamt Zollikon das Begehren, gegen M. in Nachlassliquidation sei für die Forderung von Fr. 69'735.-- nebst 5% Zins seit 20. Juni 1957 die Betreibung auf Verwertung des ihr bestellten Grundpfandes durchzuführen. Die Liquidatoren erhoben namens der Nachlassmasse gegen den ihnen am 16. Dezember 1957 zugestellten Zahlungsbefehl Nr. 3591 Rechtsvorschlag und führten ausserdem Beschwerde mit dem Antrag, die Betreibung sei aufzuheben, weil die damit geltend gemachte Forderung nach Art. 316 c Abs. 1 SchKG unter den Nachlassvertrag falle, so dass die Zwangsvollstreckung dafür gemäss Art. 316 a Abs. 2 SchKG ausgeschlossen sei.
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Von der untern und am 1. August 1958 auch von der obern kantonalen Aufsichtsbehörde abgewiesen, erneuern die Liquidatoren vor Bundesgericht ihr Beschwerdebegehren.
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Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: | |
1. Art. 316 a SchKG, der in Abs. 1 sagt, welche Rechte über das schuldnerische Vermögen der Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung (Liquidationsvergleich) den Gläubigern verleiht, schliesst in Abs. 2 die Zwangsvollstreckung für die unter den Nachlassvertrag fallenden Forderungen aus, und Art. 316 c Abs. 1 SchKG bestimmt, dass von einem Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung alle Schuldverpflichtungen betroffen werden, die vor der Bekanntmachung der Nachlassstundung oder bis zur rechtskräftigen Bestätigung des Nachlassvertrages ohne Zustimmung des Sachwalters entstanden sind. Fasst man nur den Wortlaut dieser beiden Bestimmungen ins Auge, so scheint die Auffassung der Liquidatoren, dass die - vor ![]() | 4 |
a) Auf die in Art. 316 c Abs. 1 SchKG enthaltene Umschreibung der vom Liquidationsvergleich betroffenen Schuldverpflichtungen folgt in Art. 316 c Abs. 2 die Bestimmung, die während der Nachlassstundung mit Zustimmung des Sachwalters eingegangenen Verbindlichkeiten seien Masseverbindlichkeiten, auch in einem nachfolgenden Konkurs. Im ganzen genommen, will also Art. 316 c vor allem die Kriterien für die Unterscheidung zwischen den vom Nachlassvertrag betroffenen Verbindlichkeiten und den Masseverbindlichkeiten festlegen.
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b) Obwohl Art. 316 c Abs. 1 alle vor Bekanntmachung der Nachlassstundung oder bis zur rechtskräftigen Bestätigung des Nachlassvertrages ohne Zustimmung des Sachwalters entstandenen Schuldverpflichtungen als vom Liquidationsvergleich betroffen erklärt, welche Vorschrift, buchstäblich aufgefasst, auch die vor Bekanntmachung der Nachlassstundung begründeten Faustpfandforderungen dem Nachlassvertrag und damit dem Zwangsvollstreckungsverbot von Art. 316 a unterwerfen würde, gibt Art. 316 k den Faustpfandgläubigern u.a. das Recht, ihre Pfänder durch Betreibung auf Pfandverwertung zu liquidieren. Dies zeigt, dass Art. 316 c Abs. 1 trotz seiner ganz allgemein lautenden Fassung die Frage, welche Verbindlichkeiten im Sinne von Art. 316 a unter den Nachlassvertrag fallen, nicht abschliessend regeln will.
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c) Art. 316 o, der sich mit der Frage befasst, in welchem Umfang die Pfandgläubiger an Abschlagsverteilungen aus dem Liquidationserlös teilnehmen, bestimmt in Abs. 2 u.a., wenn der Pfandgläubiger nachweise, dass der Pfanderlös unter der Schätzung (d.h. unter der Schätzung des Sachwalters im Sinne von Art. 299) geblieben sei, so habe er ![]() | 7 |
d) Kann demnach in Art. 316 c, der die vom Nachlassvertrag betroffenen Verbindlichkeiten von den Masseverbindlichkeiten abgrenzt, nicht zugleich die massgebende Vorschrift darüber gefunden werden, welche Forderungen im Sinne von Art. 316 a unter den Nachlassvertrag fallen, so greift Art. 316 t ein, wonach die allgemeinen Bestimmungen des Nachlassvertragsrechts, welche in dem die Art. 293 bis 316 umfassenden Abschnitt über den "Ordentlichen Nachlassvertrag" enthalten sind, auch auf den Liquidationsvergleich zur Anwendung kommen, soweit in den Art. 316 a bis 316 s keine abweichende Ordnung getroffen ist oder Abweichungen sich nicht aus der besondern Natur des Verfahrens ergeben. Zu jenen allgemeinen Bestimmungen gehört Art. 311, der sagt, dass der bestätigte Nachlassvertrag für sämtliche Gläubiger rechtsverbindlich ist, ausgenommen nur die Pfandgläubiger für den durch das Pfand gedeckten Forderungsbetrag (welche Ausnahme damit zusammenhängt, dass nach Art. 305 Abs. 2 bei Prüfung der Frage, ob die nach Art. 305 Abs. 1 für die Annahme des Nachlassvertrages erforderlichen Mehrheiten erreicht seien, pfandversicherte Forderungen nur mit dem nach der Schätzung des Sachwalters ungedeckten Betrag mitzählen). Ausserdem ist Art. 297 Abs. 2 zu berücksichtigen, wonach während der Nachlassstundung für Lohnforderungen erster Klasse sowie für periodische Unterhaltsbeiträge die Betreibung auf Pfändung und für grundpfandgesicherte Forderungen die Betreibung auf Pfandverwertung ![]() | 8 |
Es kann entgegen der Ansicht der Liquidatoren nicht gesagt werden, dass die besondere Natur des Liquidationsvergleichs die Anwendung von Art. 311 verbiete und die Anwendung der Vorschriften über den Konkurs (insbesondere des Art. 206) verlange. Wenn die Rechtsprechung angesichts der Analogien, die hinsichtlich des Liquidationsverfahrens zwischen Liquidationsvergleich und Konkurs bestehen, in manchen Punkten konkursrechtliche Vorschriften zur Ergänzung der Bestimmungen über den Liquidationsvergleich heranzieht (so z.B. BGE 76 I 292 für die Klage auf Anfechtung des Kollokationsplans, BGE 79 III 141 für das Verhältnis zwischen den Liquidationsmassen Mitverpflichteter, Art. 216, und BGE 81 III 27 für die Beschwerde gegen Beschlüsse der Gläubigerversammlung, Art. 239), so geschieht dies nicht etwa auf Grund eines durchwegs gültigen Grundsatzes. Vielmehr wird für jeden Punkt besonders geprüft, ob die analoge Anwendung der Konkursvorschriften sich rechtfertige oder nicht (vgl. BGE 82 III 87 und 91, wo die Anwendung der Bestimmungen von Art. 235 Abs. 3 und Art. 252 über die Beschlussfähigkeit der ersten Gläubigerversammlung und die Einberufung einer zweiten Gläubigerversammlung abgelehnt wurde). Bei der Lösung der heute zu entscheidenden Frage darf schon im Hinblick auf Art. 316 k und o nicht auf das umfassende konkursrechtliche Betreibungsverbot des Art. 206 zurückgegriffen werden. Anderseits steht es mit jenen Vorschriften im Einklang, wenn Art. 311 auf den Liquidationsvergleich angewendet und gestützt darauf angenommen wird, die Pfandgläubiger seien für den durch das Pfand gedeckten Forderungsbetrag nicht an den Liquidationsvergleich gebunden und folglich gemäss Art. 316 a nicht an der gesonderten Geltendmachung ihrer Forderungen auf dem Wege der Zwangsvollstreckung gehindert. Zur Rechtfertigung dafür, dass die Pfandgläubiger im Nachlassliquidationsverfahren eine freiere Stellung geniessen ![]() | 9 |
Hinsichtlich des Art. 297 Abs. 2 ist bereits entschieden worden, dass die Gläubiger, die den Schuldner gestützt auf diese Vorschrift während der Nachlassstundung für Lohnforderungen der 1. Klasse oder für periodische Unterhaltsbeiträge betrieben haben, diese Betreibung auch nach der Bestätigung des Nachlassvertrages zu Ende führen können, und zwar sowohl beim gewöhnlichen Nachlassvertrag wie beim Liquidationsvergleich (BGE 83 III 116). Bei dieser Entscheidung, welche die Liquidatoren an sich nicht kritisieren, ging das Bundesgericht davon aus, dass Art. 297 Abs. 2 die Möglichkeit schaffen wolle, Forderungen der erwähnten Art unabhängig vom Nachlassverfahren schon vor dessen Abschluss einzubringen (a.a.O. 117, 118 oben). Verfolgt Art. 297 Abs. 2 diesen Zweck, so müssen die Gläubiger solcher Forderungen nicht nur das Recht haben, nach der Bestätigung des Nachlassvertrages eine während (oder vor) der Nachlassstundung angehobene Betreibung fortzusetzen, sondern muss ihnen auch die Befugnis zugestanden werden, nach der Bestätigung des Nachlassvertrages Betreibungen einzuleiten. Entsprechende Überlegungen müssen aber auch für die in BGE 83 III 116 nicht erwähnten Grundpfandforderungen gelten. Auch ![]() | 10 |
Sind demnach die Art. 311 und 297 Abs. 2 auch im Falle des Liquidationsvergleichs anwendbar und im erwähnten Sinne auszulegen, so erweist sich die Grundpfandbetreibung, welche die Bank nach Bestätigung des von M. vorgeschlagenen ![]() | 11 |
e) Die Annahme, dass der Abschluss eines Liquidationsvergleichs die Grundpfandgläubiger nicht daran hindern kann, ihre Forderungen ausserhalb des Liquidationsverfahrens durch Grundpfandbetreibung geltend zu machen, wird schliesslich auch noch durch die Entstehungsgeschichte der heute im SchKG enthaltenen Vorschriften über den Liquidationsvergleich gestützt, wie das die Vorinstanz einlässlich dargelegt hat. Diese Vorschriften sind im wesentlichen der Verordnung des Bundesgerichtes vom 11. April 1935 betr. das Nachlassverfahren von Banken und Sparkassen (BS 10 S. 396; VNB) entnommen, die gemäss Art. 51 der Verordnung über vorübergehende Milderungen der Zwangsvollstreckung vom 24. Januar 1941 (VMZ) mit zwei hier nicht in Betracht kommenden Abänderungen für den Inhalt und die Wirkungen eines von andern Schuldnern als Banken und Sparkassen vorgeschlagenen Liquidationsvergleichs sinngemäss galt, bis das Bundesgesetz vom 28. September 1949 betr. Revision des SchKG mit den neuen Art. 316 a ff. in Kraft trat. In der (für Banken und Sparkassen heute noch gültigen) VNB trägt Art. 25, der dem Art. 316 c inhaltlich genau entspricht, das Marginale "Zeitliche Wirkung des Liquidationsvergleichs", was bestätigt, dass diese Bestimmung nicht die Frage beantworten will, welche Forderungen ihrer Art nach im Sinne von Art. 23 Abs. 2 VNB (= Art. 316 a Abs. 2 SchKG) unter den Nachlassvertrag fallen und daher nicht mehr durch gesonderte Zwangsvollstreckung geltend gemacht werden können. Vor allem aber findet sich im letzten Absatz von Art. 35 VNB, dessen erster Absatz das Vorbild für Art. 316 i SchKG abgegeben hat, die ausdrückliche Bestimmung, dass (gegenüber der in Abs. 1 geordneten Verwertung der mit Grundpfandrechten belasteten Liegenschaften durch die Liquidatoren) die Grundpfandverwertung durch das Betreibungsamt infolge Grundpfandbetreibung vorbehalten ![]() ![]() | 12 |
f) Erklärt sich die Fassung des Gesetzes auf diese Weise, so geht es auch nicht an, durch Gegenschluss aus Art. 316 k zu folgern, die Grundpfandgläubiger seien nicht befugt, ihre Ansprüche ausserhalb des Nachlassliquidationsverfahrens geltend zu machen.
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Entgegen der im vorliegenden Rekurs vertretenen Auffassung kann schliesslich auch keine Rede davon sein, dass die Zulassung der Grundpfandbetreibung einem Liquidationsvergleich in der Regel den grössten Teil seiner praktischen Bedeutung entziehe und dass die Verwertung pfandbelasteter Liegenschaften durch das Betreibungsamt auf eine Verschleuderung von Vermögenswerten zum Nachteil der nachgehenden Pfandgläubiger und der Gläubiger 5. Klasse hinauslaufe. Dass wie hier die Aktiven der Liquidationsmasse fast ausschliesslich aus verpfändeten Liegenschaften bestehen, ist ein Ausnahmefall, dessen Besonderheiten für die Auslegung des allgemein gültigen Gesetzes nicht massgebend sein können, und das Betreibungsamt ist wie die Liquidatoren verpflichtet, sich um ein möglichst günstiges Verwertungsergebnis zu bemühen (vgl. Art. 134 in Verbindung mit Art. 156 SchKG).
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Es bleibt also dabei, dass das hängige Nachlassliquidationsverfahren der Einleitung der vorliegenden Betreibung nicht im Wege stand. Die Verwertung kann innerhalb der dafür geltenden Fristen (Art. 154) verlangt werden, nachdem der gegen den Zahlungsbefehl erhobene Rechtsvorschlag beseitigt ist. Hiebei ist zu beachten, dass die Liquidatoren den Rechtsvorschlag nicht zurückziehen und in einem allfälligen Gerichtsverfahren nicht den Abstand erklären dürfen, ohne vorher den Gläubigern gemäss Art. 3161 Gelegenheit gegeben zu haben, im Sinne von Art. 260 die Abtretung des Rechts auf Bestreitung der Forderung und des Pfandrechts der betreibenden Grundpfandgläubigerin zu verlangen. Unternimmt diese gegen die Masse keine gerichtlichen Schritte, bevor die Liquidatoren gemäss Art. 316 g den Kollokationsplan erstellt haben, so ist der Streit über die Forderung und das Pfandrecht im Kollokationsverfahren auszutragen. Dass dieses unter allen Umständen abgewartet werden müsse, bevor in der Grundpfandbetreibung zur Verwertung geschritten ![]() | 16 |
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Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
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